Arcadi Volodos - Der Supervirtuose

  • Zitat

    Original von bubba
    Ich habe auf einem englischen, recht bekannten Klavier-Supervirtuosen-Forum gelesen,...


    Wow, gehts da auch um Keyboard-Man, die Power-Pianoforte-League und die Fortepiano-Force-Squad? Was Neues von Incredible Ivory? :D


    Sorry, den konnte ich mir nicht verkneifen... :hello:

  • Zitat

    Original von AcomA
    ...(lazar berman spielte chopins etüden nicht)...
    gruß, siamak


    hier schon (die drei a-moll Etüden, außerdem Opus 10/10, 25/8 und 25/10). Eine ebenso entfesselte wie strukturierte Wiedergabe. Es gibt auf der gleichen CD auch Samuil Feinbergs Transkription des Scherzos aus Tschaikowskys "Pathetique". Berman spielte diese - sagen wir mal - anders als Volodos.
    (Anmerkung 1: Siehe Hörbeispiel 14 der fünften CD; für Chopin Hörbeispiele 8 - 13)
    (Anmerkung 2: Wer möchte einen Berman-Thread aufmachen?)


  • Zitat

    Original von Blackadder


    Wow, gehts da auch um Keyboard-Man, die Power-Pianoforte-League und die Fortepiano-Force-Squad? Was Neues von Incredible Ivory? :D


    Sorry, den konnte ich mir nicht verkneifen... :hello:


    Muahahaha :hahahaha:



    ich spreche von DASDC
    Dass dort meistens nur Müll geredet wird, weiß ich auch. Aber dieses Forum beschränkt sich tatsächlich auf Supervirtuosen (was recht öde ist). Für manche Infos aber ist es gut.

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Zitat

    Original von bubba


    [...] ich spreche von DASDC [...]


    Hehehe :hahahaha:
    wie wärs denn mal mit DSDSv - also Deutschland sucht den Supervirtuosen.
    Da stelle ich mir vor, dass Mr Joachim Kaiser mit seiner Jury da "hocken" und so jeder Depp sein "Für Elise" (mit Noten selbstverständlich) vorträgt und meint, er wäre was Außergewöhnliches (womit er dann vielleicht sogar recht hat :baeh01: )
    :D :D :D :D :D

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."

  • Für alle Volodos-Freunde:


    In der neuesten Ausgabe des FF ist ein Interview mit dem Pianisten zu lesen. Lohnt sich! Volodos äußert sich dabei auch zu seiner neuesten Aufnahme.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Einige Hintergrundinformationen zu Volodos´ neuer Liszt-Platte:


    Aufgenommen wurde die CD in drei Aufnahmesitzungen im Juni, August und September 2006 zu jeweils drei Tagen statt. Für jede Aufnahmephase hat sich Volodos jeweils 20 Minuten Programm vorgenommen. Während der ersten Session spielte er "La Vallée d´Obermann" und "St. Francois d´Assie", inder zweiten "Il Penseroso", "Sposalizio" und "Les Funerailles" und in der dritten Session das übrige Programm. Bei der Aufnahme ist Volodos dem Bericht zu Folge so vorgegangen: Er spielte ausschließlich vollständige Versionen der Werke, hörte ab, spielte erneuet, bis von jedem Stück auf der CD 15 -20 Versionen vorlagen. Erst dann entschied der Pianist welche Version er auf der CD haben wollte.


    Ein interessanter Einblick in die Werkstatt wie ich finde. Wen es interessiert: In der Jubiläumsausgabe der Piano News ist ein ausführlicher Bericht über Volodos`.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Salve Flotan!


    Zitat

    Was sagst zum Volodos Schubert?
    Ich bin da heikel: Fantasie-Sonate mit Richter! Der erste Satz ist das allerbeste, was ich am Klaviersektor je gehört habe...


    Ich muss gestehen, dass ich mir die CD damals nicht gekauft hatte, weil ich meine Zweifel hatte ob Schubert das "richtige" Repertoire ist. Aber soweit ich mich erinnere ist er in den Kritiken gut weggekommen und auch hier im Forum habe ich an anderer Stelle positive Kommentare gelesen. Grundsätzlich passt die Tatsache, dass Volodos sich an Schubert versucht ins Gesamtbild: Weg vom "Tastenlöwen" hin zum "ernsten" Künstler. Das erinnert mich ein wenig an Horowitz: Auch der hat sich ja über die Jahre hinweg immer wieder an Beethoven versucht- wenn auch mit gemischten Resultaten wie ich finde. Grundsätzlich meine ich, dass die Pause Volodos wohl ganz gut getan zu haben scheint, wenn man sich seine neue Liszt-CD anhört.


