Margherita Perras - Ein griechisches Sopran-Juwel

  • Für mich erstaunlich, daß eine Künstlerin vom Range einer Margherita Perras keinen eigenen Thread hat. Sie sang in Wien und oft mit Helge Rosvaenge zusammen.


    Margherita Perras, griech. Sopran. Geb. 15.1.1908 in Saloniki, gest. 2.2.1984 in Zürich. Sie erhielt ihre Ausbildung in Berlin bei O.Daniel. Ihr Debüt gab sie bei einer Berliner Schüler-Afführung, von der sie B. Walter 1926/1929 an die Berliner Städt. Oper verpflichtete. 1931 wechselte sie an die Staatsoper und war 1935-1940 Mitglied der Wiener Staatsoper. Neben Violetta, Gilda (1936 in London und Paris) Konstanze (1935 in Salzburg) gehörten Susanna und Madame Butterfly zu ihren bevorzugten Partien. Daß eine Künstlerin, die so viele und seltene Vorzüge in sich vereinigte, auch dann bald international gefragt war, kann nicht verwundern. In ganz Europa und Südamerika wurde sie lebhaft gefeiert; erstaunlicherweise blieb ihr jedoch die Metropolitan Opera New York verschlossen. Hingegen konnte man sie bei den Festspielen in Glyndebourne und Salzburg als Konstanze erleben. Später lebte sie in Zürich als Pädagogin, wo sie auch verstarb.


    Ich hörte sie vorhin und war von ihrer herrlichen Stimme begeistert. Hier kann man sich von ihrer Kunst überzeugen:


    W.S.

  • Hallo Wolfgang,


    umso mehr hat es mich gefreut, daß Du der Sängerin im Jahr 2015 einen eigenen Thread gewidmet hast, der allerdings bisher ohne Echo geblieben ist. Das möchte ich hiermit schnellstens ändern. Deinen Ausführungen möchte ich nur noch hinzufügen, daß Margherita Perras ihre Gesangsausbildung an der Berliner Hochschule für Musik absolviert hat. Dort wurde sie durch Bruno Walter entdeckt, der sie bedenkenlos wenige Wochen später, am 22.10.1927, in einer denkwürdigen Neuinszenierung von Glucks "Orpheus und Eurydike" an der Seite von Sigrid Onegin (Orpheus) und Maria Müller (Eurydike) als Amor auftreten ließ.


    Da ich mich von Jugend an für die ältere Sängergeneration interessiert und begeistert habe, stieß ich irgendwann (es wird in den 1970er Jahren gewesen sein) auf den Namen Margherita Perras. Ich denke, es wird bei SATURN in Köln gewesen sein, dem damaligen Mekka aller Klassikfreunde. Dort gab es ein einzelnes Regal, das die gesamte zu dieser Zeit angebotenen LPs der Reihe "Lebendige Vergangenheit" der Fa. Preiser, Wien, enthielt. Spontan kaufte ich mir dieses Exemplar:

    Margherita Perras (soprano, 1908-1984) vol.2 -- Lebendige Vergangenheit () Singt opera arias aus: Mozart (Zauberflote; Don Giovanni) - Flotow (Martha) - Puccini (Madama Butterfly; Tosca) --Bizet (Carmen) - und zwei lieder aus Antonin Dvorak: Mein lied ertont, ein Liebespalm - Als die alte Mutter mich noh lehrte singen --Lebendige Vergangenheit-LV 1312


    mit Aufnahmen der Künstlerin aus den Jahren 1929-1937 (HMV-Electrola bzw. Ultraphon).

    Auf Anhieb war ich von den Darbietungen begeistert. Die Platte enthält u.a. Auszüge aus Mozarts "Zauberflöte" und "Don Giovanni" (Duette mit Gerhard Hüsch) sowie Arien und Szenen aus "Martha" (Flotow), "Carmen" (Bizet), "Tosca", "Madame Butterfly" (Puccini), sowie zwei Lieder von Anton Dvorak, deutsch gesungen.


    Ich fand mich in meinen Eindrücken bestätigt, als ich Jahre später in Jürgen Kestings Werk "Die großen Sänger" las, daß sie auf "der Bühne, wie oft berichtet, ungelenk war; aber ihre Stimme war ein jugendlich-dramatischer Sopran von fabelhafter Agilität. Die verzierten Passagen der Martern-Arie sang sie nicht nur geläufig, sondern mit überrumpelnder Energie und rhythmischer Verve. Der Ton ist schön versammelt und strömt perfekt auf dem Atem ...."


