Musik des 20./21. Jahrhunderts - gerade gehört - kurz kommentiert

  • Der Pianist Peter Serkin ist Anfang des Jahres gestorben und ich habe es erst am Wochenende gelesen. Die folgende Einspielung hat mir immer einiges bedeutet.

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    die ich allerdings als CD besitze. Ich habe sie mir aus diesem Anlass noch einmal angehört. Die Passacaglia von Stefan Wolpe gehört zu meinen Lieblingsstücken. Das hat sich damals so entwickelt. Die Auswahl auf der CD ist ganz ausgezeichnet. Allerdings habe ich mittlerweile das Gefühl, dass Serkin es verhindern möchte, dass die Stücke zu glänzend klingen. Das Potential haben schon einige.

    Wer das verhaltene und kultivierte Spiel von Serkin mag, bekommt hier mit der Serenade in A und der Klaviersonate von 1925 von Strawinsky, mit den schwungvollen Bagetellen von Lieberson und mit Form IV und der Passacaglia von Stefan Wolpe ein interessantes Programm, das nicht im Überfluss zu finden ist.

  • Eine ganz andere Sache ist der spanische Komponist Alberto Posadas hier mit dem Klavierzyklus Erinnerungsspuren eingespielt von Florian Hoelscher (hat der was mit Ulf Hoelscher zu tun?)




    Hier haben wir auf der einen Seite hoch reflektierte Musik. Die Stücke heißen alle "Anklänge an" , wobei der Reihe nach die Komponisten François Couperin, Claude Debussy, Robert Schumann, Giacinto Scelsi, Karlheinz Stockausen und Bernd Alois Zimmermann anklingen. Für mich ist das im ersten Hören nur bedingt nachzuvollziehen. Debussys "cathédrale engloutie" meine ich erkennen zu können. Es sind aber nur Elemente dieser Musik, die verarbeitet werden. Es ist also so eine Art "Metamusik", selbst aber spannend zu hören und von Florian Hoelscher meines Erachtens hervorragend gespielt..

  • Charles Wuorinen ist im März dieses Jahres gestorben. Mit Peter Serkin ist ein wichtiger Interpret seiner Musik gestorben. Obwohl er nicht unumstritten ist, was seine Ansichten angeht (siehe englischer Beitrag der Wikipedia vom 1.8.2020 ), kann man vielleicht doch nachvollziehen, dass er verärgert ist, wenn man im HIPHOP (schreibt man das so?) eine mögliche Zukunft der Musik sieht.


    Als Schüler von Stefan Wolpe bedeutet er mir etwas und ich habe



    gehört. Die Umsetzung von Ashberys Versen hat mir sehr gut gefallen (Trotz Gesang, ich war erstaunt..., Das Forum tut schon seine Wirkung...). Die vierte Klaviersonate ist ein wundervoll zu hörendes Stück Sonatenpoesie (wenn man nicht unbedingt mitsingen will, ein Wunsch, der mir aufgrund mangelnder Fähigkeiten leider sowieso nicht gegeben ist). Dramatik und Lyrisches lösen sich ab. Das Ganze ist zivilisiert durch 12-Ton Technik. Obwohl die Sonate von 2007 ist, kann man sie nicht als avantgardistisch ansehen, was aber auch nur ein Etikett ist. Die Pianistin ist die Widmungsträgerin der Sonate.


    In meinen Augen geeignet für einen ruhigen Abend.


    Es grüßt

    Axel

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  • In meinem großen Ullstein-Musiklexikon ist er gar nicht vertreten, Marcel Tyberg (1893-1944), ein in Wien geborener Pianist und Komponist. Später verlegte er seinen Wohnsitz nach Italien, wo sich auch eine befreundete Familie aufhielt. Als im II. Weltkrieg dort die deutschen Truppen einfielen, wurde er wegen einer angeblichen jüdischen Herkunft (sein Ururgroßvater war Jude) verhaftet und landete schließlich in Auschwitz, wo er 1944 umkam.