    Vale,:hello::hello:



    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Caesar73
    Grundsätzlich passt die Tatsache, dass Volodos sich an Schubert versucht ins Gesamtbild: Weg vom "Tastenlöwen" hin zum "ernsten" Künstler. Das erinnert mich ein wenig an Horowitz: Auch der hat sich ja über die Jahre hinweg immer wieder an Beethoven versucht- wenn auch mit gemischten Resultaten wie ich finde. Grundsätzlich meine ich, dass die Pause Volodos wohl ganz gut getan zu haben scheint, wenn man sich seine neue Liszt-CD anhört.
    Christian


    Ja - das stimmt wohl. Beispielsweise spielt Volodos im Mai in Schwetzingen. Auf dem Programm steht:
    M. Clementi - Sonate Op, 25, 5
    J. Brahms - Intermezzo Op. 76, 4; Capriccio Op. 76, 5
    J. Brahms - Variationen über eigenes Thema
    R. Schumann - Waldszenen
    F. Liszt - La lugubre gondola; Funerailles


    Insgesamt gesehen ein sehr anspruchsvolles Programm. Doch wer Volodos von seiner anderen Art, den Transkriptionen, Rachmaninov, Skrjabin kennt, wird hier entweder nicht glücklich oder noch glücklicher :hello:

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."

  • "In dieser Welt eines derart aggressiv beschleunigten Zeiitempfinden ist es unheimlich schwierig, die Musik Mompous zu hören. Darum mußte ich diese CD einfach machen, und ich hoffe, dazu beitragen zu können, dass viele Musiker diese geniale Musik entdecken und spielen werden, die Partituren kaufen, gerade hier in Deutschland, wo Mompou nicht sonderlich bekannt ist. Das ist mein Plan."


    Man kann sich nur wünschen, daß dieser "Plan" von Arcadi Volodos aufgeht! Diese CD ist schlicht eine Großtat, wirklich preiswürdig! Mompou, der Miniaturist, der in der katalanischen Tradition steht, einen beseelten und verinnerlichten Impressionismus komponiert, Musik "ohne Sauce", mit klarer Zeichnung und einer Musiksprache, mit leiser Melancholie aber ohne Sentimentalität, die Zeit in Zeitlosigkeit aufhebt, ein klangliches Moment-Bild, das zum Spiegel komplexer seelischer Zustände wird, die sich als Spiegelungen des Momentan-Einfachen verdichten.


    Es lohnt sich, Volodos´ Interpretation mit der von Mompou selbst und denen von Alicia de Larrocha zu vergleichen. Mompou selbst wählt durchweg zügigere Tempi, während Volodos der Musik Zeit zum Ausklingen läßt - der Ton,
    der sich immer wieder in die Stille verflüchtigt. Beispielhaft zeigt dies Musica Calada ("Musik der Stille") XXV. Während Mompou und Larrocha in rhetorischen Phrasen und Bögen gestalten, arbeitet Volodos mit Spiegelungen im Raum: Musik, die sich immer wieder im Echo ihrer selbst bricht, in die Stille ihres eigenen Hintergrundes einrückt. Einfach grandios! Hier spürt man die Nähe zu Anton Webern - Musik als Wechselspiel von Ton und Stille. In "Le lac" (Der See) aus dem "Landschaften" löst sich bei Volodos die Musik auf in das Elementare des Naturlauts - die reine Tonschwingung: der Triller läßt eine Vibration entstehen, das reine Tonerlebnis wird zum Ereignis - wie man es sonst in Stockhausens Klaviertstücken erleben kann. Mompous Interpretation geht so weit nicht - er läßt den Tönen hier keine Zeit zum Ausschwingen.


    Alicia de Larrocha wies auf die äußerst sparsame Notierung Mompous hin und darauf, daß sie dem Interpreten viel Freiraum lassen, er sich also durchaus nicht an Mompous eigenen Aufnahmen orientieren muß.


    Schön nachvollziehen kann man dies hier (youtube-Video der Impresiones intimas, wo man das Notenbild mit verfolgen kann):


    http://www.youtube.com/watch?v=ZAgdW8TxKhA


    Die Aufnahmetechnik ist exzellent - die Tontechnik in den Teldec-Studios in Berlin ist derzeit wohl das "Maß aller Dinge".


    Die Platte ist jedenfalls ein "Muß" für jeden Liebhaber von Klaviermusik!


    (Vgl. auch den Thread "Katalanische Komponisten des XX. Jahrhunderts")


    Schöne Grüße
    Holger

  • Die Aufnahmetechnik ist exzellent - die Tontechnik in den Teldec-Studios in Berlin ist derzeit wohl das "Maß aller Dinge".


