Richard Wagner: Die Walküre - die unverzichtbaren Aufnahmen der Taminos

  • Liebe Freunde,


    ich greife mal den Gedanken von Don Gaiferos auf, setze diese löbliche Reihe fort und gehe chronologisch sinnvoll auf "Die Walküre" ein. Hier handelt es sich nicht nur um den wohl bekanntesten (und auch beliebtesten?) Teil der "Ring"-Tetralogie, sondern auch um einen wahren Klassiker innerhalb der gesamten Opernlandschaft. Entsprechend groß ist die Auswahl an Aufnahmen, ob Studio oder Mitschnitt. "Die Walküre" dürfte auch überwiegend der einzige "Ring"-Teil sein, der losgelöst vom Rest aufgeführt wird (evtl. gilt das mit starken Einschränkungen auch für die "Götterdämmerung").


    Die Frage lautet: Wo anfangen? Bereits im Vorfeld ist klar, dass es viele referenzträchtige Aufnahmen gibt. Von den ganz historischen bis in unsere Tage hinein sind mehr als beachtliche Interpretationen vorgelegt worden. Welche sind eure Favoriten?


    Liebe Grüße
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Gesamtaufnahmen:


    Wie schon angedeutet, herrscht kein Mangel an Aufnahmen. Ich will mich zunächst auf drei für mich besonders herausragende beschränken. Das wäre zum einen Joseph Keilberth in Bayreuth 1955. Hier singt die crème de la crème des alten Wagnergesangs einmalig live und in Stereo-Ton. Es gibt sogar zwei Aufnahmen mit verschiedener Besetzung, wobei ich mittlerweile sogar eher zur 2. Serie tendiere, wo die Mödl Brünnhilde und die Varnay dafür Sieglinde verkörpert, was geradezu ideal erscheint. Daneben der Klassiker von 1961 unter Erich Leinsdorf mit dem vielleicht besten Siegmund des Stereo-Zeitalters, Jon Vickers. Und schließlich ein Exot: Sir Reginald Goodalls englische Aufnahme von 1975, die es in sich hat, schon wegen der extremen Tempi.


    (Siegmund, Hunding, Wotan, Sieglinde, Brünnhilde, Fricka; Orchester/Dirigent)


    1. Aufführungsserie 2. Aufführungsserie


    - Vinay, Greindl, Hotter, Brouwenstijn (bzw. Varnay), Varnay (bzw. Mödl), Milinkovic; Orchester der Bayreuther Festspiele/Keilberth (1955)



    - Vickers, Ward, London, Brouwenstijn, Nilsson, Gorr; London Symphony Orchestra/Leinsdorf (1961)



    - Remedios, Grant, Bailey, Curphey, Hunter, Howard; English National Opera Orchestra/Goodall (1975) (engl.)


    Erster Akt:


    Es ist ein Jammer, dass zwei der größten Wagner-Dirigenten aller Zeiten keine komplette "Walküre" im Studio unter besten Bedingungen vorlegen konnten. Die Rede ist von Hans Knappertsbusch und Otto Klemperer. Gewiss, es gibt zumindest von ersterem einige Live-Mitschnitte in Mono, aber der Wuchtigkeit dieser Oper hätte Stereo schon gut getan. Den Decca-"Ring" durfte bekanntlich Solti schmieden, so wurde der Kna letztlich übergangen. Bei Klemperer war es dann das hohe Alter, das die Fertigstellung seines "Rings" (oder doch zumindest der "Walküre") verhindert hat. Wie dem auch sei: Immerhin liegt uns der Erste Akt von beiden in astreiner Tonqualität vor. Womöglich eher etwas für Fortgeschrittene, aber für echte Wagnerianer unverzichtbar.


    (Siegmund, Hunding, Sieglinde; Orchester/Dirigent)



    - Svanholm, van Mill, Flagstad; Wiener Philharmoniker/Knappertsbusch (1957)



    - Cochran, Sotin, Dernesch; New Philharmonia Orchestra/Klemperer (1969)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Liebe Wagner-Freunde!