    Mit diesem Werk hat er Unvergessliches geschaffen:

    Die Sinfonie Nr. 3 in d-Moll ist ein durch und durch romantisches Werk. Besonders der wunderbare dritte Satz , ein Adagio, erinnert mich an Bruckner mit den satt aufspielenden Streichern. Das Finale beeindruckt mit Lebensfreude und viel Temperament.

    Ein sehr eindrucksvolles Tondokument!

    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Schöne Musik mit Tiefgang, von deren äußerer Glätte man sich nicht täuschen lassen darf.




    Das dritte Streichquartett von Philip Glass "mishima" nach dem Film von Paul Schrader nach dem japanischen Schriftsteller Yukio Mishima, der sich 1970 umbrachte. Es spielt das Brooklyn Rider Quartett mit beeindruckender Klangfarbe, vielleicht nicht ganz so subtil wie das Kronos, aber in sich hervorragend gestaltet.


    Fast möchte man sagen : Ein schöner Abend...

  • dieses Jahr im März ist Krysztof Penderecki gestorben. Im Februar hat das polnische Atom String Quartet eine CD ihm gewidmet


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    Es handelt sich jetzt nicht um Pendereckis Streichquartette, sondern um freie Bearbeitungen einiger Stücke durch das sich Wohl üblicherweise im Jazz tummelnde Quartett.


    Die europäische Alternative zum Brooklyn Rider Quartett. Es ist sehr unterhaltsam gemacht, ohne Pendereckis Schärfen zu sehr zu glätten.

    In Memoriam!

  • Mittlerweile ist mein jpc-Schnäppchen angekommen


    aus irgendeinem Grunde ist es jetzt doppelt so teuer wie bei mir :(. Mittelt man über die Zeiten der hier vertretenen Komponisten, landet man in der beginnenden Romantik. Da aber kein Komponist aus dieser Zeit vertreten ist, nehme ich einfach eine Gewichtung über die Anzahl und lande im 20. Jahrhundert. Here we go...


    Die Erwartungshaltung wurde erst enttäuscht, (es ist absolut unvergleichbar mit dem Violinalbum von Carolin Widmann weiter oben im Thread Musik des 20./21. Jahrhunderts - gerade gehört - kurz kommentiert ).


    Hier herrscht die Ruhe. Die 7. Sonate in A-Dur für Violine solo von Giuseppe Tartini wird über das Album verteilt (was sich nach Klappentext historisch verteidigen lässt) und beinhaltet schöne Melodien und Variationen. Der Klappentext verrät uns noch eine Menge über Begegnungen der auftauchenden Komponisten Petrassi, Dallapiccola und Berio und über biografische Abschnitte von Carter und Rochberg in Italien. Alle kannten sich wohl. Beim Hören hat mir das nicht wirklich geholfen. Das beeindruckende Stück von Petrassi (auch wieder sehr ruhig) wird eingerahmt von Werken für Violine und Klavier (in dieser Reihenfolge!) von Dallapiccolo und Berio, was für eine leichte Auflockerung sorgt. Carter glaubt man als solchen erkennen zu können. Rochberg bietet mit seinen Caprice Variations nach Paganini ein erstaunliches Stück Musik, wo man immer wieder gedanklich schwankt, ob man wirklich im 20. Jahrhundert ist.

    Also hier nach der ersten Enttäuschung beim zweiten Versuch ein voller Erfolg.


    Es grüßt

    Axel

  • Die Scheibe:


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    Louise Hopkins Cello, Aleksandar Madzar Piano, spielen die 1. Cellosonate von Alfred Schnittke, die Cellosonate von Elliott Carter und die Cellosonate von Sergeij Rachmaninoff. (Die Scheibe scheint momentan schwierig zu bekommen zu sein) Ein tolles Beispiel, dass gute Musik problemlos nebeneinander existieren kann, unabhängig davon ob man modern oder konservativ ist...


    Die Werke laufen zeitlich zurück 1978, 1948 und 1901 :). Der dramatische und hitzige Start über Schnittkle findet seine intellektuelle Verarbeitung bei Carter (noch neoklassisch, wenn das helfen sollte) und seine großartige Auflösung bei Rachmaninoff. Alles in meinen Ohren herborragend gespielt.


    Es grüßt

    Axel

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  • Peretis Vasks: Sinfonie Nr.2 (1998/99) + Violinkonzert (Distance Light" (1996/97)


    Vasks scheint "mein" Komponist des 20/21.Jhd. zu werden .... denn seine Werke scheinen trotz der gebotenen Modernität mit immer wiederkehrendem tonalen Rahmen und sind mit einer unglaublich starken Gefühlswelt gesegnet, die mich als Hörer gefangen nimmt. Das Ganze ohne den Hörer mit ungeniessbaren avantgartistischen, in meinen Augen sinnlosen Klängen zu nerven. ;) Der lettische Komponist Vasks hat, wie bereits viele aktuelle Komponisten, erkannt, was der Hörer bereit ist aufnehmen zu können und möchte; somit dann auch Spass an der Musik verspürt --- 8) dann kann sich auch Erfolg einstellen.


    Die Sinfonie Nr.2 hat dramatische Momente mit heftigen Ausbrüchen neben klangvollen Momenten. Sie ist in einem Satz in der Länge von knapp unter 40Minuten. Packende Paukenstellen inclusive !


    Das sehr gefühlvolle und wunderbare Violinkonzert von ist offenbar eines der sehr beliebten Werke, da es das Werk bereits in zahlreichen Schallplatteneinspielungen gibt: Hier mit dem Dirigenten John Storgards an der Violine; aber auch mit Gidon Kremer, Vadim Glutzman u.a.

    Das einsätzige Werk für Violine und Streichorchester dauert etwas über 33 Minuten und zählt zu den "besinnlichsten und himmlischsten Concertos die je geschrieben wurden".


    :angel: Volle Empfehlung für meinen Vasks-Neuzugang, dank der Empfehlung für Peteris Vasks von Lutz:


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    ONDINE, 2002, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    Vasks scheint "mein" Komponist des 20/21.Jhd. zu werden .... denn seine Werke scheinen trotz der gebotenen Modernität mit immer wiederkehrendem tonalen Rahmen und sind mit einer unglaublich starken Gefühlswelt gesegnet, die mich als Hörer gefangen nimmt. Das Ganze ohne den Hörer mit ungeniessbaren avantgartistischen, in meinen Augen sinnlosen Klängen zu nerven. ;) Der lettische Komponist Vasks hat, wie bereits viele aktuelle Komponisten, erkannt, was der Hörer bereit ist aufnehmen zu können und möchte; somit dann auch Spass an der Musik verspürt --- 8) dann kann sich auch Erfolg einstellen.

    vor kurzem nochmal gehört, wenn auch schon recht lange bei mir in der CD-Sammlung:


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    Das Kronos Quartett spielt das 4. Streichquartett von Péteris Vasks. Eine wirklich tolle Aufnahme. Unterhaltend würde ich es nicht nennen, aber bis auf die zwei Toccaten sehr meditativ. Die Rückbesinnung auf alte spirituelle Formen hat da sicher eine Bedeutung, die sich klanglich auch nachvollziehen lassen. Die Toccaten sind da eine erlösende Unterbrechung.


    BTW Die CD scheint es bei jpc momentan nicht zu geben. Es gibt aber mittlerweile noch eine Einspielung des "spikeru string quartet" bei Wergo. Da kann ich aber nichts zur Interpretation sagen.


    Die Aufnahme des Kronos ist auf jeden Fall das Hören wert.


    Beste Grüße,

    Axel

  • Hallo zusammen,


    mal wirklich etwas, wo ich nicht sicher bin, ob ich das empfehlen kann. Es ist etwas für Hartgesottene. Ich habe so am Anfang der 80-iger eine holländische LP-Kassette mit dem Pianisten Geoffrey Douglas Madge als Interpreten des opus clavicembalisticum von Kaikhosru Sorabji gekauft, einem ungefähr fünf Stunden dauerndem, ausufernden Solo-Klavierwerk eines etwas vom Mainstream abgekommenen Komponisten ;). In den folgenden knapp 40 Jahren ist es zu einer klar nur einstelligen Anzahl von Anhörungen bei mir gekommen, gar nicht mal wegen der fehlenden Zeit, im wesentlichen wegen der tatsächlich fehlenden Konzentration, fünf Stunden lang Fugenkonstruktionen zu folgen. Trotzdem, es ist komponiert worden und damit bereit für einen Interpreten mit Ausdauer und einem ebensolchen Rezipienten.


    Jetzt gab es noch einmal einen Versuch mit seiner Toccata Nr. 1 aus dem Jahre 1928 gespielt von Jonathan Powell, einem nur wenig über 70 Minuten langem Stück, also fast einem einzelnen Präludium :).




    Es bleibt trotzdem etwas für Hartgesottene. Diese Musik, die sich einem wirklichen musikalischen Klang und auch jedem Tonalitätsgedanken entzieht, indem sie fast, bis auf wirklich vereinzelte erstaunliche Stellen, nichts außer Stimmführung in allen Variationen hergibt (auch eine hin und wieder durchzuhörende Passacaglia als Form) führt einen beim Hören auf Wege, wo man ins Grübeln kommt, ob man auf dem Weg in den Himmel ist oder auf dem in die Hölle .... :stumm:


    Ich habe die Schlussfuge dann tatsächlich noch ein zweites Mal gehört (sind nur 20 Minuten :D) . Wer auf der Suche nach einem Erlebnis der besonderen Art ist und gerne hören möchte, wie eine mögliche Fortsetzung von Busonis Fantasia contrappuntistica sich anhören könnte, dem sei das obige Werk empfohlen.


    Es grüßt

    Axel

  • In diesem Jahr im Juli ist Nikolai Kapustin gestorben. Was für ein blödes Jahr!


    Von dem einen als ukrainischer Claude Bolling bezeichnet, vielleicht aber auch ein ukrainischer George Gershwin, eigentlich aber doch ziemlich eigenständig. Freunde der Kombination von Jazzrhythmen und Harmonien mit klassischen Formen (alles ist durchkomponiert, auch wenn man es so nicht glaubt) finden wahrscheinlich, so wie ich, Freude an:


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    was, obwohl hervorragend und lebhaft und motiviert gespielt, leider momentan schwer zu bekommen ist. Wenn man das gehört hat, sollte man auf jeden Fall noch



    anschließen. Trotz des traurigen Anlasses ein wirklich unterhaltsame Scheibe. Auch Hamelin hat Werke eingespielt, allerdings habe ich die jetzt nicht gerade gehört ;).

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  • Diesmal Gute-Laune-Musik und durchaus pianistisch. Kompositionen von Kapustin, Friedrich Gulda und Alexis Weissenberg (und als historisches Relikt George Antheil ;)). Alle Komponisten sind ausgewiesene Pianisten gewesen. (Weissenberg habe ich als Interpreten erst vor einigen Tagen wirklich ernsthaft kennengelernt)



    "Marc-André Hamelin in a state of Jazz". Es wäre keine Hamelin-CD, wenn die Stücke einfach zu spielen wären :). Selbstverständlich ist die zweite Klaviersonate von Kapustin schon eine Herausforderung. Das Stück (wie oben beschrieben ist wie fast alles bei Kapustin stark "jazz-inspiriert") ist ein eleganter Koloss. Geschmeidig kommt die Jazz-Sonate ("Sonate en état de jazz") von Weissenberg rüber und wie zu erwarten etwas geklotzt die bekannte Jazz Sonata von Antheil. Die Stücke von Gulda sind inhaltliche Intermezzi und bringen leichte Atmosphäre in die gesamte Scheibe.


    Unterhaltsam und interessant und ungewöhnlich und auf jeden Fall empfehlenswert für Freunde des Klavierspieles.

  • Ich bin auf Gute Laune Trip. Der wirklich beeindruckende und leider viel zu früh verstorbene Pianist und Cembalist Paul Jacobs mit Blues, Balladen und Ragtimes von William Bolcom, Aaron Copland und Frederic Rzewski (in dieser Reihenfolge)


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    eine wundervolle und bei mir schon sehr lange verweilende CD. Unterhaltung vom Feinsten! Der Pianist war bekannt für seine Interpretationen von Boulez, Stockhausen, Schoenberg und Debussy.... und Barockmusik. Die CD ist leider schon alt und nicht auf den gängigen Neukauf-Kanälen zu bekommen. Jacobs ist drei Jahre nach der Aufnahme gestorben.


    Für einen schönen Abend für Liebhaber der Klaviermusik eine Empfehlung. Es muss nicht immer tiefsinnig sein.

  • Beim Rippen einiger meiner CDs (ich bin dabei die CD-Reihen und Berge abzubauen :)) kam mir wieder eine dreißig Jahre alte CD unter die Finger, die auch sofort wieder hören musste



    Erich Wolfgang Korngolds zweite Klaviersonate (1910). Über sein Liedwerk wird hier an anderer Stelle ausführlich gegesprochen. Korngold war wohl einer der wenigen, die man zurecht ein Wunderkind nennen darf, seine erste Sonate (hier auch eingespielt) mit 11 und seine zweite mit 13 komponiert. Die zweite, ein selbständiges Werk, wo sich Spätromantik, Wiener Charme (soweit ich etwas davon verstehe) und virtuoser Klaviersatz zu einem wundervoll durchkomponierten Werk vereinigen. Schon die ersten Takte bleiben unvergänglich und der Level kann (im Gegensatz zu einigen anderen Kompositionen, die nach furiosem Anfang gerne in der Beliebigkeit weiterdödeln) gehalten werden.


    Das Werk wurde nur später durch den Welterfolg der Oper "Die tote Stadt" (auch hier mit eigenem Thread vertreten) nach der Novelle "Bruges-la-morte" des belgischen Symbolisten George Rodenbach völlig in den Hintergrund gedrängt. Unverdientermaßen. Sogar Glenn Gould hat dieses Stück beeindruckt, ich kann mich dunkel erinnern, damals in seinem Buch darüber gelesen zu haben. Man braucht sich hier wirklich keinen juvenilen Geist vorstellen. Das Werk ist absolut erwachsen und von eratunlicher Ausdruckskraft. Leider hat das Schicksal Korngold später Hollywoodkomponist werden lassen. Was für eine Vergeudung!


    Auf jeden Fall kann ich die Scheibe empfehlen. Es gibt mittlerweile auch neuere Einspielungen, die vielleicht besser interpretiert sind oder auch nicht. Für mich hat das hier ein wenig sentimentalen Wert.


    Hören lohnt sich!

  • Ich bleibe mal in Wien. Liebhaber des Forellenquintetts wird durch


    ,


    wie ich finde ein besonderer Genuss geboten. Die Einspielung der Quintetts ist tadellos und stimmungsvoll (anders als die einigermaßen aktuelle Einspielung mit Mutter und Trifonov bei der DG) und kammermusikalisch. Dabei ist sie durchaus moderner als meine alte Lieblingseinspielung mit Jörg Demus und dem Collegium aureum. Es wird aber jederzeit das Gleichgewicht der Stimmen gewahrt und kein Spieler tendiert zur Selbstdarstellung.


    Das Besondere: Die Pianistin Silke Avenhaus hat fünf zeitgenössische Komponisten (Cruixent, Resch, Schachtnerm Lazic und Räihällä, mir alle bis auf Resch unbekannt) (und deswegen seht der Beitrag unmter Musik des 21. Jahrhunderts ;)) dazu eingeladen, sich jeweils von den verschiedenen Sätzen des Quintetts zu eigenen Beiträgen inspirieren zu lassen. Herausgekommen ist eine faszionierende Mélange. Jeder der Komponisten ist sich bewusst, an welchem Werk er arbeitet und diese Würdigung lässt sich für den "Kenner" des Werkes in tatsächlich variierenden Reihenfolgen genießen. Sollte man das Werk zum ersten Male hören, empfiehlt sich die von Schubert angedachte :).


