Die großen Operettenstars der Vergangenheit

  • Für mich gehört Herbert Ernst Groh unbedingt hier hin. Zwar an der Grenze zu Vinyl, aber ich habe Einiges auf Schellack von ihm. Er war mit seiner schönen Stimme sicher einer der Operettengrößen seiner Zeit:


    W.S.

  • So haben wir aus meiner Sicht, wieder einen Thread der durch die "Möchtegern- Operettenstars", wie Schlagersänger und abgetakelte Opernsänger abgewertet wird,


    Lieber Alfred,


    Ferry Gruber in die "Möchtegern-Operettenstars" einzuordnen halte ich für ungerecht. Er war viele Jahre festes Mitglied des Münchner Gärtnerplatztheaters und als solcher wirklich eine Operettenstar.


    Wenn deine Regeln nur die Schelllack-Ära und die davor beinhalten, gleichzeitig aber die 60er Jahre "pseudo-opernhaften" Aufnahmen ausgrenzen sollen, solltest du diese besser nach Jahreszahlen begrenzen, beispielsweise 1900-1950 oder noch besser nur bis 1933. Dann wäre einiges klarer.


    Nicht beantwortet wurde bisher meine Frage nach Operettenstars der Vor-Tonträger-Zeit.


    ?( Uwe

  • Ferry Gruber - und es gibt da noch einige - ist sicher noch ein Operettenbuffo der "alten Schule" in neuerer Zeit, u eine sehr erfreulich Erscheinung innerhalb der Szene.
    Diesen Größen wird demnächst ein weiterer Thread gewidmet.


    Operettenstar der Vor-Tonträger -Zeit: Natürlich können sie hier vorgestellt werden - aber es ist hat schon ein Problem, Süänger zu zeigen, die man nie hören wird. Vermutlich kommt hier dann auch keine Resonanz. Wenn Du damit leben kannst, dann schreibe ruhig über sie in diesem Thread. Sie waren ja meit Ikonen der Operettengeschichte. MEINE Präsentationen von Sängern waren ja stets darauf ausgerichtet, solche zu präsentiern, die um 1900/1930 plus minus 10 bereit gesungen haben, wenngleich leider oft nicht in der Uraufführung. Es gäbe ja viel mehr Tonmaterial, aber es ist nicht erhältlich, weil kein Geld mehr damit zu verdienen ist.
    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sie gehört sicher auch dazu:


    Gitta Alpár.


    Zitat

    Nach einem triumphalen Erfolg in Millöckers Bettelstudent am Berliner Metropol-Theater wechselte sie 1930 – wie viele ihrer Opernkollegen – ins Operettenfach. Sie sang mit Richard Tauber in der Berliner Premierenaufführung von Franz Lehárs Schön ist die Welt, der Komponist Theo Mackeben schrieb ihr die Rolle der Gräfin Dubarry in der von ihm bearbeiteten Neufassung der Operette Karl Millöckers Die Dubarry, auf den Leib. Große Erfolge hatte sie zu Beginn der dreißiger Jahre besonders in den Operetten ihres Landsmannes Paul Abraham, etwa Ball im Savoy. „Die Alpár“ avancierte zur Operettendiva der damaligen Zeit.
    (aus Wikipedia)


    Ich zitiere Wikipedia deshalb, weil ich a) nicht allzuviel selbst über Gitta Alpár weiß, obwohl ich einige Aufnahmen von ihr besitze und b) wegen der Anmerkung, dass sie, wie viele ihrer Opernkollegen ins Operettenfach gewechselt habe. Es würde mich interessieren, warum das so war. Bekamen die mehr Geld? - Wer weiß mehr darüber?



    :) Uwe

  • Mit hoher Wahrscheinlichkeit bekamen Opernsänger mehr Gled als Operettenstars. Ntürlich ausgenommen, wenn Opernsänger Operette sangen. Denn damals wie heute hatte Operette den Beigeschmack der "leichten Muse", man billigte ihr zwar zu "Kunst" zu sein aber eben nicht "große Kunst" Selbstverständlich gab es auch Opeettenstars mit gigantischen Gagen und legendärem Ruf. Das waren aber dann genau jene, die aufgefordert wurden zur Oper zu wechseln. Damit war natürlich ein gewisses Risiko verbunden, denn nicht jeder Sänger wurde dann vom Opernpublikum auch angenommen. Zudem ist die Operette doch eher ein lokales Genre (von den "Spitzenwerken" natürlich abgesehen, wogegen auf der ganzen Welt Oper gespielt wird.
    Es gab aber natürlich auch Opernsänger, die mal berühmt, glaubten sich auf Altenteil zurückziehen können, da Operette ja schliesslich "leicht" sei. Ein gutes negatives Beispiel habe ich vor Jahrzehnten in Mörbisch erlebt, als Giuseppe di Stefano, der euphemistisch gesagt seinen Zenit um mindestesn 2 Jahrzehnte überschritten hatte in der "Nacht von Venedig" die Rolle des Herzogs gröhlte. Es gibt einen Mitschnitt davon, der zwar den ruinösen Zustand der Stimme ebenfalls dokumentiert, aber irgendwie nicht so erbarmungslos wie das Live-Erlebnis. Die Tontechnik dürfte hier ein wenig gezaubert haben.
    Zu den Ausnahmen IMO zählt aber Karl Dönch, der einst an der Staatsoper Ensemblemitglied war. Nach Ende seiner Opernkarriere wurde er Direktor der Wienern Volksoper, wo er vorzugsweise in Rollen tätig war, wo er sein Talent zur darstellung komischer Charaktäre unter Beweis stellen konnte. Die Operette wurde für ihn zur zweiten Karriere. Aber er hatte natürlich auch eine für die damalige Zeit ideale Karierre - die immer an (guten) Provinztheatern begann. Er, der in Hagen geboren wurde begann seine aktive Laufbahn 1937 als Dr Bartolo in Rossinis "Il Barbiere di Siviglia"in GÖRLITZ, dann sang er ebendort den Beckmesser. Von 1939-1941 war er am STADTHEATER REICHENBERG egagiert, danach in Bonn und am Salzburger Landestherater-Von dort gings an die Wiener Staatsoper - und von dort als Direktor und Sänger an die Wiener Volksoper...
    Er war zudem auch ausgebildeter SCHAUSPIELER


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Max Hansen (1897-1961) (eigentlich Max Josef Haller war ein in Deutschland geborener und aufgewachsener, dänischer Kabarettist, Schauspieler und Kabarettist mit jüdischen Wurzeln


    Bei Wikipedia wird über diesen Darsteller unterschiedliches berichtet.
    Einerseits soll er zeitweise als der „kleine Caruso“ bezeichnet wurden, seine Stimme wirsf als „näselnd“ bezeichnet. Ich würde seine Stimme als eher „typische Kabarettstimme“ mit einem ironischen Unterton bezeichnen) Sie erinnert mich stark an die Sprechstimme des Kabarettisten Fritz Grünbaum
    Aber das alle ist unbedeutend gen die GESTALTUNG
    Allzugern wird drauf vergesen, dass Offenbachs erste Operetten eigentlich eine Parodie auf die Oper mit einer starken kabarettistische Note waren. Die Werke von Gilbert und Sullivan sind in dieser Tradition zu sehen. Erst die Operetten der mittleren und späteren Epoche wurden dann rührselig und teilweise opernhaft


    Hansens Interpretationen waren unverwechselbar. Der Humor kommt selbst bei der Tonaufnahme durch - ohne optische Unterstützung und ohne besondere Kunstkniffe...
    In dem Couplet "Das ist klassisch" kann man sich auch überzeugen, daß er sowohl den Bayrischen als auch den Wiener Dialekt akzentfrei imitieren konnte, beziehungsweise beherrschte.





    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Manche Threads verdanken ihr Weiterbestehen oder Wiederaufleben oft erstaunlichen Zufällen. Bei der Recherche über ein Coverbild zum "Zigeunerbaron" fand ich unter anderm den Satz "Der Barinkay der Uraufführung am 24. Oktober 1885 im Theater an der Wien war Karl Streitmann"
    Natürlich war meine Neugier geweckt. Wann lebte der eigentlich ? WIKIPEDIA wusste es auch Anhieb, 1858-1937, und auch daß er SCHAUSPIELER UND OPERNSÄNGER (Tenor) war.
    Nun ja - Warun . so, dachte ich, gibt es von dieser historischen Persönlichkeit keine Tonaufnahmen ? Zeitlich wäre sich das ausgegangen.
    Ich suchte - und wurde fündig. Zwar hören wir nicht das Auftrittslied von Barinkay sondern ein bedeutungsloses Duett (mit Louise Kartousch)aus der ebeso unbedeutenden Lehar-Operette "Der Mann mit den drei Frauen" (UA: 1908, ebenfalls Theater an der Wien)


    Ich kan persönlich keine besondere Leistung oder ein charakteristisches Profil feststellen, aber immerhin ein historisches Ereignis, diese Stimme zu hören...


    http://operett.network.hu/vide…hen_komm_in_mein_stubchen


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,
    wer Max Hansen als alternden Sänger erleben möchte, sollte sich die Orpheus in der Unterwelt-Einspielung von Paul Burkhard anhören. Er singt da den Jupiter.
    Auf dieser Aufnahme ist auch Bruno Fritz zu hören, der als Operetten-Komiker sicher einen Spitzenrang hatte.


    in einem Interview habe ich gehört, dass viele Operetten der 30-40er Jahre an kleinen Häusern gespielt wurden und erst ins große Berlin kamen, wenn sie schon bekannt waren. Die Sängerin, die von sich sagte, dass sie in der Provinz viele solcher Operetten gesungen hat, war Brigitte Mira. Egal, ob die Geschichte nun stimmt: Unter die großen Operetten-Sängerinnen der Vergangenheit muß Brigitte Mira auf jeden Fall gezählt werden.
    Schöne Grüße
    wega

  • Wenn man den Thread genau analysiert (vielleicht wird er ja weitergeführt ?)
    dann wird man -zumindest ich sehe das so . zu dem Schluß kommen, daß es nicht immer (eigentlich ursprünglich gar nicht) Opernsänger oder hervorragende Stimmen waren, die das Genre bereicherten - sondern etweas, das es heute so gut wie nicht gibt. "Operettenstars"
    Das war damals mehr oder weniger ein eigenes Fach und es war deshalb interessant, weil Operette um 1880/1920 und teilweise noch später - von der Gesellschaft anerkannt und geschätz wurde.
    Niemand wird Alexander Girardi, Max Hansen, Johannes Heesters oder Fritzy Massary für Stimmen ersten Ranges halten - aber sie alle hatten etwas, das sie für die Operette ideal machte: Spielfreude, Witz, eine gewisse Leichtigkeit im Gesang.


    Richard Tauber war IMO ein Spezialfall. Eigentlich Opernsänger (wer nimmt ihn eigentlich heute noch als sochen wahr ?) wurde er eigentlich durch "leichte Muse" und Operette bekannt, was natürlich durch die Freundschaft mit einem der grössten Operettenkomponisten der Zeit, Franz Lehar der viele Nummern Tauber auf den Leib schrieb, natürlich unterstützt wurde.
    Auch hier wieder ein Geben und nehmen - der Deckel passte auf den Topf . Viele Operetten von Lehar sind eigentlich verkappte Opern, ein leichter Puccini gewissermaßen.
    Das ist natürlich auch Inszenierungsabhängig. Ich sah vor zig Jahren eine Auffühurung von "Das land des Lächelns" in Mörbisch.
    An sich eine vollkommen werkgetreue Aufführung - um nicht zu sagen - Übermäßig getreu
    Auf der nächtlichen Seebühne wurde sehr viel mit Balletteinlagen (adaptierte Melodien aus der Operette) gearbeitet, die quasi als Zwischenaktmusik eingesetzt wurde, beleuchtet von zahlreichen Fackeln etc. Das Werk wurde düsterer und schwergewichtiger, ein Hauch von Turandot.


    Opernsänger als Operettendarsteller.
    Ich kann hier nur darstellen wie man es in meiner frühen Jugend gesehen hat (um 1966 und danach)
    Es gab hier Opernsänger am Ende ihrer Karriere, die meinten, ihre Stimme sei noch gerade genug für Operette (eine Fehleinschätzung)
    ABER es gab auch Opernsänger ersten Ranges, die von den großen Plattenkonzernen verpflichtet wurden, weil sie Zugpferde sein sollten und die Käufer anlocken.
    Heute werden die damals entstandenen Aufnahmen als "Sternstunden der Operette" gefeiert
    Damals betrachteten Operettenfreunde diese Einspielungen recht skeptisch, waren die Opernstimmen doch zu groß und zu schwer für das Medium "Operette" Es entstand eine Mischform, die manchen Operetten nützte (Lehar wurde schon erwähnt), den meisten aber schadete.
    Heute ist es so, daß Opernsänger nicht unbedingt gern Operette singen, weil es vom Image her nicht optimal ist - wenngleich hier allmählich ein gewisses Umdenken eingesetzt hat.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auch Marcel Wittrich war ein Opernstar wie Richard Tauber, in dessen Fussstapfen er folgte. Für mich hatte er auch die schönere Stimme. Hier ein Tondokument aus "Die Blume von Hawaii":
    /CaoUnvQM8d4
    Noch einmal aus "Gräfin Mariza":
    /Rrr1pnU8Tg8?list=PLbupD5YI0PUM8K9aOV4iNVNOSBaKA8qZb

    W.S.

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  • Richard Tauber war IMO ein Spezialfall. Eigentlich Opernsänger (wer nimmt ihn eigentlich heute noch als sochen wahr ?) wurde er eigentlich durch "leichte Muse" und Operette bekannt, was natürlich durch die Freundschaft mit einem der grössten Operettenkomponisten der Zeit, Franz Lehar der viele Nummern Tauber auf den Leib schrieb, natürlich unterstützt wurde.


    Tauber hat um die tauesend Platten aufgenommen. Darunter sind Operntitel von unwiederbringlicher Güte und Raffinesse. Was davon mit den Jahren auf CD gelangte, ist hier nicht annährend aufzuzählen. In dieser Edition sind zwei CDs der Oper vorbehalten:

    Das deutsch gesungene Lied vom Kleinzack aus Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen" ist auch dabei. Die Interpretation ist insofern exemplarisch, weil Tauber wie kaum ein anderer Sänger in der Szene zwischen Traum und Wirlichkeit hin- und her-irrlichtern kann. Diese Einspielung ist ein Lehrbeispiel. Sie allein würde genügen, Tauber als Meister der Oper in die Musikgeschichte eingehen zu lassen. Es ist auch ein für mich sehr ergreifender Zufall, dass der totkranke Sänger letztmals in London als Don Ottavio im "Don Giovanni" - und damit als Opernsänger - auf der Bühne stand. Wer sich ein wenig auskennt, nimmt ihm schon immer noch als Opernsänger wahr.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Unter Vergangenheit ist unbedingt die Schellak oder Mono Ära zu verstehen

    Aus der Mono-Ära fallen mir spontan diese Gesamtaufnahmen ein, die für viele Gipfelpunkte der Operettenaufnahmen darstellen (für mich auch):



    Sämtlich Mono-Aufnahmen des EMI-Produzenten Walter Legge aus den Jahren 1953/54 (mit dem Dirigenten Otto Ackermann) und 1955 ("Die Fledermaus" mit Herbert von Karajan).


    Für zahlreiche Operettenliebhaber war dies "Das goldene Zeitalter der Operette". Mit so namhaften Solisten wie Elisabeth Schwarzkopf, Nicolai Gedda, Erich Kunz, Hermann Prey, Rita Streich und Erika Köth eine unschlagbare, unwiederholbare Besetzung, und die beiden Dirigenten trugen das ihre zur Legendenbildung bei.


    Es sind Aufnahmen, an denen selbst Operettenverächter ihre Freude haben können!


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Tauber war nicht rein arisch und wurde immer wieder deswegen angepöbelt. Reichpropagandaminister Goebbels wollte Tauber indes im Lande halten und versprach Tauber sogar eine 100%ige "Arisierung"

    Lieber Alfred,


    erst heute früh stieß ich auf Deinen Eintrag vom 9.4.2017 über Richard Tauber.


    Seit meiner Kindheit ist mir der Sänger bekannt und vertraut, mein Vater besaß zahlreiche Schellackplatten, mehr als die Hälfte davon waren Tauber-Aufnahmen. Mit ihm lernte ich z.B. die bekannten Tenorarien aus "Tosca" und "Turandot" kennen, aber auch zahlreiche Operettenlieder, in erster Linie natürlich Lehár.


    Mein Vater, der ein großer Tauber-Fan war und ihn mehrmals in Köln live erlebt hat, erzählte immer, daß Tauber unter entehrenden Umständen 1933 aus Deutschland vertrieben wurde, erst nach Österreich ging und nach dem Anschluß 1938 schließlich nach England flüchtete, wo er fortan lebte und am 8.1.1948 starb.
    Deshalb wundere ich mich, daß ausgerechnet Goebbels, einer der schlimmsten Judenfresser, Tauber im Lande behalten wollte. Von Göring gibt es ja den berühmten Ausspruch "Wer Jude ist, bestimme ich!", doch von Goebbels weiß man aus unzähligen Reden und nicht zuletzt seinen Tagebucheintragungen, wie fanatisch und unerbittlich er alle Juden haßte und verfolgte. Berüchtigt ist sein zynischer Tagebucheintrag "Von den Juden, die jetzt in den Osten abtransportiert werden, wird nicht viel übrig bleiben".
    Ich bin auch im Besitz einer Tauber-Biographie von Michael Jürgs "Gern hab' ich die Frau'n geküßt" (List-Verlag, 2002). Von Goebbels ist darin nicht die Rede, aber in Kapitel 6 wird ausführlich beschrieben, wie Tauber sich kurz nach der "Machtergreifung", nach einem verhinderten Auftritt im Berliner Admiralspalast am 9.3.1933, als SA-Leute "Juden runter von der Bühne" gebrüllt hatten, beim zuständigen Reichsminister Franz Seldte (dem Chef des "Stahlhelm", nicht NSDAP-Mitglied) brieflich beschwerte. Der antwortet freundlich und wird daraufhin von Tauber zum Abendessen ins "Kempinski" eingeladen. Man spricht nett, aber unverbindlich miteinander und verabschiedet sich um Mitternacht freundschaftlich. Der Minister verschwindet unauffällig durch die Hintertür, denn am Haupteingang warten Schläger der SA und prügeln mit dem Ruf "Judenlümmel raus aus Deutschland" auf Tauber und seine Begleitung ein. Am kommenden Morgen reist Tauber fluchtartig ab, zunächst in die Schweiz. Berlin wird er nie wieder sehen.
    Doch Tauber hält das alles für mehr oder weniger harmlose Begleiterscheinungen eines Umbruchs und schreibt in seiner Naivität (nachzulesen in Kapitel 7) von Den Haag aus am 25.5.1933 einen Brief an den Reichsminister des Inneren, Wilhelm Frick, mit folgendem Inhalt: "Ich, der Unterzeichnete Richard Tauber, Mitglied Nr. 34141 der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger, erkläre, daß ich den Zielen der nationalen Regierung des heutigen mir zur zweiten Heimat gewordenen Deutschland volles Verständnis entgegenbringe. Ich füge mich bewußt in die nationale Bewegung ein und stelle mich und meine Kunst dem Aufbau eines neuen deutschen Theaters zur Verfügung. Richard Tauber".
    Eine Antwort hat er natürlich nie bekommen, oder doch - ihm wurde fortan die Einreise nach Deutschland verweigert. Und als Walter Legge unter der Stabführung von Sir Thomas Beecham 1937/38 in Berlin mit deutschen Künstlern Mozarts "Zauberflöte" aufnehmen wollte, beantragte man bei den deutschen Behörden, Tauber zu den Aufnahmen nach Berlin reisen zu lassen, doch die lapidare Antwort war, man könne für die Sicherheit Taubers leider nicht garantieren. Es klingt heute wie ein Aberwitz, ist aber traurige Wahrheit. Schließlich übernahm Helge Rosvaenge statt Tauber die Rolle des Tamino.


    Deswegen würde mich interessieren, ob es tatsächlich Belege gibt, daß Goebbels versucht hat, Tauber in Deutschland zu halten.


    Abschließend möchte ich noch ein Doppelalbum empfehlen, das ausschließlich Operettenaufnahmen Richard Taubers aus den Jahren 1924 bis 1939 enthält:


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich kann mit der Schellack bzw. Mono-Ära nicht viel anfangen. Ich habe sie zwar selbst erlebt, als Jugendlicher - allerdings nicht mit Schallplatte sondern bereits damals als Mittschnitt-Jäger mit dem Tonbandgerät. Es ist dies aber gerade die Zeit, in der Operette veropert wurde und gleichzeitig noch die Prüderie aus der Nazi Zeit übernommen wurde. Das hat nichts mit der Operette, wie sie noch vor 1933 war, zu tun. Allerdings hatte diese Art Operette ihr Publikum, da ja die meisten Zuhörer nichts anderes kannten.


    Heute versucht man wieder, an die alten Zeiten anzuknüpfen. Leider gibt es aber keine ausgebildeten Operettensänger mehr und was man heute vor allem auch von CPO so zu hören bekommt, sind meist schwache Stimmen ohne jegliche Textverständlichkeit. Das war dann mit Herta Talmar, Franz Fehringer, Anny Schlemm usw. doch wesentlich besser.


    Dennoch gibt es an manchen Theatern wieder Inszenierungen, die Operette ernst nehmen und sie wieder so präsentieren, wie sie einmal gedacht waren: frech, komisch und erotisch! Und solche Inszenierungen erreichen dann auch wieder ein jüngeres Publikum.



    :) Uwe

  • Wunderschön und sehr verdienstvoll ist es, dass dieser Operetten-Thread wieder reaktiviert wird. Besonders bei uns Älteren werden schöne Erinnerungen geweckt. Das nachhaltige Plädoyer für die Operette rehabilitiert eine ernst zu nehmende Kunstform, die oft leichtfertig als leichte Muse abqualifiziert wird und Sängerinnen und Sänger, die in diesem Genre Großes leisteten. Sicherlich steckt in der alten Theaterweisheit "Das Leichteste ist oft das Schwerste" viel Wahrheit. Bitte diese Beiträge fortsetzen. Sie sind sogar für einen eingefleischten "Großklangfetischisten" in Konzert und Oper wertvoll und erfreulich. Leider ist bei einer anderen großen Liebe von mir, der Spieloper eine solche Renaissance noch nicht erkennbar. Die Gründe sind m. E. leicht auszumachen: Die modernen Regisseure können mit dem in der Regel romantisch-gemütvoll- heiteren Stoff nichts anfangen ( Wie sollte man diese einfachen, zu Herzen gehenden Geschichten auch neu deuten und modern interpretieren können) und es gibt zu wenige deutschsprachige Sänger, die solche sehr "deutschen" Opern singen können. So schlummern so melodienreiche Werke wie "Der Waffenschmied", "Undine", "Evangelimann", "Trompeter von Säckingen", "Das Nachtlager von Granada" usw. im Dornröschenschlaf. Etwas besser sind die Aufführungszahlen bei "Zar und Zimmermann", "Wildschütz" und "Die lustigen Weiber von Windsor." Junge Sänger lernen Spielopern kaum. Sie werden zu wenig gespielt, also lohnt sich dieser Aufwand nicht. Ein Teufelskreis! Welche melodischen Perlen in diesen Werken stecken beweisen Lieder- und Arienabende. Da lassen sich die Sänger Ohrwürmer wie 5000 Taler, Heiterkeit und Fröhlichkeit, O, sancta Justicia, Die Singschule, Wir armen, armen Mädchen, Als Büblein klein... usw. durch deren spontane Begeisterung auslösende Wirkung kaum entgehen und räumen gerade mit diesen als veraltet geltenden Juwelen ab.


    Herzlichst

    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Die modernen Regisseure können mit dem in der Regel romantisch-gemütvoll- heiteren Stoff nichts anfangen


    Lieber Operus,


    ohne mich in die unendliche Diskussion über Sinn und Unsinn des Regietheaters einschalten zu wollen:


    Das können die mit allen anderen Stoffen auch nicht - aber sie tun es!


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).


  • Lieber Nemorini,


    Du sprichst eine Wahrheit gelassen und so apodiktisch aus, dass kaum ein Widerspruch möglich ist. Das ist die Krone der Argumentation, eine so überzeugende Behauptung zu formulieren, dass man bereits beim Lesen zustimmend mit dem Kopf nickt. :jubel:


    Herzlichst

    Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Das mit dem "Nicht können" ist nicht nur auf Regisseure beschränkt - das zieht sich durch alle Bereiche
    Ich habe das schon lange erkannt und habe in meinem in Arbeit befindlichen Film "Die gelbe Rose" (Fertigstellung Ende 2019) sogar eine Textstelle, die darauf Bezug nimmt. Die Szene spielt am Arbeitsamt: Ein winziger Auszug daraus:


    Die Beraterin, Mag Bibiane Obermeier bietet dem Opfer, Sandor Krautwurm ,einem arbeitlosen Stardesigner eine Stelle an:


    Obermeier:


    „Die WERBE und PROMOTION FIRMA
    Austroflop Media International


    Sucht DRINGEND einen DARSTELLER
    Der das Produkt eines ihrer Kunden promotet
    Eine Schlankschlemmersuppe namens SCHLAMMSCHMATZ“


    Glauben Sie, dass Sie das KÖNNEN ?


    Krautwurm:


    Eigentlich nicht


    Obermeier:


    Das macht nichts
    Es wird niemandem auffallen.
    90 Prozent aller Leute machen heute etwas, das die nicht können
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    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !