ADRIANO – eine vielseitige schillernde Dirigentenpersönlichkeit

  • Lieber LaRoche, lieber Adriano,


    das ist, glaube ich, ein grundsätzliches Problem, das unser moderner Kanon so mit sich bringt. Es ist außerordentlich verdienstvoll, was Label wie Brilliant, cpo, oehms und ander so an den Tag bringen. Und ich muss offen gestehen: schweizerische Musik kenne ich nur über das, was Ernest Ansermt eingespielt hat (Honneger, Martin, Oboussier). Ein kleiner Ausschnitt, leider. Trifft auch auf andere Nationen zu. Da wird die 185.000ste Aufnahme von Beethoven9 oder Brahms4 produziert, teilweise von einem Dirigenten mehrere Anläufe nebst bootlegs, Rundfunkmitschnitten und für die Musik in ihrer Breite reicht's dann oft nicht. Schon gar nicht bei den Plattenfirmen. Und bei uns Hörern? Bei Tamino hat sich schon eine ziemlich aufgeschlossene Gruppe von Liebhabern versammelt. Persönlich bin ich immerwieder dankbar auf Hinweise auf Entlegenes (weshalb ich mich geren im Thread "Was hört Ihr gerade jetzt" tummle, eine Fundgrube).


    Insofern freue ich mich immer wieder über Deine Einlassungen, Anmerkungen und Informationen. Dass LaRoche -was ich ja auch tue- bei unbekannter Musik Einordnung und Abgleich mit Bekanntem versucht ist gewiss nicht ungewöhnlich.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Inzwischen habe ich die 2. vollständig gehört und muß gestehen, daß ich sicher noch mehrfach bei Bruns zu Gast sein muß, um mein Urteil zu vertiefen. Keineswegs wollte ich angedeutet haben, daß er Anleihen bei anderen Komponisten genommen hätte.


    Herzlichst La Roche

    Freut mich, La Roche :-)

    Musst gut vorbereitet sein, wie überraschend und intensiv sich Bruns Stil weiterentwickelt oder wieder auf Früheres zurückgreift, er bleibt nicht immer postromantisch! Mit der Zweiten wollte er eine Hommage an seinen Freund Schoeck machen und seine Lyrik nachempfinden. Ich beschreibe alles ausführlich in meiner Textbeilage. Schau mal hier nach:

    http://adrianomusic.com/resources/Werkeinfuehrungen.pdf

    Deshalb ist diese Symphonie beim Publikum direkt gut angekommen, es ist ganz spontane Musik. Da finde ich die Erste Symphonie fast gewagter. Doch der langsame Satz der Zweiten hat auch tragische Momente.

    Mit der Dritten erlebt man eine Art Kulturschock: Dieses Werk ist eine ganz sperrige Angelegenheit, eher als letzte zu empfehlen. Sie dauert eine Stunde! Die damaligen Kritiken von der Aufführung im Musikvereinssaal waren ersteunlich sehr positiv! Der erste Satz beschreibt rutschende Moränen, ist fast unmöglich für die Streicher. Und hat einen grossartigen Variationensatz, den Brun erlaubte, auch separat aufzuführen.

    Mit der Vierten wird's wieder etwas gemütlicher, und chromatischer; da wird wieder ruhig in den Bergen herumgewandert. Das Adagio, mit einem Scherzo kombiniert, ist ein Meisterwerk; ein Kritiker meinte damals es sei Strawinsky-ähnlich, na ja... Die Fünfte ist die abgründigste und wildeste, für mich seine genialste. Die hat Wutausbrüche drin. Der dritte Satz wurde anlässlich des Todes von Hermann Suter komponiert, der Vierte ist eine Abrechnung mit der Sturheit der Schweizer Mentalität (so wie es Suter in seiner Symphonie gemacht hat) . Aber auch bei den nachfolgenden Symphonien gibt es immer wieder Überraschungen - und Brun erzählt noch privates aus seinem Familienleben (doch nicht so bombastisch wie Richard Strauss); erst bei der 10. Symphonie ist eine nostalgische Rückkehr zur Spätromantik zu denken.

  • Danke, lieber Adriano, für Deine Antwort und vor Allem für Deine Ausführungen zu Fritz Brun und damit auch zu seinen Sinfonien. Bevor ich mich wieder an die 2. ranmache, kommt erst einmal die intensive Beschäftigung mit der Literatur. Ich glaube schon, damit mehr von der Einzigartigkeit Bruns begreifen zu können. Mit der 3. werde ich wohl bis zuletzt warten.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Guten Morgen Holger :-)

    Bis 01:30 Uhr habe ich mich mit dem Layout des Online-Booklets der Brilliant-Brun-Box beschäftigt - alles neu formatiert und gestaltet, derart amateurhaft sah es aus...

    Von Marescotti (den ich ganz gut mag - leider ist er dann in den 1950er Jahren auf serielle Musik und Dodekaphonie umgestiegen...) habe ich die Grammont-CD. Auf LP hatte ich sein Klavierkonzert (es war eine Decca-Aufnahme). Muss mal schauen, on ich was in Archiven auftreiben kann...

    Lieber Adriano,


    die Marescotti-CD, die ich habe, hat die Nummer 301 - meine Sammlung ist inzwischen bei mehr als dem 10fachen an CDs angelangt. Also habe ich sie garantiert so 25 Jahre nicht mehr gehört! Es ist diese hier:


    41bdgm%2BGGmL.jpg


    Also habe ich sie mir gerade nochmal angehört. Die Hymnen sind kein uninteressantes Stück - so eine seltsame Mischung aus Ravel und Alban Berg. Es begeistert mich dann doch nicht so ganz, weil irgendwie habe ich den Eindruck, da hat sich ein Komponist von Ravels Klangwelt nicht so ganz gelöst und die Moderne der Zweiten Wiener Schule adaptiert, ohne wirklich darin heimisch zu sein. Ansonsten ist die Aufnahme des Basler Symphonieorchesters unter Mario Venzango sehr gut, finde ich.


    "Fantasque" wird hier von Harry Datyner interpretiert - und das ist pianistisch doch sehr hausbacken. Entsprechend fehlt dem Stück der magische Zauber. Da merkt man erst, wie genial ABM das spielt. Wirklich komisch ist der Schweizer Lokalpatriotismus im Booklet. Da heißt es doch tatsächlich, ABM habe mit diesem Stück Karriere gemacht! Da muss man aber leider sagen: Nein, liebe Schweizer Freunde! Karriere gemacht hat er mit Beethoven op. 2 Nr. 3 und den Paganini-Variationen von Brahms... ^^



    Die Insomnies für Bassstimme und Klavier klingen - besonders die ersten beiden Stücke - wirklich sehr, sehr nach Ravel-Liedern. Am eindrucksvollsten finde ich das letzte Stück "O maison, maison!" Das hat mir sehr gefallen, ist sehr farbenreich, hoch expressiv und authentisch.


    Was Du über Brun schreibst, habe ich alles mit sehr großem Interesse gelesen. Wenn die CD erscheint, werrde ich mich damit ausführlich beschäftigen! :)


    Herzlich grüßend

    Holger

  • Weisst Du, wie ich "Fantasques" kennenlernte? Durch den Pianisten Dino Ciani, mit dem ich lange Jahre befreundet war. Er hatte alle Aufnahmen, die ABM eingespielt hatte - so kamen wir auch zu diesem Stück und ich war natürlich sehr erstaunt darüber, dass es von einem Schweizer Komponisten war, den ich damals noch nicht kannte. Natürlich kein Vergleich mit Datyner. Wie schon geschrieben, die CD gefällt mir.

    Muss mir die LP mit dem Klavierkonzert noch besorgen...

    Was die Booklet-Texte betrifft: Hast völlig Recht!


    Hier (aus der Schweizer Phonothek) eine Liste über Marescotti:

    https://www.fonoteca.ch/cgi-bi…cotti&LNG_ID=DEU&N_FLAG=1


    Unsere Fonoteca Nazionale (Schweiz. Nationalphonothek) ist dabei, sich immer perfekter zu organisieren, obwohl sie grosse Mühe hat, vom Staat etwas mehr Geld zu bekommen.

    Nun bieten sie auch gewisse Streamings an; in einigen Schweizer und ausländischen Bibliotheken kann man sie abrufen (ohne sie kopieren zu können, natürlich).

    War letztes Jahr dort (in Lugano) zu Gast. Es ist unglaublich, was die alles haben!

    Ich habe die Ehre, unter den ersten 10 zu sein, eine separate Fonografie erhalten zu dürfen:


    https://www.fonoteca.ch/ourOff…hies/phonographies_it.htm


    (Einfach auf meinen Namen klicken, dann, später nach der Kurzbiographie TUTTI I DOCUMENTI anwählen...)

  • Weisst Du, wie ich "Fantasques" kennenlernte? Durch den Pianisten Dino Ciani, mit dem ich lange Jahre befreundet war. Er hatte alle Aufnahmen, die ABM eingespielt hatte - so kamen wir auch zu diesem Stück und ich war natürlich sehr erstaunt darüber, dass es von einem Schweizer Komponisten war, den ich damals noch nicht kannte. Natürlich kein Vergleich mit Datyner. Wie schon geschrieben, die CD gefällt mir.

    Das ist ja spannend, lieber Adriano! Leider ist Ciani ja früh tragisch verunglückt. Ich habe auch sämtliche Aufnahmen und Mitschnitte von ABM! :) (Sehr schön sind auch seine für Chor gesetzten italienischen Volkslieder finde ich, er war ja ein Leben lang mit Coro Della SAT befreundet.) Die Marescotti-CD gefällt mir auch sehr. Gut, dass ich sie nach so langer Zeit wiederentdeckt habe!

    Hier (aus der Schweizer Phonothek) eine Liste über Marescotti:

    Das ist ja nicht viel. War er nicht auch Organist? Ich kann mir vorstellen, dass seine Orgelmusik sehr hörenswert ist.

    Unsere Fonoteca Nazionale (Schweiz. Nationalphonothek) ist dabei, sich immer perfekter zu organisieren, obwohl sie grosse Mühe hat, vom Staat etwas mehr Geld zu bekommen.

    Nun bieten sie auch gewisse Streamings an; in einigen Schweizer und ausländischen Bibliotheken kann man sie abrufen (ohne sie kopieren zu können, natürlich).

    War letztes Jahr dort (in Lugano) zu Gast. Es ist unglaublich, was die alles haben!

    Ich habe die Ehre, unter den ersten 10 zu sein, eine separate Fonografie erhalten zu dürfen:

    Das finde ich mal wirklich positiv! Bei Dir habe ich beim Durchsehen den Honnegger entdeckt, der mich sehr interessiert - seine Filmmusiken kenne ich nicht. Ansonsten habe ich alle Aufnahmen mit Serge Baudo und der Tschechischen Philharmonie Prag - mein Lieblingsorchester! Die Aufnahmen finde ich ganz hervorragend! :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

  • Hallo Holger

    Hier zu Marescotti:

    *30.4.1902 Carouge (GE), gestorben 18.5.1995 Genf, kath., von Carouge. Sohn des André John Joseph, Mechanikers, und der Eugénie geb. Lacroix. ∞ 1927 Renée Amélie Jeantin. Klavier- und Kompositionsstud. in Genf und Paris, v.a. bei Jean Jules Roger-Ducasse. 1921 Organist in Compesières, 1924 Chorleiter an der Kirche Sacré-Cœur in Genf, 1931 Lehrer am Konservatorium, 1940 Chorleiter an der Kirche Saint-Joseph. M. wurde mit Auftragswerken für den Genfer Musikwettbewerb, für Paul Sacher und das Radio bekannt. Als Komponist war M. stark von der franz. Musik beeinflusst, ab 1953 wandte er sich dodekaphonen und seriellen Techniken zu. 1963 Kompositionspreis der Stadt Genf.


    Apropos Dino Ciani; sehr empfehlenwert ist die 6CD-Box von DGG, die in Italien erschienen ist. Nicht einmal ein Foto des Künstler auf dem Cover und auch keins im Booklet!

    Oder sämtliche Beethoven-Sonaten (live), die er in verschiedenen Konzerten im Oktober und November 1970 in Torino gespielt hat. Label: Dynamic.

    Oder Rossinis "Album de Chaumière" (Label: Agora) mit Bonustracks von Kotzeluch, Asioli und Hummel (Milano, 1966 und 1968).

    Die kompletten Carl Maria von Weber-Sonaten hat er 1965 zuerst fürs Label Angelicum aufgenommen; dann später nochmals die 2. und 3. Sonate für DGG. Die Angelicum-Aufnahmen sind glaub nie auf CD erscheinen; für mich die besten Interpretationen dieser Werke seit eh und je!





  • Ansonsten habe ich alle Aufnahmen mit Serge Baudo und der Tschechischen Philharmonie Prag - mein Lieblingsorchester! Die Aufnahmen finde ich ganz hervorragend! :hello:

    Die Baudo-Supraphon-Aufnahmen habe ich auch, finde sie auch hervorragend! Muss aber gestehen, dass die DGG-Einspielung von Honeggers 2. und 3. Symphonie durch Karajan die packensten und schönsten dieser Werke sind. So was wuird's nicht mehr geben. Auch Plassons und Dutoits Gesamtaufnahmen der Symphonien sind sehr gut. Mit Plasson gibt es noch eine Honegger-CD von DGG mit symphonischen Stücken, der Symphonie "Horace Victorieux" und der Suite aus der Filmmusik "Mermoz", die viel besser ist als meine eigene Einspielung. Baudo und Plasson habe ich an der Zürcher Oper kennengelernt, sie waren über meine Kenntinsse der französischen Musik erstaunt.

    Was meine Honegger Filmmusik-CDs auf Marco Polo betrifft, ist "Les Misérables" (Gesamtaufnahme)

    eine meiner meistverkauften CDs, auch nachdem sie wieder auf Naxos herausgegeben wurde. Eine weitere CD gibt es inzwischen auch auf Naxos. Sende Dir beide kommende Woche als Geschenk durch die Post zu :-)

  • Lieber Adriano,


    herzlichen Dank für die wertvollen Hinweise! Die DGG-Box werde ich mir besorgen - ein fehlender Puzzlestein in meiner großen Samnmlung mit Klaviermusik. Den Rossini würde ich mir sofort bestellen, seine Klaviermusik kenne ich gar nicht (zuletzt hatte ich mir bei jpc im Angebot das komplette Klavierwerk von Richard Wagner und von Josef Suk bestellt, auch von Komponisten also, die eigentlich keine Klavierkomponisten sind) - aber die CD ist vergriffen bzw. nur eine gebraucht zum Mondpreis erhältlich. Schade, dass der Beethoven so schaurig aufgenommen ist. ABM-Mitschnitte sind klanglich auch nicht immer ideal, aber das ist leider ziemlich mäßig! Aber letztlich zählt nur die künstlerische Qualität. Das wäre ein Tip auch für Willi, der so ziemlich jede Gesamtaufnahme hat, so dass wir Ciano in die Besprechungen der Beethovensonaten-Interpretationen aufnehmen können.


    Ein schönes Wochenende wünschend mit herzlichen Grüßen

    Holger

  • Lieber Adriano,


    ich habe gestern diese CD gehört:



    Ich mag Honegger ja sehr und ich muss sagen, dass seine Filmmusiken eine sehr eigene Qualität haben. Das ist nicht nur ein Sound, sondern geht fast schon in Richtung von Symphonischen Dichtungen. Meist wird dieses Genre ja kaum beachtet und als so eine Art Popularmusik abgetan. Ich glaube, das Thema wäre es wert, vertieft zu werden. Das Orchester ist ganz vorzüglich (ich habe ja eine Schwäche für den Orchesterklang aus diesem Raum) und auch die Tontechnik und von Dir ist das natürlich perfekt dirigiert. Man bekommt so Lust, diese alten Filme dann zu sehen, die ich aber alle nicht kenne. Die andere CD werde ich natürlich auch noch hören!


    Wirklich ganz außerordentlich gefallen haben mir Deine Transkriptionen von Wolf-Liedern für Streichquartett. Das hat eine unglaubliche Dichte und man merkt, wie nah Wolf schon an Schönberg ist. Ich werde mir noch die Zeit nehmen für ausführliche Vergleiche - mit der Originalversion und ich muss mal schauen, ob ich auch noch die eine oder andere Orchestertranskription habe. Aus einem Klavierlied ein Orchesterlied machen ist schon eine andere Kategorie finde ich, die Kammermusik ist nicht nur näher dran am Klavier, sondern hat diesen den Ausdruck intensivierenden Verdichtungseffekt, während beim Orchester der Farbenreichtum dann dominiert. :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Danke sehr, Holger, dies freut mich sehr :-)

    Was meine Lied-Bearbeitungen betrifft, gab es vor allem bei Schoecks "Peregrina" Probleme, denn die Lieder sind echt dicht im Original-Klaviersatz.

    Vor einigen Monaten habe ich 9 Lieder aus Schoecks Zyklus "Unter Sternen" für Bläserquintett bearbeitet, die werden am 19.7. hier in Zürich uraufgeführt, anlässlich eines Gottfried-Keller-Jubiläumskonzert (200. Geburtstag). Aus diesem Zyklus hat bereits 1977 der Schweizer Komponist Rolf Urs Ringger (ein Freund von mir) sechs Lieder für Orchester bearbeitet; aus Respekt habe ich nur Lieder genommen, die er damals nicht ausgewählt hat. Diese "Sternen"-Lieder waren im Klaviersatz weniger dicht konzipiert worden, jedoch war es ebenso schwierig, sie für ein solch kleines Ensemble zu bearbeiten (2 Bläser mehr hätte ich gut gebrauchen können, doch, wie es oft heisst, es muss gespart werden...). Im erwähnte Programm (es singen ein Mezzo und ein Bariton) befinden sich weitere Bläserquintett-Bearbeitungen von mir: Je zwei Lieder von Brahms, Wolf, Pfitzner und zwei Duette von Hans Huber. Eingeleitet wird das Konzert von Delius' "The Walk to the Paradise Garden" (für Quintett!) und zwischendurch - damit die Sänger pausieren können - zwei Klavierstücke von Brahms (ebenfalls für Quintett). Kriegst dann einen Live-Mitschnitt, Holger. Man spricht von einer CD-Produktion, doch da mache ich mir keine grossen Illusionen...

    Meine Streichquartett-Bearbeitung von Wolfs "Michelangelo"-Liedern wurde übrigens 2011 in Tobago Trinidad uraufgeführt - vom hervorragenden Bariton Christian Immler!


    Zur Honegger-Filmmusik-CD

    In einem Interview von 2003 berichtete Klaus Heymann, dass meine Filmmusik-CDs "weniger gut laufen" und dass seine Zusammenarbeit mit Morgan/Stromberg grössere Chancen bringen würden. Na ja, Morgan/Stromberg hatten später die Nase voll von Marco Polo Naxos und stellten ein eigenes Filmmusik-Label auf die Beine.

    Natürlich verkauft sich Hollywood-Filmmusik viel besser als diejenige aus Europa, doch immerhin kamen später 10 meiner Filmmusik-CDs nochmals auf Naxos heraus - und da glaube ich kaum, dass die schlecht liefen. Doch das Niveau von den meisten Hollywood-Filmmusiken ist nicht zu vergleichen mit den Partituren, die Honegger, Ibert, Khachaturian, Schostakowitsch & Co. - mit der Ausnahme, natürlich, eines Bernard Herrmann!

    Ich arbeite seit 1987 im Radio-Studio Bratislava - und ich liebe dessen Akustik sehr. Die haben auch ein kleineres Studio, das letzthin renoviert und mit neuester Technik ausgestattet wurde; dort habe ich den Zyklus "Tragédie d'amour" von Jaques-Dalcroze aufgenommen - sowie mein eigenes Klarinettenquintett.

    Meine früheren Marco Polo CDs wurden mit ziemlich primitiver Technik aufgezeichnet. Das gemixte Multichannel-Signal wurde unmittelbar in ein 2-Kanal-Stereosignal umgewandelt; somit gab es keine Möglichkeit für Post-Produktion. Ab und zu musste der Aufnahmetechniker herunterkommen und die Mikrophone umstellen, denn bei grösseren Ensembles war es sonst nicht möglich, alles gut einzufangen. Ihr könnt Euch die nervliche Belastung, die z.B. die beiden Respighi-Opern und die Kantate "La Primavera" verursacht haben! Als dann noch herauskam, dass der Gesamtpegel jedes Aufnahmetags nie derselbe war, bis ich fast durchgedreht; nicht einmal dies konnte im Studio richtig fixiert werden!

    Anfänglich hatte ich nicht immer top Produzenten/Aufnahmeleiter, doch es wurde allmählich besser und, vor allem, das Orchester mochte mich sehr. Ansonsten wäre ich nie mehr dorthin zurückgekehrt. Drei meiner Brun-CDs und die beiden letzten Sterling CDs wurden später auch in Bratilsava aufgenommen, mit einem Orchester, dass sich "Bratislava Symphony Orchestra" nennt, jedoch auch noch aus Spielern aus dem "alten" Rundfunk-Ensemble besteht.

  • Eingeleitet wird das Konzert von Delius' "The Walk to the Paradise Garden" (für Quintett!) und zwischendurch - damit die Sänger pausieren können - zwei Klavierstücke von Brahms (ebenfalls für Quintett). Kriegst dann einen Live-Mitschnitt, Holger. Man spricht von einer CD-Produktion, doch da mache ich mir keine grossen Illusionen...

    Lieber Adriano,


    spannend, was Du beschreibst! Auf den Mitschnitt freue ich mich sehr! :)

    Meine Streichquartett-Bearbeitung von Wolfs "Michelangelo"-Liedern wurde übrigens 2011 in Tobago Trinidad uraufgeführt - vom hervorragenden Bariton Christian Immler!

    Das werde ich mir alles noch in Ruhe anhören! Heute Abend bin ich in der Oper - ein selten gehörtes Stück, "Tagebuch der Anne Frank", Mono-Oper von Grigori Frid. Da bin ich schon sehr gespannt!

    In einem Interview von 2003 berichtete Klaus Heymann, dass meine Filmmusik-CDs "weniger gut laufen" und dass seine Zusammenarbeit mit Morgan/Stromberg grössere Chancen bringen würden. Na ja, Morgan/Stromberg hatten später die Nase voll von Marco Polo Naxos und stellten ein eigenes Filmmusik-Label auf die Beine.

    Verrückt, diese ökonomische Denkweise! Ich finde immer, wenn man etwas ordentlich bewirbt im seriösen Sinne, verkauft es sich auch. Und wozu muss man immer so riesen Stückzahlen haben? Klein ist auch fein! Aber das ist unsere Zeit - es muss immer der größtmögliche Profit sein! :hello:


    Liebe Grüße aus dem sonnigen Münster

    Holger

  • Von Grigori Frieds Oper-Monodrama habe ich eine Aufnahme des Labels Le Chant du Monde von 1992 (aufgenommen, übrigens im selben Studio, wo meine Aufnahmen mehrerer Brun-Symphonien entstanden sind). Dirigent ist Andrej Tchistiakov, die Sopranistin ist Eva Ben-Zvi. Diese Komposition ist 1969 entstanden, danach komponierte Fried "Van Goghs Briefe", ein weiteres, ähnliches Monodram, das noch erfolgreicher wurde als "Anne Frank". Das Werk gehört zur Gattung der Monodramen wie Poulencs "La Voix Humaine" und Schoenbergs "Erwartung".

    Eine weitere, kurze "Anti-Nazi-Oper" (jedoch für mehrere Sänger) ist "Maximilien Kolbe", komponiert von Dominique Probst - auf einem Libretto von Eugène Ionesco. Diese wurde 1989 auf dem Label Cybelia aufgenommen. Ein ebenso sehr eindrucksvolles Werk!

  • Von Grigori Frieds Oper-Monodrama habe ich eine Aufnahme des Labels Le Chant du Monde von 1992 (aufgenommen, übrigens im selben Studio, wo meine Aufnahmen mehrerer Brun-Symphonien entstanden sind). Dirigent ist Andrej Tchistiakov, die Sopranistin ist Eva Ben-Zvi.

    Lieber Adriano,


    das Stück haben sie hier in Münster als Kammertheater aufgeführt mit Klavier mit kleinem Publikum auf kleiner Bühne - es begann im Foyer. Das war wirklich ganz toll fand ich - die Darstellerin hautnah zu erleben (die 30jahrige Kathrin Filip), sie passte ideal in die Rolle. Eine riesen Leistung für eine Opernsängerin, gerade auch schauspielerisch. Das Stück gefällt mir deshalb so, weil es kein Klischeebild von Anne Frank produziert, sondern die Vielschichtigkeit des erstaunlich hochpoetisch-literarischen Textes zeigt: mal Alltägliches, Familiäres, dann Angsträume, dann Philosophisches. Das wäre etwas für Dich, das für Streichquartett oder eine ganz kleine Besetzung zu transkribieren. :) Die expressionistische Musik finde ich auch wirklich beeindruckend. Interessant war das anschließende sehr nette Gespräch mit Regisseur und Darstellerin, beide sehr sympathisch. Gregory Fried hat in der Originalpartitur doch etwas die sowjetische Armee glorifiziert, das haben sie weggelassen! :)


    Herzliche gute Nacht Grüße

    Holger

  • Freut mich, dies zu erfahren, Holger

    Ich glaube, dass auch die CD-Einspielung, die ich habe, die Sowiet-Armeepropaganda weggelassen hat. Jedenfalls finde ich keine Anlehnung daran (na ja, es hat viele Marschmotive) - und auch nichts dergleichen im Text. Hab keine Partitur...

    Es "herunterzubearbeiten" wäre schade, denn es lebt von seiner transparenten farbenreichen Instrumentation. Und es sind ja nur 26 Instrumentalisten. Es nur (auf CD) zu hören, da entsteht natürlich ein vordergründiger intellektueller Eindruck, jede szenische Umsetzung macht es zugänglicher, lebendiger. Das Stück ist ein gelungener Versuch, tonale mit serieller Musik zu kombinieren.

  • Freut mich, dies zu erfahren, Holger

    Ich glaube, dass auch die CD-Einspielung, die ich habe, die Sowiet-Armeepropaganda weggelassen hat. Jedenfalls finde ich keine Anlehnung daran (na ja, es hat viele Marschmotive) - und auch nichts dergleichen im Text. Hab keine Partitur...

    Es "herunterzubearbeiten" wäre schade, denn es lebt von seiner transparenten farbenreichen Instrumentation. Und es sind ja nur 26 Instrumentalisten. Es nur (auf CD) zu hören, da entsteht natürlich ein vordergründiger intellektueller Eindruck, jede szenische Umsetzung macht es zugänglicher, lebendiger. Das Stück ist ein gelungener Versuch, tonale mit serieller Musik zu kombinieren.

    Lieber Adriano,


    das fand ich auch, die Musik ist sehr farbig - das Klavier kann diese Farbigkeit auch sehr gut vermitteln, finde ich. Und sie ist auch deshalb so überzeugend wegen ihrer außergewöhnlichen Ausdrucksqualität, ein expressionistischer Stil, wo die Frage einfach uninteressant ist, was daran nun seriell oder tonal ist. Das finde ich sowieso Krampf, sich bei Musik nur auf die Betrachtung des Grammatikalischen zu versteifen. Lesen wir ein Buch nur, um uns hinterher einzig und allein über den vermeintlich richtigen Satzbau zu unterhalten? Gerade auch bei serieller Musik finde ich es immer öde, solche Analysen zu lesen, die sich darauf beschränken, wie die Reihe nun wo verwendet wird. Als ob damit irgend etwas über die Qualität dieser Musik gesagt wäre!


    Vielleicht ist die Sowjet-Propaganda auch der Versuch, das Stück überhaupt aufführbar zu machen (1968) wegen des Antisemitismus in der Sowjetunion. Schostakowitsch hatte ja auch Schwierigkeiten deswegen. So kann man das als Huldigung an den glorreichen Sieg der sowjetischen Armee verkaufen und die Zäsur die Kröte so leichter schlucken. Grigory Fried hatte wohl einen Fall von Deportation in der eigenen Familie und von daher einen persönlichen Bezug zur Thematik.


    Schöne Ostertage wünschend mit lieben Grüßen

    Holger

  • Ach, die haben es nur in der Klavierfassung aufgeführt? Schon OK, immerhin - aber trotzdem, schade!

    Ein Promovideo davon gibt's im youtube...



    (Mit Schönbergs "Pierrot lunaire" oder "Erwartung" würde man sich so was nicht erlauben...)

  • (Mit Schönbergs "Pierrot lunaire" oder "Erwartung" würde man sich so was nicht erlauben...)

    Lieber Adriano,


    in der netten Fragestunde nach der Aufführung kam die Frage aus dem mehrheitlich jungen Publikum, das denn dieses Anne Frank-Double sollte, was so ca. 10 Minuten auf der Bühne war. ^^ Die Antwort des Regisseurs: Da sollte die Figur auf der Bühne mit dem Klischeebild von Anne Frank konfrontiert werden, das nach ihrem Tod produziert wurde. Habs verstanden! Im Moment als ichs gesehen habe, ist mir der Gedanke aber nicht gekommen: Sie sieht sich selbst, das habe ich so gedeutet, es gab ja in dieser Inszenierung des auch sehr jungen Regisseurs solche Perspektivenwechsel mit geschlossenen Räumen die geöffnet wurden. Das fand ich eigentlich dann doch gelungen. Die Hauptsache war aber, dass das wirklich ein Kammerspiel und von der unmittelbaren Präsenz der Darstellerin geprägt war. Sie hat auch selber gesagt (Kathrin Filip), dass diese Rolle für sie als Opernsängerin eine Herausforderung war. Das war schauspielerisch wirklich eindrucksvoll und auch gesanglich ganz hervorragend. Das junge Publikum fand es gut - gerade wohl weil die Inszenierung nicht moralisierend-spießig war. Pierrot lunaire" oder die "Erwartung" ist natürlich ein anderes Kaliber, das ist viel artifizieller. Meine Lieblingsaufnahme von Pierrot lunaire ist eine wenig bekannte, die von der norwegischen Sängerin Anne-Lise Berntsen mit dem Borealis-Esemble, die wie ich gerade sehe leider 2012 schon verstorben ist. Die Aufnahme ist so rar, dass ich sie im Netz nicht finde!


    Schöne Ostergrüße aus Münster

    Holger

  • Einen schönen 1. Mai, Holger :-)

    Diese Aufnahme mit Anne-Lise Berntsen habe ich mal gehört - danach suchte ich sie auch - vergeblich. amazon.com hat sie im Marketplace, doch die liefern nicht mehr in die Schweiz. America First.

    Falls Du sie aus Deutschland kaufen kannst, bestell doch bitte auch ein Exemplar für mich - natürlich bezahle ich es!


    https://www.amazon.com/Arnold-…ire-Quartet/dp/B000SH64VY

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Einen schönen 1. Mai, Holger :-)

    Diese Aufnahme mit Anne-Lise Berntsen habe ich mal gehört - danach suchte ich sie auch - vergeblich. amazon.com hat sie im Marketplace, doch die liefern nicht mehr in die Schweiz. America First.

    Falls Du sie aus Deutschland kaufen kannst, bestell doch bitte auch ein Exemplar für mich - natürlich bezahle ich es!


    https://www.amazon.com/Arnold-…ire-Quartet/dp/B000SH64VY

    Lieber Adriano,


    ich hoffe auch, Du hattest einen schönen 1. Mai! Die CD ist leider von Deutschland aus nicht zu bekommen, nur über amazon.com. Und dann gibt es sehr hohe Gebühren und Versandkosten. Deshalb gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ich schreibe meinem Sohn, dass er die CD in den USA bestellt und mitbringt, wenn er dieses Jahr nach Deutschland kommt (er hat für mich schon die Solti-Aufnahme von "Moses Aron" besorgt, die ich dann auch bekomme). Oder aber ich schicke Dir die konvertierte Datei mit einer Kopie des Booklets. Das geht dann schneller! Du musst mir nur sagen, was Dir lieber ist! :)


    Herzlich grüßend

    Holger

  • Guten Morgen Holger :-)

    Danke! Ich würde Dir auch die hohen Versandkosten zahlen, natürlich. Aber warten, bis sie Dir Dein Sohn bringt kann ich selbstverständlich auch :-)


  • Heute habe ich damit begonnen, mich in die Brun-Cassette einzuhören.


    Den Anfang habe ich mit der 5. Symphonie gemacht. Ich muss sagen, ich bin sehr beeindruckt! Da ich die anderen Symphonien noch nicht gehört habe, kann ich dieses Werk nicht so einordnen in den Werkkontext - da kann Adriano ja noch einiges dazu sagen. Was mit auffällt ist die Nähe zu Schostakowitsch. Einmal ist das der Aufbau der Symphonie, die Satzfolge langsam - schnell - langsam - schnell, die an Schostakowitsch erinnert. Dann der Beginn mit einer Chaconne - bei Schostakowitsch sind das die Passacaglias - musikgeschichtlich sind die ja eigentlich identisch. Modern finde ich hier, geradezu revolutionär, dass Brun mit der Symphonietradition bricht, wo die Symphonie eigentlich einen "positiven" Abschluss haben soll, entweder ein Kehraus-Finale oder eine Schlussapotheose. Beides fällt aus. Es ist eine Welt, die erstarrt stehen geblieben ist, immer nur um sich selbst kreist. Und alles endet mit der "wütenden" Reaktion des musikalischen Subjekts darüber. Da wird der Versuch einer "Sinngebung des Sinnlosen" (das war damals ein berühmter Buchtitel von Theodor Lessing) gar nicht mehr gemacht. Anstelle eines dreiteiligen Scherzos kommt ein "gehetztes". Das erinnert an das vitriolische Scherzo aus der 10. Schostakowitsch - nur ist Schostakowitsch viel später. Diese Symphonie ist 1929 entstanden. Der Orchestersatz ist sehr durchsichtig und die musikalische Sprache idiomatisch packend. Das Stück finde ich eindrucksvoll. Zeichen eigentlich einer Weltlage und Situation der Musik, die man als ausweglos beschreiben kann (deswegen kamen ja auch die fatalen Schein-Auswege im Totalitarismus). Das finde ich sehr authentisch. Da wird nicht künstlich irgendwie eine klassische Symphonieform aufrecht erhalten, deren Semantik eigentlich längst aufgebraucht ist. Sehr überzeugend! Die musikalische Qulität ist für mich mit Honegger vergleichbar. Warum führt man diese Symphonie also nicht öfters auf?


    Sehr eindrucksvoll und wirklich ein schönes Werk finde ich die Variationen für Streichorchester und Klavier. Die Komposition ist von 1944. Kann man da Parallelen zum Neoklassizismus von Schönberg und Strawinsky sehen? Die Anklänge an die Klavierkonzerte Brahms sind unüberhörbar. Nur ist der Klassizismus wie sich gerade hier einmal mehr zeigt keine einfache Imitation von Klassik oder klassischer Romantik. Da gibt es die Verknappung der musikalischen Mittel, den gänzlichen Verzicht auf Wirkungsrhetorik, den Rückzug ins Kammermusikalisch-Schlichte und Unauffällige als Authentischem. Das ist eine Art Purifizierung - eine Art "stiller" Protest gegen den zerstörerischen Lärm und die bombastische Kriegsrhetorik damals?


    Zum Schluss habe ich Bruns Orchestrierung des Lenau-Liedes von Othmar Schoeck "Die drei Zigeuner" gehört - weil ich das Liszt-Lied. (Ich dachte, das würde auch Fischer-Dieskau singen und wollte Klavier- und Orchesterfassung vergleichen, aber das Lied ist nicht aus dem Zyklus "Das holde Bescheiden".) Eine ganz andere Welt! Da ist nichts mehr von Zigeuner-Romantik zu spüren. Der Romantiker ist enthusiasmiert und magisch gebannt von dem, was er als "Bild" von Zigeunern und Zigeunermusik dargeboten bekommt. Bei Schoeck/Brun dagegen ist die Perspektive expressionistisch: Es geht um den Zustand der "Müdigkeit", also nicht das Gesehene, sondern die Befindlichkeit dessen, der etwas sieht, die da zum Ausdruck gebracht wird. Faszinierend, das mit Liszts romantischer Vertonung zu vergleichen. Und eine wunderbare Vertonung und auch ebenso wunderbar gespielt. Die Aufnahmetechnik ist auch hervorragend!


    Herzlichen Dank Adriano! :) :) :)


    Schöne Grüße

    Holger

  • Lieber Adriano,


    inzwischen habe ich auch die 2. Symphonie gehört. Eine ganz andere Welt als die der 5.! Der Einfluss von Brahms ist überdeutlich. Das Großartige ist aber, dass diese Symphonie so schön komponiert ist, dass man das gar nicht als epigonal empfindet. Anders als in der 4. Brahms finde ich (ich müsste natürlich die Symphonie nochmals hören, beim ersten Kennenlernen entgeht einem noch viel), dass das "Zentrum" der wunderbare langsame Satz und nicht das Finale ist. Man merkt, dass Brun ein "geborener" Symphoniker ist. Diese Art zu komponieren ist aber schon merkwürdig, wenn man an den Zeitkontext denkt. ("Spätromantisch" finde ich das übrigens gar nicht, das ist sowieso ein reiner Verlegenheitsausdruck, wo man alles unterbringt, wofür man keinen richtigen Begriff hat.) Mir fällt da der Buchtitel von Stefan Zweig ein, der dieses Zeitalter vor dem 1. Weltkrieg "Das goldene Zeitalter der Sicherheit" nannte. Bruns Symphonie macht irgendwie den Eindruck, dass die Schweiz so eine "Insel" ist, die von allen künstlerischen Irritationen unberührt bleibt. Dieser Kompositionsstil wirkt innerlich völlig gefestigt. Den Vergleich mit dem Klavierlied "Die drei Zigeuner" habe ich nun Dank Deiner Hilfe auch gehabt. Die Orchesterfassung ist schon kongenial - ich höre mir beides heute noch einmal an - trotz Hitze! :)


    Herzlich grüßend

    Holger

  • Danke sehr, William B. A.


    Als Geburtstagsgeschenke trafen heute diese beiden Rezensionen eines gewissen Herrn Steffen aus Luzern ein:


    http://www.pizzicato.lu/fritz-…anzlose-interpretationen/


    http://www.tageblatt.lu/non-cl…hasen-und-fallenstellern/


    (Die Rezension ist ganz unten. Doch hat bereits jemand darauf reagiert!)

    Und "Pizzicato" hat von einem deutschen Musikwissenschaftler und Dirigenten eine ebenfalls empörte Reaktion per E-Mail erhalten).


    Ich akzeptiere negative Rezensionen, doch nicht auf diesem Niveau!

    Wie bereits früher erwähnt, hierzulande ist noch tiefste Provinz in manchen Aspekten! Und, wenn's um die Kunst geht, werden nur ausländische Stars oder von staatlichen Kulturinstituten geförderte Künstler hochgejubelt.


    Die gestrige Rezension von MusicWeb ist ein Muster in Professionalität im Vergleich.

  • Als Geburtstagsgeschenke trafen heute diese beiden Rezensionen eines gewissen Herrn Steffen aus Luzern ein:

    Lieber Adriano,


    75 Jahre sind eine schöne runde Zahl - und da solltest Du 1000 Gratualtionen bekommen und den Ärger mit einem guten Glas Rotwein runterspülen! :) Ich habe heute an Deinem Geburtstag extra die 3. Brun-Symphonie gehört - ein wirklich schönes Werk, sehr originell komponiert, ungemein engagiert gespielt und sehr gut aufgenommen. Die reine Freude zu hören. (Leider war meine Musikstunde schnell zuende, denn ich musste Tests korrigieren!) Ich habe bisher drei Brun-Symphonien gehört und keine gleicht der anderen. Und alle Aufnahmen finde ich hervorragend! Dieser Rezensent wird mit höchster Wahrscheinlichkeit noch nie eine Brun-Symphonie gehört haben von einem anderen Orchester gespielt und von einem anderen Dirigenten. Partitur lesen kann er wohl auch nicht. Aber er weiß, wie man Brun angeblich gerecht wird oder nicht gerecht wird. Woher nur diese Ambition? Kritiken, die nicht argumentieren, sondern nur völlig willkürlich Wertungen abgeben sind einfach unter aller Kritik, völlig beliebig und ich nehme sie nicht Ernst und wohl kein wahrer Musikfreund. :hello:


    Liebe Grüße

    Holger

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