    Eine, wie ich finde sehr schöne und gehaltvolle Aufnahme, die einen schönen Abend garantiert.

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  • Ein Sprung von Wien nach Amerika und das in diesen Zeiten..... ;)


    Der Komponist Ryan Carter (*1980) seines Zeichens auch interessiert an Computermusik hier mit einer Einspielung ausgewählter Kammermusik


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    Viele Titel haben mit dem Programmieren zu tun, sollten mir also aus dem Herz gesprochen sein. Leider vermag ich nicht, die zum Teil wirklich spaßigen Titel wie "too many arguments in line 17" mit der zugrundeliegenden Streichquartettmusik zu "matchen". So kann es gehen. Wenn man dem Artikel in AMN Reviews Glauben schenken darf, ist Carter begeisterter Videospieler und Computermusikprogrammierer.


    Die Einspielungen hier sind aber weitestgehend klassisch instrumentiert. Nur das Werk "Limits of a system and the consequences of my decisions" ist mit zusätzlicher Elektronik versehen.


    Ohne den vielleicht etwas verwirrenden Hintergrund sind aber alle Stücke verspielt und ein bisschen "Cageich". Insbesondere "When all Else fails" ist für zwei präparierte Klaviere und Schlagzeug, eine von mir heiß geliebte Instrumentierung (präpariert oder nicht). Auf mich wirken nicht nur die Titel unterhaltsam und humorvoll. Das Streichquartett "Grip" zum Beispiel, hier eingespielt vom Calder Quarett, hat einen unverhohlenen tänzerischen Duktus und soll entfernt sicher an Quartette von Bartok oder Janacek erinnern. Trotzdem ist der entstehende Klang absolut eigenständig (soweit ich das beurteilen kann) der musikalische Fluss entsteht manchmal durch minimalartige Behandlung der durchaus erkennbaren Motive.


    Errata für Klavier solo wiederum bringt Erinnerung an Stockhausen, aber auch Prokofieff ist nicht weit, wenn auch klanglich etwas unbeholfen. Sogar der Impressionismus taucht verschwommen auf. Da hier aber das Konzept zu erkennen ist, macht es wirklich Spaß.


    Die Welt der Computerspiele hat etwas Comicartiges, was sich durch die ganze Scheibe zieht.


    Was bleibt zu sagen? Wenn man also hin und wieder über ernste Musik schmunzeln will, hat man hier Stoff genug.

  • Die Gesamtaufnahme der Streichquartette mit dem Spikeru Quartet besitze ich und ich kann sie nur empfehlen.

    Zunächst einmal vielen Dank an lutgra. Ich habe mir aufgrund seiner Empfehlungen beide CDs gekauft und bin sehr glücklich damit.



    und



    Zunächst einmal besitze ich jetzt alle Streichquartette (der Sammlerinstinkt :)). Was aber viel wichtiger ist, die Einspielung ist großartig. Ich würde die Interpretation des 4. Quartetts (Davon gibt es übrigens mittlerweile schon einige) dem des Kronos vorziehen (nach dem ersten Hören). Ich habe den Eindruck, dass das Ensemble sich ziemlich gut in die Klangwelt von Vasks hineinfühlen kann und die Besonderheiten des Quartettklangs von ihm ganz hervorragend nach vorne bringt. (Hier macht es sich vielleicht bemerkbar, dass das Kronos doch sehr, sehr viel eingespielt hat und vielleicht nicht immer dieselbe Liebe für jeden Komponisten aufzubringen vermag). Dazu kann man jetzt noch sein ersten Streichquartett genießen, was mir bisher völlig unbekannt war und nicht nur interessant im Hinblick auf Vasks' musikalische Weiterentwicklung ist.


    Sein fünftes Streichquartett bietet jetzt harmonisch nichts neues zu seinem vierten, trotzdem habe ich den Eindruck, dass es viel extrovertierter ist als der liturgisch angehauchte Vorgänger. Das Quartett hat nur zwei Sätze und ist etwa 20 Minuten lang. Der erste Satz beginnt etwas dramatisch und aufgeregt (von dem ersten Quartett kennen wir das jetzt schon ;-). Trotzdem sind beide Quartette meilenweit voneinander entfernt.). Der Celloklang ist tatsächlich etwas besonderes, obwohl ich nicht identifizieren kann, woran es liegt.


    Vasks Ruhe hat eine lange und tiefe Entwicklung. Man kann sie mithilfe dieser Einspielungen nachvollziehen. Für jemanden, der an Vasks interessiert ist, kann ich die Empfehlung von lutgra nur unterstützen.

  • Ich habe mal wieder folgende CD eingeschoben:

    Yoritsune Matsudaira (1907-2001)

    "Bugaku Dance Suite"

    Matsudaira ist in meinen Augen ein besonders faszinierendes Beispiel für interkulturelle Bemühungen - japanischer Serialismus der 50er-Jahre, der höfische Gagaku-Musik fortschreibt, und es scheint wirklich zu funktionieren ...

  • Diesmal von Lettland nach England. Harrison Birtwistle mit seinem Gesamtwerk für Streichquartett. Wenn man da an Beethoven denkt oder eventuell an Rihm, so merkt man schnell, dass es vom Umfang her bescheiden auf einer CD unterzubringen ist. Es handelt sich um die Komposition Tree of Strings aus dem Jahre 2009 und den 9 Movements for string Quartet aus den Jahren 1991-96.


    Beide Werke eingespielt vom bekannten Arditti Quartett.



    Ob man die beiden Werke zusammenhören muss, sei dahingestellt. Das jüngere Werk ist eine subtile Klangkomposition mit sehr dünnen und fragilem Streicherklang, ruhig und klangschön. Ab Minute fünf möchte man den Komponisten umtaufen in Bird Whistle, aber auch das ändert sich wieder. Selten kommt es zum Tutti.


    Bei den 9 Movements haben wir etwas eruptivere Musik zum Teil tragischen Charakters (so fühlt es sich an) Der letzte Teil nimmt mit der Bezeichnung Todesfuge direkt Bezug auf das berühmte Gedicht von Paul Celan.


    In Zukunft werde ich die Werke in sehr unterschiedlichen Stimmungen genießen.

  • Zunächst einmal vielen Dank an lutgra. Ich habe mir aufgrund seiner Empfehlungen beide CDs gekauft und bin sehr glücklich damit.

    Das freut mich.:)


    Es handelt sich um die Komposition Tree of Strings aus dem Jahre 2009 und den 9 Movements for string Quartet aus den Jahren 1991-96.

    Es gibt noch dieses Werk, oder ist der Streichquartett-Teil identisch mit einem der beiden genannten?


    https://www.amazon.de/Pulse-Shadows-Arditti-Quartet/dp/B000050KFO/ref=sr_1_69?__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&dchild=1&keywords=birtwistle&qid=1600800455&sr=8-69



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  • Ihr habt mich zum Kauf der Birtwhistle-CD mit den Streichquartetten verleitet. Besten Dank!


    :)Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Ihr habt mich zum Kauf der Birtwhistle-CD mit den Streichquartetten verleitet. Besten Dank!


    :)Wolfgang

    Sollte da mein Beitrag ein wenig geholfen haben, würde ich mich freuen.



    Vielen Dank für diesen Hinweis. Er zwang mich, mich mit diesem Komponisten über meine CD hinaus noch weiter zu beschäftigen. Das hat sich gelohnt.


    Zuerst die einfache Antwort:


    ja!.


    Soweit ich das durch reines Hören verifizieren kann, basieren die reinen Streichquartettsätze in Pulse Shadows auf demselben Notenmaterial wie die 9 Movements for String Quartet. Auch die Namensgebung ist gleich.


    Durch lesende Weiterbildung noch gestern Abend, habe ich herausgefunden, dass die Einbettung dieser Quartettsätze in das Liedmaterial nach Gedichten von Paul Celan von Birtwistle von Beginn an beabsichtigt war. Daher auch die Bezeichnung Todesfuge für das neunte "Movement". Ob die neun "Movements" damit als eigenständige Quartettleistung bewertbar sind, ist für mich nicht endgültig geklärt. Ein Hinweis ist aber, dass, obwohl beide Einspielungen von dem Arditti Quartett vorgenommen werden, die zweite in "Pulse Shadows" sich wesentlich von der ersten eigenständigen Einspielung unterscheidet. Die zweite ist ruhiger und arbeitet die Dynamik nicht so heraus. Auch der Quartettklang ist anders (Aufnahmetechnik??). Manche Stimmen werden nicht so plakativ herausgespielt. Es entsteht der Eindruck, trotz des zugrundeliegenden gleichen Notenmaterials, es mit verschiedenen Stücken zu tun zu haben.


    Das Liedwerk "Pulse Shadows" mit Streichquartett verdient sicher eine eigene Behandlung. Leider sind die Gedichte von Celan nur in einer Übersetzung zu hören. lutgra Gibt es das Stück auch mit deutschem Text oder ist das musikalisch nicht zu vertreten? Nach den Untersuchungen von Helmut Hofmann über die Vertonungen Korngolds, wäre ich interessiert , hier die Zusammenhänge zwischen Celans doch sehr verschlossener Lyrik - die Todesfuge bildet hier eher eine Ausnahme - und der subtilen Klangkomposition Birtwistles besser zu verstehen. Interessant ist auf jeden Fall, dass die Todesfuge textuell gar nicht zum Vortrag kommt.

  • Soweit ich das durch reines Hören verifizieren kann, basieren die reinen Streichquartettsätze in Pulse Shadows auf demselben Notenmaterial wie die 9 Movements for String Quartet. Auch die Namensgebung ist gleich.

    So ist es, habe ich inzwischen auch recherchiert. Es handelt sich aber um zwei unterschiedliche Einspielungen des Arditti Quartetts, Pulse Shadows entstand in den 1990ern, die 9 Movements 2010. Wir haben es also auch mit zwei unterschiedlichen Quartettzusammensetzungen zu tun, außer Irvine Arditti natürlich.


    Eine deutsche Version gibt es anscheinend nicht, siehe Verlagswebsite:


    https://www.boosey.com/cr/musi…wistle-Pulse-Shadows/4132


    Mir hat - ehrlich gesagt - Pulse Shadows auch nie gefallen, zu lang und mit zeitgenössischem Gesang habe ich es auch nicht so. Deshalb werde ich auch die obige Quartett CD bestellen (gibt es gerade für einen relative günstigen Preis am Sekundärmarkt) und mich von Pulse Shadows trennen.

  • Pulse Shadows habe ich vor ein paar Jahren live gehört mit den Ardittis und dem Klangforum (wobei mir natürlich das Klangforum besser gefallen hat als die Ardittis, aber sie haben mich nicht gestört mit ihrer Kratzerei wie sonst manchmal). War für mich ein besonders gelungener Abend.

    :thumbup:

  • James Dillon
    Streichquartett Nr. 9 (2018)
    Arditti Quartet (?)

    Die Streichquartette von James Dillon (Jg. 1950) gibt es bisher nicht auf CD. Lediglich sein 6. ist verfügbar, das den beeindruckenden Luxus genoss, an einem Wochenende von drei der führenden Streichquartette für zeitgenössische Musik (Arditti, Diotima, JACK) in Donaueschingen uraufgeführt zu werden.

    Allerdings sind alle auf youtube verfügbar, so auch das 9., sein letztes bisher. Da alle vom Arditti Quartet uraufgeführt wurden, denke ich, dass sie auch hier spielen. Sehr hörenswertes Werk.



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