    Hier wird es für mich richtig schwer. Da auch ich einige "Walküren-Aufnahmen" besitze, ist eine Entscheidung für eine Aufnahme bei der großen Auswahl äußerst schwierig. Ich führe mal folgende Aufnahme ins Feld:


    W.S.

  • Da hier schon beide Aufnahmen des ersten Aufzuges unter Klemperer bzw. Walter genannt wurden, habe ich einen älteren Beitrag von mir herausgesucht <hier>.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Eine Reihe hervorragender Aufnahmen sind bereits genannt worden. Sicherlich darf die "Walküre" aus dem legendären Solti-Ring der Decca nicht fehlen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    MSchenk: Da hier schon beide Aufnahmen des ersten Aufzuges unter Klemperer bzw. Walter genannt wurden, habe ich einen älteren Beitrag von mir herausgesucht <hier>.


    Ja, ich sehe schon, Joseph II. hat sie auch genannt.

    W.S.

  • Zitat

    Operus: Eine Reihe hervorragender Aufnahmen sind bereits genannt worden. Sicherlich darf die "Walküre" aus dem legendären Solti-Ring der Decca nicht fehlen.


    Klar, mein lieber Hans! Aber es gilt leider nur eine Nennung. Solti wäre sonst auf jeden Fall dabei.

    W.S.

  • Nur zur Klärung: Selbstverständlich dürfen bereits genannte Aufnahmen nochmal genannt werden. Das wäre ja sonst etwas sinnfrei. So sehen wir am Ende im besten Falle auch, welche Aufnahmen vorne liegen in der Beliebtheit. ;)


    Was die Studio-"Walküre" von Solti anbelangt, so würde ich diese auch anführen, gäbe es nicht eine Schwachstelle, und ich glaube, wir müssen in dem Falle auch nicht drum herum reden: Hans Hotter war 1965 einfach schon über seinem Zenit, da hilft alles nichts. Das mag im "Siegfried" als Wanderer noch angehen, aber als mächtiger Göttervater in der "Walküre"? Wenn Hotter (den ich an sich schätze), dann viel lieber aus den 50er Jahren, am besten unter Keilberth oder Knappertsbusch.


    Apropos: Unbedingt genannt werden sollte Wotans Abschied mit George London unter Knappertsbusch (1958) und mit Norman Bailey unter Klemperer (1970). Mit fast 18 bzw. über 19 Minuten sind das natürlich Monumente. Leider auch hier nur Auszüge, aber in tadellosem Stereo.


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Lieber Joseph,


    da greife ich den Ball gerne auf, und krame mal in den Aufnahmen, forsche und recherchiere. Hans hat recht, angeregt durch den letzten Wagner - Thread habe ich mich verstärkt mit dem Solti - Ring beschäftigt: in der Tat eine Wucht, eine Aufnahme höchsten Ranges, so dass auch die besagte Walküre hier hingehört.


    Allerdings möchte ich das Augenmerk auf eine andere Aufnahme lenken - eine moderne live Aufnahme aus München aus dem Jahr 2002, und zwar diese hier:



    DVD Audio


    CD


    Es gibt diese Aufnahme aus München als CD und auch als DVD - Audio, die auf allen DVD - Geräten abspielbar ist, jedoch nur die Tonspur enthält.
    Was soll man sagen - Waltraud Meier und Peter Seiffert - für mich zwei der besten Wagner - Sänger der Gegenwart, zwei herausragende Künstler, die brillant harmonieren. Auch der Rest der Besetzung ist ein Traum - zum Beispiel John Tomlinson und Kurt Rydl, Herz, was willst Du mehr? Auch das Dirigat von Zubin Meta lässt keine Wünsche offen.
    Das ganze mit opulentem Klang, bei entsprechender Anlage auch im Mehrkanal - Ton. Die Rezensionen waren euphorisch, besonders gefiel mir das Verdikt:


    "… Suchtgefährdete sollten diese CD lieber gleich in den Giftschrank sperren…" (Donaukurier, Jörg Handstein, 01./02.05.03)