    Es gibt nach der Zerschlagung der Teldec durch Time Warner keine Teldec-Studios mehr (in der BRD waren meines Wissens Hamburg und Berlin betroffen). Teile der damals freigestellten Mitarbeiter haben in der Branche selbständig weitergemacht. So wurde in Berlin das Teldex Tonstudio gegründet (unter Verwendung der Räumlichkeiten der alten Telefunken/Teldec), das jetzt für viele Großkunden Aufnahmen in allen Sparten macht. Denn die Majors haben fast alle ihre Studios liquidiert. Outsourcing heißt das jetzt auf Neudeutsch...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Egal wie:
    1. die Volodos-Aufnahme ist herausragend, die englische Gramophone lobt ausdrücklich. Zitat aus der Rubrik Gramophone Choice ("Aufnahmen des Monats"): "Volodos records and appearances may be few and far between; but whether in his torrential if superfine virtuosity or in a more rarefied poetry, his command is phenomenal."
    Die Rezension schließt mit den Sätzen "Sony's sound is ideal. This is a disc in a million."
    Gerade der letzte Satz erinnert an die Kategorie "Repertoirewert" einer dt. Zeitschrift. Hier gäbe es wahrscheinlich 12 von 10 Punkten... ;)
    2. Teldec, Teldex, Outsourcing... Es entstanden dort viel tolle Aufnahmen, und ich hoffe, dass das auch in Zukunft noch oft passiert. Von Perahia beispielsweise sind zauberhafte Bach-Einspielungen dort entstanden. Und das auch noch doppelt 'outgesourct': das Label ist Sony, das Studio Teldex, und das Aufnahmeteam war Swabian Engineering... :)


    Beste Grüße
    Accuphan

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • Endlich komme ich dazu, meine Notizen zur Liszt Einspielung von Volodos zu vervollständigen. Weiter oben im thread war das Erscheinen der CD ja angekündigt, aber leider hat sich wohl niemanden gefunden, der sich ihr annimmt. Ich versuche das nun viele Jahre nach Erscheinen aus dem obligatorisch subjektiven Blickwinkel und muß auch einschränkend hinzufügen, die Stücke nicht mit Notentext verfolgt zu haben.


    Label: Sony, DDD, 2006 (August, September, Teldex Studios Berlin)
    Das Programm: Vallee d'Obermann
    Il Penseroso
    St. Francois d'Assise - La
    predication aux oiseaux
    Bagatelle ohne Tonart
    Ungarische Rhapsodie Nr. 13
    Sposalizio
    Präludium nach Bach "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen"
    Funerailles
    La lugubre gondola Nr. 2
    Nocturne "En reve"


    Volodos Virtuosität hebt ihn zweifellos unter vielen Pianisten des 20. und 21. Jahrhunderts besonders empor. Es ist müßig zu diskutieren, wer nun der "größte Virtuose am Klavier" ist. Klar scheint mir, daß er alle technischen Klippen leicht bewältigt. Dabei setzt er seine gesamte Virtuosität als Mittel einer gesteigerten Expressivität ein. Das ist ganz im Sinne Liszts. Ich will nicht alle Stücke vorstellen, nur einige besonders hervorheben.
    Das Album gepinnt mit einem mitreißenden Valle d’Obermann, dolcissimo und espressivo Partien kontrastiert Volodos mit den eruptiven Passagen, hätte diese Kontraste aber vielleicht noch organischer verbinden können (dieses Stück vermag imO M. Korstick besser zum Klingen zu bringen). Das war aber auch wirklich die einzige Stelle, die ich als "schwächer" empfunden habe, wenn man auf diesem Niveau den Begriff überhaupt verwenden darf. Homogener ist hier Il Penseroso, das sanft in einer düsteren Trauer verhallt. Das ist einfach grandios und straft die Personen Lügen, die Volodos vorwerfen, sein Können erschöpfe sich in seiner Virtuosität. Mit einer herausragendem Feingefühl und großem Ausdrucksvermögen bringt Volodos auch den Vogelgesang in St. François d’Assise - La prédication aux oiseaux oder Sposalizio und Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen (nach einem Thema aus einer Bach-Kantate gleichen Namens) zum Ausdruck. Sposalizio läßt Volodos in schlichter Schönheit erklingen, in den erwartungsgemäß dunklen Klangfarben ertönen dagegen La lugubre gondola Nr. 2, dessen Melancholie in ergreifender Schlichtheit zum Ausdruck gebracht wird, Funérailles (aus dem Klavierzyklus Harmonies poétiques et religieuses) und En réve – Nocturne, dessen Kontraste aus dumpfem Trauermarsch und furiosem Totentanz mich fast körperlich mitnehmen. Natürlich kommt auch das Virtuosentum im Sinne liszt’scher Praxis nicht zu kurz: so etwa in der 13. Ungarischen Rhapsodie, die Volodos selbst umarbeitete. Volodos Spiel besonders entgegen zu kommen scheint mir schließlich die pulsierende Bagatelle ohne Tonart. Wie eine Improvisation erklingend baut Volodos die komplexe Harmonik auf und läßt sie dann zerfallen. Hier reizt er die Grenzen, die Liszt ausgelotet hatte, bis ins letzte aus. Beim Programm habe ich den Eindruck, daß sich Volodos in der Zusammenstellung bewußt dem gesamten Kosmos Liszt’scher Klangmalerei und Ausdruckskraft stellen wollte. Dies gelingt ihm in einer atemberaubenden Weise. Wenn man diesen Pianisten kennenlernen möchte, ist diese CD neben dem Mompou, den Holger Kaletha in Beitrag 39 vorgestellt hat, auf jeden Fall ein Anfang, der sich lohnt, zumal der Klang der CD hervorragend ist.


    Mit bestem Gruß
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Lieber JLang,


    Danke für Deine wirklich sehr schöne Besprechung! :) Ich hatte mir die CD damals direkt nach ihrem Erscheinen gekauft - zu Liszt habe ich ja nun eine besondere Affinität, Teile aus "Annees de Pelerinage" auch selbst gespielt. Eine grandiose CD finde ich, welche die Vielfältigkeit von Liszt zeigt und pianistisch ist das ganz große Klasse. Teile aus dem Programm hatte er hier vor Jahren auch in der Bielefelder Oetker-Halle gespielt. Volodos ist ein Klavier-Poet. Er kann es eben nicht nur hoch virtuos und laut. Es gibt keinen, der derzeit so betörende leise und ganz leise Töne spielen kann und er traut sich das auch im Konzertsaal. Er führt wieder vor Augen, daß Klavierspiel wirklich eine Kunst ist.


    Ein bisschen komisch ist, daß der Klappentext kein Wort darüber verliert, daß Volodos Vallee d´Oberman nicht in der Originalversion spielt, sondern in einer eigenen Bearbeitung. In der Henle-Ausgabe ist am Schluß noch eine sehr virtuos-überladene Frühfassung von Liszt abgedruckt. Volodos hat eine eigene Version erstellt, die offenbar Elemente aus dieser verwendet. Das hat er aber so kongenial gemacht, daß man seine Bearbeitung - wenn man das Stück nicht so genau kennt - für Liszts Original halten kann! Ein größeres Kompliment kann man ihm eigentlich nicht machen! Liszt hat im Notentext - die Durchdringung von Literatur und Musik ist im ersten Band der "Annees..." nachzuvollziehen - u.a. ganze Textpassagen aus seinem Lieblingsbuch, "Oberman" von Etienne de Senancour, abgedruckt. "Vallee d´Oberman" sind drei Zitate vorangestellt - zwei aus Senancour und eines von Lord Byron. Sie zeigen nihilistische Enttäuschung über die Welt, totale Zerrissenheit und sentimentalische Überspanntheit. In "Vallee d´Oberman" prallen deshalb die Extreme aufeinander - da geht es von den höchsten Höhen in die tiefsten Tiefen. Das alles realisiert Volodos grandios finde ich. In der Schlußapotheose richtet er sich nach seinem großen Vorbild Horowitz - ein virtuoses Bravourstück. Wie bei Horowitz fehlt mir da wenn der virtuose Tumult vorbei ist die skeptische Gebrochenheit, der unausrottbare Zweifel ganz am Schluß. Aber das findet man eigentlich bei kaum jemandem realisiert - vielleicht bei Cziffra, der ganz bewußt auf eine bravouröse Virtuosenschau im Finale verzichtet. Aber das ist Auffassungssache und man kann das Volodos nicht ernsthaft als "Makel" vorrechnen. Korsticks Aufnahme habe ich auch. Sie ist zweifellos sehr interessant, hat aber leider eine ganz große Schwäche finde ich, nämlich eine klaviertechnische: Das Fortissimo ist schlicht unerträglich schrill und hart, das schmerzt in den Ohren und man kann es nicht ertragen. Ich werde mir dessen "Vallee d´Oberman" demnächst noch einmal anhören. Ansonsten sind da außer Volodos herausragend: Horowitz, Arrau, Berman (die russische Aufnahme aus der Brilliant-Classics-Box ist ganz anders als die DGG-Studioaufnahme, viel expressiver), Richter, Cziffra und interessanter Weise auch Aimard, obwohl man es ihm eigentlich gar nicht zutraut. Auch "Sposalizio" hat Volodos leicht bearbeitet, den Klaviersatz noch "pianistischer" gemacht. Das Stück habe ich auch gespielt - ich selbst hätte an seiner Stelle hier darauf verzichtet. Das Stück gibt ein eindrucksvolles Beispiel für die Raffael-Begeisterung der Romantik. Wirklich unnachahmlich spielt das Lazar Berman - Volodos ist auch toll und trifft den spezifischen Ton kontemplativer Sinnlichkeit, was gar nicht einfach ist, aber Berman einfach unerreicht (seine späte Aufnahme aus Italien sogar noch subtiler als die bei der DGG). "En reve" hat Volodos als letzte Zugabe hier im Konzert gespielt. Als Enthusiast von Klaviermusik und großem Klavierspiel muß man diese CD einfach haben! :hello:


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Lieber Holger,
    hab vielen Dank für Deine wichtigen Ergänzungen. Bei mir merkt man, daß ich bei Liszt in Hinsicht auf die Noten nicht sattelfest bin, sonst hätte mir natürlich auffallen müssen, daß Volodos Vallee d´Obermann nicht in der Originalversion spielt :untertauch:. Ich hatte eine intensive Liszt-Phase während meiner Jugend, habe aber nie auch nur ein einziges Stück der Annees gespielt (daher habe ich auch die Noten nicht, gespielt habe ich nur etwas aus den Harmonies poétiques et religiöses). Erst nach meiner Anmeldung bei Tamino habe ich allerdings in meiner Sammlung bei Liszt "aufgerüstet" (Freire, Hamelin, Cziffra und nun Volodos)



    Zitat von Holger Kaletha

    Sie ist zweifellos sehr interessant, hat aber leider eine ganz große Schwäche finde ich, nämlich eine klaviertechnische: Das Fortissimo ist schlicht unerträglich schrill und hart, das schmerzt in den Ohren und man kann es nicht ertragen.

