Letzten Sonnabend bei den Wiener Philharmonikern...

  • Hallo Alfred, hallo Forianer, ich bin zurück...! (wen auch immer das interessiert)


    Es war mein erstes "richtiges" Konzert. Zuvor hatte ich seither nur Studentenorchester und ähnlich unbekannte Orchester live gehört (Göttinger Sinfonie Orchester, etc.).


    Dieses Mal waren SIE es aber. Meine Lieblinge, die ich zuvor schon auf den Tonträgern in mein Herz geschlossen hatte.


    Vorweg:
    Dieses Konzert werde ich niemals vergessen, davon bin ich überzeugt!


    Gekommen war ich zur Kölner Philharmonie mit einem gemischten Gefühl, denn die Wiener Philharmoniker aus der Stereoanlage zu hören oder live dabei zu sein, so sagte man ja bereits öfter, sei, wie bei jedem anderen Orchester, etwas Verschiedenes.


    Zunächst dachte ich dann auch, man könne dieses Erlebnis nicht mehr steigern... besonders, als sie anfingen zu spielen, und mir beinahe mein Kopf wegflog, so laut war es für mein noch recht gutes 22-jähriges Gehör. (Ich saß in Reihe 12, Platz 26...[wem das was sagt] direkt vor den Posaunen... :D)


    Vielleicht haben sich die teuren Karten für die erste Kategorie nicht gelohnt, dachte ich, vielleicht hätte ich doch lieber weiter hinten sitzen sollen und somit hätte ich auch sauer verdientes Geld sparen können, denn als Bettelstudent bleibt mir nicht viel.


    Spätestens als sie jedoch den Kaiserwalzer als drittes Stück anstimmten, waren meine Befürchtungen verflogen und ich hatte mich an die Lautstäke gewöhnt und war voll eingetaucht. Vor meinem geistigen Auge sah ich... natürlich Wien, das ich sehr liebe, was auch sonst... ?!


    Nach den eigentlichen Walzern von Joh. Strauß II. gab es nach dreimaligem wilden Applaudieren der zuvor meist mit "Kölsch" angetrunkenen Kölner Publikumschaft noch einen Walzer als Zugabe.
    (Wieso trinkt man vor einem Konzert Alkohol? Ich als vollkommener Alkohol-Hasser verstehe das natürlich noch weniger.)


    Übrigens... ich kam mir irgendwie fehl am Platze vor, da die meisten anderen, die dort (zumindest in der Kategorie, in der ich saß) waren, so alt wie meine Großeltern waren und einen ziemlich betuchten Eindruck machten. In meiner Nähe saß eine Dame, die man im WDR-Fernsehen zu Gesicht bekommen kann...


    Na gottseidank hatte ich einen Anzug angezogen, seit über drei Jahren das erste Mal wieder, meinen Abitur-Anzug. Er passte noch.


    Nach dem ersten Teil mit Strauß folgte eine Pause und danach kam der zweite Teil, die sechste Sinfonie von Tschaikowsky.


    Doch zuvor wurde mit der Air von Bach des verstorbenen Intendanten der Kölner Philharmonie, Dr. Albin Hänseroth, gedacht.
    Ein Wiener Philharmoniker hielt vorher eine kurze Ansprache im typischen, für meine Ohren so wohl klingenden Wienerisch.
    Er erklärte, warum sich die Philharmoniker eine Kombination aus Strauß jun. und Tschaikowsky ausgesucht hatten.
    (kurz: Strauß II. besuchte St.Petersburg und Tschaikowsky verarbeitete viele Walzer in seinen Werken, beides zusammen ist eine Sache, die die beiden verbindet)


    Der Dirigent, Valerie Gergiev, war die ganze Zeit still. Wahrscheinlich liegt das daran, dass er kein deutsch spricht... ? Egal...


    Nach der Air von Bach kam eine Schweigeminute, in der sich alle Menschen des Publikums zusammen mit den Wienern erhoben.
    Eine "Totenstille"... mit nur einem Huster ... es geht doch...


    Es war sehr beeindruckend für mich.


    Dann folgte endlich die von mir so lang ersehnte sechste Sinfonie von Tschaikowsky. Ich hatte vorher bereits tagelang diese Sinfonie von CD gehört: Karajan und die Berliner und Pletnev und die Russen (RNO).


    Doch das, was Gergiev mit den Wienern ablieferte war eine WUCHT!
    Es war unbeschreiblich. Es hat mich tief berührt, vor allem der letzte Satz. Aufgehört hat die Sinfonie mit einem gaaaaaaaaaaanz langen Unisono, das immer leiser wurde.


    Danach herrschte wieder eine Minute lang Stille...
    dann brach der Beifallssturm los und gebührte dieser Leistung.


    Die 147 €, die ich für die Karte bezahlt habe, haben sich mehr als gelohnt für mich.


    PS: Es mag sein, dass ich vielleicht zu euphorisch reagiere, ich habe versucht kritisch mit den Wienern zu sein, doch es gelang mir nicht.


    PPS: Falls meine Sprache, die ich hier abliefere, irgendwie verworren klingt, so liegt das sicherlich auch an meiner noch immer anhaltenden Paralysierung (positiver Art) durch diesen Abend.


    PPPS: Ach ja, unter die Wiener Philharmoniker, die an jenem Abend spielten hatten sich zwei ziemlich junge Damen "geschlichen". Ich war überrascht. Sie schienen in meinem Alter zu sein...... vielleicht auch noch zu haben... ? :D


  • Das hat nichts mit Euphorie zu tun, was DU hier textest. Der Live-Eindruck ist im Allgemeinen erheblich größer als der Eindruck, das gleiche Orchester von Platte zu hören. - Mir selbst war es erst letzte Woche vergönnt, die WP live zu erleben, dazu noch an der Wiener Staatsoper. Ich kann Deine Euphorie gut verstehen.


    Was es mit dem "älteren und gut betuchten Publikum" auf sich hat? Welcher 22-Jährige investiert schon EUR 147,- in eine Konzertkarte bzw. kann sich das überhaupt erlauben? Bleiben nur noch die Herrschaften, die sonst nicht wissen, wohin mit der Kohle... (Schade nur, dass viele davon gar kein echtes Interesse an der Musik haben, sondern nur aus Reputationsgründen dahin gehen, weil "man eben dahin geht"...)


    Die jungen Damen, die Du meinst, sind bei den Wiener Philharmonikern noch in der Minderheit. Übrigens dürften sie mitunter deutlich älter sein als Du... (Aber die eine Cellistin ist nett anzusehen, nicht wahr?)


    Gruss,


    Hendrik