Dimitri Kabalewsky (1904-1987): Orchesterwerke und Konzerte

  • Hallo zusammen,


    Dimitri Kabalewsky (1904-1987)
    Cellokonzerte Nr.1 & 2
    + Colas Breugnon-Suite op. 24a

    Torleif Thedeen (Cello), NDR Radiophilharmonie Hannover, Eiji Oue, Adrian Prabava
    CPO, DDD, 2009


    Es mag an den Problemen im Zusammenhang mit der Schreibweise des russischen Namens liegen, dass ich keinen bereits existierenden "Hauptthread" ausfindig machen konnte, der sich mit dem Schaffen Dimitri Kabalewskys auseinandersetzt. Ich nehme die gezeigte Cellokonzert-CD nun als Anlass, diese Lücke ein wenig zu füllen.
    Kabalewsky war ein regimetreuer Komponist und langjähriger Professor für Komposition. Er füllte eine Reihe von Funktionen und Ämtern im kulturellen und Musikleben der damaligen Sowjetunion aus. Seine Cellokonzerte sind gekennzeichnet durch tonale Kompositionsweise bei hoher Fasslichkeit, die durch klare, einfache Strukturen und eingängige Melodien gekennzeichnet sind. Kabalewsky war sicher kein Neuerer, Innovator oder jemand, der "vergrübelte" Dinge zu Papier gebracht hätte. Seine Tonsprache ist sehr klar und geradeheraus: simpel, knackig und verständlich. Dabei hat er ein Händchen für "drive" und rhythmische Gestaltung sowie einprägsame Melodien, die teilweise gleich beim ersten Anhören "greifen". Der Cello-Part erscheint in der Bewältigung hingegen alles andere als banal. Mein Eindruck ist, dass der Solist hier ganz schön gefordert wird.
    Die vorliegende Einspielung entstammt einer dankenswerten CPO-Serie, die gleichfalls die Klavierkonzerte wie die Sinfonien Kabalewskys umfasst (sämtlichst Fälle für meinen Wunschzettel). Die 2009 in Kooperation mit dem NDR in Hannover aufgenommenen Werke klingen hervorragend, mit mächtigem Durchzug in den tiefen Registern.
    In einer Rezension las ich etwas von einer gewissen Nüchternheit der Interpreten. Diesen Eindruck mag ich nicht teilen. Vielmehr geht es hier mit vollem Einsatz zur Sache und ich kann mir keine trefflichere Einspielung dieser "bodenständigen", plakativen Musik vorstellen. Ein nachdrücklicher Kauftipp und für mich eine echte Überraschung ! :hail:
    Besprechungen im Netz: klassik.com, classicstoday.com, klassik-heute.com.


    Viele Grüße
    Frank


    TAMRUSINFO


  • Deutlich herber als die Konzerte dürften sie stilistisch zwischen Prokofiew und Schostakowitsch stehen und stellen von dem her absolut hochwertige Musik dar. Dass sie nicht bekannter sind, liegt nicht an ihrer Qualität, sondern viel mehr daran, dass man im Westen ihren Schöpfer nicht kennt.


    John Doe

  • Hallo Frank,


    ist ja wieder sehr anerkennenswert, dass Du hier eine offene Lücke durch Deinen Thread schliesst. Schön dass Dich die genannten Werke (offenbar) beeindruckt haben.


    Ich habe ja als grosser Liebhaber der russischen Sinfonik über die Jahrzenhte alle Russen "durch" ... so richtig voll hat mich Kabalewsky aber nicht vom Hocker gehauen. Der zu romantische Tonfall trifft nicht meinen Geschmack. ;) Du weisst, bei mir muss man schon mit mehr auffahren :D .


