Diese Rubrik soll sich dem Andenken an die kürzlich verstorbene Mezzosopranistin Rosemarie Lang (21.05.1947 - 12.01.2017) widmen.
Rosemarie Pammler-Lang (ihr Geburtsname war Lang, sie heiratete aber den Cellisten des Leipziger Gewandhausorchesters Andreas Pammler und hieß seitdem bürgerlich eigentlich Rosemarie Pammler, behielt aber ihren Mädchennamen Rosemarie Lang als Künstlernamen bei) wurde 1947 in Grünstädtel bei Schwarzenberg (kennt noch jemand den gleichnamigen Roman von Stefan Heym?) im Erzgebirge geboren. Die Mezzosopranistin studierte in Leipzig als Schülerin von Elisabeth Breul, Eva Schubert-Hoffmann und Helga Forner. 1969 gewann sie den Robert-Schumann-Wettbewerb in Zwickau, 1972 den Bach-Wettbewerb in Leipzig. Nach ihrem Debüt bzw. ihrer Anfängerstation in Altenburg kam sie 1972 ans Opernhaus Leipzig und blieb dort bis 1987 im Ensemble. 1987 wechselte sie ins Ensemble der Deutschen Staatsoper Berlin, dem sie bis zu ihrem gesundheitsbedingten Ausscheiden 2009 angehörte. In den letzten Jahren kämpfte sie tapfer gegen die heimtückische Krankheit ALS, dabei fürsorglich unterstützt von ihrer Familie, dennoch hat sie diesen hoffnungslosen Kampf Anfang dieses Jahres endgültig verloren.
Zu ihren Partien auf der Opernbühne gehörten einige Partien, die sie in Berlin nicht gesungen hat, sondern höchstwahrscheinlich in Leipzig: Sextus in "Idomeneo", Rosina in "Der Barbier von Sevilla", Romeo in Bellinis "I Capuleti e i montecchi" (Quelle für diese Rollen ist Seegers Opernlexikon). Rosina war 1977 ebenso in Leipzig wie 1987 Angelina in "La Cenerentola".
Ende der 1980er Jahre übernahm sie in der wiedereröffneten Semperoper Dresden die Partie der Venus in Harry Kupfers Inszenierung von Wagners "Tannhäuser".
Ihren endgültigen Durchbruch als Opernsängerin der ersten Reihe feierte sie im Juni 1987 als Klytämnestra in der Premiere von Glucks "Iphigenie in Aulis" an der Deutschen Staatsoper Berlin. Dabei wachte die Sängerin am Premierenmorgen ohne Stimme auf, ging zum KBB, um abzusagen (telefonieren war damals weit schwieriger als heute), traf dort niemanden an, wertete dieses als Wink des Schicksals, sagte nicht ab, sondern trat am Abend (mit wiedergekommener Stimme) an und feierte einen riesigen persönlichen Erfolg. Die Übernahme ins Ensemble des ersten Opernhauses des Landes war die Folge. Allerdings hatte Rosemarie Lang an der Lindenoper schon seit 1979 gastiert, vorrangig als Cherubino und Dorabella. Als Ensemblemitglied der Deutschen Staatsoper Berlin sang Lang neben der Klytämnestra u.a. auch die Brangäne in der "Tristan"-Premiere 1988, eine Rolle in der Uraufführung der Oper "Graf Mirabeau" von Siegfried Matthus 1989, die Azucena in der "Troubadour"-Premiere 1990, außerdem übernahm sie Rollen wie die Magdalene in Wagners "Meistersingern von Nürnberg" und den Octavian im "Rosenkavalier".
Obwohl die neue Leitung der Staatsoper Berlin sie 1992 im Gegensatz zu vielen anderen Kolleginnen und Kollegen nicht vom Haus entfernte, sondern im Ensemble behielt, musste auch sie erst einmal schlucken: Azucena und Octavian liefen nicht weiter, weil die entsprechenden Inszenierungen vom Spielplan verschwanden, auch die Brangäne übernahm in den ersten beiden Spielzeiten der Intendanz Quander Fachkollegin Uta Priew (Dass Lang die Brangäne nicht weitersingen durfte, soll zu Tränen geführt haben, lautstarker Protest war ihre Sache jedoch nicht. 1995 sang sie von den letzten 5 "Tristan"-Vorstellungen dieser Inszenierung immerhin wieder 4 und auch in beiden(!) Nachfolgeinszenierungen war sie als Brangäne besetzt!).
Dennoch fand sie aufgrund ihrer hohen künstlerischen Leistungsfähigkeit die Gnade der neuen Hausleitung, sie war eigentlich bei jedem Konzert, wo ein Mezzo oder Alt gebraucht wurde, automatisch besetzt, bekam auch neue Rollen wie die Clairon in "Capriccio", Fricka in "Rheingold" und "Walküre" sowie Waltraute in "Walküre" und "Götterdämmerung". Im neuen Jahrtausend folgten noch Premieren als Schenkwirtin und Amme in "Boris Godunow" und die Gräfin Carolina von Kirchstätten in Hans-Werner Henzes Oper "Elegie für junge Liebende", außerdem übernahm sie von Uta Priew die Herodias.
Neben ihrer Bühnenlaufbahn hatte Rosemarie Lang einen großen Schwerpunkt ihrer Gesangslaufbahn im Konzertsaal, war als Konzert- wie auch als Liedsängerin regelmäßig aktiv und überaus erfolgreich. 1992 ersang sie sich als Einspringerin für Brigitte Fassbaender einen großen persönlichen Erfolg in Mahlers "Lied von der Erde" mit den Berliner Philharmonikern. Trotzdem blieb eine größere internationale Karriere aus, weil sie ein familiärer Mensch war und nicht so viel reisen wollte. Lediglich in Oslo und Washington D.C. nahm sie Operngastpiele an, weil dort Heinz Fricke dirigierte, unter dem sie bereits in Berlin u.a. Brangäne, Magdalene und Octavian gesungen hatte und seine besondere Sängerfreundlichkeit sehr schätzte.
In Berlin und Leipzig sang sie aber viele Konzerte, im Apollo-Saal gab sie in fast jeder Spielzeit einen neuen Liederabend, war wirklich eine überdurchschnittlich aktive Liedersängerin.
Aufgrund der sich anbahnenden Krankheit nahmen die Kräfte im neuen Jahrtausend immer mehr ab, das Schicksal meinte es leider nicht gut mit ihr, vor ein paar Tagen wurde sie von ihren Leiden erlöst.
Die Staatsoper Berlin, deren Ensemble sie mehr als zwanzig Jahre angehörte, veröffentlichte gestern auf ihrer Homepage folgenden Nachruf:
ZitatAlles anzeigenRosemarie Lang
verstarb am 12. Januar 2017 im Alter von 69 Jahren.
Die Staatsoper Unter den Linden trauert um Rosemarie Lang, die am 12. Januar 2017 nach langer schwerer Krankheit im Alter von 69 Jahren verstarb.
Aus dem Erzgebirge stammend kam die Mezzosopranistin nach Stationen am Theater Altenburg und am Opernhaus Leipzig, wo sie seit den
frühen 1970er Jahren sang, 1987 an die Berliner Staatsoper. Seitdem war sie unserem Haus als Ensemblemitglied eng verbunden. Ihr Debüt feierte sie als Klytämnestra in Glucks Iphigenie in Aulis. In der Folgezeit trat sie u. a. in Partien wie Cherubino (Die Hochzeit des Figaro), Dorabella (Così fan tutte), Rosina (Der Barbier von Sevilla), Octavian (Der Rosenkavalier), Brangäne (Tristan und Isolde), Fricka (Die Walküre), Magdalene (Die Meistersinger von Nürnberg), Clairon (Capriccio) und Gräfin Geschwitz (Lulu) auf. Auch als Konzertsängerin und Liedinterpretin machte sie sich einen Namen. Gastspiele führten sie u. a. zu den Salzburger Festspielen, an die Wiener Staatsoper, das Teatro Real Madrid, das Opernhaus Oslo sowie an die Oper Washington.
Zahlreiche Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen - etwa mit Werken von Bach, Beethoven, Mendelssohn, Brahms, Tschaikowsky, Prokofjew, Schönberg und Eisler - dokumentieren ihre vielseitige künstlerische Tätigkeit.
2009 musste Rosemarie Lang, die über mehr als zwei Jahrzehnte zu den Publikumslieblingen der Staatsoper zählte, aus gesundheitlichen Gründen ihre Karriere beenden. Die Staatsoper Unter den Linden wird Rosemarie Lang, der großartigen, sensiblen Sängerdarstellerin, die vielen Bühnenfiguren ein besonderes Profil gegeben hat, ihr ehrendes Andenken bewahren.
In Trauer
Die Intendanz
http://www.staatsoper-berlin.de/de_DE/nachruf-rosemarie-lang
So rührend sich dieser Nachruf liest, muss man doch auf einige Fehler hinweisen:
- 1987 feierte sie mit der Klytämnestra in Glucks "Iphigenie in Aulis" war ihre erste Premiere am Haus, ihr Hausdebüt erfolgte jedoch schon 1979 mit Cherubino. Auch die Dorabella sang sie schon vor der Klytämnestra (siehe Besetzungsarchiv in diesem Forum).
- Rosemarie Lang hat in Berlin, also in der Berhaus-Inszenierung, nie die Rosina gesungen.
- Rosemarie Lang hat die Fricka nicht nur in der "Walküre", sondern auch im "Rheingold" gesungen.
- Rosemarie Lang hat nie an der Wiener Staatsoper gesungen (im Besetzungsarchiv der Wiener Staatsoper taucht ihr Name nicht auf).
- Rosemarie Lang war zweifellos großartig und sensibel, aber eine "Sängerdarstellerin" war sie eher weniger, das war viel eher Ute Trekel-Burckhardt. Rosemarie Lang war hingegen eher eine "reine" Sängerin, daher auch der große Schwerpunkt im Lied- und Konzertgesang.
Nachdem das Biographische nun abgehandelt ist, werde ich in den nächsten Tagen auf Besonderheiten ihrer Stimme (im Rubrik-Titel schon angedeutet) eingehen und anhand weiterer Aufnahmen Analysen dazu anstellen. Auf alle Fälle hatte sie eine außerordentliche Stimme, mit der sich eine Beschäftigung lohnt - so wie es eigentlich auch immer sehr lohnend war, sie zu hören.