    Ich muß Korsticks Aufnahme noch einmal anhören, habe aus dem Gedächtnis verglichen (das ist nicht immer ein guter Weg). Korstick liebt ja die Extreme, aber ihm gelingt es m. E. trotz aller Zerrissenheit, die das Werk ausmacht, die Musik organisch zum Fließen zu bringen, vom pianistischen Vermögen sehe ich ihn Volodos vergleichbar, doch verfügt Volodos imO insgesamt über ein noch größeres Spektrum an expressiver Kraft. Cziffra sehe ich mittlerweile bei Liszt sehr weit vorn, auch ihn muß ich noch einmal vergleichend hören (leider läßt die Qualität einiger seiner Aufnahmen ein wenig zu wünschen übrig).



    Zitat

    Auch "Sposalizio" hat Volodos leicht bearbeitet, den Klaviersatz noch "pianistischer" gemacht. Das Stück habe ich auch gespielt - ich selbst hätte an seiner Stelle hier darauf verzichtet. Das Stück gibt ein eindrucksvolles Beispiel für die Raffael-Begeisterung der Romantik.

    Eben weil das Stück so zeittypisch ist, finde ich es unverzichtbar. Außerdem kann Volodos hier noch eine weitere Seite Liszts und eigene Stärke zeigen: Sinnlichkeit, erreicht durch pianistische Schlichtheit, das ist ganz großartig und rundet das Gesamtpaket ab.



    Zitat

    Als Enthusiast von Klaviermusik und großem Klavierspiel muß man diese CD einfach haben!

    Das sehe ich ganz genauso, und nochmals danke für die aufschlussreichen Ergänzungen.



    Sei herzlich gegrüßt
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Arcadi Volodos - Ein Pianist, der an mir bislang vorbeigegangen ist - vermutlich wegen seines Repertoires, das nicht den Kernpunkt meiner Klassikwelt ausmacht. Für heuer stehen dennoch 1 - 2 CDs von ihm auf dem Programm.
    Warum hole ich diesen Thread wieder hervor, wenn er doch eigentlich nicht mit meinem Interessengebiet kompatibel ist?
    Vor allem, weil er in der berüchtigten Tamino-Liste der "wichtigsten Dirigenten" enthalten ist, die ich derzeit ziemlich konsequent abarbeite und versuche den Klavierbereich des Forums etwas lebendiger zu gestalten.
    Volodos kommt (naturgemäß) nur in Ottens Buch vor, für Kaiser ist er vermutlich zu jung gewesen seit die ersten zwei (IMO entscheidenden und prägenden) Auflagen des Buches erschienen) Otten betont, daß VOLODOS wegen seiner "Neigung zum Artistischen" stark umstritten ist. Er verteidigt aber gleichzeitig den etwas plakativen Auftritt, weil dies ein legitimer Ansatz sei, bekannt zu werden, vor allem wenn man zudem noch interessante Interpretationen zu bieten hat.
    Otten macht sich ein wenig über die Attribute lustig, die man ihm zu Beginn seines Durchbruchs zugesprochen hat, vom "Viruosenthron" war da die Rede (Tamino Klassikforum ist mit seinem Threadtitel vom "Supervirtuosen" gar nicht so weit davon entfernt) sowie vom "Löwen am Klavier" und vom "Hexenmeister".
    Klappern gehört zum Handwerk. Volodos verfolgt eine ähnliche (erfolgreiche) Taktik (wenngleich nicht so rigoros) wie einst Celibidache - er macht sich im Studio rar - Etwa alle 4 Jahre gibts eine Neuerscheinung - sehnlichst erwartet von seinen Fans.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Arcadi Volodos beschert seiner Fangemeinde nicht gerade häufig eine Neuaufnahme, nun ist es aber endlich wieder soweit, Brahms späte Klavierstücke sind im Anmarsch.


    Klavierstücke opp.76,117,119

  • Ist eigentlich etwas passiert, von dem ich nichts weiß ? Die gezeigte Schubert CD von Volodos, der ja von einigen geradezu göttliche Verehrung geniesst, habe ich mir auf Empfehlung hier im Forum gekauft - und bin recht angetan davon. Zu meiner Überraschung fand ich sie im Budget-Bereich von 7.99 Euro.
    Heut sah ich durch Zufall, als ich nämlich das Label für diesen Thread runtergeladen hab, daß ZAHLREICHE Aufnahmen von ihm "verramscht" werden, so auch die von Lutgra im März dieses Jahres erwähnte CD mit Werken von Brahms (9.99 Euro) In wessen Gunst ist Volodis gesunken? In der des Publikums oder jener des Sony Managements? Oft ist ja zu beobachten, daß solche Preisstürze erfolgen, wenn der Interpret das Label wechselt....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Volodos hat dasselbe Problem wie einst sein Vorbild Horowitz, lieber Alfred: Er will mehr als nur ein Virtuose sein (deshalb tritt er in den USA nicht mehr auf!), die Plattenfirma will aber den Virtuosen Volodos vermarkten. Deshalb hatte Horowitz damals die Plattenfirma gewechselt, ging von RCA zu CBS. Mal sehen, was mit Volodos passiert. :D