    Treffender kann man das gar nicht sagen! Ihre größten künstlerischen Triumphe feierte die Sängerin aus Mazedonien in der Vorkriegszeit, vor allem an den Opernhäusern von Wien und Berlin, sowie bei den Salzburger Festspielen und, später dann, auch beim Glyndebourne Festival (1937, Konstanze in "Die Entführung" unter Fritz Busch). Mit dier Rolle der Konstanze ist ihr Name bis heute bei den Freunden großer Stimmen eng verbunden. "Mit lebendigem Stilgefühl und ihrer blühenden expressiven Stimme war Margherita Perras geradezu prädestiniert, diese enorm schwierige Mozart-Partie mühelos zu bewältigen."


    1928, gerade einmal 20 Jahre alt, wurde sie an die Berliner Staatsoper berufen, der sie bis 1935 angehörte. Außerdem unternahm sie Tourneen zum Teatro Colón (Buenos Aires) und an die Oper von Rio de Janeiro. 1936 trat sie an der Londoner Covent Garden Opera und der Grand Opéra Paris als Gilda auf. In Paris debütierte sie als Rosina in Rossinis "Barbiere". Immer wieder ließ ihr "edel-dunkles Timbre aufhorchen, (...) ohne dabei die Brillanz ihres Koloraturgesangs außer acht zu lassen", wie Stefan Zadejan in seinem Kommentar zur obigen LP (LV 1312) anmerkt, der sehr bedauert, daß es "viel zu bald um diese beliebte und geschätzte Künstlerin still geworden ist". Nach dem Zweiten Weltkrieg trat sie nur noch selten in Erscheinung, so 1946 und 1947 an der Wiener Staatsoper als Susanne in Mozarts "Figaro" und als Violetta in der "La Traviata". Man erinnerte sich bei dieser Gelegenheit an ihren ersten Auftritt als Violetta im Jahr 1935, als sie das anspruchsvolle Wiener Publikum "mit dem Wohllaut ihrer ausdrucksvollen Stimme" überraschte und einen triumphalen Beifall erntete.


    Wenn man das "Fenster zur Vergangenheit" öffnet, ist man immer wieder überwältigt von der Vielzahl an großen Stimmen, die damals die Bühnen Europas und der Welt beherrschten.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Inzwischen habe ich herausgefunden, daß unser Werbepartner jpc eine CD mit Margherita Perras im Angebot hat, für ganz wenig Geld (z.Z. € 4,99), mit einem gemischten Programm, das sicher für manchen Stimmenfreund von Interesse sein dürfte:

    Margherita Perras singt Arien & Lieder, CD


    Sie enthält Arien und Auszüge aus Werken von Händel, Mozart (u.a. die "Marten-Arie"), Flotow, Bizet, Thomas, Verdi und Puccini.


    Erstaunlich und enttäuschend war für mich, daß weder Jens Malte Fischer in seinem Buch "Große Stimmen" noch das umfangreiche Werk "Klassische Musik im 20. Jahrhundert (dtv, 2. Auflage 1997) die Künstlerin auch nur mit einer Silbe erwähnt.


    Bei der Gelegenheit eine Frage: Wieso kann man das jpc-Angebot nicht, wie früher, mit der jpc-Bestellnummer verlinken?


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Zitat von nemorino

    Wieso kann man das jpc-Angebot nicht, wie früher, mit der jpc-Bestellnummer verlinken?


    Kann man doch.;)


    Mehr sage ich nicht dazu, da du mir eh keine Antwort gibst! :pfeif:


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Hallo, Wolfgang und Nemorino!



    Der Beitrag Nr. 1 zeigt die 'Preiser'-CD 89587 - die sich teilweise aus den LPs LV 73 und LV 1312 zusammensetzt - und als einziges neues 'Material' das „Ave Maria“ von Bach-Gounod bringt, aufgenommen 1936. Diese CD habe ich nicht, dafür aber die nachstehend genannten zwei Schallplatten aus der Serie „Lebendige Vergangenheit“.


