Opernhaus Zürich: Cavalleria Rusticana und Pagliacci, 9.10. 2016

  • Für die gestrige Nachmittagsvorstellung von Cavalleria Rusticana und Pagliacci war ich nochmals in der Züricher Oper, im Wissen, dass diese beiden älteren Inszenierungen, die auch schon im Fernsehen ausgestrahlt wurden, ausnahmsweise mal kein RT sein würden. Während die Inszenierungen beide auch aussergewöhnlich schön waren, war ich über die Sänger zum Grossteil enttäuscht bis entsetzt. Aber nun mal der Reihe nach. Der einstige Züricher Oberspielleiter und engster Assistent des grossen Ponnelle, Grischa Asagaroff, hat im Jahr 2009 mit seinem Ausstatter Luigi Perego diesen Doppelabend auf die Züricher Opernbühne gebracht. Man sieht eine zweistöckige angedeutete Häuserfassade in südlichem Flair, in der Cavalleria ist auf der rechten Seite die obligate Kirche, im Pagliacci stattdessen mittig die Bühne der Artisten. Die halbrunde Spielfläche beschwört unaufdringlich Erinnerungen an die antike griechische Tragödie. Die Kostüme sind für die Cavalleria in der Entstehungszeit der Oper gehalten und ländlich-katholisch, für Pagliacci befinden wir uns im Italien nach dem zweiten Weltkrieg. Diese Zeitverlegung tut ausnahmsweise der Oper keine Gewalt an (eine vergleichbare Zeitverlerlegung konnte man sogar in diversen Zeffirelli-Inszenierungen dieser Oper beobachten) , bis auf diesen geringen Eingriff wird das Libretto sehr liebevoll und detailliert umgesetzt. Während Mascagnis Oper (abgesehen von der prächtigen Osterprozession) eher farblich karg und schwer wirkt, kommt der Leoncavallo-Teil farbig und verspielt daher. Asagaroff zeichnet die Personen treffend und intelligent im Einklang mit der Musik. Um dieser zu ihrer Geltung zu helfen, hätte es aber Sänger gebraucht die singen können. Und da hat das Besetzungsbüro des Regietheater-Prolls Homoki Riesenmist gebaut. Catherine Nagelstad als Santuzza ist eine Schande. Das überrascht nicht, wenn man liest, dass diese Tante ihre Karriere an der Stuttgarter Oper begann, wo im Regietheater-Betrieb Sänger gefördert werden, die noch jeden Mist mitmachen. Und genau da gehört die Dame rein. Mit schrillen Spitzentönen, brüllt sich Nagelstad durch den Abend, ohne Stil, Technik, ja sogar ohne die Noten zu treffen. Am Ende artet es in Gekreische aus, das einzig zu ihrer hyterischen Darstellung passt. An ihrer Seite war Roberto Alagna wahrlich das kleinere Übel. Dass grosse Namen, nicht unbedingt grosse Opernabende bedeuten, hat Alagna, dessen aktuelle Verfassung kein Grund zur Freude ist, eindrucksvoll bewiesen. Um sein brüchiges glanzloses Material maximal zu bündeln, flüchtet sich der Tenor in Lautstärke. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass er seine Register nicht im Griff hat und mit drei Stimmen singt. Ein paar schöne spitzentöne gelingen ihm dann doch noch im Pagliacci, der ihm deutlich besser liegt als der Turiddu. Alagnas Spiel war hingegen sehr dramatisch und anrührend. Als Nedda erlebte man Alagnas Gattin Aleksandra Kurzak, die immerhin über eine schöne gesunde Stimme verfügt, und am Besten rüberkam wenn Sie Ihren Sopran frei strömen lassen konnte. Leider fehlt ihr vieles an Dramatik, der Interpretation fehlte über weite Strecken somit der nötige Ausdruck. In den weiteres Rollen gefiel der markante Bass-Bariton von Roman Budenko als Alfio, sowie die sinnlich timbrierte Lola von Yulia Menninbaeva. Irène Friedlis Alt als Mamma Lucia dagegen klang matt und abgesungen. Im Pagliacci war Roman Burdenko ein rauh timbrierter aber solider Tonio, während Tristan Llyr Griffiths als Beppe lediglich über ein zartes Stimmchen verfügt, das man kaum hörte. Der Silvio von Alexei Lavrov führte seinen Bariton jedoch elegant und wertete seine kurze Partie so deutlich auf. Das Orchester spielte unter Daniele Rustioni Dauer-Fortissimo. Es ist schon eine "Leistung" wenn solche Brüllsänger wie Alagna und Nagelstad über Strecken fast zugedeckt werden. Am Ende gab es lauten Jubel aus der eingefleischten Alagna-Fan-Gemeinde, die grossen Teils aus von weither angereisten Damen jenseits der 50 bestand. Was lehrt mich dieser Abend? Wenn Homoki eine RT- Inszenierung gezeigt hätte, wären die musikalischen Schlampereien und unzulänglichen Sängerleistungen wohl kaum jemandem aufgefallen. Die klassische Inszenierung hat diese durch ihre Fokussierung auf die Musik jedoch gnadenlos demaskiert. Schade um die schöne Inszenierung. Homoki muss weg!

  • Lieber Figaooo,


    danke füür den ausführlichen informativen Bericht. Zürich kann offenbar in der Ära Homoki auf allen Gebieten sein Niveau nicht halten. Ich bin im November zur Verabschiedung von Matti Salminen in Zürich. Hoffentlich wird zur Würdigung des großen Bassisten besseres geboten.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zürich kann offenbar in der Ära Homoki auf allen Gebieten sein Niveau nicht halten.


    Dem Autor des Beitrags gelingt es hingegen spielend, das niedrige Niveau seiner Besprechungen zu halten. :no: Dass jemand, der mit Invektiven wie "Brüllsänger" und "Gekreische" um sich wirft, den Züricher Intendanten als "Proll" bezeichnet, ist hingegen fast schon wieder komisch.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ganz ehrlich, so recht gefallen tut mir das Bühnenbild auch nicht. Es ist o.k., aber ... O.k., man ist schon zufrieden, wenn der Handlungsort ungefähr mit dem Libretto übereinstimmt und mal keine absolute Verfremdung geboten wird.

  • Guten Morgen Bertarido, ich muss Figaroooo recht geben. Auch ich kann die sängerische Leistungen besser beurteilen, wenn ich eine klassische Inszenierung sehe. und noch besser, wenn ich verstehe, was da gesungen wird. Deswegen mag ich ja so gerne deutsch gesungene Aufnahmen.

  • Ich habe beide Opern vor einigen Jahren (mit besserer Besetzung) gesehen und mir hat das Bühnenbild beider Werke gefallen. Einzig gewöhnungsbedürftig war im Bajazzo das Piaggio-Dreirad als Liebesinsel von Nedda und Silvio. Ansonsten hob sich die Produktion wohlwollend von den heutigen RT-Auswüchsen ab.
    Irgendwo müsste mein damaliger Bericht noch stehen, ich konnte ihn in der Eile nicht finden.
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Ich habe diese Inszenierung, allerdings mit Herrn Cura als Turridu und Canio, auf DVD und die Inszenierung gefällt mir auch. Die Sänger der aktuellen Aufführungsserie haben in der Presse alle sehr gute Kritiken bekommen, vor alle, die Tante Frau Nagelstad und Herr Alagna. Ich weiss durch Gespräche mir Sängern, das ihnen Navhmittagsvorstellungen nicht so liegen, weil sie es gewohnt sind hauptsächlich abends zu singen Nicht ganz einverstanden lieber Figarooo bin ich mit deinen abfälligen Beurteilungen der Sänger, wie die Tante oder Brüllsänger. Und wenn schlecht gesungen wird , dann fällt das auch in einer RT Inszenierung auf.

  • Guten Morgen Bertarido, ich muss Figaroooo recht geben. Auch ich kann die sängerische Leistungen besser beurteilen, wenn ich eine klassische Inszenierung sehe. und noch besser, wenn ich verstehe, was da gesungen wird. Deswegen mag ich ja so gerne deutsch gesungene Aufnahmen.


    Liebe "Knusperhexe", mein Kommentar bezog sich nicht auf die Bewertung selbst. Wenn die sängerischen Leistungen schlecht waren, darf man das auch klar und deutlich sagen. Was für mich allerdings inakzeptabel ist, sind Formulierungen wie "diese Tante", "brüllt sich [...] durch den Abend", "Gekreische", "hysterische Darstellung", "Brüllsänger" und "Regietheater-Proll". Das hat mit sachlicher Kritik nichts mehr zu tun, das ist beleidigend und diffamierend, also Schmähkritik. Und leider ist das kein einmaliger Ausrutscher, sondern solche Formulierungen ziehen sich durch alle Rezensionen des Herrn "Figarooo".

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Da Stimmliebhaber gerade nicht da ist übernehme ich gerne seinen Part: Die Dame heißt Naglestad, hat in Hamburg ein recht gute Cassandre gesungen und vermutlich auch als Santuzza nicht so lange Haare, wie es bräuchte, die abstruse Gleichung "Stuttgart + Regietheater = Schlechte Sangesleistung" an denselben herbeizuziehen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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