    Schöne Grüße
    Holger


  • Der Meister der leisen Töne


    Nun habe ich sie endlich hören können und bin beglückt! Es gibt wenige Aufnahmen, die ohne jede Übertreibung das Wort "außergewöhnlich" in jeder Hinsicht verdienen. Volodos´ letzte Platte ist eine solche. Staunenswert ist seine wahrlich fabelhafte Pianistik, aber nicht etwa, weil er irgendwelche Zirkusnummern auf dem Flügel darbieten würde. Er verabscheut inzwischen ja alle Virtuosenprogramme und tritt deshalb schon seit Jahren in den USA nicht mehr auf. Pianistisch exquisit ist vor allem sein kaum glaubliches Vermögen, die leisen und ganz leisen Töne so zu spielen, dass sie auch einen tragenden Ton haben. Eine Kunst, die er auch in großen Konzertsälen präsentieren kann - und die kein anderer Pianist auf der Welt derzeit so beherrscht. Dazu kommt eine vollkommene geistige Durchdringung der Musik. Das ist Schubert subtil bis in den letzten Winkel ausgehorcht. Volodos nimmt dieser späten Schubertate jede plakative Äußerlichkeit und jede konzertante Großtuerei einer Möchtegern-Symphonie auf dem Klavier. Er gestaltet ihn statt dessen intim als musikalisches Zwiegespräch mit dem Komponisten "unter vier Augen" im Sinne von Claude Debussy. Das ist Musik auf der Grenze des Erklingens und Verstummens, die aus der Stille kommt - in dieser Hinsicht einem Anton Webern schon nah. Dabei bleibt Volodos nichts an dramatischen Kontrasten schuldig - nur eben, dass sie nicht vordergründig "knallig" sind. Ein Ereignis sind auch die kaum bekannten drei Menuette als Zugabe. Das ist nicht nur wiederum erlesenste Pianistik der leisen Töne. Besonders das Menuett und Trio D 600 und D 601 beeindruckt: Es klingt wie Bach - aber als romantischer Traum eines Geistersehers! Ganz große Kunst ist das, muss man einfach sagen! Eine Platte, die man sich nicht nur einmal anhört, weil sie so viel beinhaltet, was man bei einmaligem Hören gar nicht alles wahrnehmen kann! Man sollte sich für diesen olympischen Gipfel der Klavierspielkunst also die nötige Zeit nehmen! :) :) :)


    Schöne Grüße

    Holger

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Heute habe ich Volodos spontan im Wiener Konzerthaus hören dürfen. Es war eine Reise zwischen impressionistischer Innerlichkeit (Mompou), virtuosem Feuerwerk (Liszt) und mystischen Grenzgängen (Skrjabin). Alles zusammengehalten von einer absoluten pianistischen Souveränität - da war weder Anstrengung noch Schwitzen. Volodos, durchaus beleibt, saß zurückgelehnt auf seinem an einen Schulstuhl erinnerndem Sitzmöbel und entlockte dem Steinway einen Klangkosmos, der jederzeit kompakt, breitflächig, aber nie effekthascherisch wirkte. Ein beglückendes musikalisches Ereignis vor fast ausverkauftem Großen Saal.


    Das Programm:


    Federico Mompou

    Música Callada Nr. 1 (1959–1967)

    Música Callada Nr. 2 (1959–1967)

    Música Callada Nr. 27 (1959–1967)

    Música Callada Nr. 24 (1959–1967)

    Música Callada Nr. 25 (1959–1967)

    Música Callada Nr. 11 (1959–1967)

    Música Callada Nr. 15 (1959–1967)

    Música Callada Nr. 22 (1959–1967)

    Música Callada Nr. 16 (1959–1967)

    Música Callada Nr. 6 (1959–1967)

    Música Callada Nr. 21 (1959–1967)

    Música Callada Nr. 28 (1959–1967)


    Franz Liszt

    Ballade Nr. 2 h-moll S 171 (1853)


    Alexander Skrjabin

    Etude fis-moll op. 8/2 (1894)

    Etude b-moll op. 8/11 (1894)

    Prélude es-moll op. 11/14 (24 Préludes) (1888–1896)

    Prélude H-Dur op. 16/1 (Fünf Préludes) (1894–1895)

    Prélude es-moll op. 16/4 (Fünf Préludes) (1894–1895)

    Prélude H-Dur op. 22/3 (1897)

    Prélude b-moll op. 37/1 (1903)

    Deux poèmes op. 63 (1911–1912)

    Poème op. 71/2 (1914)

    Flammes sombres op. 73/2 (Deux danses) (1914)

    Sonate Nr. 10 op. 70 (1912–1913)

    Vers la flamme. Poème op. 72 (1914)


    Ich habe dann noch zwei CDs erworben:



    Gutes Hören

    Christian Hasiewicz

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Ein ganz ähnliches Programm (ohne die Liszt-Ballade) habe ich vor ein paar Monaten im Konzerthaus Dortmund gehört. Ich kann mich nicht erinnern, in den letzten Jahrzehnten jemals einen Pianisten mit solch perfekter Klangkontrolle erlebt zu haben. Seine Fähigkeit, Klänge bis an die Hörbarkeitsgrenze mit scheinbar vollkommener Mühelosigkeit und gleichzeitig absoluter Präzision zu formen, ist derzeit wohl weltweit einzigartig, sein tiefes musikalisches Verständnis herausragend. Seine Brahms-CD ist für mich eine der schönsten Einspielungen der Klavierstücke (op. 76, 117 und 118) überhaupt, sein Schubert ebenfalls großartig.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Oh,


    live möchte ich ihn auch einmal hören, die Mompou CD habe und schätze ich auch, die Vienna CD bestelle ich mir noch. Dazu habe ich noch zwei weitere:


    Arcadi Volodos spielt Transkriptionen

    5099706269120.jpg


    Und die in Beitrag 42 besprochene Liszt CD

  • Arcadi Volodos spielt Transkriptionen

    Die CD ist legendär. Sie entstand ja noch zu der Zeit, in der Volodos als eine Art Über-Virtuose Weltkarriere machte. Ich erinnere mich an ein Interview aus dieser Zeit, in dem der Fragesteller bemerkte, dass bei ihm (Volodos) auch die schwersten Stellen ganz leicht aussähen, woraufhin er sinngemäß antwortete, er fände das auch ehrlich gesagt ganz leicht, und Klavierspielen sei ihm eigentlich noch nie schwer gefallen. Umso bemerkenswerter finde ich, dass er kurze Zeit später sich von diesen Show-Stücken fast ganz abgewandt hat und statt dessen Schubert-Sonaten, Brahms-Stücke oder Mompou spielt, was ihn einen Großteil seiner Karriere gekostet und sicherlich auch seine Gagen negativ beeinflusst hat. Es ist immer ein wirtschaftliches, aber vor allem künstlerisches Risiko, sich von dem Pfad zu entfernen, auf dem man seiner Sache sicher ist und Erfolg hat. Bei Volodos ist das (meines Erachtens im Unterschied zu Hameling) künstlerisch wunderbar geglückt, er ist wirklich heute ein weit größerer Musiker als zu seiner Virtuosenzeit. Dass er technisch immer noch der vermutlich beste, "kompletteste" Pianist der Gegenwart ist, hört man trotzdem, nur stellt er es nicht mehr mit seiner Programmwahl in den Vordergrund.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Ich schätze Volodos ja auch sehr, vor allem wegen seines Klangs, aber aufgrund seines sehr schmalen Repertoires (soweit ich sehe hat er bislang keine Werke von Haydn, Mozart, Beethoven und Chopin aufgenommen?) würde ich ihn nicht unbedingt als den „komplettesten“ Pianisten unserer Zeit bezeichnen ;-)


    Er wollte in München im Frühjahr Schumann spielen, hat dann aber das Programm geändert.


    Viele Grüße, Christian

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Ein ganz ähnliches Programm (ohne die Liszt-Ballade) habe ich vor ein paar Monaten im Konzerthaus Dortmund gehört. Ich kann mich nicht erinnern, in den letzten Jahrzehnten jemals einen Pianisten mit solch perfekter Klangkontrolle erlebt zu haben. Seine Fähigkeit, Klänge bis an die Hörbarkeitsgrenze mit scheinbar vollkommener Mühelosigkeit und gleichzeitig absoluter Präzision zu formen, ist derzeit wohl weltweit einzigartig, sein tiefes musikalisches Verständnis herausragend. Seine Brahms-CD ist für mich eine der schönsten Einspielungen der Klavierstücke (op. 76, 117 und 118) überhaupt, sein Schubert ebenfalls großartig.

    Schön beschrieben, scheint mir sehr treffend. Deine Einschätzung bestätigt, dass der eigentlich ironisch klingende Threadtitel des "Supervirtuosen" tatsächlich eine eigene Berechtigung hat - eine überlegene Virtuosität, die sich absolut in den Dienst der Musik stellt, statt die stupende Technik in den Mittelpunkt zu rücken.