    „Lebendige Vergangenheit – Margherita Perras“ (LV 73)


    „L'Allegro, il Pensieroso ed il Moderato“ (Georg Friedrich Händel): 'Sweet Bird' (1937) / „Die Entführung aus dem Serail“ (Wolfgang Amadé Mozart): Ach, ich liebte, war so glücklich – Welcher Kummer herrscht in meiner Seele – Martern aller Arten (1935 und 1937) / „Die Hochzeit des Figaro“ (Mozart): Endlich nahet sich die Stunde... O säume länger nicht (1937) / „Mignon“ (Ambroise Thomas); Titania ist herabgestiegen (1935) / „La Traviata“ (Giuseppe Verdi): Ich sah euch, lieblich und engelsschön+ – Von der Freude Blumenkränzen – Komm, lass uns fliehen aus diesen Mauern+ (1936 und 1937) / „Madame Butterfly“ (Giacomo Puccini): Eines Tages sehn wir – Schüttle alle Zweige dieses Kirschbaums* (1937) / „Messa da Requiem“ (Verdi): Libera me (1935) / Lied „Ave Maria“ (Verdi) (1935).


    Die Sängerin wird in allen Aufnahmen begleitet vom Orchester der Berliner Staatsoper unter Bruno Seidler-Winkler. Ihre Gesangspartner sind Margarete Klose* und Helge Rosvaenge+; außerdem wirkt die Berliner Solistenvereinigung Waldo Favre mit. Alle 78er stammen aus dem Katalog von 'HMV'. Das Coverfoto zeigt Margherita Perras mit langen Zöpfen als 'Rosalina' in Umberto Giordanos „Il Re“; den Begleittext schrieb Anton Odelga.


    „Lebendige Vergangenheit – Margherita Perras II“ (LV 1312)


    „Die Zauberflöte“ (Wolfgang Amadé Mozart): Bei Männern, welche Liebe fühlen* (1935) / „Don Giovanni“ (Mozart): Reich' mir die Hand, mein Leben* (1935) / „Martha“ (Friedrich von Flotow): Letzte Rose (1935 / „Carmen“ (Georges Bizet): Wie? Du kommst von der Mutter?+ (1937) / „Tosca“ (Giacomo Puccini): Mit deinen Augen, den wundersamen° – Nur der Schönheit weiht' ich mein Leben (1937) / „Madame Butterfly“ (Puccini): Bald sind wir auf der Höh' – Willst du, Geliebte, mir sagen^ – Hört mich an und setzt euch her# (1929) / Zwei Lieder von Antonin Dvorak: „Mein Lied ertönt, ein Liebespsalm“ und „Als die alte Mutter mich noch singen lehrte“ (1937).


    In allen Aufnahmen spielt das Orchester der Berliner Staatsoper; die Dirigenten sind Bruno Seidler-Winkler, Hanns Udo Müller und Selmar Meyrowitz. Ferner singen Gerhard Hüsch*, Walther Ludwig+, Helge Rosvaenge°, Louis Graveure^ und Herbert Janssen#. Die Aufnahmen stammen von 'Ultraphon' („Madame Butterfly“) und 'HMV' (übrige). Das Cover entspricht der Abbildung im Beitrag Nr. 2; auf der Rückseite der LP ist ein ausführlicher Lebensbericht von Stefan Zadejan abgedruckt.



    Erwähnenswert ist, dass Margerita Perras in der Berliner Erstaufführung von Paul Graeners „Hanneles Himmelfahrt“ 1928 die Titelrolle sang, die von Erna Berger 1927 in Dresden kreiert wurde. Auch in Darius Milhauds „Christophe Colombe“ (Uraufführung 1930 an der Berliner Staatsoper), in Hans Pfitzners „Der arme Heinrich“ und in Mark Lothars „Tyll, eine Ulenspiegeloper“ ist sie aufgetreten. Und für 'His Masters Voice' nahm sie 1941, vom Komponisten am Klavier begleitet, fünf Lieder von Othmar Schoeck auf: 'Sommerabend' – 'In der Fremde' – 'Nachtlied' – 'Drei Zigeuner' – 'Bescheidene Wünschlein'.



