Es hatte stets gute Gründe, warum man in der Vergangenheit Kindern und Jugendlichen einen geringen Stellenwert in der Gesellschaft einräumte.
Dieser Personengruppe fehl üblicherweise der "Bildungshintergrund" und die "Erfahrung"
Wie soll jemand eine Inszenierung eines Werkes beurteilen, der es nur in dieser Inszenierung kennt - weder von der Existenz einer Originalfassung noch von den historischen Hintergründen weiß. Ich persönlich mag Kinder und Jugendliche nur in Ausnahmefällen, dann nämlich wenn sie durch Talent und Wissensdursrt ein Bildungsniveau erreicht haben, wo es sich lohnt mit ihnen zu reden.Die meisten aber handeln unüberlegt -können Schaden und Nutzen nicht unterscheiden und gesellschaftliche Normen nicht einhalten.
Da, lieber Alfred, beißt sich die Katze m.E. in den Schwanz: Wenn ich entscheide, Kindern einen geringen Stellenwert einzuräumen, sieht es mit (Persönlichkeits-)Bildung schlecht aus. Ich verstehe auch nicht, was daran schlimm sein soll, dass Kinder noch keine Vergleichsmöglichkeiten haben - die entstehen natürlich erst, wenn sie z.B. an Oper und Theater herangeführt werden, wenn ihnen Möglichkeiten der Geschmacksbildung geboten und zugestanden werden.
Mein Credo: Es lohnt sich, unbedingt und früh und viel mit Kindern zu reden und ihnen vielfältige Anregungen zu bieten, weil sie genau dadurch immer mehr an der Welt in ihren unterschiedlichen Lebensbereichen teilhaben können, sich bilden, etwas über unserer Gesellschaft lernen, Urteilsvermögen entwickeln usw.
Neulich habe ich irgendwo gelesen, dass Kinder je dümmer sind desto weniger Eltern mit ihnen reden.
Alles anzeigenDerzeit stellt sich mir die Sache so da, daß die "Klassisch-Aktiven" vorzugsweise an ihrer Karriere Interesse haben - und nicht an der klassischen Musik als Hörer. Eigentlich müsste es hier nur so von ihnen wimmeln - aber das geschieht nicht. Sie sind vorzugsweise daran interessiert sich selbst darzustellen, ihre Musik ihre Interpretation etc. Das ist nicht verwerflich - macht sie aber für Klassikforen unbrauchbar - und desgleichen als "Klassikhörer"
Dass aber generell wieder ein wenig mehr Klassik gehört werden könnte, führe ich auf einen gewissen Schwung des Pendels in Richtung "Neokonservativ" zurück, wo man sich abgezzen möchte - und die Mehrheit der Menschheit an den Rand der Armut - und somit Bedeutungslosigkeit drängt, still gehalten, durch entsprechende Unterhaltungsformen.
Das erscheint mir besonders interessant, weil ich vor etwa zwei Tagen diesen Gedankengang - für mich selbst verfolgt habe.
Klassische Musik ist kein Muss für das Volk, sondern ein Luxusgut wie Wein, Parfüm, Bildung über das für den Job notwendige hinaus.
Irgendwann wird jemand kommen und erklären, daß all das nicht nötig sei, man wolle allen ein gesichertes Leben in Arbeit und Einfalt bieten - und sich nicht mit "Unnötigen Vergnügungen" belasten.
mfg aus Wien
Alfred
Das mit dem Hören von Klassik kommt tendenziell vielleicht wirklich erst mit der Zeit über das eigene praktische Tun. Ich kann mich da selbst als Beispiel anführen. Kinder leben ja in der Regel in eine Welt hinein, in der Klassik eine nicht allzu gegenwärtige "Sparte" ist. Natürlich hören die erstmal das, was sie zu großen Teilen umgibt. War bei mir auch so. Und wenn dann aber der Spaß daran aufkommt, in der Bläserklasse einer Schule Klarinette zu lernen, vielleicht dann ins Schulorchester zu wechseln, mit Lehrern auch mal eine Aufführung zu besuchen, sich bei kleinen Konzerten selbst (möglichst erfolgreich) zu produzieren - dann ist es m.E. deutlich wahrscheinlicher, dass Klassik in das "Hör-Spektrum" aufgenommen wird, als wenn dies alles nicht erfolgt.
Luxus allerdings ist Klassik für meine Begriffe nicht, ich betrachte Kultur insgesamt und grundsätzlich als gesellschaftliche Notwendigkeit im Sinne einer Grundausstattung des Lebens und sehe gerade Kindern gegenüber auch die Pflicht, sie zu vermitteln. Gleichwohl ist mir auch klar: Zum "Klassikhörer" wird man nicht so wahnsinnig leicht, wenn man nicht in dafür relativ günstige Voraussetzungen hineingeboren wird. Und das MUSS in der Tat auch nicht unbedingt sein, dass man dazu wird. Es soll lohnenswertes Leben auch ohne Klassik geben.