Musik des 20./21. Jahrhunderts - gerade gehört - kurz kommentiert

  • Nun zum "Positiven" in der Musik des 20/21. Jahrhunderts. Ein anderer zeitgenössischer Geiger, Daniel Hope, von mir schon positiv erwähnt in dem Thread zu den "Vier Jahreszeiten", hat 2012 das Album Spheres herausgebracht



    Vom Cover einmal abgesehen, könnte die Liste der vertretenen Komponisten (unter dem jpc Link vollständig aufgelistet) Geschmack auf ein unterhaltsames Album machen. Leider wird hier meines Erachtens geschmacklich Schönheit mit Süßlichkeit verwechselt. Besonders schmerzhaft zum Beispiel in dem Stück I Giorni: Andante von Ludovico Einaudi zu vernehmen. Die Assoziation an Pachelbels Kanon ist zu offensichtlich und was aus der an sich schönen, einfachen Meldodie vom Anfang gemacht wird, tut weh. Ebenso aus der Cantique von Gabriel Fauré, Jean Racine im Arrangement von John Rutter. Da ist auf mancher simplen Weihnachtsliederplatte mehr Kunst zu erahnen.



    Besonders unschön empfinde ich das bei den mir bekannten Stück Fratres von Arvo Pärt, wo man sich die Vergleichsinterpretation mit Kremer einfach einmal anhören sollte. Es gibt eben einen Unterschied zwischen Meditation und simplem Schwelgen in Klangschwulst.



    Um mit Herbert Grönemeyer zu sprechen: Was soll das? Das sind doch alles ernsthafte Musiker und so klamm kann doch der Geldbeutel nicht gewesen sein.

  • Danach, um den akustischen "Müll" aus meinem Ohr zu räumen, Galina Ustwolskaja (*1919-†2006) das Stück dies irae (wie passend) für acht Kontrabässe, Holzwürfel und Klavier. Leider scheint die Cd vergriffen zu sein. jpc zeigt sie gar nicht mehr an.



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    Danach sind die Ohren wieder frei für wirklich schönes.


    Witzigerweise gibt es hier eine Einspielung auf youtube vom Festival in Luzern 2017 mit Patricia Kopatchinskaja am "Holzwürfel" :) (was für eine begeisternde Musikerin!)



    Direkt im Anschluss einmal Ausnahmsweise aus dem Barockzeitalter (das würde ich ohne die Rezeptionsgeschichte jetzt nicht in diesem Thread posten) vom genialen Domenico Scarlatti Longo 31 (K318) in der pianistisch einfachen, aber nicht uninspirierten Einspielung von Christian Zacharias.



    das war wirklich schön!

  • Schöne Beiträge, werter Kollege Axel!


    Ich bin eigentlich auch längst ein Fan von Patricia Kopatchinskaja. Sie ist eine sympathische, so offene wie ehrliche Persönlichkeit. Ihren Einsatz für Modernes muss man anerkennen. Trotzdem: Bisweilen überspannt sie den Bogen nicht nur aus meiner Sicht. Das Beethoven-Konzert hat mich am Anfang begeistert, aber wenn man es öfters hört, empfindet man dann doch die seltsamen Schludrigkeiten, das oft merkwürdig Fahle und Kratzige ihres Tons, eher als mild provokative, betont gegen den berühmten Mainstream orientierte Masche. Letzteres ist mir auch bei der Kreutzer-Sonate aufgefallen. Wie gesagt: Dies tut ihrem großen Können und noch mehr ihrer Begeisterung für die Nebenpfade keinerlei Abbruch.


    Die CD mit den österreichischen Violinkonzerten kenne ich ebenfalls schon einige Zeit. Das ist wertvolle Musik, die man aber keinesfalls so nebenbei hören kann, denn sonst bleibt nichts haften.


    Was John Rutter und Ludovico Einaudi anbelangt: Rutter ist ein Effektkomponist aus meiner Sicht. Das schmeichelt den Ohren, sollte aber nicht allzu hoch angesiedelt werden - wenn auch immer noch höher als Einaudi. Du bist mir hoffentlich nicht böse, wenn ich das so deutlich sage. Mit Pärts Kompositionen - vor allem Tabula Rasa - kann ich deutlich mehr anfangen. Allerdings dürfte dieser Versenkungsminimalismus allmählich wieder verblühen, nachdem er wenige Jahrzehnte lang immer breiter dimensionierter wurde, vor allem bei einigen östlichen und nördlichen Meistern.


    Ustwolskaja finde ich ausgesprochen interessant. Es ist eine elementare, äußerst unmittelbare, bezüglich des Materials auf das Nötigste beschränkte, quasi rücksichtslose Grundhaltung. Über die Klaviersonaten habe ich mal eine zweistündige Sendung gehört. Als CD besitze ich (zumindest) eine Scheibe aus der folgenden Box:


    75 Jaar


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Danach sind die Ohren wieder frei für wirklich schönes.

    :thumbup: stimmt wirklich !


    Hallo Axel,


    genau wie WolfgangZ bin ich auch Fan von P.Kopatchinskaja, würde aber nicht so weit gehen, dass sie den Bogen überspannen würde. Um den heutigen Hörer zu begeistern muss man schon etwas "Neues/Anderes" bieten und sich von den Konventionen absetzen. Das Beethoven - VC kann und will ich auch nur noch in dieser oder in der Tetzlaff/Zinmann-Aufnahme hören.


    Ich habe mir das Holzwürfel - DiesIrae angehört. Das ist schon sehr emotional und von den Beteiligten genau so gespielt, aber dieser Holzwürfel in einer Tonhöhe geht mir dann doch recht schnell auf den Keks.

    Da wäre doch an der Stelle ein Vibraphon mit etwas virtuoserem Einsatz ein bessere Wahl gewesen ....



    Hier ein Beispiel - virtuoses für die Ohren

    von

    Emmanuel Sejourné

    Attraction und Concerto für Vibraphon und Streichorchester (2010)


    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich habe mir das Holzwürfel - DiesIrae angehört. Das ist schon sehr emotional und von den Beteiligten genau so gespielt, aber dieser Holzwürfel in einer Tonhöhe geht mir dann doch recht schnell auf den Keks.

    Lieber Wolfgang (teleton),


    ja genau. Die Komponistin lehnt jede Idee, den Hörer zu unterhalten, rigoros ab. Die Penetranz des Einsatzes des Holzwürfels ist ganz sicher so beabsichtigt. Das (von von der Komponistin akzeptierte) Gesamtwerk ist sehr klein und extrem ausgesucht.
    -

    Trotzdem vielen Dank für die virtuosen Besipiele des Vibraphon- und Marimbophon-Einsatzes. Das ist schon sehr beeindruckend. Auch die Idee mit der Säge hat was ;)


    Ustwolskaja finde ich ausgesprochen interessant. Es ist eine elementare, äußerst unmittelbare, bezüglich des Materials auf das Nötigste beschränkte, quasi rücksichtslose Grundhaltung. Über die Klaviersonaten habe ich mal eine zweistündige Sendung gehört.

    Lieber Wolfgang (Z),


    dem kann ich nur zustimmen. Ist diese Sendung zufällig noch als Podcast zu hören?



    Beste Grüße,

    Axel

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  • Lieber Axel, es war eine Sendung des Deutschlandfunks, die ein Jahr lang zu hören ist - also noch einige Wochen:


    https://www.deutschlandfunkkul…ml?dram:article_id=468508

    Lieber Wolfgang,


    herzlichen Dank für diesen wirklich schönen Tipp. Ich denke im Anschluss daran muss man dann die zwei folgenden Einspielungen hören, die ich tatsächlich schon länger besitze, sie jetzt aber unter dem Eindruck der Sendung noch einmal ganz neu erfahren durfte.



    Patricia Kopatchinskaja mit Markus Hinterhäuser auf der CD einmal die Sonate für Violine und Klavier, vor allem aber das umwerfende Grand Duet in dieser Besetzung. Es fällt mir schwer, zu dieser Musik etwas zu sagen, was ich nicht schon oben gesagt habe. Hier möchte ich gerne auf die Sendungsempfehlung vom Wolfgang hinweisen, die wichtige Erkenntnisimpulse geben kann. Man erfährt en passant, wie Hinterhäuser die Kopatchinskaja kennenlernt.


    Na und dann natürlich Ustwolskajas Klaviersonaten in der Einspielung mit Markus Hinterhäuser. Leider nicht bei jpc zu finden (man findet da sehr häufig nichts :().


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    Mit der Sendung zusammen lässt sich das alles wirklich Sonate für Sonate als Ereignis genießen.:hail:

  • Schönen Dank an Axel für den Tipp mit den Violin-Klavier-Kompositionen. Möglich (oder auch nicht), dass die Aufnahmen in der Sendung erwähnt wurden, daran erinnere ich mich nicht. Die CD wird bestellt!


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Der mir unbekannte Pianist Martin Klett hat eine CD aufgenommen, wo er das erste Heft der Préludes (1910) von Claude Debussy (*1862-†1918) kombiniert mit dem ersten Teil des Makrokosmos des amerikanischen Komponisten George Crumb (*1929).





    Beide Zyklen enthalten jeweils 12 Klavierstücke und Crumb bezieht sich in seinem Text zur Aufnahmeveröffentlichung auch direkt auf dieses Werk von Debussy. Zusätzlich gibt es noch allerlei astrologische Zusammenhänge, die sich mir aber nicht gut erschließen. (Mir fehlt der rechte Glaube ;)). Auf jeden Fall handelt es sich bei beiden Kompositionen um beeindruckende Werke für Klavier. Die Idee, diese Werke auf einer CD zu vereinen ist also gar nicht so weit hergeholt.


    Martin Klett spielt beide Werke überzeugt und überzeugend. Ob er mit Debussy oder Crumb nun bei mir unter den Top3 landet, glaube ich nicht, aber es spielt für das Vergnügen beim Hören auch keine so große Rolle. Die Gegenüberstellung ist interessant und der Klavierklang technisch über alles erhaben.