    Ich habe das Violinkonzert op.48 mit Oistrach / Kabalewsky (Melodiya, 1955) auf einer CD mit dem Khatchaturian - VC in Stereo. Naja, schon und auch durch den Monosound konnte ich dem Werk nie so viel abgewinnen.
    Später hatte ich etwas über die Klavierkonzerte gelesen und mir die abgebildeten CD´s mit den drei Klavierkonzerten zugelegt. Ja, hörenswert und ganz nett, aber der MegaFunke will auch hier nicht so recht überspringen.
    Das 4 Sinfonien vorhanden sind hatte ich am Rande mal wahrgenommen ... warum gibt es wohl nur die eine GA, wenn es so "lohnende" Werke wären ??? ... aber ich werde mal reinhören.



    mit dem KK Nr.1
    REGIS; 1996, DDD



    Chandos, 2002, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    bitte entschuldige die späte Antwort. Dein Posting "traf" mich während meines Urlaubs.

    Zitat

    Das 4 Sinfonien vorhanden sind hatte ich am Rande mal wahrgenommen ... warum gibt es wohl nur die eine GA, wenn es so "lohnende" Werke wären ??? ... aber ich werde mal reinhören.


    Deine Zurückhaltung kann ich verstehen. Die Klavierkonzerte kenne ich nur sehr oberflächlich, von einer Naxos-CD mit einem chinesischen Pianisten. Sie hinterließen bei mir (zunächst) keinen bleibenden Eindruck. Die Cellokonzerte hingegen haben mir gleich gefallen, so dass ich es erneut mit den Klavierkonzerten versuchen sowie bei nächster Gelegenheit die Sinfonien erwerben werde.


    Viele Grüße
    Frank

  • Das 4 Sinfonien vorhanden sind hatte ich am Rande mal wahrgenommen ... warum gibt es wohl nur die eine GA, wenn es so "lohnende" Werke wären ??? ... aber ich werde mal reinhören.


    Weil Kabalewski als Kulturfunktionär dem Sowjetregime zu nahe gestanden ist und angeblich von diesem ganzen Formalismusstreit profitiert hat.


    John Doe

  • Weil Kabalewski als Kulturfunktionär dem Sowjetregime zu nahe gestanden ist und angeblich von diesem ganzen Formalismusstreit profitiert hat.


    Du meinst, ideologische Gründe haben zu nur wenigen Einspielungen geführt?
    Das halte ich für zweifelhaft, gibt es doch weit aus stärker "belastete" Persönlichkeiten, deren Kompositionen dennoch ihren Weg auf den Tonträger fanden.


    Viele Grüße
    Frank

  • Das halte ich für zweifelhaft, gibt es doch weit aus stärker "belastete" Persönlichkeiten, deren Kompositionen dennoch ihren Weg auf den Tonträger fanden.


    :yes: Meine ich auch.
    Einer dieser "belasteten Persönlichkeiten" wäre zum Beispiel auch Tichon Khrenikov.
    Egal wie man zu ihm steht, aber seine Werke, insbesondere die Klavierkonzerte, Violinkonzerte, Cellokonzerte und 3 Sinfonen finde ich teils hammerstark ... im Gegensatz zu vielem von Kabalewsky.


    Und von Khrenikow gibt es eine Menge guter Aufnahmen und Künstler, die ihn aufführen ... Fedossejew, Kitaenko, Swetlanow, M.Schostakowitsch, Repin, Kissin, Vengerov, Khomitser ... alles TOP-Aufnahmen- und Werke.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Du meinst, ideologische Gründe haben zu nur wenigen Einspielungen geführt?


    Das bisschen Literatur über Kabalewski weißt sofort darauf hin, dass er während des Formalismusstreites von einer schwarzen Liste gestrichen und sein Lehrer Mjaskowski daraufgesetzt worden ist. Auf dieser Liste befanden sich auch noch Schostakowitsch, Prokofiew und Chatschaturian. Das Ergebnis war eine Abmahnung für dieses Herren plus ein öffentliches Eingeständnis von ihnen, dass sie formalistisch komponiert aben.
    Und genau dieses von der Liste gestrichen worden sein wird ihm zum Vorwurf gemacht.

    Zitat

    gibt es doch weit aus stärker "belastete" Persönlichkeiten, deren Kompositionen dennoch ihren Weg auf den Tonträger fanden.


    Welche? Wann und von wem wurde eingespielt? Sowjetische Orchester und sowjetische Dirigenten würde ich jetzt nämlich nicht so ohne weiteres mitzählen


    Fedossejew, Kitaenko, Swetlanow, M.Schostakowitsch, Repin, Kissin, Vengerov, Khomitser ... alles TOP-Aufnahmen- und Werke.

    Chrennikow war jahrzehntelang der Vorssitzende des sowjetischen Komponistenverbandes. Von dem her ist es klar dass er gespielt wurde. Bloß wie schaut es mit ihm in der postsowjetischen Zeit aus und wie mit ihm im Westen?


    John Doe

  • Pfitzner oder Graener werden bspw. auch eingespielt und teilweise aufgeführt.
    Man muss da nicht ausschließlich in Richtung der Russen denken.


    Und warum sollten gerade westliche Interpreten im Falle der Russen eine Aufführung scheuen?


    Viele Grüße
    Frank

  • Dimitri KABALEWSKY: Sinfonie Nr 1 op 18 in cis -moll


    Ich würde sagen, es liegt daran, daß - zumindest war das mein Eindruck im Falle der ersten Sinfonie - daß die Klangsprache ein wenig verworren und sperrig ist.

    Und speziell in diesen Tagen findet man das Vorurteil bestätigt, daß man Russland gegenüber - unterschwellig aber unauslöschlich - immer schon hatte.

    Vielleicht ist es kontraproduktive diese Musik in Anbetracht der momentanen Situation einerseits, und knapp nach dem Genuss einerer Sinfonia Concertante Pleyels zu hören;)

    Das Coverbild zu Kabalevskys Sinfonien ist gut gewählt. Es zeigt eine eigenartige - aber unbestreitbare - Ästhetik, die dem Eindruck nahekommt, den ich beim Abhören der ersten Sinfonie hatte. Allerdings nicht "meine" Ästhetik....

    Du meinst, ideologische Gründe haben zu nur wenigen Einspielungen geführt?
    Das halte ich für zweifelhaft, gibt es doch weit aus stärker "belastete" Persönlichkeiten, deren Kompositionen dennoch ihren Weg auf den Tonträger fanden.

    Hier schliesse ich mich an.

    Allerdings fand ich - bei schneller Recherche - immerhin 30 Aufnahmen die ausschliesslich Werken von Kabalewsky gewidmet sind - und die aktuell verfügbar sind. Gestrichene Cds oder solche wo AUCH das eine odere andere Werk Kabalewskys enthalten ist, wurden ausgeklammert.

    Übrigens hat Naxos 2019 eine Aufnahme mit den Sinfonien 1 und 2 rausgebracht.

    Dessen ungeachtet: Ich werde nicht umhin können Werke von Kabalewsky zu hören, denn es befinden sich insgesamt 4 ungehörte in meiner Sammlng, die aufgearbeitet werden müssen.....



    mfg aus Wien

    Alfred


    clck 2.400


    Das TAMINO-KLASSIKFORUM-MANAGEMENT arbeitet 24 Stunden amTag - Sollte das nicht ausreichen, legen wir zusätzlich Nachtstunden ein.....

    Alfred Schmidt

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  • Dimitri KABALEWSKY: Sinfonie Nr 1 op 18 in cis -moll


    denn es befinden sich insgesamt 4 ungehörte in meiner Sammlng, die aufgearbeitet werden müssen.....

    Und genau hier wollte ich mit der 2. Sinfonie fortsetzen.

    Aber der Zufall - oder ehrlich gesagt. eine Unachtsamkeit von mir - wollte es, daß ich erneut die Nr 1 angewählt habe.

    Wie auch immer das zustandekam - es war ein Glücksgriff . Das Zeithören hinterliess einen wesentich positiveren Eindruck bei mir als das Ersthören. (wobei ich sagen muß, daß ich diesmal über KH hörte, was der Durchhörbarkeit von komplexen Klangmassen stets guttut)

    Seine Tonsprache ist sehr klar und geradeheraus: simpel, knackig und verständlich. Dabei hat er ein Händchen für "drive" und rhythmische Gestaltung sowie einprägsame Melodien, die teilweise gleich beim ersten Anhören "greifen"

    Das trifft es ziemlich genau. Ach wenn Hüb hier auf Konzert Bezug nahm - hier passt es ebenso.


    Mfg aus Wien

    Alfred


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    Alfred Schmidt

  • Dimitri KABALEWSKY: Sinfonie Nr 2 op 19 in c-moll

    Ich trage an dieser Stelle was nach, das wir aus ungeklärter Ursache nicht wirklich zur Sprache gebracht haben, oder aber nur andeutungs- und vermutungsweise. Das Booklet indes stellt kal fest, daß die "Bedeutungslosigkeit Kabalevska hauptsächlich dadurch verursacht wurde, weil er eben in der Sowjetunion so bedeutend und politisch einflußreich war. Seine Musik ist desungeachtet erstklassig. Im Westen aber stand man auf dem Standpunkt, daß die meisten sowjetischen Komponisten lediglich willfährige Propagandisten des feindlichen Systems seien - und sie waren vorverurteilt. Angesichts der derzeitigen - und vermutlich auch zukünftigen Einstellung zu Russland wird sich da vermutlich nicht viel ändern - zumindest nicht zum Positiven. Das Vorurteil, Russland sei ein unkultiviertes primitives und brutales Land hat Nahrung bekommen - und das wird wohl zumindest 50- 100 Jahre so bleiben.

    Ungeachtet dessen möchte ich meine Hörsitzungen in Sachen Kabalewsky fortsetzen.

    Die 2 Sinfonie entstand 1934, also 2 Jahre nach der ersten, aber auch NACH der dritten. Sie ist dreisätzig (Im Gegensatz zu ersten zweisätzigen) Die Uraufführung fand am 25. Dezember 1934 in Moskau statt, also fast genau heute auf den Tag vor 88 Jahren.

    1) Allegro, qusi Presto -Coda - Prestissimo

    2) Andante non troppo - Moderato - Tempo I, maestoso -Moderato - Tempo I

    3) Prestissimo scherzando - Allegr -Tempo 1


    Wie schon in der esten Sinfonie beobachtet, setzt Kabalewsky immer wieder akustisch Akzente und Höhepunkte, die das Interesse an der Musik aufrecht erhalten...


    mfg aus Wien

    Alfred


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    Alfred Schmidt

  • Dimitri KABALEWSKY: Sinfonie Nr 3 op 22 in b-moll - "Requiem für Lenin"

    Die dritte Sinfone Kabalewsksy ist 2sätzig, wobei der zweite Satz mit einem gemischten Chor gestaltet ist. Die Gesamtspieldauer liegt bei der von mir gehörten Aufnahme bei knapp über 19 Minuten. Es handelt sich hier offenbar um eine Erstaufnahme und seit der vorliegenden Einspielung der 3. gab es bislang keine weitere.Das Werk stammt von 1933, also ein Jahr später als die Erste und ein Jahr vor der zweiten Sinfonie.

    Warum die Zählung nicht chronologisch ist entzieht sich meiner Kenntnis. Auch wenn ich persönlich kein besonderer Freund von Chorstellen in Sinfonien bin, so muß ich doch sagen, daß das Ergebnis beeindruckend isr. Es gibt hier eine Mischung zwischen Trauer und Kampfgeist. An einigen Stellen kling der Chor wie ein geistliches Werk aus vergangener Zeit. Das Finale ist erhaben und suggestiv - beeindruckend.

    Die Mischung von Trauermarsch und finalem Triumph ist schon bei den Satzbezeichnungen ersichtlich.

    Der Text stmmt vom Revolutionsdichter Nikolai Assejew (1889-1963)



    Die Satzbezeichungen:


    Allegro impetuso - Molto meno mosso - Piu mosso - Molto agitato -Sastenuto marziale

    Andante marziale, lugubre - Tempo di marcia funebre e trionfale


    mfg aus Wien

    Alfred


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    Alfred Schmidt