    Von Margherita Perras, die als Frau des Arztes Dr. Rothpletz seit 1939 in Zürich lebte und dort zeitweise Gesangsunterricht gab, existieren zwei interessante Rundfunkaufnahmen:


    „Der Barbier von Sevilla“ (Gioachino Rossini): Graf Almaviva – Walther Ludwig / Doktor Bartolo – Richard Bitterauf / Rosina – Margherita Perras / Figaro – Karl Schmitt-Walter / Don Basilio – Georg Hann / Marcellina – Emma Mayer / Ambrogio – Bruno Müller / Der Chor und das Orchester des Reichssenders Stuttgart / Dirigent: Gustav Görlich (Stuttgart, Funkhaus, 29. 11. 1937). Die Firma 'UraCant' gab 2000 zum 100. Geburtstag von Karl Schmitt-Walter eine Doppel-CD mit Ausschnitten aus zwei „Barbier von Sevilla“-Produktionen des Reichsrundfunks heraus. (In der zweiten Aufnahme singen Erna Berger, Lissy Bühler, Julius Katona, Karl Schmitt-Walter, Augusto Garavello und Eduard Kandl; Dirigent: Heinrich Steiner; Reichssender Berlin, 30. 5. 1938.)


    „Il re pastore“ (Wolfgang Amadé Mozart): Aminta – Margherita Perras / Elisa – Gianna D'Angelo / Tamiri – Adriana Martino / Alessandro – Nasco Petrov / Agenore – Herbert Handt / Orchestra Sinfonico di Milano della RAI / Dirigent: Ennio Gerelli (gesendet am 27. 3. 1956). Eine konzertante Aufführung der 'Radiotelevisione Italiana' zum 'Mozartjahr 1956', die bisher nicht veröffentlicht wurde.



    In den nächsten Tagen werde ich noch einige interessante Details zur künstlerischen Laufbahn von Margherita Perras posten.



    Carlo

    Einmal editiert, zuletzt von Carlo ()

  • Ergänzend zu den biographischen Angaben zu Margherita Perras in den Beiträgen Nrn. 1 und 2 möchte ich einige Details beisteuern.


    Margherita Perras (eigentlich Margarita Perra; ihr Geburtsjahr 1908 wird angezweifelt) stammte aus einem gut situierten und Musik liebenden Elternhaus in Monastiri, einem Vorort von Thessaloniki; ihr Vater und ihr Bruder spielten Violine, die Mutter sang privat und Margherita besuchte eine Musikschule, bekam Geigen- und Gesangsunterricht. Als sie 1922 mit ihrer Mutter den Bruder in Berlin besuchte, wo er Medizin studierte, überredete sie dieser, an einem Gesangswettbewerb der Berliner Musikhochschule teilzunehmen: Margherita wurde neben fünf anderen (von 200) Mitbewerbern zum Studium zugelassen. Ihr Gesangslehrer war Oscar Daniel, der sie dreieinhalb Jahre lang unterrichtete und ihre anfangs zum dramatischen Fach tendierende Stimme als Koloratursopran ausbildete. Eine Mitstudentin war die Tochter von Bruno Walter, der sich auf ihren Hinweis hin die junge Griechin in einer Studentenaufführung als Norina in „Don Pasquale“ anhörte und für die Städtische Oper Berlin verpflichtete.


    Ihre Antrittsrolle – unter dem Namen Marguerite Perras, manchmal nannte sie sich auch Margherita Perkas - war 1926 die Nuri im „Tiefland“; es folgten das 'Bärbchen' (und etwas später der Cherubino) in „Die Hochzeit des Figaro“, der Amor in „Orpheus und Eurydike“ (neben Sigrid Onégin und Maria Müller, die auch gleichzeitig Mitglied der Berliner Staatsoper war), der Hirtenknabe im „Tannhäusert“, die Titelrolle in „Hanneles Himmelfahrt“, die Gretel in „Hänsel und Gretel“, die Agnes im „Armen Heinrich“ (unter Bruno Walter mit Helene Wildbrunn und Alexander Kipnis), die Philine in „Mignon“ (alternierend mit Maria Ivogün) und schließlich die Konstanze in der „Entführung aus dem Serail“, die sie mit Bruno Walter einstudierte. Die zierliche junge Sängerin wurde zu einem Publikumsliebling und entwickelte sich schnell zu einem unverzichtbaren und vielseitig einsetzbaren Mitglied der Städtischen Oper Berlin, das auch – eigentlich viel zu früh für eine so junge Sängerin – als Mimi in „La Bohème“ und als Desdemona im „Otello“ (neben Carl Martin Oehmann und Wilhelm Rode unter Bruno Walter) auf der Bühne stand. Diese bemerkenswerte Vielseitigkeit hatte aber zur Folge, dass Margherita Perras oft innerhalb weniger Tage neue Rollen lernen musste und sie auch häufig einsprang.


    Heinz Tietjen holte Margherita Perras 1930 an die Berliner Staatsoper, wo sie u. a. in der Uraufführung von Milhauds „Christoph Kolumbus“ (Dirigent: Erich Kleiber), in der Wiederaufnahme 1931 von Giordanos „Der König“ und in der Neuinszenierung von „Der Pfeifertag“ von Max von Schillings mitwirkte. Herausragend waren die Premieren 1932 von Meyerbeers „Die Hugenotten“ durch Gustaf Gründgens und Leo Blech (Margherita Perras sang die Königin Margarete von Valois, ihre Partner waren Anny Konetzni, Tilly de Garmo, Marcel Wittrisch, Herbert Janssen und Emanuel List) und von Mozarts „Idomeneo“ mit Margherita Perras als Ilia; ferner wirkten Anny Konetzni, Käte Heidersbach, Helge Rosvaenge und Emanuel List mit. 1933 folgte noch eine Neuinszenierung von Rossinis „Der Barbier von Sevilla“ (unter Erich Kleiber), aber in den 'Neuzugängen' Erna Berger und Maria Cebotari kam harte Konkurenz für Margherita Perras, die nur noch in zwei Premieren (als Fiakermilli in “Arabella“ unter Wilhelm Furtwängler und als Stimme des Falken in „Die Frau ohne Schatten“ unter Leo Blech) an der Staatsoper eingesetzt wurde. 1934 begann sie neben ihren Auftritten in Berlin auch ein einjähriges Engagement am Opernhaus in Zürich.


    Nach ihrer Mitwirkung bei den Salzburger Festspielen 1935 („Die Entführung aus dem Serail“ unter Bruno Walter mit Lotte Schöne als Blondchen und dem Berliner Tenor-Liebling Charles Kullmann als Belmonte) wechselte die Sängerin an die Wiener Staatsoper; bis zum Mai 1939 sang sie dort 119 Vorstellungen von 16 Partien des gängigen Repertoires (u. a. Zerlina, Susanna, Königin der Nacht, Waldvogel, Gilda, Violetta Valéry, Oscar, Mimi, Cho-Cho-San, Nedda, Sophie und Zerbinetta). Gleichzeitig weitete sie ihre Gastspieltätigkeit aus: „Die Entführung aus dem Serail“ 1935 in Florenz (ebenfalls unter Walter mit Schöne und Kullmann); „Rigoletto“ 1936 in London (drei Aufführungen mit Giacomo Lauri-Volpi, Alexander Svéd/John Brownlee und Ezio Pinza); 1936 in Paris “Der Barbier von Sevilla“ (mit Giovanni Manurita und Léon Ponzio) und „Rigoletto“ mit Giovanni Manurita und Louis Musy; die Konstanze auch 1937 in Glyndebourne (mit Irene Eisinger, Eric Starling, Heddle Nash und Herbert Alsen unter Fritz Busch) und 1938 in Buenos Aires mit Koloman von Pataky als Belmonte unter Erich Kleiber. (Der Mitschnitt einer damaligen Aufführung der „Johannes-Passion“ von Bach im Teatro Colón unter Kleiber ist auf CD zu hören.) Daneben sang sie auch international in Konzerten, z. B. mit Willem Mengelberg, Charles Münch, Pierre Monteux und Bruno Walter.


    Inzwischen hatte Margherita Perras den schweizerischen Psychiater Dr. Rothpletz geheiratet und zog sich nach Kriegsbeginn ins Privatleben nach Zürich zurück, wo sie auch gelegentlich privaten Gesangsunterricht gab und in einigen Konzerten auftrat, u. a. mit Othmar Schoeck als Liedbegleiter. Nach Kriegsende kehrte sie im November 1946 noch einmal an die Wiener Staatsoper - diesmal im Theater an der Wien - für vier Vorstellungen („Die Entführung aus dem Serail“, „Der Barbier von Sevilla“ und „Madame Butterfly“) zurück. Das Gastspiel wiederholte sie im März 1947 mit je zwei Aufführungen von „Die Hochzeit des Figaro“ (als Susanna) und „La Traviata“. Aber ein Comeback wollte ihr nicht gelingen. 1950 gastierte sie nach langer Zeit in ihrem Heimatland und sang an der griechischen Nationaloper in Athen in „La Traviata“ und „Madame Butterfly“. Und ein letztes Mal konnte man ihre Stimme live hören, als sie in einem Konzert des italienischen Rundfunks in Mailand 1956 den Aminta in Mozarts „Il re pastore“ sang; ein Band der Aufnahme (siehe Beitrag Nr. 5) wurde damals auch in Deutschland gesendet.


    Ich habe noch zwei weitere große Tondokumente von Margherita Perras gefunden:


    „Rigoletto“ (Giuseppe Verdi): Der Herzog von Mantua – Helge Rosvaenge / Rigoletto – Mathieu Ahlersmeyer / Gilda – Margherita Perras / Sparafucile – Kurt Böhme / Maddalena – Inger Karén / Der Graf von Monterone – Alexander Welitsch / Giovanna – Emma Mayer / Marullo – Bruno Müller / Borsa – Hubert Buchta / Der Graf von Ceprano – Gustav Bomblatt / Die Gräfin von Ceprano – Margarete Düren / Ein Page – Herma Kittel / Der Chor und das Orchester des Reichssenders Stuttgart / Dirigent: Joseph Keilberth (Stuttgart, Funkhaus, 27. 9. 1937). Bisher unveröffentlicht.


    „Johannes-Passion, BWV 245“ (Johann Sebastian Bach): Koloman von Pataky (Evangelist und Tenor-Arien) / Herbert Janssen (Jesus) / Margherita Perras (Sopran-Arien und Pilati Weib) / Karin Branzell (Alt-Arien) / Emanuel List (Bass-Arien, Pilatus und Petrus) / Coro e Orquestra del Teatro Colón (Chor und Orchester des Teatro Colón, Buenos Aires) / Chorltg.: Rafael Terragnolo / Dirigent: Erich Kleiber (Buenos Aires, Teatro Colón, 22. 9. 1938). Erschienen 2002 auf zwei CDs bei 'Gebhardt'.


    Zusätzlich gab es auch noch ein paar bisher nicht auf LPs bzw. CDs vorliegende Aufnahmen : ein 'Electrola'-Potpourri aus „La Traviata“ (1935) mit Walther Ludwig und Gerhard Hüsch, die im Beitrag Nr. 5 genannten Lieder von Othmar Schoeck (1941) und – zusammen mit der oben genannten „Rigoletto“-Produktion – 1937 beim Reichsrundfunk Stuttgart mit Helge Rosvaenge unter Gustav Görlich aufgenommene Ausschnitte aus „Die Entführung aus dem Serail“ und „La Traviata“.


    Carlo

  • Und für 'His Masters Voice' nahm sie 1941, vom Komponisten am Klavier begleitet, fünf Lieder von Othmar Schoeck auf: 'Sommerabend' – 'In der Fremde' – 'Nachtlied' – 'Drei Zigeuner' – 'Bescheidene Wünschlein'.

    Schoecks NACHTLIED kann man hier hören

    https://archive.org/details/perras-nachtlied

    Margherita PERRAS - Sopran

    Othmar SCHOECK - Piano

    1944

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Ich habe noch eine weitere Rundfunk-Aufnahme mit Margherita Perras gefunden:


    „Don Pasquale“ (Gaetano Donizetti): Don Pasquale – Georg Hann / Doktor Malatesta – Arno Schellenberg / Ernesto – Peter Anders / Norina – Margherita Perras / Ein Notar – Bruno Müller / Der Chor und das Orchester des Reichssenders Stuttgart / Dirigent: Gustav Görlich (Stuttgart, Funkhaus, Sendung am 3. 2. 1939).


    Das Tonmaterial (Matrizen oder Tonbänder) zu dieser Aufnahme scheint aber verschollen zu sein.


    Carlo

  • Zusätzlich gab es auch noch ein paar bisher nicht auf LPs bzw. CDs vorliegende Aufnahmen ... und ... 1937 beim Reichsrundfunk Stuttgart mit Helge Rosvaenge unter Gustav Görlich aufgenommene Ausschnitte aus „Die Entführung aus dem Serail“ und „La Traviata“.

    Lieber Carlo,


    ich weiß nicht, wieviele Ausschnitte insgesamt aufgenommen wurden. Auf 3 CD's verteilt finden sich jedoch die folgenden Veröffentlichungen aus der 1937er "La Traviata":


    "Gott schenkte eine Tochter mir" - Duett mit Mathieu Ahlersmeyer


    "So hold, so reizend" - Duett mit Helge Rosvaenge

    "Komm laß uns fliehen aus diesen Mauern" - Duett mit Helge Rosvaenge



    O Torheit... Von der Freude Blumenkränzen


    Zusätzlich gibt es auf dieser CD ca. 4 Minuten der Martern-Arie (ohne das Orchestervorspiel) aus "Die Entführung aus dem Serail" in einer Aufnahme aus dem Jahre 1935.

    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

  • Hallo, orsini!


    Danke für deinen Beitrag vom 23. Mai, den ich jetzt erst gesehen habe. Dass Teile der „Traviata“-Aufnahmen des Reichsrundfunks Stuttgart (1937) von 'Preiser' auf dem CD-Recital von Mathieu Ahlersmeyer enthalten sind, wusste ich nicht. Merkwürdig ist aber, dass aus der gleichzeitigen, unvollständig erhaltenen „Rigoletto“-Gesamtaufnahme mit Rosvaenge und Ahlersmeyer nichts veröffentlicht wurde.


    Die Ausschnitte aus „La Traviata“ (mit Rosvaenge) und „Die Entführung aus dem Serail“ auf den zwei anderen gezeigten CDs stammen aus dem Katalog der 'Electrola' und sind Bestandteile der 'Preiser'-Platte LV 73 – siehe Beitrag Nr. 5.


    Carlo

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  • „Don Pasquale“ (Don Pasquale – Georg Hann / Norina – Margherita Perras / Dirigent: Gustav Görlich (Stuttgart, Funkhaus, Sendung am 3. 2. 1939).


    Das Tonmaterial (Matrizen oder Tonbänder) zu dieser Aufnahme scheint aber verschollen zu sein.

    LIeber Carlo,


    so ganz verschwunden ist die Aufnahme wohl nicht, den am 3. März 2015, 15:05 übertrug Ö1 in der Sendung Apropos Musik fünf Ausschnitte, davon vier mit der Perras. Die werden das Material ja hoffentlich noch im Archiv haben.

    Sonst kann man das Deutsche Rundfunkarchiv kontaktieren.

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Beim Hamburger Archiv für Gesangskunst gibt es noch diese Aufnahme

    (Art.Nr. 30026, Lieferzeit: sofort)


    Unbenannt.jpg

    "Ich sah euch lieblich und engelsschön"

    mit Rosvaenge/Perras; Alfredo/Violetta; 1. Akt; Seidler-Winkler/StO Berlin; 1936

    "Von der Freude Blumenkränzen"

    mit Margherita Perras; Violetta; 1. Akt; Seidler-Winkler/StO Berlin; 1937

    "Komm, laß uns fliehen"

    mit Rosvaenge/Perras; Alfredo/Violetta; 3. Akt; Seidler-Winkler/StO Berlin; 1936

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Lieber Orfeo,


    dass man 2015 die „Don Pasquale“-Produktion des Reichsrundfunks Stuttgart (1939) wieder auffand, ist eine schöne Nachricht. Vor Jahren bekam ich von 'dem' deutschen Peter-Anders-Experten, Joachim Vierrath, die Information, dass seine Recherche beim Deutschen Rundfunkarchiv ergebnislos war. Leider lebt Herr Vierrath seit einiger Zeit in einem Pflegeheim und hat das Interesse an Musik vollkommen verloren. Und Gottfried Cervenka, der schmerzlich vermisste 'Stimmen-Kenner' und Opern-Präsentator des ORF, ist im Dezember 2015 plötzlich verstorben. Wie traurig das ist...


    Carlo

  • Ich möchte an dieser Stelle in Erinnerung rufen, daß Margherita Perras im Jahr 1937 beim Glyndebourne Festival unter Fritz Busch die Rolle der Konstanze in Mozarts Oper "Die Entführung aus dem Serail" gesungen hat. Leider gibt es m.W. davon kein Tondokument, jedenfalls konnte ich keines ausfindig machen.


    Bei meinen Recherchen ist mir allerdings folgende Aufnahme ins Auge gefallen, von deren Existenz ich bis dato keine Kenntnis hatte:

    Wolfgang Amadeus Mozart, Helge Roswaenge, Maria Ivogün, Margherita Perras,  Julius Patzak, Adele Kern, Alexander Kipnis - Die Entführung Aus Dem Serail  | ArtistInfo


    Es handelt sich um eine (oder 2?) LP, veröffentlicht unter dem Label "TOP CLASSIC HISTORIA", Aufnahmedatum unbekannt, mit einem beachtlichen Sängerteam, wie aus dem oben abgebildeten Cover ersichtlich ist. Ein Dirigent ist leider nicht genannt, und auch nach intensiver Suche habe ich keinen Hinweis auf ihn gefunden.


    Der Vermerk "Große Stimmen, Große Oper 10" läßt mich allerdings vermuten, daß es sich bei dieser Ausgabe, die wohl nie auf CD überspielt wurde, um einen Querschnitt handelt. Außerdem irritieren die Namen Maria Ivogün und Adele Kern. Ich kann mir letztere gut als Blondchen vorstellen, nicht aber die Ivogün. Möglicherweise kamen sowohl die Perras als auch die Ivogün zum Einsatz, die sich eventuell in der Partie der Konstanze abgewechselt haben, oder die Aufnahmen sind zu unterschiedlichen Zeiten gemacht worden (?).


    Vielleicht kennt jemand hier diese Ausgabe und kann nähere Auskunft geben.


    Zur Komplettierung dieses Thread hier noch ein schönes Jugendfoto von Margherita Perras:


    Margherita Perras (Soprano) - Short Biography


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Zitat

    Vielleicht kennt jemand hier diese Ausgabe und kann nähere Auskunft geben.

    Es handelt sich um 1 LP aus dem Jahr 1972 mit Aufnahmen aus den Jahren 1919 (Ivogrün) - 1936 (Perras)

    Wer singt was in der oben vorgestellten Aufnahme?

    Ach Ich liebte, war So glücklich + Welcher Kummer herrscht In meiner Seele - Perras

    Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln – Kern

    Martern aller Arten – Ivogrün

    Nie werd' Ich Deine Huld verkennen - Kern

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Hallo Orfeo,


    vielen Dank für die prompte Erwiderung. Damit hast Du einen wertvollen Beitrag zur Aufklärung über diese LP geleistet. Es ist also eine Zusammenstellung von Aufnahmen, die zu ganz unterschiedlichen Zeiten stattfanden. Wie ich recht vermutet habe, singt Adele Kern die Blonde (wohl auch im Finale "Nie werd´ich deine Huld verkennen"?) Aber wer singt im Finale die Konstanze, das würde mich noch interessieren. Das Sammelsurium erklärt auch, warum kein Dirigent genannt ist.


    Abschließend möchte ich noch bemerken, daß ich mich sehr darüber gefreut habe, daß ich diesen Thread, der nach dem ersten Eintrag von 2015 keine Beachtung mehr gefunden hat, wieder belebt und damit immerhin doch eine recht erfreuliche Resonanz erzielt habe. Vielleicht geht's ja noch ein bißchen weiter ....:)


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber Orfeo,


    dann vermute ich wohl richtig, daß aus dieser Berliner Aufnahme von 1933 einige Auszüge für diese etwas ominöse LP entnommen wurden:

    Wolfgang Amadeus Mozart, Helge Roswaenge, Maria Ivogün, Margherita Perras,  Julius Patzak, Adele Kern, Alexander Kipnis - Die Entführung Aus Dem Serail  | ArtistInfo


    denn außer Adele Kern wirken die anderen genannten (wie z.B. Erna Berger) gar nicht mit. Eine merkwürdige Ausgabe, die eigentlich für jeden ernsthaften Sammler ziemlich wertlos ist. Der nicht genannte Dirigent Leo Blech durfte, trotz seiner jüdischen Herkunft, unter der Protektion von Hermann Göring noch bis 1936 an der Berliner Staatsoper Unter den Linden mitwirken. Leo Blech emigrierte im April 1937 nach Riga, wo er, nach mehreren Zwischenstationen, 1941 vom Einmarsch deutscher Truppen überrascht wurde. Durch aktive Mitwirkung Görings konnte er über Saßnitz (Insel Rügen) nach Schweden entweichen.

    Trotz dieser schlimmen Erfahrungen kehrte der Dirigent 1949 nach Berlin zurück und übernahm die Leitung der Städtischen Oper in Berlin (West). Er starb 1958 in Berlin.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber Orfeo,


    besten Dank für die Übermittlung der Cover-Rückseite im vorherigen Beitrag. Somit ist zumindest geklärt, wer was auf dieser LP singt. Den Namen des Dirigenten (vielleicht hat er gar nicht alle Stücke dirigiert?) suche ich allerdings vergeblich.


    LG Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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