  • Die WALKÜRE ist nicht mein absolutes Lieblingsstück aus dem RING. Wenn ich mich entsprechend positionieren müsste, ich würde für SIEGFRIED votieren. Aber darum geht es hier ja nicht. Joseph hat in Beitrag Nr. 2 bereits die beiden Aufnahmen genannt, die ich ebenfalls zu den packendsten Dokumenten zähle, die ich kenne. Sie rangieren bei mir ganz oben. In letzte Zeit hat mich ein Mitschnitt aus London aufgewühlt, der unlängst bei Testament in vorzüglichem Klang herausgekommen ist und die Anschaffung lohnt - trotz Hotter:

    Gewiss war er 1961 bereits stimmlich stark angeschlagen. Wie er aber dieses Defizit durch gestalterische Mittel kompensiert und ausgleicht, ja fast vergessen lässt, ist bewundernswert. Für mich ist Hotter der beste Gestalter als Wotan. Die Monologe im zweiten Aufzug macht nur er mir erträglich. Sie könnten noch viel länger dauern. Vickers, den Joseph schon als den vielleicht besten Siegmund des Stereo-Zeitalters bezeichnet hat, und der immer aufs Wort zu verstehen ist, ist auch wieder dabei. Ich bin von Vickers genau so eingenommen, weil er diesen gehetzten Außenseiter so glaubhaft macht. Glaubhafter als Melchior, der womöglich mit mehr Legato und Kultur singt, dafür aber immer etwas - das ist ein Zitat von Jürgen Kesting - zu gut gelaunt wirkt selbst in tragischen Rollen.


    Damit bin ich bei meinem Thema innerhalb dieses schönen Threads. Für eine einzelne Aufnahmen oder auch zwei könnte ich mich letztlich nicht entscheiden. Immer fehlt etwas. Es ist aber auch ein Kreuz mit der WALKÜRE. Nachweislich gibt es an die 150 Dokumente, hinzu kommen mindesten 30 Aufnahmen bzw. Mitschnitte allein des ersten Aufzuges, auch die beiden anderen wurden getrennt festgehalten. Von den unzähligen Ausschnitten und einzelnen Szenen ganz zu schweigen. Man kann sich also bedienen. Es sind sehr interessante, gar extreme Dokumente dabei. In diese Kategorie gehört ein Mitschnitt von 1959 aus Montevideo, auf dem Josef Traxel den Siegmund gibt. Das Debüt von Kirsten Flagstad an der Met 1935 mit Sieglinde hat sich auch erhalten. Überhaupt sind die vielen Met-Mitschnitte bemerkenswert, weil sie die damalige Elite des Wagner-Gesangs in Amerika in ihrer Größe und in ihrer Begrenzung vorführen. In diese Reihe gehört auch die WALKÜRE vom 6. Dezember 1941, als die erst 23jährige Astrid Varnay für die erkranke Lotte Lehmann als Sieglinde einsprang und damit aus dem Stand zur Berühmtheit wurde. Ein Mitschnitt, der mich immer wieder berührt, stammt von 1951 aus dem Theater des Westens in Berlin unter Ferenc Fricsay mit dem schon sehr angegriffenen Josef Herrmann als Wotan.


    Werben möchte ich auch für die aufwühlende Bayreuther Aufnahme unter Karl Böhm und für Herbert von Karajan in Salzburg, wobei mich der Mitschnitt der WALKÜRE zum Auftakt der ersten Osterfestspiele noch mehr packt als die gleichzeitige Studioproduktion, die ja eine Art Vorbereitung für die Bühne gewesen ist. Karajan sollte auch als Bayreuther WALKÜREN-Dirigent nicht in Vergessenheit geraten. Leider hat es nur der dritte Aufzug von 1951 bei EMI an die Öffentlichkeit geschafft mit dem höchst individuellen Sigurd Björling als Wotan. Ob alles erhalten ist, darüber gibt es nur Spekulationen. Nicht zu vergessen Rudolf Moralt, der sich 1949 in Wien konzertant an den RING machte, dabei die alte und die kommenden Generation von Sängern zusammenbrachte. Ein Lehrstück, das bei verschiedensten Labels veröffentlich wurde, auch einzeln. Der hier ebenfalls schon genannte ersten Aufzug unter Bruno Walter mit Lehmann und Melchior hat ja noch eine unvollendete Fortsetzung. Es sollte die erste Gesamtaufnahme werden. Das Projekt zerschlug sich durch die Vertreibung von Walter. Bruno Seidler-Winkler brachte den zweiten Aufzug zum Abschluss, in dem sogar zwei Brünnhilden auftreten, neben Marta Fuchs, die noch unter Walter sang, Ella Flesch, die im Schuss eingesetzt ist. Somit ist auch diese Sängerin, die in Wien engagiert war, dokumentiert. Wir sehen, dass die politischen Verhältnisse auch ins Studio hinein reichten.


    Zum Glück sind mit Gesamtaufnahmen - an der Met mit den üblichen gnädigen Strichen - oder Szenenausschnitten der WALKÜRE die besten Wagner-Sänger des 20. Jahrhunderts nahezu vollständig dokumentiert. Das sollte ganz besonders heraus gestellt werden. Es ist über die Jahrzehnte aber auch ein gewisser allgemeiner Niedergang zu beobachten. Die Dokumente sind da ziemlich ehrlich und gnadenlos, auch was den stimmlichen Verfall einiger Sänger anbetrifft. Dadurch kann die Beschäftigung mit diesem Werk so unglaublich spannend sein. Das ist für mich unverzichtbar! :)


    Nun noch einige Aufnahmen, die in meinem Text vorkommen, auf CD:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • zum Beispiel John Tomlinson und Kurt Rydl, Herz, was willst Du mehr?


    Sänger mit Höhe, die nicht gequält und mühsam ertrotzt klingt? :D


    Deiner Wertschätzung für das Wälsungenpaar Meier - Seiffert stimme ich hingegen absolut zu, auch wenn Seiffert der Siegmund etwas zu tief liegt, er also idealere Partien hat, aber dennoch singt er ganz wunderbar. :rolleyes: :yes: :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Hallo Taminos,


    entweder ich habe die Aufnahme auf Grund der vorgerückten Uhrzeit nicht gesehen, oder sie ist noch nicht genannt worden.



    Neben Solti schätzeich unbedingt die Walküre mit Leinsdorf: Vickers, Birgit Nilsson und der unvergleichliche George London, den ich neben Hans Hotter für den bedeutensten, unerreichten Wotan auf Schallplatte halte.


    Alles in einer überragenden Klangqualität (Decca für RCA), die gegenüber Solti absolut konkurrenzfähig ist. Ansonsten ist mir die Bruno Walter-Aufnahme des ersten Akt mit Lotte Lehmann / Lauritz Melchior und dem großen Emanuel List als Hunding eine besonders wichtige Aufnahme, die den Wagner-Gesang der Zwischenkriegs-Zeit auf ihrem Höhepunkt dokumentiert.


    Beste Grüße


    Ottavio

  • entweder ich habe die Aufnahme auf Grund der vorgerückten Uhrzeit nicht gesehen, oder sie ist noch nicht genannt worden.


    Joseph hat sie in Beitrag 2 genannt und mit dem wohl aktuellen Cover abgebildet. Sehr elegant, wie in der Eloquence-Reihe üblich. :) So sieht meine Ausgabe aus, die der letzten Auflage als Schallplattenbox folgt:



    Leider wird auf keiner der mir bekannten Ausgaben Gré Brouwenstijn (1915-1999) genannt, die der Sieglinde anrührende menschliche Züge gibt. Deshalb zu ihrem Gedenken auch ein Foto:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Mir gefällt diese Aufnahme nach wie vor, obwohl ich jetzt wieder die Fraktion der Peter Hofmann-Kritikerer gegen mich aufbringe:



    Ich habe Jeannine Altmeyer und Peter Hofmann als Wälsungenpaar mehrfach erlebt und war stets von ihrer glaubhaften und rollendeckenden Darstellung beeindruckt. Da wogen die stimmlichen Defizite wie gestemmte Höhen (Hofmann) und starkes Forcieren (Altmeyer) nicht allzu schwer.


    Mit den beiden Geadelten dieser Aufführung Dame Gwyneth und Sir Donald gab es erst jüngst bei der Gottlob-Frick-Gesellschaft ein freudiges Wiedersehen. :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Nach vielem Rein- und Querhören habe ich mich gegen Thielemann (Wien & Bayreuth), den Frankfurter Ring und sogar gegen Janowskis toll klingende Berliner SACD-Konkurrenz für diese Aufnahme entschieden:



    Zuletzt bei Dussmann habe ich mir die MET-Blu-ray mit Kaufmann noch verkniffen. Soweit ich es bis jetzt beurteilen kann, ist diese russische Produktion eine gute Alternative (aber keine preiswerte ...)


    An Kaufmann kommt man eben nicht vorbei (von Stemme, Pape und dem übrigen Ensemble gar nicht zu reden). Eine Empfehlung!


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Das Problem bei allen Threads dieser Art ist es, dass viele sehr gute Aufnahmen (nicht nur historische!) gar nicht genannt werden können, da sie es nicht (aus welchen Gründen auch immer) auf offizielle Tonträger geschafft haben. Wenn ich z. B. "Die Walküre" von Leif Segerstam ins Feld führe, ergibt sich das Problem, dass der Mitschnitt, der sowohl künstlerisch als auch klangtechnisch den hier genannten Einspielungen nicht nachsteht, nur über Umwege überhaupt zu bekommen ist. Ich bekunde freimutig, dass ich mich nicht erinnern könnte, im 21. Jahrhundert eine zufriedenstellendere Aufnahme gehört zu haben. Das Problem ist indes kein neues, wie ältere Wagnerianer bezeugen werden. Jahrzehnte lang waren die Aufnahmen von Keilberth, Knappertsbusch oder Kempe gar nicht erhältlich. Erst in jüngster Zeit haben sie es zur CD-Veröffentlichung gebracht. Vielleicht müssen wir weitere fünfzig Jahre warten, bis jemand den Segerstam ausgräbt. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo, jetzt will ich mich auch mal einschalten:


    1.) MET 1941 unter Leinsdorf: Melchior, Varnay, Kipnis, Schorr, Traubel. Nicht nur ein Vulkanausbruch, ein Gebirge von Vulkanausbrüchen ! Der Wagnerianer erlebt den 1. Akt wie einen Gottesdienst !


    2.) Bayreuth 1954 unter Keilberth: Lorenz, Mödl, Greindl, Hotter, Varnay. Auch ein Bild alter Zeit, besonders Lorenz singt ganze Armeen heutiger Siegmunde an die Wand !


    3.) Bayreuth 1955 unter Keilberth: Schon genannt, bei Varnay und Vinay wackelt das Festspielhaus, auch Hotter und Mödl sind von NachfolgerInnen nicht zu erreichen.


    4.) Studio Furtwängler 1954: Suthaus, Rysanek, Frick, Frantz, Mödl, die letzte Gesamtaufnahme, die den Geist ursprünglichen Wagnergesanges ausatmet. Ein Märchen aus uralter Zeit !


    5.) Studio Solti 1965: Hervorragende Balance zwischen Profis und fachfallenden Stimmen. Sollte in jeden Schrank !


    6.) Bayreuth 1980: Auch wenn ich jetzt die Hofmann- und Altmeier-Gegner auf den Hacken habe: Beide sangen wie um ihr Leben und wer die Video-Aufzeichnung sieht, fühlt sich auch durch Salminen und Jones in die germanische Vorzeit versetzt !


    7.) Studio Janowski 1981: Aus einem Guß ! Vor allem mit Jerusalem und Norman als stimmschönstem Wälsungenpaar der Nachkriegszeit !


    Gruß,


    Antalwin

  • Ich freue mich, hier dem Kollegen farinelli uneingeschränkt zustimmen zu können.

    Auch ich habe viele Vergleiche über Spotify Premium gezogen und bin bei dieser Walküre hängengeblieben. Schon mit der nahezu wie WAV klingenden Auflösung dieses Streaming-Dienstes klingt für mich die Aufnahmequalität sehr ansprechend. Ich sage das im vollen Bewusstsein darüber, dass die technische Qualität einer Aufnahme am Ende sehr wenig von irgendwelchen Samplingfrequenzen und dergleichen abhängt, wenn auf dieser Ebene schon ein gewisses Niveau erreicht ist.


    Die Interpretation des Dirigenten und das Orchesterspiel empfinde ich durchgehend als sehr gut nachvollziehbar, unter die Haut gehend und wohlklingend. Hier könnte man nun sehr sehr viel schreiben, weil ja eben so eine Wagner-Oper sehr lang ist. Jedenfalls hat Gergiev mit seinem Orchester sehr gut gearbeitet. Schon das Vorspiel - so gespielt für mich eines der tollsten Stücke der Musikgeschichte überhaupt- lässt mich niemals ruhig sitzenbleiben. Das ist viel besser als jeder Drogenrausch....


    Die Sänger haben mich bisher überzeugt ( habe noch nicht bis zum Ende durchgehört...)

    Ich finde es gut, wenn das Vibrato unter Kontrolle bleibt, so dass man die einzelnen Töne noch erkennen kann. Für meinen Geschmack sollte man auch eine gute Balance zwischen rhetorischem Engagement und Schönsingen finden. Es darf nicht zum bellenden Sprechgesang werden, andereseits aber auch nicht in bloßer und zahmer Legato-Langeweile ertrinken.

    Sehr wichtig finde ich auch, dass möglichst deutlich und akzentfrei gesungen wird - sorry an alle Sänger aus fernen Ländern...

    So wie ich es höre, ist das hier aber alles gut gelungen.

    Ich bin selbst sehr erstaunt, dass eine russische Produktion auf diesem Niveau daherkommt. Deshalb habe ich mir die SACDs auch soeben bestellt....


    Allerdings dachte ich mir im Überschwang, dass das Rheingold mit Gergiev ebenso toll gelungen wäre. Ich hörte also hinein und war über die slawische Aussprache und den irgendwie gebremsten Auftritt des Alberichs doch recht erschrocken.

    Das kann ich auf die Dauer ehrlich gesagt nicht ertragen, ebensowenig das schon extreme, ausgeleiert klingende Vibrato des Loge in der neuesten Rattle-Aufnahme ( nicht die mit den Berliner Philharmonikern). Dessen Alberich klingt ja wirklich wie ein unangenehmer, böser Bube.

    Um eine Alternativaufnahme zu Bayreuth/Barenboim ( Blueray) zu finden, muss ich wohl noch etwas suchen.

    "Alte Schinken", gar noch aus der Mono-Zeit interessieren mich da nicht. Ich finde schon, dass zu einem Wagner-Erlebnis ein möglichst voller und modern aufgenommener Orchesterklang gehört. Es geht ja bei Wagner weniger um leicht fassliche Melodien, sondern um expressive Harmonien und Instrumentation. Die Sänger "surfen" mit ihren Linien auf eben dieser harmonisch-klanglicher Textur. Von daher verstehe ich nicht, wenn sich jemand in Sachen Wagner nur für Sänger interessieren kann.


    Allerdings verstehe ich gut, dass ein schlechter Sänger eigentlich in der Lage ist, alles zu zerstören, d.h. dass er ein wahnsinnig gut spielendes Orchester, sogar auch seine gut singende Kollegen irgendwie ad absurdum führen kann. Man wird dann ständig auf den Boden der Tatsachen zurückgestoßen. Eine gute Aufführung besteht ja darin, dass man vergisst, wie schwer es eigentlich ist, solche Noten in klingende Musik umzusetzen.


    Mein Traum-Walküre scheine ich also gefunden zu haben. Mir gefällt die Oper wegen ihrer von Anfang an durchscheinenden Ernsthaftigkeit eh sehr gut.


    Gruß

    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Norbert

    Hat den Titel des Themas von „Richard Wagner: Die Walküre - die unverzichtbaren Aufnahmen der Taminos (Stand 2014)“ zu „Richard Wagner: Die Walküre - die unverzichtbaren Aufnahmen der Taminos“ geändert.