Als ich Stuart Skelton erstmals hörte, war ich noch gar nicht besonders begeistert. Das war 2008 in der Walküre unter Simone Young in Hamburg. Ohne Zweifel: die strahlende Tenorstimme war schon imponierend. Auch nahm Skeltons Bemühen für ihn ein, die Partie mit feinem Legato zu singen. Aber die Figur, die er darzustellen hatte, wurde nicht wirklich lebendig, gewann nirgends dramatische Überzeugungskraft.
Dann habe ich ihn lange erst mal nicht mehr live gehört - bis zu diesem Jahr als ich ihm in einer konzertanten Aufführung von "Tristan und Isolde" unter Simon Rattle wieder begegnete und er mich nun doch wirklich überzeugte. Es kam einer Entdeckung gleich.
Nachdem ich auch seinen Siegmund auf der Gesamtaufnahme der "Walküre" unter Jaap van Zweeden gehört habe, muss ich sagen, dass er wohl einer der besten Sänger des Siegmund seit den Tagen von Vickers, King, Thomas und Jerusalem ist. Vielleicht sogar der Beste!
Auf jeden Fall verdient er ganz bestimmt einen eigenen Thread in diesem Forum.
Ein paar Bemerkungen zu seiner Biografie:
Stuart Skelton wurde 1968 in Sydney geboren, studierte in seiner Heimatstadt sowie am Conservatory of Music der Universität von Cincinnati.
Engagements führten ihn in den letzten Jahren an die Opernhäuser von New York, Seattle, San Francisco, Madrid, Paris, Hamburg, Berlin, Dresden und Wien sowie zu den Festivals in Edinburgh, Luzern und Baden-Baden.
Sein Repertoire umfasst die Titelpartien in Lohengrin, Rienzi, Parsifal und Peter Grimes sowie Florestan (Fidelio), Siegmund (Die Walküre), Laca (Jenůfa), Erik (Der fliegende Holländer), Kaiser (Die Frau ohne Schatten), Bacchus (Ariadne auf Naxos), Prinz (Rusalka), Max (Der Freischütz), Canio (I pagliacci) und Hermann (Pique Dame).
Zu seinem Konzert-Repertoire gehören: Mahler’s Das Klagende Lied and Das Lied von der Erde, Beethoven’s 9. Sinfonie and Missa Solemnis, Verdi’s Requiem, Dvořak’s Requiem, Janáček’s Glagolitic Mass and the Psalmus Hungaricus of Kodály und vor allem Elgar's Dream of Gerontius.
2014 wurde er als Sänger des Jahres (International Opera Awards) ausgezeichnet.
Im Herbst dieses Jahres hat er die Saison der Metropolitan Opera New York mit Trastan und Isolde unter Simon Rattle eröffnet. die New York Times rühmte: Stuart Skelton “sings with musical integrity and feeling.”
Was kann über seine Stimme und Gesangskunst gesagt werden?
Stuart Skelton hat eine schlanke, kernig Stimme, wunderbar dunkel grundiert aber zugleich strahlend. Im Volumen ist sie begrenzt aber er lässt sich nicht zu Kraftmeierei hinreißen. Wagner hat wieder und wieder den "vaterländischen Belcanto" von seinen Sängern gefordert. Man kann wohl sagen, dass Skelton dem Ideal, das Wagner so genau umrissen hat, sehr nahe kommt. Immer singt er kultiviert und klangschön - und ausdrucksvoll. In seinen weit gespannten Legato-Bögen kann er die verzweifelte Ausweglosigkeit des "Wehwalt "ebenso wie die sehrende Sehnsucht und und den Liebesrausch des Siegmund überzeugend ausdrücken. Er hat aber auch die düsteren Farben für den todessüchtigen Tristan und die Kraft und die Intensität für seine Fieberträume.
Stuart Skelton vermag, den Figuren klares Profil zu geben und jede Phrase präzise zur stimmigen Ausmalung der dramatischen Situation zu nutzen. Durch den Gesang! Allerdings: nur durch seinen Gesang!
Gestisches und mimisches Talent oder gar schauspielerische Fähigkeiten sind ihm offenbar nicht in gleichem Maße gegeben. Auf der Bühne wirkt er eher bieder gutmütig. Aber was soll's: wenn denn in seinem Singen die Figuren plastisch lebendig sind, kann ich mich auch mit der darstellerischen Behäbigkeit abfinden.
Inwischen hat Stuart Skelton einige CDs aufgenommen von denen ich erst mal nur die aufliste, die ich am interessantesten finde:
Caruso41