  • Möglich (oder auch nicht), dass die Aufnahmen in der Sendung erwähnt wurden, daran erinnere ich mich nicht.

    Lieber Wolfgang,


    Tatsächlich spricht Hinterhäuser in der Sendung davon, dass bei der Begegnung mit Kopatchinskaja von ihr die Idee zu einer solchen Aufnahme kam. Ob nun meine CD aus diesem Gespräch hervorgegangen ist, ist also schon ein bisschen Spekulation.


    Beste Grüße:hello:,

    Axel

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  • Es gibt so unendlich viele Themen und man verzettelt sich gerne. Ich habe mir noch einmal eine ältere Einspielung von Ustwolskajas Grand Duet für Cello und Klavier angehört mit einem meiner Lieblingcellisten Mstislaw Rostropowitsch. Eine wunderschöne Aufnahme


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    am Klavier ist Alexej Ljubimov. Auch, wenn es momentan wohl wieder schwierig ist, an diese Aufnahme heranzukommen, hllft uns youtube. In diesem Falle können wir das Stück sogar noch mit Noten verfolgen. Das sieht für mein unbedarftes Auge schon etwas verwegen aus ;). Es scheint sich um dieselbe Aufnahme zu handeln, die ich auf meiner CD habe. Der bei youtube beigefügte Text lohnt sich zu lesen.


  • Und da wir gerade großartige Celloliteratur gehört haben, möchte ich in diesem Sinne fortsetzen, diesmal für Cello Solo, ich halte es nicht nur für das beste Werk, dass ich von Benjamin Britten (*1913-†1976) kenne, sondern für eines der besten Werke, die ich aus dem 20. Jahrhundert kenne. Dazu muss ich natürlich sagen, dass ich ein Freund des Celloklanges bin, er hat mehr Raum als die höherstimmigen Streicher, aber er ist so hervorragend plastisch, anders, als zum Beispiel ein Bass. Vorausgesetzt der Cellist kann den Ton so formen. Und ich liebe Bachs Cellosuiten....


    Also los: Benjamin Britten die drei Cellosuiten für Cello Solo, gespielt von Daniel Müller-Schott. Die Einspielung unterscheidet sich nicht unerheblich von der Rostropovich', dem diese Werke wohl gewidmet sind. Der raue klagende Ton des Cellos trägt die ganze Zeit. Müller-Schott hat nicht denselben Fluss im Spiel wie Rostropowitsch, dadurch wird eine erstaunliche Modernität des Werkes erkennbar. Der Klang des Cellos haut einen um....:hail:.


    Wenn man vorher Bach hört, bekommt man ein ganz anderes Gefühl für Zeitspannen. Die Werke von Bach und Britten sind sich nah und fern zugleich (Ich möchte diese Worte hier nicht erklären müssen :))



    Die Cellosuiten sind zwischen 1964 und 1971 entstanden. Es gibt schon eine kleine Entwicklung zur progressiveren Nutzung des Celloklanges, aber wir bleiben insgesamt im moderaten Rahmen. Von "Pressionen" ist hier nichts zu spüren. :) Trotzdem ist die Gefühlsbreite enorm. Gerade die dritte Suite scheint Müller-Schott besonders gelungen. Man hat es ganz klar mit moderner Musik zu tun. Trotz des offensichtlichen Bezugs zu Bach, fühlen wir uns in der Jetztzeit.


    Was ich sagen will; das ist eine tolle Scheibe.:)

  • Peter Boyer - Orchesterwerke des 21.Jhd


    Hier wieder einmal was wirklich fetziges, was so richtig vom Hocker haut ... und dann noch tonal im 21.Jhd. - was ein Wahnsinn.


    :love: Nach langer Zeit habe ich wieder einmal diese fabelhafte CD herausgeholt - :angel: Hörspass und Hörfreude pur.

    :thumbup:Jetzt vor Weihnachten bei dem trüben Wetter hat mich das aus der trüben Coronastimmung raus geholt !

    Das ist quasi "Gute Laune Musik" wie die Bizet 1.


    8) Wer diese CD noch nicht hat - der hat was verpasst !

    Das London PO ist mit grösster Spielfreude dabei und Peter Boyer erweisst sich als perfekter Organisator seiner Werke.

    Klanglich eine der Besten NAXOS-CDs !


    NAXOS, 2013, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Wolfgang (teleton),


    bei so viel Begeisterung konnte ich nicht widerstehen und bin aus meiner schön eingerichteten Kammer mal zur Symphonik geschwenkt. :). Ich tue mich leider mit diesen großen Besetzungen manchmal recht schwer.


    Wirklich gut gefallen haben mir die drei Olympier. Hier konnte ich Deine Freude sofort nachvollziehen.


    Bei einigen anderen Werken hatte ich leider sofort Filmassoziationen und Ideen zur Eröffnung der olympischen Spiele :), die, wenn ich die Titel lese, eventuell sogar beabsichtigt sind, mir aber die Rezeption erschweren. Auf jeden Fall handelt sich um einen Meister der Instrumentierung und der Klang haut einen sofort um!


    Vielen Dank für diesen Tipp!


    Axel

  • Angeregt durch den Beitrag von teleton habe mich mich noch weiter aus der Kammer gewagt und bin bei Cellokonzerten hängengeblieben. Es handelt sich um drei Liveaufnahmen (zu unterschiedlichen Gelegenheiten) von Kompositionen aus dem 21. Jahrhundert. Es sind Kompostionen der Franzosen Bruno Mantovani (*1970), den man nach den ersten Tönen nicht mehr mit seinem wahrscheinlich bekannteren Namensvetter verwechseln wird ;)., von Philippe Schoeller (*1957) und von Gilbert Amy (*1936), alles Zeitgenossen, aber durchaus verschiedene Generationen. Das Cello wird gespielt von Jean-Guihen Queyras, einem zeitweisen Mitglied des Ensemble contemporain.



    Das Konzert Cello Concerto (2003) von Mantovani hat etwas Bedrohliches, trotz der vermeintlichen Ruhe. Die klaren Klangflächen mit dem zum Teil ziemlich unruhig, aber häufig leise musizierendem Cello, lassen einen überall Abgründe vermuten. Das Orchester wird sparsam aber sehr betont eingesetzt. Beim Einsatz der Pauken klopft dann das Herz! Ein wirklich beeindruckendes Werk.


    Das Werk The Eyes of the Wind for Cello and Orchestra (2005) von Philippe Schoeller konnte mir beim ersten (und zweiten) Hören nicht ganz soviel geben. Die Klänge bleiben interessant und es ist sicher gut gespielt, aber bei mir sprang der Funken nicht. Das mag auch an einer gewissen Komplexität liegen, die sich nicht sofort erschließt. Am klarsten ist mir hier noch der dritte Satz poco più allegretto subito erschienen, dessen Akustik einfachere Assoziationen ermöglicht.


    Ganz anders das Werk Cello Concerto (2000) von Gilbert Amy, einem Komponisten, dessen Namen ich bis dato noch nicht gehört habe. Mantovani kannte ich schon. Das Werk nahm mich vom ersten bis zum letzten Ton gefangen. Es baut, wie ich finde, eine eigene Welt auf. Dass einen die ersten Töne gefangen nehmen, mag natürlich auch der Meisterschaft des Cellisten zugesprochen werden können, aber es ist eben auch komponiert worden. Das Orchester hat eine interessante Farbigkeit, trotz aller Sparsamkeit im Einstz der Mittel. Es gibt Dialoge zwischen Cello und Orchester, die einen fesseln (Satz 5 Assez vite). Absolut erstaunlich, von diesem Komponisten noch nie etwas gehört zu haben. So ging es mir vor 20 Jahren bei Barraqué.


    Mit einer Empfehlung bin ich vorsichtig. Aufgeschlossenheit gegenüber modernen Klängen ist unverzichtbar. Wer das aufbringt, hört zumindest bei dem Cellokonzert von Amy IMHO ein Meisterwerk. Technische Qualität und auch die musikalische des Solisten sind über alle Zweifel erhaben.

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  • Inspiriert durch ein Tamino-Mitglied, was sich vor kurzem die Kunst der Fuge auf einem modernen Flügel anhörte, bin ich einer meiner alten Lieblingsbeschäftigungen nachgegangen, nämlich dem Anhören von Fugen. :).


    Dabei kam dann auch eine Komposition von Reinhard Febel (*1952) zum Vorschein. Also zurück in die Kammer! Aber in eine mit zwei Klavieren. Das bekannte Klavierduo Yaara Tal und Andreas Groethuysen mit einer Auftragsarbeit des Komponisten: 18 Studies on "The Art of Fugue" für zwei Klaviere.



    Die Kunst der Fuge ist ein großartiges Werk, dass aber wenig Oberfläche für das Staunen gibt. Es sind im wesentlichen innere Werte ;), die hier zum Tragen kommen. Wenn ich ein persönliches Bild hier strapazieren darf, begegnet uns hier musikalische Grundsubstanz in einer Klarheit, wie sie sonst so gut wie nicht zu finden ist. Beim Hören ahnt man immer wieder, was entstehen könnte, ohne das es wirklich realisiert wird. Es hat etwas mit bedeutender Lyrik gemein, die ja auch wesentlich durch das Unausgesprochene ihre Wirkung gewinnt.


    Busoni hat uns in einem gigantischen Ansatz mit der Fantasia Contrappuntistica gezeigt, welcher (pianistische) Kosmos in dieser polyphonen Substanz zu entdecken ist. Febel geht hier einen völlig anderen Weg. Es ist heute nicht mehr so einfach möglich, den bachschen kontrapunktischen Ansatz zu verstehen. Er verwendet die Kunst der Fuge mehr oder weniger als eine Art Leinwand, mit der er malerisch umgeht :). Es gibt rhythmische Verschiebungen, Hinzufügen von Obertönen, auch dynamisches Arbeiten, eine ganze Reihe von Prozessen, die Febel mit "Übermalungen wie bei Anselm Kiefer oder Gerhard Richter" beschreibt. Der Eindruck bestätigt sich beim Hören massiv.


    Seine 18 Studien zu Bachscher Kontrapunktik entfalten beachtliche Dynamik, Anschlagsvarianten und zum Teil sogar impressionistische Oberflächen. Trotz allem ist Bach allgegenwärtig. Ein berauschendes Gefühl an manchen Stellen.


    Freunde der bachschen Fugenkunst können hier "malerisch" erleben, wie Bachs Musik Grundlage eines kleinen pianistischen Abenteuers sein kann.

  • Um Vorstellungen von dem Werk von Febel zu bekommen, hier ein paar Ausschnitte von youtube


    Hier noch nah an Bach:



    ein zweistimmiger Kanon, behandelt wie ein Orgelchoral



    Ein weitere Kanon etwas jazzartig behandelt:



    und die berühmte unvollendete Fuge:


  • Ich möchte hier auf eine CD Einspielung von Werken von Kaija Saariaho (*1952) aufmerksam machen, die vor etwa zwei Jahren erschienen ist und mich gestern und heute umgehauen hat. Die finnische Komponistin Saariaho ist in diesem Thread schon mehrfach aufgetaucht.



    Die 1976 geborene amerikanische Violinistin Jennifer Koh spielt hier mit dem Pianisten Nicolas Hodges und anderen Kammermusikern und dem Curtis 20/21 Ensemble unter der Leitung von Conner Gray Covington jeweils die Klaviertrios Tocar und Light and Matter, das Streichtrio Cloud Trio und das Violinkonzert Graal Théâtre ein. Alle Stücke faszinieren durch eine Leuchtkraft, die einen die ganze CD lang gefangen hält. Es ist ein bisschen wie ein ekstatischer Peteris Vasks. Saariaho liebt es wohl, die Streichinstrumente leicht elektronisch zu verzerren, was mir als alten Jimi Hendrix Fan natürlich auch akustischen Spaß bereitet.


    No one can honestly describe this music as “beautiful” in the usual sense of the word. But that’s not the point either. Yes, it helps to know that one piece, Tocar, is about “touch”; another, Cloud Trio, was inspired by the changing forms of clouds; yet another, Light & Matter, “draws on the landscape of a city park as it changes with the light”. But we also know that Saariaho uses these ideas only as starting points, perhaps as a general guiding concept; from there, the music is music–abstract yet maintaining a relationship to the original themes of change, of time, of shifting light and sound, or initial conflict of purpose that may or may not resolve in unity.


    Ich persönlich finde den Umgang mit den Instrumenten faszinierend und konnte mit dem Hören nicht mehr auf-hören.:)

  • Es sollte ursprünglich gar keine Trilogie werden, nun sind sie es doch geworden, John Luther Adams (nicht zu verwechseln mit John Adams) drei "Become" Stücke.


    Das erste "Become River" ist nur 15 min lang, dafür eine eigene CD ist schon etwas luxuriös.


    Also wer immer schon wissen wollte, wie es sich anfühlt "Fluss zu sein"...


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  • Nachdem ich nun aufgrund von lutgra s Vorschlag der Reihe nach Fluß, Ozean und leider am Ende Wüste wurde (wobei es sich trauriger liest als anhört ;)) und ich damit aus der Kammer war, kam nun in der Folge Lutoslawskis Klavierkonzert in der Einspielung mit dem Widmungsträger Krystian Zimerman und dem BPO noch unter Leitung der designierten Leitung des BRO Simon Rattle zu Gehör.



    Zuerst einmal möchte ich sagen, dass das Konzert selbst mir sehr gut gefällt. Pianist, Dirigent und auch Orchester machen mir hier gehörig Spaß und klanglich ist das alles auch ein wundervolles Erlebnis.


    Lutoslawskis Klavierkonzert steht hörbar in der Tradition der Bartokschen. Das ist zum einen der Grund, wieso es mir so gut gefällt, auf der anderen Seite aber auch IMHO die kleine Schwäche. Anders, als bei seinem großartigen Streichquartett, sehen oder hören wir hier nichts wirklich Neues. Es wirkt insgesamt etwas verspielter als die Bartokschen Konzerte. Das ist sicher leicht aus den Umständen und der Zeit zu erklären.


    Ansonsten kann ich die Aufnahme nur empfehlen. Zumal sie gerade bei jpc noch im Angebot ist :jubel:

    Einmal editiert, zuletzt von astewes ()

  • Es sollte ursprünglich gar keine Trilogie werden, nun sind sie es doch geworden, John Luther Adams (nicht zu verwechseln mit John Adams) drei "Become" Stücke.

    Lieber lutgra


    so langsam freunde ich mich mit diesem Komponisten an. Ich weiß nicht, ob Du es gesehen hast, es gibt im Thread Gefiederte Freunde: die Vögel das Stück 10 Thousand Birds, das man sich anhören sollte. Erstaunlich, wie dieser Komponist die Natur empfindet.


    Die Strukturen der Komposition haben etwas Organisches, das wohl abgelauscht sein muss.

  • Der Komponist Mieczysław Weinberg gehört zu den Senkrechtstartern der letzten Jahre. Noch vor 10 Jahren kannte ich seinen Namen nicht und wenn man jetzt schaut, sind die Kataloge voll mit Aufnahmen seiner Werke. Mir ist überhaupt kein anderer Komponist bekannt, der eine solche diskografische Erweckung erfahren hat. Abgesehen von Modeerscheinungen scheinen seine Werke das Phänomen schon zu rechtfertigen.


    Ich habe mir nun aus seinem reichen Streichquartettwerk (es ist umfangreicher als das von Schostakowitsch!) die folgende Aufnahme angehört



    Es gibt eine Gesamteinspielung der Quartette Weinbergs durch das Quatuor Danel. Diese hier allerdings, durch das Silesian String Quartet, ist für mich wesentlich lebendiger und direkter empfunden.


    Die Quartette entstammen den Achtzigerjahren und gehören damit zu seinem Spätwerk. Erinnerungen an die späten Quartette von Schostakowitsch lassen sich nicht vermeiden, denoch klingt alles ein wenig anders. Weinberg traut sich in der Behandlung der Instrumente, wenn auch nur einen kleinen Schritt, weiter als sein Freund und seine Melodik ist entspannter, so dass man die Stücke auch einfach nur hören kann, ohne gleich zu verzweifeln ;).


    Für Freunde der Lyrik Lermontows findet sich hier eine Vertonung seines berühmten Gedichtes Die drei Palmen für Sopran und Streichquartett, die ich mit einer Übersetzung des Gedichtes auch genießen konnte :).


    Insgesamt eine beeindruckende Einspielung durch ein beeindruckendes Ensemble, das ich in diesem Thread schon mehrfach erwähnt hatte. Für Freunde der HiFi Technik, wir haben hier gerade wieder einen lebendigen Thread, kann ich nur sagen, dass die HiRes Ausgabe einen akustisch vom Hocker haut.Man sieht förmlich jedes Streichinstrument....

  • Die Deutsche Grammophon hat letztes Jahr eine "remasterte" Version der Debussy Einspielung von Arturo Benedetti Michelangeli herausgegeben.



    Die Kollegen der Grammophon haben alles gegeben, um diese Aufnahme akustisch auf Hochglanz zu bringen, und sie waren, was mich angeht, erfolgreich. Leider kann ich die beigegebene Blu-Ray Audio nicht hören. In irgendwelchen Kritiken habe ich gelesen, dass man hier den zweiten Flügel resonieren hören könnte, auf den Michelangeli als Resonanzkörper im Raum bestanden haben soll.


    Wie dem auch sei. Eine Jahrhundertaufnahme von einem Jahrhundertinterpreten und man merkt, man hat auch ein Jahrhundertwerk der Klaviermusik vor sich. Niemand hat diese Preludes so gespielt wie er und die Landschaft, die sich hier entfaltet, ist einmalig. Der remasterte Klang gibt das her. Nach dem zweimaligen Hören konnte ich keine weitere Musik mehr rezipieren. Das kommt bei mir nur sehr selten vor.;)


    Sonst ist dazu nichts zu sagen.:)

  • Und nun zu etwas IMHO ganz Besonderem. Die taiwanesische Pianistin Pi-Hsien Chen hat den berühmten Zyklus Vingt Regards sur l'enfant Jesus von Olivier Messiaen eingespielt. Der Zyklus ist, anders als der Catalogue d'oiseaux, nicht einzeln zu hören, sondern sollte von Anfang bis Ende in der vorgegebenen Reihenfolge rezipiert werden. Nur dann kommen die motivischen Zusammenhänge, aber aber auch die nicht unerheblichen dynamischen Kontraste voll zur Geltung.



    Die Aufnahme entstand live bei einem Konzert in einer der großen romanischen Kirchen Kölns, in St. Cäcilien. die auch das Schnütgen Museum für mittelalterliche Kunst beherbergt.


    K%C3%B6ln_st_c%C3%A4cilien.jpg


    eine sehr gute Entscheidung. Die ganze Zeit über meint man die Akustik dieses Raumes einen Beitrag zum Klang leisten zu hören. Das absolut transparente Spiel der Pianistin gibt den eigenwilligen Stücken in Zusammenhang mit der Räumlichkeit eine exquisite Aura, die sowohl das Vergeistigte, wie auch das manifest Irdische dieser Musik zum Tragen bringt.


    Selten habe ich diese Stücke so genießen können. Selbst die in manchen Interpretationen leicht zum Kitsch neigenden Stücke Le baiser de l'enfant oder Regard du fils sur le fils kommen hier absolut überzeugend geradlinig zur Geltung. Hier passt alles. Das Spiel von von Pi-Hsien Chen ist von insgesamt zurückhaltender Virtuosität, es gibt kürzere Einspielungen, aber die Musik ist selten so klangstark und wirksam zu hören.


    Eine absolute Empfehlung für Freunde dieser Musik oder überhaupt der Musik :)

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  • Bevor nun die Sintflut kommt und ich mit meinen zwei einsamen CDs auf die Arche muss (ich hoffe, ich muss und bleibe nicht zurück :(), noch schnell ein paar Stücke gehört, auf die ich eventuell in Zukunft verzichten muss (so sieht zumindest der momentane Tamino-Stand im Archenthread aus. Um Hilfe wird gebeten :hello:).


    Die im Beitrag vorher erwähnte Pi-hsien Chen hat sich im wesentlichen der modernen bis sehr modernen Musik verschrieben (Ausnahme war immer schon Bach), macht allerdings in letzter Zeit immer mehr interessante Alben mit einer Mischung verschiedener Epochen. Hier nun die ersten sechs Klavierstücke von Karlheinz Stockhausen zusammen mit Op. 101 und Op. 111 von Ludwig van Beethoven, der selbstverständlich zeitlos ist, so dass die Mischung hier ins 20. Jahrhundert gehört ;).



    Frühe Werke von Stockhausen mit späten von Beethoven gemischt - beide jeweils große Experimentatoren - wie verträgt sich das nun? Gehört in der Reihenfolge, wie sie auf der CD abgelegt sind:


    Stockhausen Klavierstücke I,II,III, IV, Beethoven Op. 101, Stockhausen Klavierstück Nr. V, Beethoven Op. 111, Stockhausen Klavierstück Nr. VI


    Die scheinbare Geschichtslosigkeit der Stücke von Stockhausen enttarnt sich hier ein wenig. Pi-hsien Chen lässt die Stücke in Dialog mit Beethoven treten und wir können wahrnehmen, dass sie sich etwas zu sagen haben. Die extrem verdichteten ersten vier Klavierstücke mit extremer Dynamik gegen die A-Dur Sonate Op. 101, die durchaus gemäßigt klingen kann. Pi-hsien spielt die Beethoven Sonate so pointiert und langsam, dass man die rhythmischen Verschiebungen, Triller und ähnliches als direkte Reaktion verstehen kann. Beethoven deeskaliert Stockhausen 8). Abgesehn davon ist ihre Interpretation alleine schon eine wertvolle Bereicherung in der an Einspielungen nicht armen Geschichte dieser Sonate.


    Stockhausens Klavierstück Nr. V ist nun eines der Stücke der zweiten Sammlung von Klavierstücken von Stockhausen. Es antwortet auf Beethoven durch die im Verhältnis zu den ersten vier Stücken größere, noch serielle Form. Es wirkt dadurch deutlich weniger dicht und tatsächlich erlaubt die große Form einen Übergang in das visionäre Op. 111 von Beethoven. Es ist hier geradezu beeindruckend, wie das geschieht. Die Kontraste beider Musiken (Stockhausens und Beethovens) beleuchten sich hier gegenseitig und auch das Beethovenwerk erhält dadurch eine andere ästhetische Bedeutung. Ich habe den ersten Satz selten als so schlüssig erfahren.


    Als letztes kommt tatsächlich das Klavierstück VI von Stockhausen. Wir enden hier erst ein Stück nach der Arietta, was ich eine interessante Idee finde. Ich habe mich häufig gefragt, was man danach noch für Klavier komponieren könnte. Beethoven hat immerhin keine Sonate mehr danach geschrieben.


    Ich will aber nicht weiter spoilern :), und der Text ist sowieso schon zu lang. Also eine klare Empfehlung für die beiden Experimentatoren Beethoven und Stockhausen in dieser Kombination. :hello::jubel::hail:



    BTW Nur damit es nach dem eventuellen Kauf keine bösen Überraschungen gibt, auf der CD sind Stockhausens Stücke wie hier römisch nummeriert.

  • Ich will aber nicht weiter spoilern :) , und der Text ist sowieso schon zu lang. Also eine klare Empfehlung für die beiden Experimentatoren Beethoven und Stockhausen in dieser Kombination. :hello::jubel::hail:

    Eine tolle Empfehlung, lieber Axel! Solche Gegenüberstellungen finde ich sehr spannend! Vom Klavierfestival Rhein-Ruhr gibt es die veröffentlichte CD eines Konzerts von Tamara Stefanovich, die ich besitze, wo sie jeweils eine der Etudes tableaux von Rachmaninow mit einer Etüde von Ligeti kontrastiert. Auch wirklich sehr spannend! :)


    4260085530243_600.jpg


    Hier kann man reinhören:


    https://www.qobuz.com/ch-de/al…stefanovich/4260085530243


    Dieser Programmatik ist sie offenbar treu geblieben:


    https://www.barbican.org.uk/si…novich%20for%20web%20.pdf


    Chen Pi-hsien kennt wohl kaum jemand - sie kam im Alter von 9 Jahren aus Taiwan nach Deutschland, ist hier auch ausgebildet worden und war Professorin an der Musikhochschule Köln - der Heimatstadt von Stockhausen:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Chen_Pi-hsien


    Die Aufnahme gefällt mir ausnehmend gut beim Reinhören, auch klangtechnisch Top! :) :hello:


    Schöne Grüße

    Holger

  • Die Aufnahme gefällt mir ausnehmend gut beim Reinhören, auch klangtechnisch Top! :) :hello:

    Das freut mich sehr. Pi-hsien Chen (ich erlaube mir die deutsche Namensstellung) habe ich schon mehrfach live gehört und war immer beeindruckt.

  • Das britische Fitzwilliam Quartet ist seinerzeit bekannt geworden mit der Einspielung sämtlicher Streichquartette von Schostakowitsch und vor allem mit der Uraufführung seiner drei letzten Streichquartette im Westen, was damals natürlich eine Sensation (in der Kammermusik!) war.


    Zum fünfzigjährigen Jubiläum seines Bestehens hat das Quartett diese Werke auf zwei CDs noch einmal eingespielt.



    Ich stehe nicht an zu sagen, dass es wieder eine kleine Sensation ist. Als einziges Mitglied des damaligen Ensembles ist noch der Bratschist Alan George im Ensemble, der im Booklet auch eine Geschichte zur damaligen Begegnung mit Schostakowitsch schreibt. Selten habe ich diese Werke so intensiv und eindringlich gehört, wie in diesen Aufnahmen, die außerdem selbstverständlich eine überragende Klangqualität aufweisen.


    Es scheint so, als wolle das Quartett noch einmal zeigen, welche besondere Beziehung es zu diesen Werken hat. Es sind drei sehr persönliche Werke. Dabei lässt das einsätzige dreizehnte Quartett einem irgendwie die Seele gefrieren. Es ist dem damaligen Bratschisten des Beethoven Quartettes gewidmet.


    Das Booklet ist empfehlenswert und vollständig in Englisch.


    Wer sich für Schostkowitschs Quartette interessiert, für den ist diese Einspielung ein Muss!

  • Das Regersche Klaviertrio hat mich angeregt, weitere Klaviertrios zu hören.


    Dieses hier ist von Peteris Vasks und gleich kombiniert mit einem Klavierquartett und gerade nicht erhältlich





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    Das Trio Parnassus spielt in dieser Aufnahme. Das Trio Parnassus hat sich auch schon für Regersche Kammermusik eingesetzt. Wie schön! Verwechslungen mit dem Trio von Reger sind allerdings unwahrscheinlich :pfeif:. Zwar hat die motivische Modulationstechnik von Reger schon ein paar Verwandschaften mit dieser Musik, aber im Trio kommen die weniger zum Tragen als im Quartett.


    Das Vaskssche Trio ist aus dem Jahre 1985 und sein Quartett ist in den Jahren 2000/2001 entstanden. Wie schon bei den Streichquartetten festgestellt, gibt es eine Entwicklung bei Vasks von klarer Unruhe zur Ruhe in der Musik hin. Über Gründe können Versierte hier spekulieren.


    Das Trio heißt Episodi e Canto Perpetuo und hat 8 Sätze, wir reden also nicht über eine klassische Sonatenform ;). Das mit den episodi leuchtet sofort ein. Crescendo, Misterioso, Unisoni, Burleska und Monologhi sind einige Sätze überschrieben und man hat ein Leichtes mit einer gefühlsmäßigen Assoziation. Was hat es mit dem ewigen Gesang auf sich hat scheint sich nicht sofort zu erschließen.


    Das Werk ist Olivier Messiaen gewidmet! Das könnte helfen. Die beiden letzten Sätze Canto perpetuo und Apogeo e coda scheinen das Gewesene zu reflektieren. Klanglich gibt es tatsächlich Stellen, die an das berühmte Quatuor pour la fin du Temps erinnern und im apogeo hört man das Hämmern aus den Vingt regards..... (ein bisschen):) Die Ewigkeit ist also nicht weit weg.


    Das Piano Quartett hat ensemblemäßig Verstärkung durch den Bratschisten Avri Levitan. Vasks arbeitet mit sehr sparsamen Mitteln. Die Aufwallungen aus dem Piano Trio fehlen. Das Preludio erinnert tatsächlich ein wenig an eine barocke Einleitung, der Danze ist das, was er vorgibt, ein bisschen gälisch vielleicht (?), die Canti Drammatici sind weit weg von den atonalen Spannungen aus dem Trio. Diese Dramatik hat durchaus etwas Beschauliches. Wir haben noch eine Passacaglia, einen Hauptgesang und ein Nachspiel im Angebot. Das alles ist von meditativer Tiefe beseelt und beunruhigt also wenig.


    Eine interessante Kombi auf der CD, auch in der vorgegebenen Reihenfolge gut zu hören. Das Trio Parnassus (et addendum ;)) liefert eine hervorragende Leistung.

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