Madama Butterfly - Wiener Staatsoper, 09.04.2014

  • Der Kreis an Operninteressierten hier scheint ja auf einen minimalen Teil geschrumpft zu sein. Vielleicht findet sich dennoch der ein oder andere der sich für einen Bericht aus Wien interessiert.


    Die April-Serie von Puccini's Madama Butterfly an der Wiener Staatsoper trumpfte jedenfalls mit einer großartigen Titelheldin auf. Die Chinesin Hui He gilt ja ohnehin als DIE Butterfly unserer Tage. Diesem Ruf wurde sie abermals gerecht. Hui He besitzt alles was man für die Cio-Cio-San braucht. Sie hat das Volumen, und dies ist wirklich beachtlich, um auch über die größten Orchesterwogen stimmlich hinwegzukommen. Die dramatischen Ausbrüche gelangen ihr ganz fabelhaft und die Höhen erklangen wirklich prächtig. Genauso überzeugend waren aber auch ihre lyrischen Fähigkeiten und ihre Piani. Es ist schon erstaunlich mit welcher Leichtigkeit und Sicherheit diese hervorragende Sopranistin vom zärtlichsten Piano in ein dramatisches Forte wechseln kann. Gesangstechnisch ist das wirklich vom Feinsten. Hui He hatte zu keinem Zeitpunkt ein Problem mit dieser so anspruchsvollen Partie. Auch in ihrem Spiel war sie sehr berührend. Die Rolle der Cio-Cio-San hat sie regelrecht verinnerlicht.


    Leider war ihr Pinkerton so gar nicht auf ihrem Niveau. Der US-Amerikaner Bryan Hymel verfügt über einen sehr hart klingenden und unflexiblen Tenor, der es ihm gar nicht erst ermöglicht so etwas wie Puccini-Schmelz zu erzeugen. Seine Stimme harmonierte nur wenig mit Hui He's schönstimmigen Sopran. Hymel erkämpfte sich zwar eindrucksvoll so manchen Spitzenton, doch diese Töne klangen leider oft auch sehr gepresst. Eine Stimme für Puccini ist das nicht.


    Der beste männliche Sänger des Abends war Markus Eiche als Sharpless. Dieser wunderbare deutsche Bariton, der einige Jahre zum Ensemble in Wien gehörte, stattete seine Partie mit derart schönen Baritonklängen aus, dass man sich schon fast eine eigene Arie für den Konsul gewünscht hätte. Eiche fehlte es vielleicht an manchen Stellen (noch) an der nötigen Durchschlagskraft, doch die positive Entwicklung die dieser Sänger durchgemacht hat, war akustisch deutlich zu vernehmen. An welchem deutschen Haus hat Eiche eigentlich seine Anfänge gehabt? Hier im Forum ist er ja trotz seines inzwischen internationalen Erfolges immer noch relativ wenig bekannt oder zumindest wenig diskutiert.
    Zoryana Kushpler war als Suzuki ideal besetzt. Ihr Mezzo kam in der Partie sehr gut zur Geltung.
    Die Nebenrollen wurden gut gesungen und auch das Dirigat von Jonathan Darlington war zufriedenstellend. Er ließ genug Emotionen aus dem Orchestergraben zu, ohne die herrliche Musik Puccini's zu sehr zu verkitschen. Gleichzeitig war er den Sängern ein guter Begleiter.


    Ach ja, bei der Inszenierung handelte es sich übrigens immer noch um die älteste Produktion der Wiener Staatsoper. Sie stammt aus dem Jahre 1957 und erzählt die Geschichte natürlich so wie sie im Libretto steht und in adäquaten Kostümen und Kulissen. Ist ja heute keine Selbstverständlichkeit mehr.


    Und wer die Möglichkeit hat einmal Hui He als Butterfly zu sehen - unbedingt Hingehen, HINGEHEN, HINGEHEN!!!!



    Gregor

  • Lieber Gregor,


    Der Bereich Oper ist im Forum doch stark ausgedünnt, das ist auch mein eindruck. Deine Berichte aus der Wiener Staatsoper interessieren mich immer, vor allem die Inszenierung, auch wenn ich persönlich nur wenig dazu sagen kann. Vielleicht komme ich wieder einmal nach Wien und dann möchte ich natürlich auch in die Wiener Staatsoper und eine Inszenierung sehen, die ich noch mit Freude genießen kann. Da sind die Berichte mir eine gute Orientierungshilfe.
    Diese Inszenierung scheint ja nun wirklich zum Werk passend zu sein. Ich hatte leider erst einmal das Glück, die Wiener Staatoper, die wenigstens noch einzelne unverfälschte Opern zeigt, zu besuchen. Aber da war es keine Oper, sondern mein Lieblingsballett "Romeo und Julia" in einer wundervollen Choreographie. Es ist jetzt 1 1/2 Jahre her und ich schwärme heute immer noch davon.
    Mich würde auch interessieren, was du von der Neuinterpretation von Lohengrin hältst, falls du diesen besuchst.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Schon der verwichene Lohengrin aus 2005, verbrochen von Barrie Kosky, war dermaßen furchtbar, dass ich meinte, der neue könne nur besser sein. Dachte ich, obwohl diesmal der landesweit berüchtigte Homoki am Werke war.


    Aber schon beim Betreten der Staatsoper mußte ich einen häßlich-kitschigen Vorhang mit zwei verunstalteten roten Herzen und dem Elsa-Zitat "Es gibt ein Glück!" in altdeutscher Frakturschrift hinnehmen, dann, als das überirdisch-ergreifende Vorspiel begann, wurde mittendrin dieser Vorhang unsichtbar und ein hölzerner Kubus wurde sichtbar, auf dem eine unverständliche Totenfeier stattfand.


    Dieser Kubus blieb dann alle drei Akte und wurde dann zu einem ländlichen Wirtshaus, bestückt mit überdimensionalen Holztischen, auf denen so manche Szenen spielten.


    Die Akteure trugen durchwegs älplerische Tracht, die Herren mit derben Jankern, Lederhosen, langen weißen Socken und klobrigen Schuhen. Besonders gräßlich bekleidet war die Ortrud mit Puffärmeln und Dirndlkleid. Elsa spielte noch dazu mit einem Plastikschwan, womit der Werktitel wohl angedeutet wurde.


    Als dann die Chormassen zurückwichen, wurde eine auf dem Boden liegende Gestalt in weißem Nachthemd sichtbar, die sich in der Folge als Lohengrin herausstellte, der sich auf offener Bühne ebenfalls in Bauerntracht warf.


    Dieser Lohengrin war Klaus Florian Vogt, der einen zärtlich-innigen Auftritt mit hellem Timbrre sang, in der Folge aber in dramatischen Momenten nicht ganz so souverän war. Seine Elsa (Camilla Nylund) beeinträchtigte ihre an sich solide Leistung durch ihr schon peinliches Tremolo. Der Telramund (Wolfgang Koch) war für mich schon durch die Durchschlagskraft seiner großen Stimme der Beste des Abends, seine Ortrud hatte ebenfalls starke dramatische Momente, war in toto allerdings nicht in allen ihren Szenen souverän. Günther Groisböck als König Heinrich war recht ordentlich, kam aber an seine Leistung als Wassermann in Rusalka nicht ganz heran. Der Heerrufer (Detlef Roth) war schwach.


    Fabelhaft der Chor und das herrlich aufspielende Orchester unter dem Einspringer Mikko Franck.


    Diese Homoki-Beglückung wird später dann als Koproduktion den Zürchern zuteil unter dem Motto "geteiltes Leid ist halbes Leid". Nun denn, auf Wiederluaga!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Den Dirigenten der aktuellen Wiener Butterfly Jonathan Darlington war früher GMD der Duisburger Philharmoniker und dort sehr beliebt. Diese Spielzeit hat er eine sehr gute Traviata in Düsseldorf dirigiert.
    Lieber milletre,
    ich hab die Lohengrin Premiere nur am Radio verfolgen können. Den Dirigenten Mikko Franck fand ich sehr gut Sehr gut fand ich Klaus Florian Vogt als Lohrengrin und ich kann nicht verstehen das sich viele über sein helles Timbre aufregen. An der Rheinoper hab ich ihn schon als Siegmund erleben dürfen. Frau Nylund scheint zur Zeit als Elsa zwischen Madrid und Wien zu pendeln, da ich sie am Donnerstag ebenfalls als Elsa aus dem Teatro Real in Madrid gehört habe. Günther Groisböck schiien mir als König sehr angestrengt. Ein Totalausfall war leider die Ortrud von Frau Martens. Durchschnittlich der Herrufer von Detlef Roth. Wolfgang Koch war ein guter Telramund.

  • Zitat

    Zitat von Milletre: Der neue Wiener "Lohengrin" - eine üble Schandtat!

    Lieber Fritz,



    hattest du von Homoki etwas anders erwartet? Aufrichtiges Beileid, liebe Wiener und libe Züricher, die ihr ja auch daran teilhaben sollt. Es besteht anscheinend wohl kaum mehr die Aussicht, dass wir jemals noch einen echten Lohengrin zu sehen bekommen, wenn diese an Interpretitis schwer erkrankten Geister nicht bald von den Bühnen verschwinden. Aber die Hoffnung, dass diese Seuche einmal ausgerottet wird, stirbt zuletzt.
    Übrigens, das mit dem am Boden liegenden Jodelgrin im Nachthemd, der nach Zurückweichen der Massen zu sehen ist, hat sich der Regisseur wohl beim Epilepsiegrin in Mailand abgeguckt.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Mit solchen Produktionen wäre ich wohl kaum zum Wagner-Fan geworden. Zum Glück gibt's die Tonkonserven.


    Wien ist kein Paradies mehr für Wagner-Freunde. Was helfen mir halbwegs klassische Inszenierungen von Mozart, Puccini oder Verdi? Deswegen betrete ich die Staatsoper seit über einem Jahr nicht mehr.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Gerhard,
    es gibt noch so einige sehr klassische Inszenierungen an der Wiener Staatsoper. So adhoc fallen mir neben der Butterfly noch Rosenkavalier, Boheme, Tosca, Andrea Chenier, Aida, Maskenball, Cosi Fan Tutte, Cavalleria Rusticana/Bajazzo, Liebestrank und Lucia di Lammermoor ein. Da gibt es sicher noch mehr. Leider wird unser schöner Rigoletto demnächst durch eine neue Inszenierung ersetzt. Wobei ich nicht sagen kann, was vom Regisseur Pierre Audi zu erwarten ist.


    Den Lohengrin lasse ich vorerst aus. Aber hier wurde ja schon einiges dazu gesagt (wenn es in diesem thread auch ziemlich unpassend ist).


    Gregor

  • Zitat

    Zitat von Gregor: Den Lohengrin lasse ich vorerst aus. Aber hier wurde ja schon einiges dazu gesagt (wenn es in diesem thread auch ziemlich unpassend ist).

    Ja, lieber Gregor, es schleicht sich leider immer wieder - und das finde ich schon länger nicht gut - in fast allen speziellen Themen plötzlich etwas ein, was absolut nicht zum Thema gehört. Der Lohengrin hätte sicher entweder besser in ein allgemeines Thema zum sogenannten "Regietheater" gepasst, oder aber unter die Überschrift "Lohengrin in der Wiener Staatsoper" bzw. "Inszenierungen der Wiener Staatsoper 2014" (allgemein). Unter dem Thema "Madame Butterfly" werden es viele nicht finden oder suchen. Aber wo antwortet man dann, wenn man zu einem solchen Beitrag etwas sagen möchte? Ich habe es schon mal versucht, nur einen Hinweis auf ein anderes Thema zu machen und meine Antwort dort - natürlich auch wieder aus der Reihe der gerade laufenden Gespräche fallend - unterzubringen. Manchmal findet man aber auch kein passendes Thema und müsste ein neues "Antwort auf ..." aufmachen.
    So habe ich z.B. damals auch versucht, die Vorstellungen zu entlasten, indem ich für Begrüßungen und Plaudereien ein neues Thema aufmachte, nachdem Alfred die über achtzig Seiten, die ich bei meinem Eintritt vorfand und in dem ich die eigentliche Vorstellung von mir gesuchter Mitglieder kaum mehr vorfinden konnte, auf vier Seiten bereinigt hatte. Aber schon nach kurzer Zeit waren die Vorstellungen wieder mit Begrüßungen und abweichenden Plaudereien zugeschüttet. Ich möchte jetzt nicht noch einmal auf ein Thema zurückkommen, das mit völlig artfremden Betrachtungen schließlich völlig aus dem Ruder lief. Deshalb ist es manchmal wirklich schwierig, die Übersicht zu behalten. Und ich weiß von Leuten, die das Forum nur besuchen, dass sie es häufig aufgeben, weil sie sich nicht durchfinden.
    Ansonsten, vielen Dank über deine Hinweise zu Inszenierungen der Wiener Staatsoper, in die man eventuell noch mit Freude hineingehen kann.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Tja, Gehard, da sprichst du ein großes Problem an, das eigentlich keines sein sollte. Es kann doch nicht so schwer sein, zu einem völlig anderen Thema einen passenden thread zu eröffnen. Nein, da zerschießt man lieber einen bestehenden. :rolleyes: Ich will jetzt gar nicht nachsehen, wer da diese Lohengrin-Diskussion eigentlich in Gang gebracht hat, aber ein bißchen respektvoller sollte man da schon agieren.
    Natürlich kann es leicht passieren, dass man mal ein wenig vom Thema abweicht. Aber so gezielt einfach das Thema ändern ist schon sehr ignorant.
    Aber wir werden das Problem auch nicht lösen können und selbst die Moderatoren haben es wohl schon aufgegeben. Diese wären dann mit dem Verschieben mehr beschäftigt als mit allem anderen.
    Darauf hinweisen, dass das nicht in Ordnung ist, sollte man aber dann dürfen. Vielleicht macht sich der eine oder andere dann Gedanken darüber. ;)


    Gregor

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  • Die Positionierung des Lohengrin-Berichts hier war eine Fehlleistung von mir. Deshalb bitte ich die Moderation, diesen und die nachfolgenden Bezüge darauf in einen eigenen Thread zu verschieben.


    Dank im voraus!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Hui He hatte zu keinem Zeitpunkt ein Problem mit dieser so anspruchsvollen Partie. Auch in ihrem Spiel war sie sehr berührend. Die Rolle der Cio-Cio-San hat sie regelrecht verinnerlicht.

    Man darf nur nicht durch den Operngucker schauen ...

    Zitat

    Leider war ihr Pinkerton so gar nicht auf ihrem Niveau. Der US-Amerikaner Bryan Hymel verfügt über einen sehr hart klingenden und unflexiblen Tenor, der es ihm gar nicht erst ermöglicht so etwas wie Puccini-Schmelz zu erzeugen.

    Passt vielleicht ohnehin besser zu seinem Charakter.

    Zitat

    Ach ja, bei der Inszenierung handelte es sich übrigens immer noch um die älteste Produktion der Wiener Staatsoper. Sie stammt aus dem Jahre 1957 und erzählt die Geschichte natürlich so wie sie im Libretto steht und in adäquaten Kostümen und Kulissen. Ist ja heute keine Selbstverständlichkeit mehr.

    So alt ist die? Leider ist das Meer nicht ganz so atmosphärisch wie z.B. das Wasser im jüngst zu Ende gegangenen Rigoletto. Trotzdem natürlich eine sehr schöne Inszenierung.
    :hello: