Die die ARABELLA von den diesjährigen Osterfestspielen hat schon einen eigenen Thread verdient - zumal wir in einem Richard-Strauss-Jahr leben. 2014 wird sein 150. Geburtstag begangen. Es gibt schon einige Äußerungen an anderer Stelle dazu (Opernaufführungen als Übertragungen per Rundfunk und Fernsehen), vielleicht lassen die sich hier einfügen. Meine Eindrücke - ich habe die Übertragung auf 3Sat gesehen, habe ich in einer Mail an einen Musikfreund zusammengefasst. Ich glaube, er hat nichts dagegen, wenn ich hier daraus zitieren:
"Im Freundeskreis haben wir uns früher gern mit Hilfe von Zitaten daraus (aus der Oper) verständigt, was sehr viel Spaß machen kann. Arabella ist vollgestopft mit wunderbaren zitierfähigen Stellen, die für alle möglichen Gelegenheiten passen. Ich glaube, ich kenne Text und Musik auswendig. In Salzburg kam es mir aber so vor, als seien Striche aufgemacht worden, die ich bisher nicht kannte. So gedehnt fand ich die Aufführung. Es fehlt ihr jegliche Raffinesse, jede Zweideutigkeit. Die Handlung und die Musik vollziehen sich ja wie auf der Rasierklinge. Davon spürte ich nichts. Thielemann hat kein Gespür für diesen gebrochenen Walzer in der Partitur. Er klingt für meine Ohren zu bodenständig, zu robust. Arabella halte ich für ein im guten Sinne dekadentes Werk. Dekadenz finde ich nirgends so meisterhaft ausgedrückt wie in dieser Oper. Die Musik rauscht auf und steigert sich zu einer Schönheit, als würde die Entstehung der Welt in Noten gegossen. In Wahrheit geht es um ganz banalen Dinge - einen Faschingsdienstag, einen Ball, irgendwelche gelangweilte Grafen, eine versetzte Brosche, einen der Spielsucht anheim gefallenen Rittmeister a.D. und einen Heiratsantrag. Daraus eine Balance zu finden im Orchestergraben und auf der Bühne, das ist die Kunst bei Arabella. Ich habe eigentlich nie eine Aufführung erlebt, die meinen Vorstellungen in Gänze entsprach. Diese Geschichte ist einfach genial, ist sie nicht überzeugend dargestellt, muss sie das Publikum zu Fransen langweilen. Wir, die wir das Werk kennen und lieben, können natürlich auch einer durchschnittlichen Aufführung noch etwas abgewinnen. Wir haben nicht die Wahl.
Sängerisch ist heutzutage wohl nicht viel mehr zu erwarten. Die Fleming ist inzwischen wirklich zu reif für die Partie, wenngleich es noch immer sehr schöne Momente gibt. Ich stellte fest, dass sie gewisse Ereignisse in der Handlung, die wirklich ganz wichtig sind, offenbar gar nicht erfassen konnte. Da gibt es in ersten Akt die Stelle, wo sie aus dem Fenster blickt und von dem fremden Menschen spricht, den sie gesehen hat als sie auf dem Haus gegangen ist. Das ist eine ganz wichtige Zäsur im Handlungsverlauf und so typisch für die Oper. Gesang entwickelt sich unmerklich auf dem Rezitativ. Strauss bringt beides in seiner unverwechselbaren Meisterschaft stilistisch zusammen und entwickelt daraus etwas neues, nie dagewesenes. So etwas kann die Fleming einfach nicht umsetzen, sie weiß offenbar gar nicht, was es ist, worum es geht. Sie hat die Partie gut gelernt ohne sie zu verstehen. Deutsche Untertitel in einem deutschen Werk sagen ja auch einiges aus. Deshalb kam mir die Musik in manchen Momenten so fremd vor. Hampson? Nun ja, der geht natürlich auf keine Bärin los. Der war mir zu intellektuell. Der kam nicht aus "der Walachei". Der müsste viel hilfloser wirken und naiver in diesem Schlangennest von des Kaisers Hauptstadt, wo er auch schamlos ausgenommen wird. Der wird sich noch wundern. Aus dem alten Waldner, der ja nicht unsympathisch ist, lässt sich viel mehr machen als das Dohmen konnte, und die Adelaide ist keine Vettel wie das Frau Benackova Glauben machen musste. Sie erinnerte mich ehr an Hilde Hildebrand als Mrs. Peachum im Dreigroschenopern-Film. Am meisten haben mir Daniel Behle als Matteo und die Zdenka, der Name der Sängerin fällt mir jetzt nicht ein, zugesagt.
Die Inszenierung fand ich nicht beleidigend aber hinlänglich läppisch. Die Sänger wurden zu oft allein gelassen. Bisschen üppiger hätte es ruhig sein können. Die Möglichkeiten der Salzburger Breitwandbühne wurden nach meinem Eindruck nicht genutzt. Und immer der Verzicht auf die Treppe am Schluss. Was sollte der mickrige Lift? Die Treppe ist es! Sie ist auch ein starkes Symbol für oben und unten und für dazwischen."
Soweit meine Meinung.
Gruß Rgeingold