    Gutes Hören

    Christian Hasiewicz

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Ich schätze Volodos ja auch sehr, vor allem wegen seines Klangs, aber aufgrund seines sehr schmalen Repertoires (soweit ich sehe hat er bislang keine Werke von Haydn, Mozart, Beethoven und Chopin aufgenommen?) würde ich ihn nicht unbedingt als den „komplettesten“ Pianisten unserer Zeit bezeichnen ;-)

    So gesehen hast Du natürlich recht. Aber mir ist ein Musiker, der jeweils nur das spielt (oder gar einspielt), zu dem er gerade wirklich etwas zu sagen hat, deutlich lieber als einer, der sich z.B. nach dem jeweiligen Jubliäumskalender richtet. Und "komplett" ist er für mich durch sein einzigartiges Können, aber auch durch seine Nicht-Spezialisierung. Ob er virtuose Reißer spielt (bzw. spielte), sich in späten Schubert versenkt, den versteckten Zwischentönen bei Brahms nachlauscht oder Scriabins Exaltiertheiten und Ausbrüche gestaltet: Immer verbindet er tiefes musikalisches Verständnis mit geradezu spielerisch leichter Umsetzung. Es wirkt bei ihm immer so, als würde er wirklich Klavier "spielen", aber ohne dass es deshalb auch nur einen Moment der Oberflächlichkeit gäbe. Wo den ebenfalls großartigen Grigory Sokolov so etwas wie eine "Aura der Konzentration" umgibt, die das Zuhören bei aller Faszination auch anstrengend macht, ist es bei Volodos eine Aura der Entspannung. Ich bin jedenfalls selten so beglückt aus Konzerten gegangen wie aus den beiden Klavierabenden, die ich mit ihm gehört habe.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • live möchte ich ihn auch einmal hören, die Mompou CD habe und schätze ich auch, die Vienna CD bestelle ich mir noch. Dazu habe ich noch zwei weitere:

    Lieber Kalli,


    Arcadi Volodos gehört zu den ganz wenigen Ausnahmepianisten, von dem ich jede CD haben muss. :) Seine letzte Brahms-CD ist wirklich exzeptionell - stellt ein klein wenig selbst die Legende Artur Rubinstein in den Schatten, der ein geborener Brahms-Spieler war (und laut seiner Autobiographie ihn seit seiner Jugend besonders liebte). Ein besseres Kompliment kann man Volodos eigentlich nicht machen! Beim Wiener Konzert spielt er im Falle der Dante-Sonate seine Bearbeitung - was er wirklich wie immer gekonnt macht, aber im Klappentext ist davon nichts erwähnt. Das erkennt nur der Kenner! ^^


    Ich habe Volodos dreimal glaube ich im Konzert gehört. Beim letzten - schon in seiner "nachvirtuosen" Phase - betörte er durch ein unglaubliches, tragfähiges äußerstes Pianissimo im großen Saal der Bielefelder Oetkerhalle. Und ich saß da oben auf der Galerie, also weit weg vom Podium. Das ist wirklich die allergrößte Kunst des Klavierspiels.

    Ich schätze Volodos ja auch sehr, vor allem wegen seines Klangs, aber aufgrund seines sehr schmalen Repertoires (soweit ich sehe hat er bislang keine Werke von Haydn, Mozart, Beethoven und Chopin aufgenommen?) würde ich ihn nicht unbedingt als den „komplettesten“ Pianisten unserer Zeit bezeichnen ;-)


    Er wollte in München im Frühjahr Schumann spielen, hat dann aber das Programm geändert.

    Schumanns Kreisleriana, lieber Christian, habe ich von ihm im Konzert in der Düsseldorfer Tonhalle gehört. Es gibt einen unglaublichen Mitschnitt (natürlich nicht mit der besten Aufnahmetechnik) bei Youtube. Mir gefällt gerade bei ihm, dass er sich nicht vermarkten lässt wie Kissin in jüngeren Jahren, wo man dachte: Diese CD-Einspielung hätte er sich mangels Reife besser für später aufgehoben! Volodos macht sich rar und spielt nur ein, wo er mit sich selbst im Reinen ist und zu einem gewissen Abschluss seiner künstlerischen Überlegungen gekommen ist. So, als seltene Blume erlesenster Art, kommt jedesmal auch etwas ganz Besonderes heraus. Sein Repertoire ist natürlich weitaus größer. Von Beethoven hat er op. 26 im Konzert gespielt (habe ich bei Youtube entdeckt). Mozart (außer seiner hochvirtuosen Paraphrase des Alla turca) und auch Haydn hat er ganz sicher in seinem Repertoire. Chopin - merkwürdig - scheint tatsächlich zu fehlen. Aber ich bin mir sicher, er wird von ihm noch kommen. Volodos mit seiner Synthese aus einem Poeten, Perfektionisten, seiner transzendentalen Viruosität und unfassbaren Spielkultur ist schon unvergleichlich. Ich wüsste jetzt auch nicht, wer ihm da in seiner Generation in allen Belangen das Wasser reichen könnte. :) :hello:


    Schöne Grüße

    Holger

  • Volodos am 15.12.2023 in der Liederhalle Stuttgart

    Ich habe eben zwei Karten bestellt. "print-@-home" - gilt nur als vollständiger A4-Ausdruck! Nix Wallet oder so... eieiei, schwäbische Moderne...

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • Vielen Dank für den Hinweis auf die Kreislerina, Holger! Dieser Mitschnitt aus dem Jahr 2001 lässt mich nun noch mehr bedauern, dass er in München sein Programm geändert hat. Er ist ein fantastischer Schumann-Pianist! Selten habe ich den Schluss von SEHR AUFGEREGT (#3) so entfesselt gehört. Davon wünsche ich mir bald eine Aufnahme.



    Viele Grüße

    Christian

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose