Das Kunstlied und seine Bewertung in der Gegenwart

  • Das Thema lautete: Kunstlied und seine Bewertung in der Gegenwart - und nicht: wieviel Lied-CDs besitze ich....



    ich halte das Lied für eine ganz wichtige Kunstform, da es die - IMO derzeit verlorengegangene - Beziehung zur Lyrik wieder beleben könnte.


    Da ich den Musikmarkt und seine Gesetze so verabscheue wie der Teufel das Weihwasser, habe ich es natürlich eher schwer, an die Öffentlichkeit zu gelangen... also brauche ich euch nichts von meiner geplanten Gesamteinspielung der R.Strauß Lieder zu erzählen...erst wenn es soweit ist...


    Mit Opernsängern nebenbei Lieder zu machen ist eine mühsame Sache - jeder gibt sofort zu, daß man sich viel mehr damit beschäftigen sollte - die Zeit nimmt sich kaum jemand. Es wird auch kaum entsprechend honoriert - also besteht kaum ein Reiz, sich stärker mit dem Lied auseinanderzusetzen.


    Bestimmt hier die Nachfrage das Angebot oder umgekehrt?



    Kann es sein, daß mein beabsichtiger Thread: "Lied vs Oper: sollen Opernsänger auch Lieder singen?"(von Alfred einmal angedeutet - Peter Schreier) eine Lücke schließen würde?
    bitte um Rückmeldungen,


    liebe Grüße, Wolfgang

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Gut , daß ich noch nachgeschaut habe, sonst hätte ich heute einen Thread mit dem Titel: Das Lied - eine museale Kunstform ? gestartet.
    Ich meine aber, daß dies eine Spielart DIESES Threads waäre , so daß ich gleich hier fortsetzen möchte:


    Ein immer wieder gehörter Einwand gegen das Kunstlied (und natürlich gegen fast jedes Lied an sich) ist, daß die Texte und Gefühlswelten der meisten Lieder mit der heutigen Welt nicht mehr kompatibel seien.
    Dem kann ich mich eigentlich nur anschließen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Klassikliebhabern stört mich dieser Umstand indessen nicht. Ich betrachte das Lied an sich als "museale" Kunstform, deren einziger Sinn ihre Schönheit an sich ist.


    Wenn ich ein Bild von Rembrandt betrachte, so habe ich zu den abgebildeten Persönlichkeiten auch keine Beziehung. Dennoch haben die Bilder ihren eigenen Reiz - üben eine ungeahnte Faszination auf den Betrachter aus. Es ist IMO nicht nötig, daß man in die Gefühlswelten vergangener Zeiten eindringt um deren Kunst zu "verstehen"


    LG


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Ein immer wieder gehörter Einwand gegen das Kunstlied (und natürlich gegen fast jedes Lied an sich) ist, daß die Texte und Gefühlswelten der meisten Lieder mit der heutigen Welt nicht mehr kompatibel seien.
    Dem kann ich mich eigentlich nur anschließen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Klassikliebhabern stört mich dieser Umstand indessen nicht. Ich betrachte das Lied an sich als "museale" Kunstform, deren einziger Sinn ihre Schönheit an sich ist.


    Nein, das sehe ich ganz anders!


    Ich finde, die Welt ist nicht mehr mit der Kunst kompatibel.


    Weitere Ausführungen erspare ich für heute.


    :beatnik:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)


  • Da erlaube ich mir deutlichen Widerspruch! Das, was viele Kunstlieder in Musik UND Text thematisieren, ist für mein Gefühl zeitlos gültig und wird auch in zeitloser Form dargestellt (wenn man von ein paar zeitgebundenen, rein äußerlichen "Zutaten" absieht). In Schuberts Winterreise, in Schumanns und Pfitzners Eichendorff-Zyklen, selbst in den "Volksliedern" von Brahms geht es um grundlegende seelische Erfahrungen - Liebe, Natur, Tod - die jeder einigermaßen offene Mensch auch heute noch ganz selbstverständlich nachvollziehen kann. Die Formen ändern sich halt im Laufe der Zeit ein wenig, die Substanz bleibt aber immer "aktuell".


    Viele Grüße


    Bernd

  • Salut Bernd,


    das, was Alfred meint, ist wieder einmal der Fortschritt im wahrsten Sinne... man hat sich davon entfernt.


    :P


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Alfred schrieb:

    Zitat

    Ich betrachte das Lied an sich als "museale" Kunstform, deren einziger Sinn ihre Schönheit an sich ist.


    Das finde ich bei einem Lied mit Text völlig unverständlich (es ist m.E. auch bei reiner Instrumentalmusik unzureichend, weil überhistorische "Schönheit an sich" unklar und vermutlich falsch ist, aber die philosophische Diskussion will ich jetzt nicht führen). Wenn das stimmen würde, könnte ein Sänger auch vokalisieren, statt den Text zu singen.
    Wie auch immer, ich bin geneigt, Bernd weitgehend zuzustimmen. :yes:
    Zwar ist der Ausdruck selbstverständlich auch zeitgebunden, aber er enthält genügend Elemente, die wir verstehen. Ich höre Lieder, weil sie mich angehen, weil mich die Musik und auch die Text emotional außerordentlich intensiv berühren. Ein Beethoven-Quartett oder eine Bach-Fuge höre ich vielleicht mal auch der "intellektueller Freude" oder der "reinen Schönheit wegen" (was immer das sein mag...), aber kein Lied von Schubert, Schumann oder Mahler.
    In mancher Hinsicht ist das (Kunst-)Lied unserer Zeit viel näher als Sinfonien, Opern oder Konzerte; was sind denn Songs der Unterhaltungsmusik anderes? Sie sind gewiß häufig nicht sehr künstlerisch oder einfach Schrott, aber sowohl strukturell als auch inhaltlich recht ähnlich.
    Was der modernen Kultur indes fremd ist, ist der völlige Mangel an Coolness, die Idee Emotionen in einem vergleichsweise formalen Rahmen zu entfalten, statt sie herauszubrüllen wie der frustierte Rocksänger.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Wenn das Lied nicht bestände, würde ich viel Freude vermissen. Denn das Lied ist für mich das Schönste, daß die Musik kennt.
    Im gegensatz zu Opern gibt es in dem Lied keine Unterstützung von einem Orchester, sondern im Prinzip nur von einem Klavier. Und da muß der Sänger versuchen den vertonten Texten musikalisch darzustellen.


    Von allen Schubert-CDs von mir:
    Dieskau (die 2x9 CD-Boxen von DGG, sonst bewußt die andere Lieder auf EMI-Boxen, denn das waren die Aufnahmen rund 1960; m.E. die schönste die er je gesungen hat);
    Wunderlich (verschiedene CDs)
    Janowitz (4 CDs)
    Prégardien (1 CD)


    habe ich eine Auslese gemacht und auf 3 CDs gebrennt.
    Die erste Nummer auf CD-1 sind:


    1 Der Wanderer an der Mond; 2 Abschied von der Erde; 3 Ave Maria; 4 Der Kreuzzug; 5 Das Lied im Grünen; 6 An Sylvia; 7 Sehnsucht; 8 Im Freien; 9 Fischerweise; 10 Im Frühling.


    Ich glaube, daß diese Lieder nicht alle zu den meist gefragten Lieder von Schubert gehören. Aber entweder fand ich etwas besonderes an dem Lied, oder an der Weise wie es verklangt oder präsentiert wurde.


    Aber nicht nur Schubert ist mein Favorit. Von Haydn habe ich einen LP-Box (4 oder 5 LPs) wo Elly Ameling seine Lieder singt.
    Mozart, die höre ich oft. Beethoven, da vergleiche ich oft Dieskau und Wunderlich, aber sonst höre ich auch andere Lieder von B. Schumann idem.
    "Alt-Italienische" Lieder wie sie von Cecilia Bartoli gebracht wurden.
    Auch Englische Lieder habe ich. Nur Französich fehlt bei mir. Nicht, weil ich es nicht will, sonder weil ich davon nichts weiß


    Also: hier ist ein LiederFANATICUS, der es schwer (oder gar nicht) akzeptiert, wenn gesagt wird: das sei ja altmodisch oder sentimental.
    Fast würde ich profan... Es ist etwas, daß gesagt wurde über Vergebung und nicht wissen. :stumm:


    LG, Paul


    PS Natürlich habe ich ja auch Französische, aber modernere, denn ich habe die 4 CD-Box von Victoria de los Angeles voriges Jahr gekauft

  • Zitat


    Ein immer wieder gehörter Einwand gegen das Kunstlied (und natürlich gegen fast jedes Lied an sich) ist, daß die Texte und Gefühlswelten der meisten Lieder mit der heutigen Welt nicht mehr kompatibel seien.
    Dem kann ich mich eigentlich nur anschließen.
    (...)
    Ich betrachte das Lied an sich als "museale" Kunstform, deren einziger Sinn ihre Schönheit an sich ist.


    Das sehe ich anders. Wäre das Lied eine "museale Kunstform", würde ich mich in nicht so sehr dafür interessieren. Ich glaube aber, dass die Texte und Gefühlswelten von Schuberts "Winterreise" oder Schumanns "Dichterliebe" kaum etwas von ihrer unmittelbaren Wirkung eingebüßt haben. Zumindest bei mir. Ich hatte einmal einen ganz bösen Liebeskummer und gerade die beiden genannten Liedzyklen trafen mich in dieser Zeit sehr schneidend mitten ins Herz. Ein "museales" Stück, dass mich nur an die Schönheit vergangener Zeit erinnert, kann das kaum vermögen. Nun mag man mutmaßen, dass ich altmodisch bin - ich würde allerdings widersprechen, da ich mich als modernen Menschen und Kind meiner Zeit sehe.
    Nicht unter den Tisch fallen lassen sollte man bei einer Unterhaltung darüber, wie zeitgemäß das Kunstlied ist, dass auch Komponisten des 20. Jahrhunderts beachtliche Lieder komponiert haben. Da fallen mir nicht nur Schönberg, Berg und Webern ein, sondern auch Killmayer (der sich an Heine-Texte gewagt hat und dessen Lieder sehr schön mit denen von Schumann verglichen werden können) oder Rihm (der mit dem Wölfli-Liederbuch freilich nicht jedermanns Geschmack trifft, mitr gefällts aber sehr) ein.

  • Ich muß mich ein wenig korrigieren; mir sind inzwischen ein paar Lieder eingefallen, bei denen mir der emotionale Ausdruck tatsächlich nicht so außerordentlich wichtig ist, wie es oben klang.
    Aber zum einen sind das eher Ausnahmen, zum anderen bewundere ich hier auch nicht die pure Schönheit der Melodie, sondern wie dies mit dem Ausdruck zusammenspielt. Z.B "der Hirt auf dem Felsen" ist eben nicht nur einfach schön, sondern ein Ausdruck von Freude am Leben, am Frühling usw., "An die Musik" stellt den Trost der Musik, den es besingt, tatsächlich selber dar und ist daher so wirkungsvoll und von der Art dürfte es noch ein paar Beispiele geben.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von musicophil
    Nur Französich fehlt bei mir. Nicht, weil ich es nicht will, sonder weil ich davon nichts weiß



    PS Natürlich habe ich ja auch Französische, aber modernere, denn ich habe die 4 CD-Box von Victoria de los Angeles voriges Jahr gekauft


    Hallo Paul,



    kennst du die Lieder von Gabriel Fauré?
    Ich glaube, die könnten dir gefallen. Meist schlicht, immer sehr gefühlvoll. Mir gehen sie mitunter, wenn sie richtig gesungen werden, sehr unter die Haut.
    Es gibt eine Gesamtaufnahme bei Brilliant, die ich nicht schlecht finde:




    Gruß, Peter.

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  • Hallo Peter,


    Dank für Deine Nachricht. Denn dadurch erinnere ich mich, daß ich von Janet Baker 8 CDs habe. Darunter auch Fauré.
    Aber ja, diese CDs habe ich bei mir zu Hause. Darum waren sie nicht in meinem Gedächtnis.
    Nichtdestotrotz werde ich diese CDs kaufen, also nochmals danke für den Tip. Denn Ameling und Souzay (von mir sehr bewunderten Bariton) sind nicht zu verschmähen. Ist Dalton Baldwin der Begleiter? Denn ich glaube, daß er auch Souzay begleitete.


    LG, Paul


    PS Alfred, ich dachte, daß ich angab zwischen 50 und 100 Lieder CDs zu haben. Es sind aber weit über 100. Kann das ggfs geändert werden?

  • Meine Beschäftigung mit Liedern verdanke ich in erster Linie dem Umstand, dass sich Victoria de los Ángeles nach einer kurzen Opernkarriere ganz den Liedern verschrieben hat. Daher überwiegen in meiner Sammlung auch spanische und französische Lieder aller Epochen, vom Mittelalter bis zum späten 20. Jh.
    Klassiker wie die Winterreise oder die Kindertotenlieder habe ich natürlich schon; desgleichen eine Brahms/Schumann-DoppelCD mit Jessye Norman. Seit dem Streichquartetträtsel nenne ich auch Janáceks "Tagebuch eines Verschollenen" mein Eigen.
    Grundsätzlich habe ich Vokalmusik viel lieber als Instrumentalmusik, allerdings liegt mein Schwerpunkt eher auf Opern und geistlicher Musik als auf dem Lied. Dieser Thread regt mich aber an, dem beim nächsten Einkauf ein bisschen abzuhelfen. :)

  • Hallo Liederfreunde,


    es ist erst einige wenige Tage her, da spielte ich mit dem Gedanken einen eigenen Liederthread zu eröffnen. Ich wollt meine Verwunderung Kund tun, dass ich nun doch zum Lied fand und wollte von Euch wissen, wie und warum es Euch gepackt hat. Aber ich denke dieser Thread hier ist mehr als geeignet.


    Als ich mit dem Hören klassischer Musik begann, da gab es zwei Dinge, die ich zunächst kategorisch ablehnte. Soloklavier (das ich heute liebe) und Lied. Irgendwann besorgte ich mir die Winterreise, die Müllerin und die Schwanengesänge von Schubert. Natürlich mit FiDi (es sollte ja eine Bildungslücke geschlossen werden). Die Winterreise gefiel mir auf Anhieb und ich setzte diese fortan als Beruhigungsmittel ein. Die Müllerin der Schwanengesang verstaubten. Die Winterreise genügte mir offensichtlich.


    Dann passierte es. Ich hörte im Radio die Dichterliebe (ist noch nicht wirklich lange her). Ab diesem Moment wollte ich Lieder hören. Die Müllerin wurde ausgepackt. Auch der Schwanengesang. In der Stadtbibliothek habe ich mir Vergleichsaufnahmen besorgt. Quasthoff, Zeyen. Goerne, Brendel…


    Mich berührt diese Musik unwahrscheinlich. Denn es ist sehr ehrliche Musik. Der Sänger kann sich nicht auf wirklich viel stützen. Und zumindest bei den Interpretationen die ich hören durfte, habe ich stets das Gefühl, die Interpreten haben sich intensivst mit dem Stück auseinandergesetzt. Auch der Pianist trägt eine sehr große Verantwortung.


    Noch interessanter wird es für mich, wenn man auf die Texte achte. Das Klavier spielt das Bächlein, in der Stimme des Sängers liegt Sehnsucht…


    Ich gebe Alfred nur bedingt Recht. Das Lied ist nicht eine Kunstform deren einziger Sinn die Schönheit an sich ist, aber deren Schönheit kann auch für sich ganz allein genossen werden. Von mir zumindest.


    Meine CDs brauch ich noch nicht zählen. Bis heute ist es eine Handvoll Schubert, aber ich weiß, dass in nicht all zu langer Zeit noch etliche Aufnahmen dazukommen werden.


    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    ...zum einen sind das eher Ausnahmen, zum anderen bewundere ich hier auch nicht die pure Schönheit der Melodie, sondern wie dies mit dem Ausdruck zusammenspielt. Z.B "der Hirt auf dem Felsen" ist eben nicht nur einfach schön, sondern ein Ausdruck von Freude am Leben, am Frühling usw., "An die Musik" stellt den Trost der Musik, den es besingt, tatsächlich selber dar und ist daher so wirkungsvoll und von der Art dürfte es noch ein paar Beispiele geben.


    Hallo Johannes,


    Willst Du Dich bitte einmal befassen mit "Der Kreuzzug" von Schubert. Und merke Dir dann die letzten Zeilen:
    Des Lebens Fahrt durch Wellentrug
    Und heißen Wüstensand,
    Es ist ja auch ein Kreuzeszug
    In das gelobte Land.

    Und höre dann wie Schubert das verklang.


    LG, Paul

  • Heute fielen mir Lieder ein, die wir in der Schulzeit mit unserem Musiklehrer, einem erstklassigen Pianisten und Paedagogen lernten und sangen.Heinrich der Vogler, Zigeunerleben (Schumann) und viele andere hielten uns Kinder wahrlich in Atem.
    Beim Nachdenken ueber diese Kunstform bin ich natuerlich sofort (endlich mal wieder) ins Forum gegangen in der Hoffnung, mir ein wenig mehr Klarheit ueber dasLied zu verschaffen.
    Nun brauche ich Hilfe, denn ich sitze in der Falle.
    Waa genau ist denn Eurer Meinung nach das Lied, das deutsche Lide, das Kunstlied? Die Abgrenzungen der Wiki sind garnicht so schlecht, aber ich wuesste es nun geren etwas musikwissenschaftlicher. Da nun in meiner Gegend das deutsche Lied zwar beliebt ist, aber natuerlich nicht bis ins letzte erforscht bin ich gespannt, auch auf Ideen, die das Volumen der "qualifizierten" Kompositionen
    betreffen. Ist denn die Sehnsucht nach dem Mai ein Kunstlide das zum Volkslied wurde? In die andere Richtung gibt es sicher auch Beispiele.Dann och die Kooperationen und Hommagen von Dichtern und Komponisten.. ich brauche ein System, und mich in diesem geliebten Genre wieder einzuleben...

  • Zitat

    Original von Renata_von
    Ist denn die Sehnsucht nach dem Mai ein Kunstlide das zum Volkslied wurde?


    Salut,


    Die Sehnsucht nach dem Frühling "Komm lieber Mai und mache..." von W. A. Mozart ist sicher ebenso ein Fall, wie Am Brunnen vor dem Tore... von Franz Schubert und Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein von Bernhard Flies [ehem. Mozart zugeschrieben].


    Ich halte diese Fälle für nichts Besonderes, denn auch "klassische Volkslieder" [ohne das jetzt genau zu definieren] - wurden irgendwann einmal komponiert, üblicher Weise von einem Komponisten.


    Mir sind allerdings keine Fälle bekannt, wo Volkslieder zum Kunstlied erkoren wurden...


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • lieber ulli- as hast du natuerlich auch schon ein paar der grenzgaenger genannt.
    gibt es denn nun aber einen musikwissenschaftlich akzeptieren modus, lieder voneinander abzugrenzen?
    und noch etwas nachhakend- was genau ist ein lied??
    manchmal muss ich's genau wissen- trotz (oder wegen) 25 jahre abwesenheit von d-land.... =)
    ciao und vielen dank fuer den ersten "return"!!

  • Salut,


    na, dann probiere ich es mal [trotz oder wegen 6jähriger und hoffentlich noch lage währender Abwesenheit von Deutschland :rolleyes: ].


    Das MGG [Lexikon "Die Musik in Geschichte und Gegenwart"] beschreibt "Das Lied" auf 111 Seiten - das werde ich jetzt nicht tun. Grundsätzlich wird im MGG unterschieden zwischen:


    A. Das Kunstlied im deutschen Sprachgebiet
    A.I. Lied und deutsches Kunstlied
    A.II. Vor- und Frühzeit
    A.III Mittelalter
    A.IV Spätgoik und Renaissance
    A.V Barock
    A.VI Klassik und Romantik
    A.VII Von ca. 1910 bis zur Gegenwart


    B. Das Sololied außerhalb des deutschen Sprachgebiets
    B.I. Allgemeines
    B.II Das Lied zur Laute
    B.III Das Continuo-Lied
    B.IV Das Lied mit Klavierbegleitung


    C. Das Kirchenlied
    C.I Name, Wesen und Abgrenzung des Begriffs
    C.II Das Kirchenlied im Mittelalter
    C.III Das evangelische Kirchenlied
    C.III.1 Böhmen
    C.III.2 Deutschland
    C.III.3 Schweiz
    C.III.3.a Die deutschen Kantone
    C.III.3.b Die welschen Kantone
    C.III.4 Frankreich
    C.III.5 Niederlande
    C.III.6 England und Schottland
    C.III.7 Dänemark
    C.III.8 Norwegen
    C.III.9 Schweden
    C.III.10 Finnland
    C.III.11 Nordamerika
    C.III.12 Die jungen Kirchen
    C.IV Das katholische Kirchenlied seit der Reformation


    Dem "Volkslied" ist wiederum ein eigener Artikel gewidmet.


    Du siehst, es ist gar nicht so einfach, zumal auch einiges ineinander übergreift. Vermutlich werden wir uns überwiegend in den Bereichen A und B aufhalten. Daher ein kurzer Ansatz mit eigenen Worten:


    Für mich ist ein "Lied" die einfachste musikalische Gestaltungsform [A-B-A] mit ebenfalls einfachster Besetzung, wobei ich einen Chor z.B. als eine Einheit betrachte. "Lied" leitet sich von "daz liet" für die einzelne Strophe oder von "dui liet" für die Summe der Strophen [vermutl. aus dem MA] ab und bezieht sich zunächst nur auf den Text. Das "Lied" ist idR strophisch, von gleicher Verszahl, woran sich später die Musik orientieren wird.


    Wichtig erscheint mir folgende Aussage im Text von Kurt Gudewill:


    [...] Vom Volkslied der Grundschichten unterscheidet sich das aus der Schicht der Gebildeten hervorgegangene und schriftlich überlieferte Kunstlied durch die Attribute textlicher und musikalischer Art, die die Hand der dieser Schicht angehörenden Dichter und Komponisten erkennen lassen. [...]


    In diesem Text sehe ich eine gute, aber nicht ganz wertfreie Beschreibung. Das Volkslied diente immerhin sehr oft als Vorlage, was auch sehr oft die Grenzen verschwimmen lässt.


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Soeben wollte ich einen Thread mit in etwa dieser Thematik eroffnen, da fand ich diesen.
    Vielleicht ist er ein wenig zu fokussiert, aber das lässt sich ja korrigieren.
    Die Umfrage funktioniert auch nicht mehr, weil zeitlich limotiert - aber das ist auch nicht so wichtig.
    Wichtig hingegen ist, wie sehr ihr das Lied als einen unverzichtbaren Teil Eurer lassiksammlung seht, welche Komponisten Euch besonders interessieren, und welche Liedersänger Eure liebsten sind. Eine gewisse Zeit lang wurden ja Lieder gerne als "letzte Chance für ausgesungene Opernsänger gesehen, die einen letzten Versuch wagten, aber ich meine, dazu ist das Genre Lied viel zu schade......


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Meine erste Lieder CD war eine CD mit Schubertliedern gesungen von Bryn Terfel, die ich sehr liebe. Das weckte dann Lust auf mehr.
    Mein bevorzugter Liedsänger ist Thomas Hampson. Da schätze ich besonders die Lieder von Mahler, vor allem die Rückert-Lieder. Außerdem besitze ich von ihm auch Lieder von Meyerbeer und Rossini.
    Weitere Interpreten sind Kurt Moll (Brahms-Lieder), Olaf Bär (Beethoven-Lieder).
    Meine absolute Lieblings-Cd sind Strauss-Lieder interpretiert von Jonas Kaufmann.
    Außerdem mag ich sehr Dichterliebe von Schumann, Die schöne Müllerin und Winterreise.



    Liebe Grüße
    Jolanthe

  • Neben all dem, was wir alle lieben, gibt es auch noch von Ravel die "Scheherezade" und "Nuits de Ete" (Regine Crespin :jubel:) zu entdecken - es lohnt sich !


    Meint der


    Operngernhörer :hello:

  • Ich bekam, als ich etwa 10 war, eine Schallplatte mit Liedaufnahmen von Hermann Prey geschenkt - Programm quer dorsch de Garde, von Schubert über Liszt bis Wolf war alles dabei. Seitdem hat mich das Lied nicht mehr losgelassen, es ist die Kunstform, in der auch ein Amateursänger wie ich es durchaus zu befriedigenden Ergebnissen bringen kann, wenngleich man natürlich vor den Großen in Ehrfurcht erstarrt. Meine Lieblingskomponisten sind -in genau dieser Reihenfolge:
    Wolf (Eichendorff-Lieder, aber auch sonst alles, außer dem italienischen und spanischen Liederbuch)
    Strauss (alles, von der Zueignung bis zu den Letzten Liedern)
    Schubert (am liebsten ist mir die Müllerin)
    Schumann (früher sang ich oft Frauenliebe und -leben, heute mehr den Liederkreis - jeder Zyklus hat seine Zeit)
    Tschaikowski (Nur, wer die Sehnsucht kennt, durchaus im Vergleich mit Vertonungen desselben Goethe'schen Textes von anderen Komponisten)
    Rachmaninoff (Siren)
    Ravel (5 chansons grècques)
    Debussy (Nuit d'étoiles)


    Prey zu hören ist immer noch ein Gewinn. DiFiDi bringt einem viel bei, manchmal auch, wie man es nicht machen soll. Elisabeth Schumann singt Schubert so, als ob sie ihn noch gekannt hätte. Régine Crespin liebe ich wegen ihrer Stimmkultur und ihrer hervorragenden Diktion der Lieder ihrer Landsmänner, und für die Russen gibt es von Antonina Nezhdanowa bis Olga Gur'akowa unzählige hochinteressante Stimmen.


    Hampson finde ich am besten bei Mahler. Und die rasanteste Phrasierung, die ich kenne, ist die von Hans Hotter in "Verborgenheit" von Wolf an der Stelle "durch die Schwere so mich drücket - wonniglich in meiner Brust" wo in diesem einzigen Atem eine ganze Welt aufscheint.


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • mit dem "romantischen Lied" habe ich es nicht so, dafür umso mehr mit Liedern aus Renaissance, Barock, Rokoko und auch Klassik.



    meine liebsten Aufnahmen:



    deutsche Barocklieder
    Andreas Scholl



    irgendwie immer noch seine beste Platte



    und diese hier mag ich auch:



    Lieder aus Barock Rokoko und Klassik
    Axel Köhler



    selbstverständlich habe ich auch eine vorliebe für die frz. Chansons und Airs de Cour, da mag ich alle Aufnahmen sehr gerne, zum Glück gibt es da ja auch einiges.


    :hello:

  • Apropos Lieblings-CD:
    Ja, Kaufmann singt Strauss gut (habe ihn damit auch live gehört)
    Wer Strauss-Lieder von Tenören gesungen mag, sollte sich auch Gösta Winbergh ins Regal stellen.
    Auch der englische Bariton Konrad Jarnot hat eine hörenswerte CD mit Strauss-Liedern gemacht.

  • Als Wunderlich- und Schwarzkopfsammler hat man ja schnell einen ordentlichen Stapel zusammen. Mit meinen MC komme ich dann bestimmt auf über 100, aber die darf man bei der Abstimmung ja nicht angeben.


    Leider habe ich mich in den letzten Jahren ein wenig vom Lied entfernt, bedingt auch dadurch, dass es in Hamburg keine Liederabende in der Oper mehr gibt. An sich ein Skandal! :angry:


    Nicht nur, dass ich noch ausgesprochene Liedsänger wie FiDi, Norman und Ludwig dort erleben durfte, auch eher seltene Blüten im Garten deutscher Liedkunst (Puh, was für ein Stil.) wie Bumbry, Lucio Gallo, Jerusalem, Kollo u.a..


    Ich glaube auch, dass der Liedgesang mehr und mehr zu einer Randkultur innerhalb der Randkultur Klassische Musik wird. Dies wäre eine verheerende Entwicklung, aber irgendwie auch logisch. Liederabende sind für mich Konzentration und Ruhe fern allen Spektakels und Eventcharakters. Das ist wohl heute immer weniger gefragt.


    Umso beschämender, dass ein sich als führendes Opernhaus gebärendes Institut wie die Hamburgsiche Staatsoper da mitmacht. (s.o.)


    :hello: Gustav

  • Zitat

    Original von Gustav


    Ich glaube auch, dass der Liedgesang mehr und mehr zu einer Randkultur innerhalb der Randkultur Klassische Musik wird. Dies wäre eine verheerende Entwicklung, aber irgendwie auch logisch. Liederabende sind für mich Konzentration und Ruhe fern allen Spektakels und Eventcharakters. Das ist wohl heute immer weniger gefragt.


    Umso beschämender, dass ein sich als führendes Opernhaus gebärendes Institut wie die Hamburgsiche Staatsoper da mitmacht. (s.o.)


    Hallo Gustav
    Ich stimme voll zu was die Kritik an der Staatsoper anbetrifft.


    Mir fällt gerade ein, dass ich im letzten Jahr eine sehr gute Richard-Strauss-Orchesterlieder- CD mit der derzeitigen Chefin der Staatsoper Simon Young erworben habe, Steven Davislim ist der hervorragende Sänger (Tenor).
    Eigentlich wollt ich in fragender Form schreiben, OB der erwähnte Tatbestand was mit der Chefin zu tun hat.(keine Liederabende mehr in derOper).


    Ich lebe als "Hamburger" schon ewig in Hessen. Kann mich allerdings nicht an Liederrecitals in der Oper erinnern . Ab 1961 ging ich in Oper und Konzerte in Hamburg. Habe FiDi, Wunderlich, Prey, Schock, Ludwig, Souzay, Pears etc gehört. Ich meine, all die genannten Künstler hätten nicht im Rahmen von Veranstaltungen der Staatsoper gesungen. Oder irre ich mich? Die meisten waren in der Laizshalle und von privaten Veranstaltern, wie Goette u.a. Ab wann gab es denn Liedveranstaltungen der Staatsoper?


    Gruß............."Titan"

  • Zitat

    Original von Titan


    Hallo Gustav
    Ich stimme voll zu was die Kritik an der Staatsoper anbetrifft.


    Eigentlich wollt ich in fragender Form schreiben, OB der erwähnte Tatbestand was mit der Chefin zu tun hat.(keine Liederabende mehr in derOper).


    Lieber Titan!


    Leider begann diese negative Entwicklung schon früher, wenn ich mich recht erinnere unter Langenvoort und Metzmacher. Zunächst wurden die oberen Ränge gesperrt, dann gab es noch Veranstaltungen mit Mitgliedern des Ensembles bzw. des Opernstudios in der Opera Stabile und dann war irgendwann ganz Schluss.


    Zitat

    Ich lebe als "Hamburger" schon ewig in Hessen. Kann mich allerdings nicht an Liederrecitals in der Oper erinnern . Ab 1961 ging ich in Oper und Konzerte in Hamburg. Habe FiDi, Wunderlich, Prey, Schock, Ludwig, Souzay, Pears etc gehört.


    Da werde ich aber ganz neidisch.


    Zitat

    Ich meine, all die genannten Künstler hätten nicht im Rahmen von Veranstaltungen der Staatsoper gesungen. Oder irre ich mich? Die meisten waren in der Laizshalle und von privaten Veranstaltern, wie Goette u.a. Ab wann gab es denn Liedveranstaltungen der Staatsoper?


    Ich gehe seit 1981 in die Oper. Meine ersten Liederabende (und die fanden dann in der Oper statt) waren Troyanos, Horne, Te Kanawa, von Stade. Horne kam regelmäßig, sang aber auch durchaus in der Musikhalle. Es gab regelmäßig 5 - 6 Liederabende im Großen Haus, da die Musikhalle nicht so angenommen wurde. 1981 oder 1982 gab es sogar noch Symphoniekonzerte in der Oper (Ormandy).


    Natürlich gibt es immer noch Liederabende in der Musikhalle, aber nicht mehr veranstaltet von der Staatsoper und entsprechend teuer. Da kann man aber die ganze Riege derzeitiger Stimmen erleben, die in der Oper seit Jahren, man möchte fast sagen seit Jahrzehnten nicht mehr singen. (z.B. Bartoli zuletzt im Barbier 1986 oder 1987) Die letzten Abende im Großen Haus, die ich gesehen habe, waren Blake und Kasarova, Blake war 1998, Kasarova kurz danach.


    :hello: nach Hessen
    Gustav

  • Das Genre Lied ist aus meiner Sicht eigentlich der Gipfel der Gesangskunst. Manches Lied ist ja praktisch eine kleine Oper für sich; mir fällt gerade "Der Liedler" (D 209) von Schubert ein.
    Beim Liederabend habe ich als Zuhörender den Interpreten fast ganz für mich alleine; kein Drumherum stört.
    Sänger wie Bostridge, Prégardien, Goerne oder Quasthoff - nur um einige zu nennen - haben sich doch sehr dem Lied zugewendet und füllen damit die Konzertsäle.
    Aber ich verschweige nicht, dass mich der hohe Altersdurchschnitt des Publikums mitunter etwas irritiert...
    Hoffnungsvoll ist jedoch der Zulauf zu den Meisterkursen, da ist allerhand Erfreuliches zu hören.

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