Franz Schubert, Klaviersonate Nr. 21 B-dur D.960, CD (DVD)-Rezensionen und Vergleiche (2017)

  • Heute nun habe ich die Rezension endlich geschafft:



    Franz Schubert, Sonate Nr. 21 B-dur D.960

    Dina Ugorskaja, Klavier (*26. 8.1973 - + 17. 9. 2019)

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    Instrument: Steinway

    Aufn.Datum: 2019

    Spielzeiten: 23:42- 10:55 - 4:24-9:16 --- 48:17 min.;


    Dina Ugorskaja, die noch kurz vor ihrem unfassbar frühen Tod die B-dur-Sonate vollenden konnte, verrät schon in der Ausdehnung des Kopfsatzes ihre russische Schule. Wie Elisabeth Leonskaja reicht sie weit über die 23-Minuten-Grenzen hinweg, während Valeri Afanassjew und Swjatoslaw Richter sogar die 24-Minuten-Grenze deutlich übertreffen. Aber anders als Letzterer sind auch bei ihr die übrigen Sätze weiter ausgedehnt.

    Schon das erste Thema (Takt 1 bis 8 ) lässt mich in der berührenden Schönheit der Tongebung, der inneren Ruhe und der Klarheit der Struktur wohlig schaudern: kann es denn sein, dass man angesichts der Gewissheit des unaufhaltsam nahenden Todes noch einmal zu einer so exorbitanten Leistung fähig ist, dass man dem letzten Geheimnis dieser Musik so nahe ist wie nie zuvor und wie in diesem Fall eine Musikerin, die zwar einen großen Überlebenswillen hatte, wie der Komponist, aber, wie der Komponist, keine Chance zum Überleben hatte? Es scheint so, und mir kommen Gedanken an Fritz Wunderlich und Günter Wand, die beide noch kurz vor ihrem Tode so singuläre Konzerterlebnisse vermittelten, Fritz Wunderlich in Edinburgh, wenige Tage vor seinem Tod mit Schumanns Dichterliebe und Günter Wand in Lübeck, wenige Monate vor seinem Tod mit Schuberts h-moll-Sinfonie und Bruckners d-moll-Sinfonie. Mit Fritz Wunderlich und Dina Ugorskaja verbindet mich noch eines: sie sind beide am gleichen Tag des gleichen Monats gestorben wie mein Vater..

    Dina Ugorskaja spielt auch wunderbare Basstriller und hält das Tempo in der Themenwiederholung wie im ersten Thementeil und ebenso im dritten Thementeil (Takt 20 bis 33), wo sie nicht nur das Tempo hält sondern auch die Dynamik im Pianissimo. Das schaffen (oder wollen) längst nicht alle Pianistinnen bzw. Pianisten.

    Erst im vierteil Teil, beginnende mit dem Crescendo in Takt 34/35 steigert sie deutlich, aber lässt noch Luft nach oben, als wollte sie mit ihren verbliebenen Kräften haushalten. Dennoch ist das Ganze, wie ich finde, jederzeit unerhört spannungsreich.

    Auch die neuerliche Decrescendo-Crescendo-Stelle am Ende des 4. Thementeils (Takt 45 - 47) gestaltet sie sehr kontrastreich vom tiefen pp bis zum f/ff und spielt den Portato-Übergang in Takt 48, hin zum fis-moll-Seitenthema ab Takt 49 aus einem anrührenden Pianissimo heraus.

    Und im Seitenthema bleibt sie auf dieser Dynamikstufe und gestaltet innerhalb des pp die einzelnen dynamischen Schwankungen dennoch deutlich, und sie lässt die langen Bögen, kontrastiert von den klar unterscheidbaren Sechzehntelfiguren im Bass, wunderbar dahinfließen.

    Der oktavierten Bogen aus Achteloktaven in Takt 70 und 71 (nach dem Doppelstrich) wirkt auch bei ihr wie eine aufgehende Sonne, und sie lässt diesen 1. Abschnitt des Seitenthemas nach der Rückkehr zu B-dur(ab Takt 70) in einem maßvollen Crescendo auslaufen.

    Den 2. Abschnitt mit den auf- und abstrebenden Achteltriolen (ab Takt 79), kontrastiert von den wechselnden Akkordintervallen, lässt sie ruhig ziehen, die dynamischen Erhebungen und Senkungen kontinuierlich einfließen lassend, auch im letzen Unterabschnitt ab Takt 94 den Fluss durch genügend lange Pausen unterbrechend.

    Dann schließt sie ab Takt 99 eine betörend gespielte Schlussgruppe an, in der sie die dynamischen Kontraste nochmals ausweitet und hier tatsächlich bis zum Fortissimo (Takt 105) gelangt. Auch die temporalen Unterschied erhöht sie, indem sie in dieser Schlussgruppe das Tempo nochmals herunterfährt, sodass es vermeintlich fast zum Stillstand kommt, aber nur fast.

    Dann spielt sie auch die hochdramatische Überleitung zur Wiederholung der Exposition und erreicht hier auch ihre dynamische Spitze. Damit hat sie den Hörer richtig unter Spannung gesetzt. und setzt nach dem letzten Achtel in Takt 125a eine ebenfalls mehrere Sekunden lange Pausenfermate.

    Dann wiederholt sie in ihrem glasklaren, bedächtigen und abgeklärten Spiel die Exposition.

    Die tiefen Basstriller sind abermals unglaublich. Im weiteren Verlauf möchte man wieder die Maxime von Günter Wand aussprechen: "So- und nicht anders", aber es geht ja auch anders, aber so, wie sie es spielt, ist es so unendlich schön und wahrhaftig, wie ich finde.

    Hier meine ich auch, wie ich es schon bei einigen anderen Pianisten bemerkte, dass sie dynamischen Spitzen in Takt 35 (f) und ich Takt 47 (ff), gegenüber der Exposition etwas intensiviert.

    Das Seitenthema spielt sie ebenso intensiv überzeugend wie in der Exposition, ebenso berührend wiederum die Achteltriolensequenz, desgleichen die etwas intensivierten dynamischen Spitzen in der Schlussgruppe.

    Wunderbar auch ihr rit-pp-Übergangstakt 117b zur Durchführung. Diese (ab Takt 118b) spielt sie in einem ruhigen wenn auch entschieden traurigen Fluss, jedenfalls bis Takt 130. Denn in den nun folgenden Achteltriolenabschnitten hellt sich die Stimmung um so mehr auf, wohingegen sie nach der letzten Steigerung zum ff in Takt 149 dann in den klopfenden Achteln ab Takt 150 sich wieder verdunkelt, und diese klopfenden Achtel in die dramatische Steigerung in dieser Durchführung mit den zunehmend dissonanten Akkorden- grandios!

    Diese traurige, ja bedrohliche Stimmung, behält sie in ihrem Spiel mit den wechselnden Akkorden weiterhin bei, was ja zunächst durch die wiedergekehrten Basstriolen, diesmal weitaus bedrohlicher klingend als noch in der berührenden Exposition, noch verstärkt wird, bis sich nach dem letzten Basstriller in dieser Sequenz (Takt 198) durch die Durauflösung in Takt 200 auf der Zwei das Bild schlagartig positiv verändert und der Lichtschein am Horizont schon beim nächsten langen Bogen (in Takt 204) immer heller wird. Auch das wird in ihrem Spiel so wunderbar deutlich, wie ich finde.

    Und dann- nach dem letzten ppp-Basstriller (Takt 214) und einer gehörigen Pausenfermate, beginnt die nochmals, ich möchte sagen, tröstlichere Reprise (tröstlicher noch als die Exposition).

    Und diesen tröstlichen Gesang setzt sie fort.

    Dieser Gesang sezt sich im neuerlichen Seitenthema, hier ab Takt 267 in h-moll in melancholischem Ausdruck fort, in Takt 289 durch den "Sonnenaufgang" in der Rückkehr zu B-dur wieder in tröstliche Stimmung changierend.

    Wunderbar gestaltet sie wieder die Achteltriolensequenz, (hier ab Takt 298), dann in der Schlussgruppe ab Takt 318 das Tempo wieder herabsetzend, und lässt dann in der kurzen unglaublich intensiv auf niedrigstem dynamischen Niveau gespielten Coda (Takt 345 bis 357) diesen grandiosen Satz fast in einem Morendo auslaufen.


    Im Andante ist sie exakt im gleichen langsamen Tempo unterwegs wie Waleri Afanassjew, also wesentlich langsamer als Swjatoslaw Richter. Ihr Beginn ist zunächst ein zögerndes, fas stockendes Vorwärtstasten, das jedoch ab Takt 9 in ein veritables Crescendo übergeht, und in Takt 14 bis 17 klingt ihre Durauflösung in dem hohen Bogen wie von einem anderen Stern.

    Im zweiten Themenanlauf, aus dem tiefen Pianissimo heraus, fällt sie zunächst wieder in die anfängliche tieftraurige Stimmung zurück, und neben dem Ausdruck ist auch hier wieder ihre aufmerksame rhythmisch-dynamische Lesart außerordentlich zu loben. Auch die zweite Steigerung (Takt 26 bis 28) fällt wieder kraftvoll aus. Neben dem anschließenden durchgehenden berückenden Decrescendo bis ins ppp drosselt sie auch das Tempo immer mehr, wie wir es ja so ähnlich auch schon mal im ersten Satz hatten.

    Im überirdischen Seitenthema (ab Takt 43) in A-dur frischt sie das Tempo etwas auf, die begleitenden Sechzehntel kommen in den Staccatoabschnitten präzise und ganz kurz, ohne den beseligenden Gesang zu unterbrechen. im zweiten Themenabschnitt, ab Takt 51, geht sie nicht nur dynamisch, wo sie allerdings aufgrund ihrer niedrigen Grundlautstärke nicht ganz an das Mezzoforte heranreicht, sondern auch temproal noch einen kleinen Schritt weiter. Auch hier ist der sangliche Ausdruck weiterhin herausragend.

    Im dritten Abschnitt geht der dynamische Bogen (ab Takt 67) weiter nach oben, aber alles harmonisch und sie spielt auch weiter die präzisen klopfenden Sechzehntel. Zum letzten Mal hebt sie in Takt 76 in der Oktavierung mit dem himmlischen Thema an, dass sich bald nach dem letzten Crescendo (Takt 787 mit Auftakt) kontinuierlich ins tiefe Pianissimo zurück zieht und in den letzten Takten auch temporal zurück geht. Wie auch Afanassjew schließt sie das Seitenthema mit einem fünf Sekunden langen Pausentakt (89) ab.

    In der Rückkehr zum Hauptthema erhebt sich wieder die tieftraurige Stimmung, hier noch zur schieren Ausweglosigkeit verstärkt durch die klopfenden Sechzehntelstaccati im Bass.

    Und die nun folgende Steigerung (ab Takt 98) spielt sie demzufolge noch stringenter. Erst in der zweiten Duraufhellung (Takt 103 - 106) hellt sich auch die Stimmung (vorübergehend) auf.

    Die dritte große Steigerung spielt sie ein drittes Mal sehr eindringlich115 bis 117), bevor es zurückgeht und in einer berührenden ppp-Coda in einem Morendo endlich zur Ruhe kommt.

    Wie im ersten Satz erreicht sie auch im Andante eine herausragend musikalische Tiefe und- trotz allem- Tröstlichkeit.


    Auch im Scherzo bleibt sie dem temporalen Binnenverhältnis der vier Sätze treu, ist sogar noch etwas langsamer als Afanassjew und somit erheblich langsamer als Richter. Dynamisch spielt sie durchaus ein Pianissimo an der oberen Grenze, gerät aber m. e. nie in Gefahr, diesen Satz zu "leicht" zu spielen.

    Das Trio spielt sie rhythmisch äußerst prägnant und dynamisch sehr kontrastreich. Da kommt as Fortissimo-Forzando (Takt 26) wirklich. Natürlich spielt auch sie das Scherzo da capo ed infine la Coda.


    Im abschließenden Allegro ma non troppo ist sie wiederum etwas langsamer als Waleri Afanassjew und wesentlich langsamer als Swjatoslaw Richter.

    Sie lässt die einleitenden G-Akkorde jeweils lang ausklingen und achtet auch hier deutlich auf den zweiten Teil der Tempovorschrift "ma non troppo" = aber nicht zu viel. Dafür langt sie schon bei den ersten Crescendi tüchtig hin, was schon im zweiten Satz positiv zu vermerken war.

    Auch ihre sorgfältige rhythmisch-dynamische Arbeit ist weiterhin ausdrücklich zu loben. Davon kann sich der geneigte Hörer auch am Übergang zum Seitensatz überzeugen. Nach dem vielfältigen raschen Wechsel in der Exposition zwischen kurzen Bögen und vielen Staccato-Abschnitten ist nun im Seitensatz das wunderbare Legatospiel der Pianistin im Diskant zu bewundern, das sie geschickt im Bass mit Staccato-Achtel-Synkopen kontrastiert. Ein wiederum beseligender Gesang! Auch sie mach am Ende des Seitensatzes eine ordentliche zweitaktige Pause und setzt dann den durchführungsartigen Teil mit kraftvollem Zugriff ein. Die dynamische Kurve dieses wiederum rhythmisch sehr prägnanten Abschnitts senkt sie in den letzten Takten dieses höherdynamsichen ersten Teils wieder und wechselt organisch in den zweiten wieder pp-gekennzeichnet lyrischen Abschnitt mit den kurzen Bögen im Diskant und den kontrastierenden Achteltriolen im Bass. Diesen Abschnitt spielt sie wieder sehr anrührend und leitend zum nur scheinbar reprisenförmigen nächsten Teil über, der aber trotz G-Akkord und Hauptthemenbeginn in Wirklichkeit nur den Durchführungsgedanken fortsetzt.

    Hier geht es hochdynamisch und mit vielen kurzen Oktavgängen und rhythmisch auffälligen Achteltriolen weiter, dann gar über Sechzehntel-Tonleitern, bevor sich das Geschehen in einem langen Decrescendo beruhigt und erst nun im Thema (Takt 312) der wirklich reprisenförmige Abschnitt erreicht ist, der dann ansatzlos wieder in das Seitenthema übergeht (ab Takt 360). Und wieder stimmt sie diesen pastoralen, zu Herzen gehenden Gesang an, der im letzten Abschnitt (ab Takt 404) nicht mehr in beiden Oktaven legato ist, sondern im Bass wieder von Synkopen kontrastiert wird, und diesen spielt sie wieder extrem kurz, was diesem Abschnitt den unnachahmlich Rhythmus verleiht.

    Ein letztes Mal kommt nach zwei veritablen Pausentakten (428/429) ein Durchführungsabschnitt, im 1. Teil hochdynamisch/rhythmisch- wie gehabt, und im zweiten Teil wieder lyrisch/sanft.

    Und auch hier lässt sie dem hochdynamischen Teil wieder die Zeit, sich zu entfalten und verleiht dadurch dem Satz auch wieder Größe und Gewicht.

    Und der lyrische Teil (ab Takt 459 ist einfach wieder nur schön, unendlich schön.

    Und ein letzte (drittes) Mal meldet sich das Hauptthema, hier verkürzt, die G-Akkorde nicht mehr einzeln ausschwingend, sondern von Mal zu Mal leiser werdend.

    Und auch im letzten. absolut letzten Abschnitt, bleibt sie ihrer temporalen Linie absolut treu und spielt ein moderates Presto.

    Eine vom ersten bis zum letzten Takt herausragende referenzwürdige Einspielung, die mich zugleich mit großer Wehmut erfüllt.


    Zitat von Dina Ugorskaja

    Schuberts göttliche Längen begleiten mich mein Leben lang. Die Zeit scheint in dieser Musik manchmal ganz stehen zu bleiben, der Zustand des Verweilens überwiegt alles andere. Der Schmerz, das Unerträgliche, Abgründe, Ausweglosigkeit überfüllen uns. Wie kann das sein, dass die Auseinandersetzung mit dem Tod, die in seiner Musik so unmittelbar und präsent ist, sich doch auf einmal in einer verfliegenden Vergänglichkeit auflösen kann? Es entsteht ein ungeahntes Glück, Freude, ein kindliches Lachen. Dieses Kindliche zusammen mit einer beispiellosen Reife macht für mich das Wesen der Musik von Franz Schubert aus. DINA UGORSKAJA



    Liebe Grüße


    Willi:thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

    2 Mal editiert, zuletzt von William B.A. ()

  • Lieber Willi,


    Mein ganz großes Kompliment für diesen so ausführlichen und hochinteressanten Bericht. Allein schon das Schreiben ist ja schon eine sehr aufwändige Sache, aber dies alles noch dazu zu eruieren, verdient ja wirklich einen Sonderpreis! Einfach großartig. Ich frage mich nur immer wieder, wioher Du Dir neben all Deinen täglichen Gedenktag-Erinnerungen und Deinen Chor-Verpflichtungen die Zeit nimmst, um all dies zeitlich zu bewältigen!


    Es freut mich auch für die arme DINA URGORSKAJA, daß Dein Bericht über ihr Spiel so überaus positiv, ja begeistert ausfiel. Wie schade, daß sie diese Eloge nicht mehr lesen kann!


    Viele Grüße

    wok

  • Lieber William B.A.


    Ich war gespannt auf deine Rezension der Aufnahme der B-Dur Sonate D. 960 in Dina Ugorskajas Interpretation. Früh schon hatte ich ihre Einspielung im Forum erwähnt und ich hatte sie zu meiner Aufnahme des Jahres erkoren. Ich kann mich nur bedanken für deine Analyse.


    Diese CD hatte ich kürzlich einem grossen Kenner des schubertschen Klavierwerkes vorgespielt, ohne ihn über die Interpretin aufzuklären. Auch er war tief ergriffen von ihrem Spiel. Als der letzte Ton verklungen war, herrschte lange eine grosse Stille im Abspielraum. Er bedankte sich, dass ich ihm ermöglicht hatte, dieser Pianistin zuzuhören. Es sei für ihn eines der ergreifendsten musikalischen Erlebnisse seines Lebens.

    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • Ich war gespannt auf deine Rezension der Aufnahme der B-Dur Sonate D. 960 in Dina Ugorskajas Interpretation … Ich kann mich nur bedanken für deine Analyse.


    Lieber William B.A., ich bedanke mich ebenfalls für diese ausführliche, detaillierte Besprechung! :hello:

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Ich danke euch für euren lieben Zuspruch, was mich weiterhin sehr für meine Arbeit motiviert und mich hier schon anmerken lässt, dass ich auch in den nächsten Tagen Dina Ugorskajas Aufnahme der Beethovenschen Hammerklaviersonate im entsprechenden Thread besprechen werde.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber wok, lieber moderato und lieber Maurice,


    darf ich euch an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass ich jetzt auch Dina Ugoskajas Aufnahme der anderen großen B-dur-Sonate, nämlich der Hammerklaviersonate Beethovens fertiggestellt und hier im entsprechenden Thread eingestellt habe? Vielleicht interessiert euch das ja auch.

    Hier werde ich als Nächste die Aufnahme von Meira Farkas einstellen.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    die nächsten Tage mische ich auf jeden Fall mal kurz oder mittelkurz mit nach Verdauung der von Dir freundlicherweise eingestellten Ugorskaja-Hammerklaviersonate.


    Irgendwie schmerzt dieser Verlust - wohl nicht nur Anatol Ugorski.


    Schönen Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Nachtrag, der hier eigentlich ohnehin nicht passt, aber was soll's:


    Mir dämmert gerade, dass Du ja darum gebeten hast, auf interpretierende Kommentare zu verzichten. Das würde ich natürlich schon allein von daher respektieren, als ich plane und mich auch darauf freue, die Aufnahme im Verein mit den Noten und Deiner Analyse zu verfolgen - und es ist die Frage, ob es da so viel aus meiner Sicht zu ergänzen gäbe. Ich wäre auf keinen Fall irgendwie beleidigt, wenn ein Kommentar zum Beispiel nur so ausfallen sollte wie hier weiter oben zuletzt bei den Mitstreitern.


    Bei Fazil Say und Waldstein haben wir das ein klein wenig anders gehandhabt, ohne dass ich erst lange gefragt habe, aber da war ich - und Du genauso, nehme ich an - schon froh, dass es im engeren Sinn wieder um Musik ging ...


    Unabhängig davon schwebt mir vor, im Beethoven-Jahr gezielter, als ich das bislang getan habe, zumindest meine rund 10 Gesamt- neben Einzeleinspielungen im Rahmen der von Dir bereits besprochenen Sonaten peu à peu nachzuvollziehen. Das wird mich gewiss genauso interessieren, wie einige Rundfunkformate es bereits tun, etwa der Podcast von Igor Levit - wobei ich den gar nicht immer für sakrosankt halte, aber durchaus für sehr anregend.


    In diesem Sinne wünsche ich Dir, lieber Willi, eine gute Nacht!


    Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

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  • … und hier im entsprechenden Thread eingestellt habe? Vielleicht interessiert euch das ja auch …


    Lieber William B.A., bereits gesehen, schon einmal gelesen, werde mich jedoch noch weiter damit befassen … :hello:


    Vielen Dank!

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Zitat von WolfgangZ

    Mir dämmert gerade, dass Du ja darum gebeten hast, auf interpretierende Kommentare zu verzichten.

    So wie wir zu Beginn der Beethoven-Threads vorgegangen waren, bestimmte Sonaten selbst ganz zu hören, sowie in meinem Fall mit der Partitur oder auch ohne, nur um die eigenen Eindrücke festzustellen und dann je nachdem kürzer oder in längeren Beiträgen zu schildern, ist es durchaus im Sinne des Threads. Es gibt keine Sonate und vor allem keine Interpretation, in der auch nur zwei Hörer immer gleicher Meinung sind.

    Wir sollten aber tolerant genug sein, gegensätzliche Meinungen zuzulassen und nicht der Ansicht sein, es gebe nur eine "Wahrheit", und das sei die "Eigene", oder wie es beim "Highlander" heißt: es kann nur einen geben.

    Also, Beiträge wie der "Eine" zuletzt im Thread über die Warstein-Sonate sind fehl am Platz. Ich sollte immer die Person des anderen achten und seine Meinung respektieren, auch wenn ich anderer Meinung bin, und ich solte, wenn ich objektiv einen höheren Kennisstand habe als der Andere, nicht auf ihn in selbstherrlicher Art herabblicken. Schon das allein verstößt gegen die Idee des Grundgesetzes.

    Langer Rede kurzer Sinn: ich freue mich natürlich über interpretierende Kommentare, aber noch mehr würde ich mich über eigene Beiträge freuen.


    @ Maurice:


    Lieber Maurice, ich freue mich auch über deine Beiträge, auch im Hammerklaviersonaten-Thread.


    Liebe Grüße an Euch beide


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Langer Rede kurzer Sinn: ich freue mich natürlich über interpretierende Kommentare, aber noch mehr würde ich mich über eigene Beiträge freuen.

    Danke für die Antwort, Willi. Ich könnte mir für meine Beiträge also ein ähnliches Vorgehen vorstellen wie zwischen uns vor wenigen Tagen praktiziert und von Lesern für relevant befunden - was ja sehr erfreulich ist. Dass ich mehr oder minder strikt analog zu Deinen Besprechungen detaillierte Parallel-Konzepte anbiete, falls ich es richtig verstehe, scheint mir nicht so recht praktikabel aus meiner Sicht. Ich hätte da Hemmungen, ganz offen gesagt. Aber wer weiß ...


    Ansonsten sollte selbstverständlich sein, was Du angemerkt hast.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Franz Schubert, Klaviersonate Nr. 21 B-dur D.960

    Meira Farkas, Klavier

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    AD: 7. - 12. 11. 2003, Zürich

    Spielzeiten: 16:51 – 9:31 – 4:41 - 9:09 --- 40:12 min.; (+ hyp. 5:47) -45:59 min.


    Da Meira Farkas bisher überhaupt noch nicht in meinen Sonatenthreads vorgekommen ist, werde ich hier einen Ausschnitt aus seiner Biografie einstellen.

    Meira Farkas, (* 1945 in Arad, Rumänien) ist eine in Österreich lebende Pianistin.

    Meira Farkas wurde in Rumänien geboren und wanderte dann im Alter von 15 Jahren, zusammen mit ihrer Familie, nach Israel aus. Sie studierte dann an der Musikakademie Tel Aviv bei Ilona Vincze-Kraus Klavier und bei Ödön Pártos Kammermusik. Danach lebte sie einige Jahre in den USA und studierte in New York am Mannes College of Music und an der Juilliard Music School bei Leonard Shure, Rosina Lhévinne und Ilona Kabos. Als Gast beim Festkonzert für Arthur Rubinstein absolvierte sie in der Carnegie Hall einen ihrer ersten Auftritte. Sie nahm an den Wilhelm Kempffs Beethoven Meisterkursen in Italien teil und wurde zum Kammermusikfestival in Prussia Cove (Cornwall, Großbritannien) unter der Leitung von Sándor Végh, zum Marlboro Music Festival (Marlboro, USA) und zum Tibor Varga Festival in Sion (Schweiz) eingeladen..

    In Österreich trat die Pianistin u. a. im Brahmssaal des Wiener Musikvereins auf, war Solistin im Rahmen der Wiener Festwochen und beim Carinthischen Sommer (Ossiach, Österreich).


    In diesem Jahr hat sie schon oder wird sie noch ihren 75. Geburtstag feiern.


    Meira Farkas spielt den Kopfsatz in einem mäßigen Tempo, sicherlich langsamer als der vor ihr notierte Christoph Eschenbach in der Aufnahme von 1974. Ihr Steinway hat einen klaren Klang. Wie die angegebene Spielzeit ausweist, wiederholt sie die Exposition wohl nicht.Sie spielt im vorgegebenen Pianissimo und spielt, wie viele andere auch, in der Themenwiederholung in Takt 14/15 eine moderate dynamische Bewegung. Nach dem zweiten Basstriller spielt sie weiter in ihrer klaren Diktion und auch im vorgegebenen Tempo sowie dem durchgehenden Pianissimo den dritten Thementeil in sanften Legatobögen bis zum Überrang zum vierten Thementeil ab Takt 34 in dieser wunderbaren Steigerung, an deren Ende sie auch ein volles Forte erreicht. Nun schließt sie den vierten Thementeil an, im Forte die dynamischen Erhebungen und Senkungen in Takt 40/41 sowie 42/43 sorgfältig ausführend. Auch die den Themenabschnitt abschließende Decrescendo/Crescendo-Stelle bis hin zum Fortissimo in Takt 47 spielt sie partiturgerecht.

    Dann stimmt sie in Takt 49 in das fis-moll-Seitenthema ein. Diesen Abschnitt versieht sie mit einem feinen melancholischen Überzug. Auch hier zeichnet sie die zahlreichen dynamischen Bewegungen sorgfältig nach, ohne den Pianobereich zu verlassen.

    Wunderbar lässt sie ab Takt 70 im dritten Thema, wieder zurückgekehrt nach B-dur, in der Oktavierung nach oben quasi die Sonne aufgehen, wobei sie diesen Abschnitt in einem feinen Crescendo auslaufen lässt und die kecke Achteltriolensequenz, von Takt 79 bis 88 vorwiegend staccato vorgetragen, dann bis Takt 91 mehr legato und bis Takt 93 dann non legato und die letzten fünf Takte bis zu Schlussgruppe dann wieder in normalen Achtelfiguren praktisch die Überleitung bildend. Auch den im letzten Abschnitt (ab Takt 94) durch die Pausen unterbundenen Fluss spielt sie sehr aufmerksam.

    Auch die dynamisch sehr kontrastreiche Schlussgruppe gefällt mir sehr gut, so dass hier doch ein Bedauern aufkommt, dass sie die Exposition nicht wiederholt. Mit den Überleitungstakten müsste sie dann ab 5:47 min. wiederholen. Den zur Durchführung überleitenden Takt 117b spielt sie dann sehr sanft.

    Die Durchführung in cis-moll spielt sie in melancholischer Tongebung, wie ich finde, nicht in tiefer Trauer, wie man angesichts des moderaten Tempos vermuten könnte. Und die ab Takt 131 wieder auftauchenden Achteltriolen, die nun in der doppeltaktigen Tonleiterform in den Takten 131/132, 135, 137/138, 140/141, 144 sowie 146/147 jeweils zur Hälfte staccato und legato gespielt werden im Gegensatz zur Exposition, wo sie überwiegen staccato gespielt wurden, verheißen wie schon gesagt eine trügerische Befriedung, denn trotz des Tonart-Rückwechsels in Takt 146 nach B-dur gibt es keine Ruhe durch die in Takt 150 unvermutet auftauchenden klopfenden Achtel im Bass, die in der Folge (ab Takt 159) in den Diskant wandern und sich taktweise disharmonisch verdichten und bis Takt 172 in einer großen Steigerung bis zum Fortissimo für einen dramatischen Höhepunkt sorgen. Dieses Crescendo spielt Meira Farkas bravourös, in der Folge zwar im Piano aber durch die mit den wechselnden Quint- und Sext-Achtelakkorden in der einen und den Themenauftakten in der anderen Oktave, diesen auch wechselnd, die Spannung aufrecht erhaltend, was durch Wiederhinzutreten der Basstriller ab Takt 186 noch verstärkt wird.

    Diese spannungsreiche Situation wird durch das sich von Wechsel zu Wechsel hochschraubende Thema im Diskant (ab Takt 188 mit Auftakt mit den weiterhin klopfenden Achteln nur langsam, je höher das Thema steigt, entspannt und erst mit dem letzten absteigenden Achtelbogen, einem der zahlreichen Geniestreiche Schuberts in dieser Sonate (Takt 209 bis 2011)endgültig aufgelöst, was sich auch im ausdrucksstarken Spiel Meira Farkas niederschlägt, womit wir dann nach den letzten Bass-Trillern in Takt 212 und 214 im ppp bei der Reprise angelangt sind.

    Und hier scheint die Luft noch klarer und reiner als zu Beginn der Exposition. Und diese Reprise spielt sie wieder in einem äußerst berührenden Ton. Auch die geringfügigen Änderungen im Thema wie hier in Takt 238f. Fließen organisch in das Ganze ein. Noch einmal bemerkenswert ist die vorbildliche Ausführung der Legatobögen im dritten Thementeil mit der inneren Beschleunigung hin zum vierten Thementeil mit den Achteltriolen, die noch mal verdichtet hier (ab Takt 253) zum Teil siebenstimmig sind.

    Auch das wunderbare Seitenthema, das hier noch etwas höher liegt und ätherischer klingt, spielt sie sehr anrührend genau so, auch den Rückwechsel in B-dur (ab Takt 289) mit der hier um eine Quart höher liegenden Achteltriolensequenz (ab Takt 298). Hier scheint nichts mehr den Frieden zu trüben und so klingt es auch im silbrig glänzenden Diskant.

    Selbst die kraftvolle Steigerung in der Schlussgruppe wird noch auf der dynamischen Spitze des Satzes, dem Fortissimo in Takt 324, durch den gebrochenen zweiten Akkord geglättet.

    Und auch Schubert erweist sich hier als ein Meister der Coda, jedoch im Gegensatz zu Beethovens großer B-dur-Sonate op. 106 erweist er sich hier als Großmeister des Kleinen, des nur 13 Takte langen „Coda-Diamanten“, von Meira Farkas mit ihrem sanften Anschlag zum Funkeln gebracht.


    Meira Farkas ist im Andante deutlich schneller als die zeitgleichen Christoph Eschenbach (1974) und Philippe Entremont (2018). Dennoch ist das Tempo durchaus zutreffend. Sie spielt das Thema wie vorgeschrieben im Pianissimo mit klarer Tongebung wie zuvor auch schon den Kopfsatz. Ab Takt 9 spielt sie ein kraftvolles Crescendo und nach dem kurzen Decrescendo in Takt 13 spielt sie in Takt 14-17 eine berührende erste Duraufhellung in E-dur, danach eine beinahe introvertierte Themenwiederholung wieder in der Haupttonart cis-moll. Auch hier spielt sie wieder eine kraftvolle Steigerung ab Takt26, und wieder, wie schon zuvor, in einer Terrassensteigerung. Auch ist in der weiteren Ausführung ab dem Decrescendo in Takt 34 ihre nochmalige Absenkung in das Piano pianissimo in Takt 38 sehr anrührend, hin zum wunderbaren Seitenthema, das sie, wie fast alle ihre Kolleginnen und >Kollegen, wunderbar zum Erblühen bringt. Es ist dieses herrliche Thema, auf das ich schon in der Besprechung von Beethovens Hammerklaviersonate zuletzt

    hinwies, als ich sagte, dass man langsamen Themen von solch musikalischer Tiefe und reiner Schönheit wie das Seitenthema im Adagio der Hammerklaviersonate sonst fast nur noch bei Schubert finden könnte. Auch das nach den sieben überleitenden Staccato-Sechzehnteln in der Wiederholung nach oben oktavierte Thema spielt sie auf dem gleich hohen Niveau, ebenso wie nach der Rückkehr in die Bassoktave. Auch die Fortesteigerung nach der Eintrübung in Takt 70 auf der Eins bis 73 (durch Rückkehr nach B-dur) spielt sie meisterhaft, ebenso wie den letzten Abschnitt des Seitenthemas, der vor sich hin perlt und dann in einem Diminuendo-Ritardando zum Stillstand kommt, der durch den Generalpausentakt 89 noch verstärkt wird.

    Allerdings, ganz so lang wie Afanassjew (siehe Beitrag Nr. 2) hält sie die Pause denn doch nicht an.

    In der Themenwiederholung (Takt 90ff.) hebt sie auch die Verdunklung der Stimmung durch die Staccato-Sechzehntel in der Begleitung deutlich hervor. Auch das erste Terrassencrescendo (ab Takt 98 spielt sie abermals kraft voran strebend. Auch die Durauflösung (hier Takt 103 bis 106) spielt sie abermals sehr beeindruckend, auch die neuerliche Terrassensteigerung (ab Takt 115).

    Und wieder kommt auch Meister Schubert ebenso wie Meister Beethoven mit einer Coda der besonderen ums Eck, nicht nur, dass sie im Gegemsatz zu der Beethovens wieder recht kurz ist, nein sie ist auch noch fast komplett im Piano Pianissimo, und auch bei der Ausführung durch Meira Farkas überkommt mich ein wohliger Schauer,

    Ich habe die B-dur-Sonate Schuberts bisher am häufigsten in Konzerten erlebt, in der letzten Saison zuletzt von Arcadi Volodos, Igor Levit und Marc-André Hamelin, und ich hätte sie auch in dieser Saison in vier Wochen zum Abschluss der Klavierabos in Köln noch einmal von Elisabeth Leosnkaja erlebt, habe sie aber Gott sei Dank in den letzten Jahren zweimal mit der B-dur-Sonate erlebt, dazu Brendel zweimal in seinem letzten Jahr (2008), Buchbinder, Goode, Endres, Mauser, Kovacevic, Schiff zweimal, Stadtfeld, und last but not least Dame Mitsuko Uchida zweimal, und ich weiß nicht, ob ich alle aufgeführt habe. Ich kann jedoch versichern, dass speziell die Coda dieses Andante im Konzert nochmals ganz anders wirkt.


    Meira Farkas ist im Scherzo etwas langsamer Als Eschenbach und Entremont. Sie schlägt im Scherzo einen durchaus diesseitigen Ton an gibt dem Satz genügend Körper und Kraft, ohne jedoch zu laut zu sein. Der Dreier kommt bei ihr deutlich zum Vorschein.

    Im Trio folgt sie aufmerksam den rhythmischen Anweisungen des Komponisten und hebt noch einmal, was auch noch längst nicht jeder Pianist tut, das Fortissimo forzando (ffz) (in Takt 26 auf der Eins) deutlich hervor.

    Dann spielt sie natürlich noch einmal das Scherzo de capo ed infine la Coda.


    Im finalen Allegro ma non troppo ist sie langsamer als Entremont und Eschenbach, aber für die Satzbezeichnung ist das m. E. immer noch ausreichend schnell. Die einleitenden G-akkorde schwellt sie ausreichend ab, und spielt die vielen Rhythmuswechsel (staccato-legato) und die dynamischen Bewegungen in organischer Abfolge.

    Das Seitenthema ab Takt 85 spielt sie wieder in der Melodie in wunderbarem Legato, in großen Teilen auch durch die Achtel in der Begleitung deutlich synkopiert.

    Nach den beiden Generalpausentakten 154/155, wiederum nicht so lange angehalten wie Afanassjew, spielt sie eine kraftvolle Durchführungssequenz im ersten Abschnitt, dann nach dem Decrescendo in Takt 184 mit den duftigen Achteltriolen in der Begleitung einen wesentlich aufgehellten zweiten Abschnitt.

    Nach dem Diminuemdo ab Takt 216 setzt nach dem G-Akkord in Takt 224/225 im darauffolgenden Takt 226 mit Auftakt das Thema wieder wein, was einen reprisenförmigen Abschnitt suggeriert. Dem ist aber nicht so, denn dieser Abschnitt stellt nach der Themenwiederholung eine Fortsetzung der durchführungsartigen Inhalte dar, wie die vielen Fortestellen, Forzandi und der längere Forteabschnitt ab Takt 282 mit Auftakt dokumentieren, auch die großartigen Sechzehnteltonleitern, die Meira Farkas sehr kraftvoll gestaltet und erst im Decrescendo in Takt 298 zurückgeht und dann ein wirklich eindrucksvolles Decrescendo spielt, bis sie mit dem G-Akkord in Takt 312/313 den wirklich reprisenförmigen Abschnitt einleitet, der in Takt 360, also wesentlich eher als im expositionsförmigen Abschnitt in das Seitenthema überleitet.

    Das dies jedoch kein klassischer Sonatensatz ist, sieht man daran, dass nach dem Seitensatz erneut der durchführungsartige Abschnitt wieder auftaucht, doch auch hier wendet es sich nach der Hälfte wieder zum Helleren, dies letzte große Auseinandersetzung mit der Sonate will Schubert nun doch endlich den ersehnten Frieden schenken, und als dann in Takt 490/491 zum letzten Mal das Thema mit dem G-Akkord anhebt, die Musik von G-Akkord zu G-Akkord immer mehr zurückgeht, scheint alles auf ein friedlich leises Sonatenende zu zu laufen, doch auch bei Schubert ist, ähnlich wie bei Beethoven nicht alles gewiss, und so endet denn diese letzte aller 63 Sonaten der beiden späten Wiener Klassikkomponisten, schon in die Romantik rein reichend, mit einer rassigen Prestocoda im Forte und Fortissimo, und Meira Farkas greift ein letztes Mal beherzt zu und lässt am Ende natürlich das Bedauern darüber aufkommen, dass sie ihr wunderbaren Vortrag nicht um die Wiederholung der Exposition im Kopfsatz verlängert hat.


    Liebe Grüße


    Willi:thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

    Einmal editiert, zuletzt von William B.A. ()

  • Danke für die schöne Besprechung, Willi!


    Hier zum Nachhören der langsame Satz:



    Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

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  • Danke, lieber Wolfgang, für deinen Beitrag.

    Ich werde in diesem Thread noch eine Aufnahme besprechen, nämlich die späte Aufnahme von Christoph Eschenbach, die er 37 Jahren nach der ersten Aufnahme gefertigt hat, im Januar 2011. Diese Besprechung war eigentlich schon vorgsehen, ist aber aus irgendeinem Grunde bisher unterblieben.


    Liebe Nachtgrüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Franz Schubert, Klaviersonate Nr. 21 B-dur D.960

    Christoph Eschenbach, Klavier

    AD: 2012

    eschenbach_christoph_foto_manu_theobald_2.jpeg__250x240_q85_crop-smart_cropper-booking_detail-_subsampling-2.jpg

    Spielzeiten: 21:06 - 13:20 - 4:52 - 9:42 --- 49:00 min.;


    Christoph Eschenbach ist hier in dieser Aufnahme von 2012 im Kopfsatz doch fast zwei Minuten langsamer als 1974, und es wird nicht nur bei diesem Satz bleiben, aber welche (fast geheimnisvolle) Ruhe spricht schon aus dem ersten Themendurchgang mit dem abschließenden atemberaubenden tiefen Basstriller in Takt 8. ich glaube, dass ich das in den voraufgegangenen 48 Besprechungen noch nicht so gehört habe.

    Ich wage gar nicht mir vorzustellen, was dem Pianisten durch den Kopf gegangen sein mag, als er dieses ultimative Sonate nach fast vier Jahrzehnten ein zweites Mal aufgenommen hat, einer Spanne, die sieben Jahre länger währte als Schuberts gesamte Lebenszeit.

    Auch die dynamische Bewegung, die sich in den Takten 14/15 aus der Themenwiederholung erhebt, klingt so schlüssig, so schließlich und endlich- faszinierend. Und das Ganze klingt trotz der intimen Tongebung so klar.

    Auch im dritten Thementeil (Takt 20 - 34) gerät er nie in Versuchung, sich von dieser inneren Beschleunigung äußerlich fort reißen zu lassen noch zu früh zu crescendieren, und das Crescendo Takt 34/35 ist genau auf den Punkt gespielt, ebenso wie der vierte Teil (Takt 36 bis 47) mit überleitendem Decrescendo-Crescendo- herausragend!

    Das dann anschließende fis-moll-Seitenthema ist ein bewegender melancholischer Gesang von tiefem Ausdruck, und im oktavierten Bogen in der Rückkehr zum B-dur ab Takt 70 geht auch hier die Sonne wieder auf. Sehr berührend spielt er auch die rhythmisch leicht changierende Achteltriolensequenz (Takt 79 bis 98), mit der das Seitenthema endet und an die Schlussgruppe anschließt, wobei er abermals die dynamischen Bewegungen sanft mit einfließen lässt.

    Auch die dynamisch sehr kontrastreiche Schlussgruppe spielt er, wie ich meine, mit einem gleichsam kraftvollen und noblen Ton.

    Ebenso schlüssig gerät ihm die dynamisch so wechselvolle Überleitung zur Expositionswiederholung.

    Nach einer ausreichend langen Pausenfermate am Ende von Takt 125a wiederholt er selbstverständlich die Exposition.

    Diese Wiederholung ist genauso beglückend wie die Exposition selbst. Er schließt sie mit einem wunderbaren Ritardando-Überleitungstakt (117b) ab.

    Die melancholisch-traurige Durchführung im ersten Teil spielt er mit einem durchaus körperhaften Piano mit deutlichen, aber nicht überbordenden Akzenten und einem natürlich ebenso deutlichen Fortepiano in Takt 129. Gleichfalls deutlich ist die stimmungsmäßige Aufhellung in den wechselnd staccato und legato gespielten Achteltriolen-Tonleitern, die sich ihrerseits taktweise mit Abwärtsbewegungen der Achteltriolen abwechseln. Schön bindet er da auch die dynamischen bewegungen mit ein sowie die einzelnen Fortetakte 135, 140, 144 und die Schlusssteigerung dieses Abschnitts bis Takt 149.

    Die nun folgende Sequenz, die sich trotz der in Takt 146 erfolgten Rückkehr zum B-dur sich weiter und weiter von der anrührende Klangwelt der Exposition entfernt, spielt Eschenbach aus dem langsam tastenden Pianissimo ab Takt 151 über die zunehmend dissonanten Achtelakkorde im Diskant, insistierend kontrastiert von den klopfenden Achteln im Bass bis zu der mitreißenden hochdramatischen Steigerung bis Takt 172, dann abgelöst durch die wechselnden Quint-Sextakkorde ab Takt 173, die ihrerseits die Oktaven wechseln, die immer noch nicht Erlösung verheißen, bis sich das Thema wieder in langen Bögen im Diskant meldet und sich trotz der wieder hinzugetretenen dunklen Basstriller sich zunehmend zum Licht hinauf bewegt und sich von Mal zu Mal (Takt 200, 202 und 209= auflöst und endlich im wunderbaren absteigenden Achtelbogen nach einem endlich auch aufgelösten Basstriller im ppp in Takt 212 in einer nun beseligenden Reprise angekommen ist-- wie grandios spielt Christoph Eschenbach diese Entwicklung.

    Und wenn man hört, wie atemberaubend er dann diese Reprise spielt, dann könnte man schon bald glauben, man sei in dieser erlösenden Dimension angekommen. Und ich meine, dass das Thema auch in den hohen Bögen noch befreiter, ja beinahe strahlend klingt.

    Und auch das Seitenthema, nun in h-moll, klingt etwas heller und positiver als in der Exposition, wie ich meine. Auch das hört man in Eschenbachs Spiel, vor allem in der neuerlichen Rückkehr zum B-dur in Takt 289ff und auch in der anrührenden Achteltriolensequenz, die sich nun anschließt (Takt 298ff), in der dynamisch so wunderbar kontrastierenden Schlussgruppe und in der wundersamen nur 13 Takte kurzen Coda, aber welche musikalische Größe und Tiefe verbirgt sich darin in einer so grandiosen Interpretation, wie ich finde.


    Christoph Eschenbach spielt in seiner späten Aufnahme das Andante schon sehr langsam, fast drei Minuten langsamer als 1974, im Vergleich zu anderen eigentlich zu langsam, jedoch erliegt er nicht der Versuchung, diesen Satz, der ja in cis-moll steht, mit tiefer, erdenschwerer Trauer zu spielen, sondern er spielt es mit ganz zartem "ppp", tupft das 1/8 - cis'' in der Begleitfigur, das ja in den ersten acht Takten unverändert bleibt, nur eben an. Damit verleiht er dem Thema etwas Geheimnisvolles, wie ich finde, und dazu passt das langsame Tempo, und auch die dynamische Steigerung, (Takt 9 bis 11) ist sehr beeindruckend.

    Auch die Durauflösung (Takt 14 - 17) spielt er sehr anrührend und (gerade) noch auf der richtigen Seite des langsamen Tempos. Eschenbach hat ja in den Jahren 2007 bis 2012 mit Matthias Goerne die Winterreise, die Schöne Müllerin und den Schwanengesang aufgenommen, und nach allem, was ich bisher davon gehört habe, herrschen dort auch langsame Tempi vor, auch im Vergleich zu anderen Aufnahmen, und deren habe ich von den die Zyklen reichlich.

    Hier im rein instrumentalen Andante, das einem Adagio nicht fern ist, bildet er durch sein langsames, introvertiertes, dabei aber die Struktur jederzeit erhellendes Spiel den Spannungsbogen jederzeit hoch, wie ich finde, sodass die Musik hier nicht auseinander fällt.

    So gerät auch das zweite Crescendo (ab Takt 22) in der Themenwiederholung sehr berührend, ebenso wie das lange Decrescendo, dass, sich langsam und geheimnisvoll in das fast Unhörbare versenkend, zum wunderbaren Choral des Seitenthemas überleitet.

    Und hier geschieht das Unfassbare: wiederum verfällt er nicht der Versuchung, hier sowohl Tempo als auch Dynamik zu steigern, sondern er bleibt bei dem vorgewählten Tempo und spielt ein hier vorgegebenes, jedoch sehr maßvolles Piano. Dadurch erhöht er m. E. die Spannung und dringt weiter zum musikalischen Kern vor.

    Auch in der um eine Oktav erhöhten Wiederholung, hier nur innerlich beschleunigt dur die Sechzehntel-Quintolen in der begleitenden Alt-Lage der oberen Oktave, behält er den Schlag bei.

    Auch in der Rückkehr zur tiefen Lage spielt er trotz der gestiegenen dynamischen Kurve spielt er die Rückkehr zum Pianissimo in den Takten 63 bis 66 eine atemberaubende Versenkung, sodass auch die hier durch die Durauflösung nach B-dur (Takt 70 - 73), die eher einen umgekehrten verfinsternden Charakter hat, bis sich in Takt 74 wieder alles wendet.

    Die neuerliche Oktavierung des Themas nach oben sowie das langgezogene Decrescendo (ab Takt 80 mit Auftakt) spielt er mit der gleichen musikalischen Tiefe wie schon zuvor und legt auch einen genügend langen Generalpausentakt 89 ein.

    Eine neue Erfahrung mache ich, als ich seine Version der im reprisenförmigen Teil im Bass auftauchenden klopfenden Sechzehntel höre: auch im langsamen Tempo entfalten sie ihre düsterere Wirkung. Sie klingen nur noch geheimnisvoller. Die Spitzenachtel (hier auf gis'') bleibt immer zurückgenommen, auch im Crescendo. Dafür melden sich kernig die klopfenden Sechzehntel. So geht es der letzten Steigerung zu, dessen Spitzenton, das Forte in Takt 117 auf der Eins dann auch der letzte laute Ton in diesem Satz ist, dann geht es der wundersamen Codas zu, die mehrheitlich im "ppp" notiert ist, und diese spielt er mit der gleichen musikalischen Tiefe und den gleichen Zauber, mit dem ich diesen ganzen Satz von ihm erlebt habe!!


    Christoph Eschenbach spielt auch das Scherzo in moderatem Tempo, also gut eine halbe Minute langsamer als in der Version von 1974. Dennoch hat diese Interpretation den delikaten Schwung und die Leichtigkeit sowie die feine dynamische Klinge, die sehr gute Interpretationen nun einmal haben.

    Auch ist die Transparenz wieder beispielhaft, ist es ein Leichtes, die musikalische Struktur zu "erhören".

    Das Trio spielt er nochmal ein wenig langsamer, wie es ja auch andere Pianisten machen. Auch hier ist wieder wunderbar zu hören, wie fein er dynamisch kontrastiert, und zwar von der untersten Dynamikstufe her gedacht. Dabei wird natürlich auch das "ffz" in Takt 26 auf der Eins nicht vergessen. Sein "sempre pp" ist unglaublich. Eschenbach lehrt uns hier, dass die Größe gerade dieses Satzes auch in den "kleinen Dingen" liegt, wie den feinsten dynamischen Kontrasten und auch den kleinsten temporalen Verzögerungen- grandios!!


    Auch im Finale bleibt er seinem temporalen Gesamtkonzept treu, nimmt es ebenfalls noch etwas moderater, ist ungefähr 1 Minute langsamer als Alfred Brendel in seiner letzten Aufnahme überhaupt vom 14. 12. 2008 in Hannover oder Gerhard Oppitz in seiner Aufnahme 2007.

    Den einleitenden G-Akkord lässt er schön abschwellen (fp), und schon die ersten Takte mit den Staccatoachteln im Thema und die Nonlegato-Achtel-Oktavwechsel in der Begleitung zeigen uns, wie recht er hat, den Satz im Allegro- "ma non troppo" zu spielen.

    Und auch hier fällt dem aufmerksamen Hörer wieder sofort auf, wie aufmerksam er die dynamischen Bewegungen spielt (z. B. Takt 34 mit Auftakt "p" bis 46 mit Auftakt "pp". Das ist kein "Durchbrettern" in einem Einheitspiano, sondern eine Aufmerksamkeit der kleinsten dynamischen Bewegungen, die die subtile Wirkung dieses Spiels ausmacht. Selbst die Crescendi (ab Takt 26 mit Auftakt und 56 mit Auftakt) , und die Fortepiani in den G-Akkorden machen da keine Ausnahme.

    Und dann das Seitenthema (ab Takt 85): welch ein entspannter Gesang mit den wunderbar hingetupften synkopierenden Achteln in der Begleitung, und wie schön man die Struktur erkennen kann! Das ist wieder die hohe Kunst, dem scheinbar Kleinen mit einem wie beiläufig klingen, aber wunderbar fließenden Spiel zu seiner wahren Größe zu verhelfen. Er schließt diesen atemberaubend gespielten Seitensatz mit zwei ausreichend langen Generalpausentakten (154/155) ab.

    Und dann spielt er eine erste Durchführung, die mir wie eine logische Fortführung des über die ganze Sonate gespannten dynamischen Bogens erscheint, der hier nicht den größtmöglichen dynamischen Gegensatz, sondern den entsprechend nötigen Kontrast zeitigt.

    Auch die zweite, rhythmisch wie dynamisch logischerweise als zweite Seite der gleichen Münze gedachte zweite Hälfte dieses ersten Durchführungsabschnitts spielt Eschenbach wieder in ätherisch zartem Gesang mit feinsten dynamischen Bewegungen in entspanntem Tempo.

    Mit dem nächsten G-Akkord führt uns Eschenbach in den nächsten, scheinbar wie eine Reprise klingenden Abschnitt, der sich aber, wie wir längst wissen, als Erweiterung der Durchführung erweist, in dem wechselnde Abschnitte des Themas in verschiedenen musikalischen Formen durchgeführt werden, zu Beginn (ab Takt 249 mit Auftakt in Oktavgängen und kontrastierenden Oktavwechseln, dann später (ab Takt 262 mit Auftakt in oktavwechselnden Achteltriolen, die in verschiedenen Formen bis Takt 281 durchlaufen, schließlich (ab Takt 292) in kühnen Sechzehntel-Tonleitern, die schließlich in einem lang angelegten Decrescendo zur eigentlichen Reprise leiten. All das spielt Christoph Eschenbach dynamisch zwar kraftvoll, aber weiterhin in seinem Gesamtkonzept verankert, zu dem ebenfalls das organisch fließende Tempo gehört.

    Den reprisenförmigen Abschnitt, im Umfang nur gut halb so lang wie zu Beginn des Satzes spielt er im gleichen dynamisch-rhythmisch-temporalen Zusammenhang wie den einleitenden expositionsartigen Teil, daran anschließend den Seitensatz, der allerdings gleich lang ist wie zu Beginn.

    Vor allem seine passgenau gesetzten Achtelsynkopen in der Begleitung gefallen mir wieder über die Maßen. Das habe ich auch nicht bei jedem Pianisten so genau gehört.

    Wieder macht er am Ende des Seitenthemas zwei satte Generalpausen (Takt 428/429).

    Dem lässt er die Wiederholung des originalen Durchführungsabschnittes folgen, wiederum kraftvoll im ersten Teil und lyrisch-sanglich im zweiten Teil.

    Und beim dritten Themeneinsatz (Takt 491 mit Auftakt) vergisst er auch nicht, den G-Akkord normal ausschwingen zu lassen, da Schubert ja auch nun kein "Fp" mehr vorschreibt. Und er decrescendiert auch den G-Akkord bei jeder der beiden Wiederholungen und retardiert bis zur Coda schrittweise.

    Die Presto-Coda spielt er dann mit viel Tempo und hochdynamisch und schließt damit eine grandiose, jederzeit in sich schlüssige und, wenn man so will, "altersweise" Interpretation ab.


    Liebe Grüße


    Willi:thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

    Einmal editiert, zuletzt von William B.A. ()

  • Franz Schubert, Klaviersonate Nr. 21 B-dur D.960

    Vladimir Feltsman, Klavier

    AD: 14. - 17. 6. 2013

    feltsman-bio.jpg

    Spielzeiten: 23:03 - 9:05 - 4:18 - 8:49 --- 45:15 min.

    Instrument. Steinway(?)


    Da Vladimir Feltsman auch neu ist in meinen Besprechungen, so sei auch hier ein Blick in seine Biografie vorausgeschickt:

    Vladimir Feltsman (russisch Владимир Оскарович Фельцман, Wladimir Oskarowitsch Felzman; geboren am 8. Januar 1952 in Moskau) ist ein russisch-amerikanischer klassischer Pianist:

    Mit elf Jahren spielte Feltsman zusammen mit der Moskauer Philharmonie. Er studierte am Moskauer Tschaikowski-Konservatorium und dem Sankt Petersburger Konservatorium und gewann 1971 den Grand-Prix bei der Marguerite Long International Piano Competition in Paris.

    Im Jahre 1979 beantragte er, die Sowjetunion verlassen zu können, da er immer unzufriedener mit der damals vorherrschenden Sowjet-Ideologie und der von der Regierung praktizierten Kontrolle über die Kunst wurde. Als Antwort darauf wurde ihm das Vortragen von Werken in der Öffentlichkeit untersagt. Nach vielen Versuchen bekam er acht Jahre später die Erlaubnis, die Sowjetunion zu verlassen.

    Bei seiner Ankunft in den Vereinigten Staaten 1987, hatte Vladimir Feltsman im Weißen Haus sein erstes Konzert außerhalb von Russland. Sein Konzert in der Carnegie Hall im selben Jahr trug zu seinem guten Ansehen als großer Pianist in den Vereinigten Staaten bei.

    Weiteres kann man hier lesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Vladimir_Feltsman


    Feltsman beginnt, wie etliche seiner Landsleute auch, diese Sonate im Kopfsatz mit sehr moderatem Tempo und mit einem klaren, transparenten Klang in einem durchaus diesseitigen Pianissimo und schließt den ersten Hauptthemenabschnitt mit einem superben tiefen Triller (Takt 8)ab, der dynamisch etwas niedriger ist als der erste Themenabschnitt. Sein Legatospiel ist vorbildlich, und die Fermate vor dem ersten Viertel des zweiten Themenabschnitts hält ausreichen lange an, allerdings nicht so lange wie sein Landsmann Afanassjew und einige andere. Auch den zweiten Themenabschnitt entfaltet er in seiner unaufgeregten Spielweise genauso souverän wie den ersten.

    Und den dritten Teil, der schon im zweiten Triller anhebt und der das Thema variiert wiedergibt, und in dem durch den Einsatz der Sechzehntel im Bass quasi die innere Beschleunigung beginnt, die sich ab Takt 29 mit Einsatz der Sechzehntel auch im Diskant fortsetzt, der aufmerksame Schubertspieler an sich und natürlich auch Feltsman aber den Grundpuls unbeirrt beibehält, die Dynamik aber innerhalb des "Pianissimo-Spielraums" etwa zwischen Takt 29 und 33 unmerklich anhebt, spielt er wunderbar in den sich ständig erweiternden Legatobögen aus.

    Erst ab Takt 34, wie es gehört, setzt der das kraftvolle, aber nicht überbordende Crescendo hin zum Forte an. Auch die beiden dynamischen Akzente am Taktübergang 40/41 und 42/43 lässt er aufmerksam mit einfließen., ebenso das Decrescendo-Crescendo ab Takt 45 bzw. 47 mit Auftakt.

    Auch an dessen Ende in Takt 47 auf der Vier lässt er das Fortissimo nicht ins Uferlose schießen und spielt im Übergang zum fis-moll-Seitenthema (Takt 48 nach dem Doppelstrich) einen berührenden Portatobogen.

    Das Seitenthema selbst (ab Takt 49) spielt er mit aller gebotenen Ruhe und sanften dynamischen Bewegungen , und lässt am Ende dieses Seitenthemas (Takt 69 ) das dritte Thema in einem wunderbaren Bogen und der Rückkehr zum B-dur mit den oktavierten Achtelakkorden im Crescendo, wie ich es gerne formuliere, wie einen Sonnenaufgang erscheinen- großartig! Auch hier folgt wieder der Portatobogen (Takt 72) und zum Abschluss dieses legatogeprägten Themenabschnitts in zwar kräftiges aber maßvolles Crescendo, bevor er den mir besonders lieb gewordenen rhythmisch sehr abwechslungsreichen Abschnitt mit den Auf- und ab strebenden Achteltriolen beginnt, die in der Begleitung und Wechsel der Oktave von Einzelachteln und den rhythmisierenden Achtelpausen kontrastiert werden.

    Auch hier lässt er die mehrfachen dynamischen An- und Abschwellungen organisch einfließen und den letzten Abschnitt vor der Schlussgruppe mit den mehrfach durch Pausen unterbrochenen Achtelfiguren folgen.

    In der dynamisch wieder sehr kontrastreichen Schlussgruppe greift auch er sehr beherzt zu und erreicht zum ersten Mal in diesem Satz eindeutig das Fortissimo. Diese dynamischen Gegensätze gestaltet er mitreißend und sehr aufmerksam. So ist er einer der gar nicht so häufigen Pianisten, der in dem Zweiunddreißigstel-Bogen in Takt 112 die dort angehängte Achtel wirklich wie eine Achtel spielt und ausschwingen lässt und nicht, wie mancher andere, diese Note wie eine weitere Zweiunddreißigstel anhängt und verhuscht klingen lässt.

    Und er spielt auch selbstverständlich die hochdramatische Überleitung zur Wiederholung der Exposition, wie eigentlich alle seine russischen Landsleute, die ich bisher hier besprochen habe, und von Swjatoslaw Richter und Grigory Sokolov weiß ich es eh. Eine Ausnahme hat es allerdings bisher gegeben: Lazar Berman hat in seinen Aufnahmen 1962 und 1980 die Überleitung und Wiederholung der Exposition gespielt, 1972 allerdings nicht. Ich habe in meiner Besprechung (Seite 5, Beitrag Nr. 127) auch darauf Bezug genommen.

    Dann wiederholt Feltsman die Exposition in der gleichen beglückenden Weise, wie er sie zu Beginn gespielt hat. Nach der Wiederholung der Exposition spielt er einen berührenden Ritardando-Übergangstakt 117b zur Durchführung.

    Den ersten Teil der Durchführung in cis-moll spielt er in langen traurigen Bögen im Piano mit leichten dynamischen Akzenten und einem moderaten Crescendo gegen Ende, bevor er ab Takt 131 den scheinbar helleren Zwischenteil mit den rhythmisch abwechselnden Staccato- und Legatoachteln

    ebenfalls leichter nimmt, auch nach der Rückkehr zum B-dur ab Takt 146.

    Wie trügerisch das Ganze war, demonstriert er eindrücklich in Takt 147 mit den klopfenden Portato-Achteln, die einen langen inhaltlichen und klanglichen Spannungsbogen aufbauen, der sich ab Takt 160 musikalisch verdichtet und ab Takt 164 in ein permanentes Crescendo mündet, zunehmend dissonant und ab Takt 167 von den gleichtönenden Achtelakkorden in Oktavwechseln sich wandelnd.

    Diese die Spannung stetig steigernden Veränderungen spielt Feltsman vorbildlich heraus , dabei im maßvollen Fortissimo in Takt 171/172 auslaufend.

    Weniger dramatisch, aber gleich spannungsvoll geht es im Piano weiter mit Melodiefetzen , die von klopfenden Quint- und Sextakkorden kontrastiert werden, dabei mehrfach die Oktaven wechselnd. Auch hier flicht Vladimir Feltsman in die eintönig rhythmisierenden Achtelakkorde und die Melodiestimme die notierten dynamischen Bewegungen fließend mit ein, ebenso ab Takt 186 die wiederkehrenden Basstriller, die jetzt stärker hervortreten als in der Exposition.

    Das nun wieder fast vollständig auftretende Hauptthema spielt er wieder im großen Bogen und von Mal zu Mal höher und runder, die Bögen nun auch höher schraubend und auf den zweiten Melodieteil beschränkend. So führt er ganz abgeklärt in der abschließenden Abwärtsbewegung ab Takt 209 und einem anrührenden Decrescendo das musikalische Geschehen in zwei nunmehr in viel milderem Licht erscheinenden und nurmehr im Piano Pianissimo auftretenden Basstrillern zur Reprise hin, die uns nun auch milder, ja verklärender erscheinen will als die Exposition.

    Hier mach Vladimir Feltsman dann auch die große Pause, wie sie Afanassjew auch gemacht hat, die "komponierte Stille".

    Und aus dem Pianissimo heraus spielt auch er den nächsten Basstriller im wunderbaren "ppp". Mir will scheinen, dass auch der weitere Fortgang von Feltsman im milderen Licht gehalten wird, fast wie ein Gefühl der Befreiung nach überstanden Mühen, Drangsal und unsäglichen Schmerzen, wie sie Schubert gehabt hat. Und führt vielleicht ein Glücksgefühl, das der Pianist durch die Noten spürt, dazu, dass die berühmte Steigerung hier anders als dort (Takt 34ff) dazu führt, dass die Steigerung diesmal etwas kraftvoller ausfüllt?

    Und ist nicht auch das Seitenthema, diesmal in h-moll, nicht etwas heller, vor allem nach der Rückkehr zum B-dur (Takt 289 ff.) Auch die Schlussgruppe, speziell der ff-Takt 324, klingt nun wie befreit, die Glissando-Zweiunddreißigstel (Takt 331, vorher 112) beseligend, das ohnehin moderate Tempo wird noch etwas langsamer, und die unglaubliche Coda, so kurz sie ist, so überirdisch, weit entfernt scheint sie uns- eine grandiose Interpretation!


    Im Andante sostenuto in cis-moll, das er auch in schwermütigem Ton beginnt, ist er etwas schneller als Meira Farkas 2003 und deutlich schneller als Christoph Eschenbach 1974, die ich vor ihm besprochen habe. Das Crescendo spielt er, ähnlich wie schon im Kopfsatz, in beherrschtem Dynamikumfang, nahe an das Forte heran und decrescendiert anschließend wieder stark. Aus dem Pianissimo spielt er dann eine sehr berührende erste Duraufhellung nach E-dur. Auch das zweite Crescendo ab Takt 26 verharrt in dieser von der Gesamtstimmung beherrschten moderaten Ton und dann lässt er, wie ich es auch schon von anderen mehrfach hörte, eine ganz zarte, leise und traurige Überleitung hören zu jenem wunderbaren singulären Choralthema hören, wie es nur ein ganz großer Liedkomponist ersinnen kann.

    Und auch das Choralthema selbst gestaltet er beherrscht, voll innerlich leuchtender, musikalisch tief gründender fast schmerzender Schönheit. Auch die Oktavierung, die mir einen Schauer über den Rücken jagt, ist zum Niederknien, ebenso die Themenvariierungen ab Takt 59, obwohl er durch die stets klopfenden Sechzehntel im Tiefbass immer die doch eigentlich ungewisse Verbindung zum Diesseits aufrecht hält. Folgerichtig bricht auch am Ende dieser Sequenz mit dem Auflösungszeichen in Takt 70 auf der Eins dieser überirdische Gedanke im Piano und Pianissimo und weicht einem fast bedrohlich wirkenden kraftvollen Crescendo, auf das Feltsman auch das nötige Gewicht legt.

    Durch die neuerliche Oktavierung scheint die positive Stimmung zurück zu kehren, doch das scheint nur so: die positive Kraft dieses trostreichen Chorals weicht in einem lang angelegten Decrescendo immer mehr , und auch das Tempo lässt immer mehr nach, bis das Geschehen am Ende von Takt 88 stehen bleibt: Generalpause---

    Diese dehnt Feltsman auch so lang aus wie Afanassjew, bevor in Takt 90 das tieftraurige Hauptthema wieder anhebt. Doch-- etwas ist jetzt anders: durch die hinzugetretenen klopfenden Sechzehntel-Staccatobässe wird die Stimmung noch fataler, und auch das vierstufige Crescendo, hier ab Takt 98, spielt Feltsman noch eindringlicher, wie mir scheint. Umso erstaunlicher scheint die unschuldige Klarheit der neuerlichen Duraufhellung (Takt 103 bis 106, und auch die anfangs (ab Takt 90) bedrohlich aufscheinenden klopfenden Sechzehntel erscheinen nun in milderem Licht, ebenso wie das nun wieder folgende Crescendo.

    Und dann wieder die Coda, zu der diesmal am Ende von Takt 122 die drei klopfenden Sechzehntel als sich in Wohlgefallen auflösende Türöffner erweisen: diese sechzehn sich größtenteils zwischen pp und ppp/pppp bewegenden Takte gehören mit zum Schönsten, was jemals an Codas komponiert wurde, und Feltsmans Interpretation wird dem, und das gilt m. E. für den ganzen Satz, vollauf gerecht!


    Im Scherzo ist Vladimir Feltsman zeitgleich mit Christoph Eschenbach und demzufolge doch deutlich schneller als Meira Farkas. Im Ausdruck trifft er, wie ich meine, sowohl das "vivace" als auch das "con Delicatezza" sehr gut, zumal er die kurzen Legatobögen als auch die zeitgleich in der jeweils anderen Oktav laufenden Nonlegato- bzw. Staccatofiguren sauber voneinander trennt. Auch dynamisch bleibt er sorgfältig im vorgegebenen Rahmen.

    Auch das rhythmisch und dynamisch durchaus heikle Trio spielt er, wie ich finde, mit Bravour. Dann schließt er das Scherzo da capo ed infine la Coda an.


    Im Finale ist Vladimir Feltsman schneller als Meira Farkas, und auch noch wenige Sekunden schneller als Christoph Eschenbach. Er spielt die Exposition rhythmisch prägnant und dynamisch aufmerksam und lässt die jeweils einem Thementeil voraus gehenden G-Akkorde lang ausschwingen. Das erste Crescendo ab Takt 25 auf der Zwei spielt er ausreichend kraftvoll. Auch das zweite Crescendo ab Takt 73 spielt er aufmerksam, der Partitur entsprechend nicht so stark steigernd.

    Den Seitensatz ab Takt 85, der in Diskant durchgehende legato verläuft und im Bass das Legato mit non legato getupften synkopierenden Achteln abwechselt, spielt er in ruhig entspanntem Fluss, dynamisch zwischen Pianissimo und Piano changierend und lässt am Ende in Takt 154/155 eine ausreichend lange Generalpause.

    Den ersten durchführungsartigen Durchlauf ab Takt 156 spielt er in kräftig zupackenden Modus, sozusagen auf dem dynamischen Gipfel des Finales und decrescendiert am Ende dieses Abschnitts, der durch weite Intervalle und dynamische Gegensätze geprägt ist, in Takt 184 sorgfältig, bevor er im zweiten, p-pp-Abschnitt das Geschehen mit lyrischem Ausdruck fortsetzt, wobei er die Melodielinie durch klar und sanft fließende Achteltriolen im Bass kontrastiert. Dabei spielt er auch die regelmäßig eingestreuten hohen Oktavierung präzise aus, wie das seine Art ist. Er verschluckt nicht den Spitzenton.

    Am Ende dieses Abschnitts erscheint wieder der G-Akkord, der uns einen reprisenförmigen Abschnitt suggeriert, der sich jedoch ganz anders entwickelt (ab Takt 225 mit Auftakt) und in seinem folgenden dynamisch stark auftrumpfenden Procedere eher durchführende Züge annimmt.

    Vladimir Feltsman spielt das souverän, zupackend, aber wiederum nicht überbordend und jederzeit wieder so klar und transparent, dass wir z. B. auch nicht die mehrfach changierenden Oktavfiguren im Bass überhören, zunächst ab Takt 249 als Oktavwechsel von Ton zu Ton, dann zwei Takte lang als Oktavakkorde, dann wieder Wechsel und schließlich ab Takt 258 mit Auftakt als Oktavwechsel-Achteltriolen, und diese kommen in diesem Abschnitt immer wieder auch in verschiedener Form zurück bis zum Ende von Takt 285, und in den letzten vier Takten dieses Abschnitts wieder als Oktavakkorde in Achteln. Dann erst erfolgt in den Sechzehntel-Tonleitern ein letzter Aufschwung, der in ein längeres Decrescendo mündet.

    Feltsman spielt das Ganze dynamisch fein abgestuft und abermals sehr transparent, bevor dann ab Takt 312 das Thema wirklich reprisenförmig mit einer kleinen Modulation in Takt 315 wieder einsetzt und in Takt 359 wieder in das Seitenthema übergeht, das seinerseits mit den neuerlichen Generalpausentakten 428/429 ein letztes Mal dem zweigeteilten durchführungsartigen Abschnitt Platz macht, in dem Feltsman wieder beherzt zugreift und in der Tat das Fortissimo erreicht; sehr schön auch hier wieder sein Decrescendo in Takt 458, mit dem er wieder den zweiten, lyrischen Teil dieses Abschnitts einleitet. Auch hier kann man wieder kristallklar vernehmen, wie er, entgegen so mancher seiner Kollegen die Spitzentöne in den Oktavierungen , z. B. Takt 467 auf der Eins voll ausspielt, und ein letztes Mal schlägt er die G-Akkorde an, die er, drei an der Zahl, in diesem letzten Einsatz von Mal zu Mal leiser spielt wie etliche andere auch. Dann schließt er seine grandiose Einspielung mit einem furiosen Presto ab. Das ist ein feiner Schluss für meine 50. Rezension dieser Sonate.


    Wirklich eine Aufnahme, mit der er sich in der Spitze behaupten kann!


    Liebe Grüße


    Willi:thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Franz Schubert, Klaviersonate Nr. 21 B-dur D.960

    Olga Filatova, Klavier

    AD: 19.-21.7. 2002, Bochum

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    Instrument: Steinway(?)

    Spielzeiten: 14:14 - ( 19:00) - 9:23 - 3:42 - 8:23 --- 36:52 min (41:38) bei virtueller Wiederholung der Exposition im Kopfsatz)


    Auch Olga Filatowa ist noch nicht in meinen Klavierthreads aufgetaucht, daher hier etwas zu ihrer Vita:


    Olga Filatova wurde 1973 in Nischny Nowgorod, Russland, geboren. Seit ihrem fünften Lebensjahr erhielt sie Klavierunterricht, ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte sie mit elf Jahren. Zwischen 1989 und 1992 studierte Olga Filatova bei Yuri Slesarev an der Musikschule des Moskauer Konservatorium für hochbegabte Kinder. Weiteres kann man im Booklet dieser CD lesen. (Thorofon CTH 2475)


    Olga Filatova beginnt das Molto moderato im klaren transparenten Pianissimo und schlägt im Vergleich zu Vladimir Feltsman ein zügiges Tempo an. Sie wird auch, wie die Spielzeit auf der CD ausweist, die Exposition (leider) nicht wiederholen. das ist für russischen PianistInnen ungewöhnlich, könnte aber möglicherweise der Wettbewerbssituation geschuldet sein; denn immerhin spielte sie diese Sonate auf dem Schubert-Wettbewerb in Dortmund 2001, und möglicherweise ist die Angelegenheit aus Zeitgründen) dieser Situation geschuldet.

    Im ersten Basstriller spielt sie in der Mitte eine dynamische Bewegung nach oben und wieder nach unten. Auch im zweiten Thementeil (Takt 10 mit Auftakt bis Takt 18 spielt sie eine sehr moderate dynamische Schleife. Das habe ich schon verschiedentlich gehört, und es gefällt mir sehr gut.

    Auch der dritte Thementeil nach einem wiederum dynamisch bewegten Triller (Takt 19) spielt sie in Takt 20 bis 33 im gleichbleibenden Tempo mit leichten dynamischen Bewegungen, behält aber im Großen und Ganzen den pp-Rahmen bei.

    In Takt 34/35 schließt sie eine grandiose Steigerung an, die im Vergleich zu Vladimir Feltsman kraftvoller ausfällt. Im vierten Thementeil behält sie das höhere Dynamiklevel bei und lässt die dynamischen Bewegungen an den Taktübergängen 40/41 und 42/43 organisch mit einfließen. Die Schlusssteigerung (Takt 46/47 fällt aber etwas weniger heftig aus als die Steigerung 12 Takte zuvor.

    Das Seitenthema, im ersten Teil (Takt 49 bis 69 in fis-moll), spielt sie weiter in dem fließenden Tempo mit wiederum sehr aufmerksam ausgeführten dynamischen Bewegungen , aber immer im niedrigen Bereich um "p", und ihre Lesart dieses 1. Teils wirkt nicht so tieftraurig, sondern eher gemäßigt melancholisch.

    Im Übergang zum B-dur in Takt 70 geht auch in ihrem Spiel "die Sonne auf" und in den nächsten Takten spielt sie ebenfalls ein kraftvolles Crescendo, hin zu der staccatogeprägten Achteltriolen-Sequenz ab Takt 79. Diese Sequenzn spielt sie aus einem Guss mit wunderbaren dynamischen Bewegungen und einem deutlichen Unterschied zwischen dem "hüpfenden" Fließen in den Achteltriolen und dem stockenden Übergang ab der halben Pause in Takt 94 bis zum Takt 97. Man hört schon bis hierhin, warum sie den Schubert-Wettbewerb gewonnen hat, und ich persönlich bedauere sehr (aber sehr wahrscheinlich nicht allein) - ebenso wie weiland bei Brendel - dass sie die Exposition nicht wiederholt, denn auch die Schlussgruppe spielt sie exzellent, mit etwas anderen dynamischen Lösungen in den Takt 103/104, wodurch der ff-Takt 106 ein besonderes Gewicht erhält. Auch das gefällt mir sehr gut. Allerdings bekommt sie den Spitzenton in Takt 112 (g''''?) nicht so überzeugend hin wie Vladimir Feltsman.

    Den Ritardando-Takt 117b führt sie, gemäß ihrer temporalen Gesamtkonzeption, natürlich auch schneller aus als Feltsman, jedoch genauso behutsam und spannungsreich.

    Die Durchführung selbst klingt dem zufolge m. E. nicht unendlich traurig, sondern eher rastlos, unwillig und unsicher und im zweiten Teil dann wesentlich positiver, auch ruhiger, die Crescendi in Takt 139ff. und 144ff. kraftvoll ausführend, aber dennoch gemahnen die von ihr sofort präsent tönenden klopfenden Achtel am Ende dieser Sequenz zur Vorsicht, so, als sei die Gefahr noch spürbar, und das wird sie ja im Folgenden auch zunehmend, von ihr in einer mitreißenden musikalischen Verdichtung und dem langen Crescendo ab Takt 163 bis hin zum Fortissimo in Takt 171/172, und ebenfalls in der darauf folgenden Sequenz mit den klopfenden Quint und Sext-Akkorden, die sich in Takt 184 bis zu Oktavakkorden weiten und, was sie genauso gewissenhaft ausführt, wie im Gegensatz dazu: dass die Melodie im Diskant sich immer weiter aufhellt, je höher sie in der Oktave steigt. Und die letzten Takt , etwa ab Takt 208, spielt sie in atemberaubend leisen und zarten pp/ppp, auch die beiden abschließenden Triller in Takt 211/212 und 214/215.

    Und dann lässt auch sie in der Pausenfermate einen großen Raum zum Atem holen.

    Auch bei ihr spürt man förmlich auf der Haut das mildere, wärmere Licht der Reprise im Vergleich zum Beginn der Exposition, das uns anzeigt, was zwischen diesen beiden Punkten geschehen ist, in der Musik und in der Imagination.

    Sie verleiht diesem trostreichen, ja fast erlösenden Gefühl auch Ausdruck in der großen Steigerung am Ende des dritten Thementeils (ab Takt 253), als sie schon im Überschwang wenige Takt eher die Stimme leicht erhebt und das Forte noch steigert, fast bis zum Fortissimo, ebenso die zweite Steigerung am Ende des Hauptthemas, als sie in Takt 266 das Fortissimo vollends erreicht und das lyrisch-melancholische Seitenthema, hier in cis-moll, zielstrebig in diesseitigem transparenten Klang an uns vorüber ziehen lässt, bevor in Takt 289 im oktavierten Diskant auch hier "die Sonne aufgeht" und im letzten Abschnitt des Seitenthemas die hier überaus froh klingenden Achtel-Staccato-Triolen

    anmutig , von ihr wunderbar kontrastiert in den synkopierenden Achteln voran hüpfen, bis sie am Ende, zur Schlussgruppe hin, auch durch die Pausen, langsam ins Stocken geraten.

    Auch die Schlussgruppe spielt sie großartig und schließt mit einer sehr anrührenden Coda ab.


    Im Andante ist Olga Filatowa etwas langsamer als Vladimir Feltsman und etwa gleich lang wie Swjatoslaw Richter in der berühmten Live-Aufnahme von 1957 in Moskau, bei der auch Glenn Gould im Publikum saß. Wenn es an der Zeit ist, jene Aufnahme zu besprechen, werde ich noch einmal auf as Geschehen rund um das Konzert Richters eingehen.

    Im Ausdruck ist Olga Filatowa in diesem Beginn des Andante ungefähr bei Vladimir Feltsman. Der entsprechende Vergleich zu Richter fehlt natürlich noch, aber daran werde ich später wohl denken.

    Die erste Durauflösung des Themas in E-dur (Takt 14-17) spielt sie in sehr intimer Tongebung, Ebenso wie die erste Steigerung (Takt 9 bis 12) gestalte sie auch die zweite (Takt 26 bis 28) dynamisch noch moderat, was mir in der Entwicklung aber auch gefällt.

    Noch eine Kleinigkeit ist mir aufgefallen, die ich vorhin vergessen habe: in der Aufwärtsfigur aus dem Bass tippt sie die unterste, tiefe Achtel nur ganz kurz an, lässt sie nicht ausschwingen. Ich weiß gar nicht, ob ich das so schon mal gehört habe. Sehr schön ist auch ihre letzte Sequenz des Hauptthemas, das Decrescendo ab Takt 34 als Überleitung zum wunderbaren Choralthema.

    Das Thema selbst versieht sie mit viel Körper, spielt auch die dynamischen Bewegungen (Takt 46, 48/49) aus, bleibt aber im Tempo ebenso moderat wie Vladimir Feltsman. Auch hier betont sie wieder die Kürze der Staccatonoten, hier die Sechzehntel.

    Die Oktavierung des Themas nach oben ist im Legato reine beseligender Gesang, wobei sie die begleitenden Sechzehntelquintolen in der Altlage des Diskant wunderbar fließen lässt. Zum Zeitpunkt des Konzerts war sie 28 Jahre alt und hatte dort schon, wie ich meine, ein sehr hohes Ausdrucksniveau, gepaart mit einer stupenden Technik, erreicht. Das wird erklärlich, wenn man in ihrer Vita liest, wie lange sie bei einem Lehrer (Yuri Slesarev) gelernt hat.

    Auch in der Rückkehr des Themas in den Bass (ab Takt 59) hält sie diesen tief in den musikalischen Kern der Musik eindringenden Ausdruck vor.

    Auch als nach dem Auflösungszeichen in Takt 70 auf der Eins das Crescendo folgt, bleibt sie bei dem reinen Gesang und "streift" das Forte nur und lässt den Flügel nach der Rückkehr des Themas in den Diskant noch einmal innig singen, bevor sie mit dem Decrescendo (ab Takt 80 mit Auftakt) und dem Diminuendo in Takt 88 das Thema langsam zum Stillstand bringt. Den Generalpausentakt 89 hält sie auch mehrere Sekunden an.

    In der Wiederholung des Hauptthemas ab Takt 90 hat sich ja bekanntlich etwas geändert, indem nämlich nach der Aufwärtsfigur in der Begleitung die drei klopfenden Achtel in einer Figur eingefügt sind, worauf sie auch den Klangcharakter der ersten tiefen Achtel geändert hat, sie runder spielt.

    Aber dieser rigide Klopfrhythmus hat natürlich die Stimmung der Musik weiter nach unten gedrückt, was sie schön zum Ausdruck bringt, obwohl die neuerliche Durauflösung (hier Takt 103 bis 106) hier wieder einen kleinen Hoffnungsschimmer hervorbringt., aber dann fällt das Geschehen wieder in den alten trostlosen Trott zurück bis die Sechzehntelfigur am Ende von Takt 122 wie ein Lichtschalter, indem die dritte Sechzehntel, um einen Halbton gesenkt, die zaubrische Coda, zumeist im Piano Pianissimo hervorbringt. Auch in diesem Kleinod (es sind ja nur 16 Takte) stellt Olga Filatowa ihr hohes lyrische Empfinden erneut unter Beweis.


    Im Scherzo ist sie in der Spielzeit ganz bei Swjatoslaw Richter. Sind neben Feltsman z. B. Afanassjew, Ashkenazy und Berman, deutlich über vier Minuten ist sie ebenso deutlich darunter.

    Sie spielt das nun technisch einwandfrei, in sehr diesseitigem Ton, und vielleicht sollte ich tatsächlich von Richters sechs! Aufnahmen der B-dur-Sonate mal eine aussuchen und als nächste hier besprechen. Dann kann man auch sehen, wie sich die Spielzeiten der anderen Sätze dieser beiden zueinander verhalten.

    Das Trio spielt sie rhythmisch sehr aufmerksam und beachtet die vielen Forzandopiani durchaus, vielleicht bis auf as ffz am Übergang von Takt 25/26. . Dann spielt sie noch einmal das Scherzo da capo und am Schluss die vier! Codatakte.


    Im finalen Allegro ma non troppo ist sie wiederum etwas schneller als Vladimir Feltsman, aber sehr viel langsamer als beispielsweise Swjatoslaw Richter .

    Sie spielt den 1. Hauptthemendurchgang (Takt 1 bis 84) ganz entspannt in Piano-Grundlautstärke, wiederum sehr transparent, lässt die G-Akkorde normal lange ausschwingen, spielt die Crescendi (ab Takt 25, 55 und 73) partiturgerecht und beachtet die zahlreichen dynamischen Bewegungen und die noch zahlreicheren rhythmischen Kontraste, die im schnellen Wechsel zwischen Staccato, Legato und auch die beiden Portato-Achtel-Triolen am Taktwechsel 62/63 sehr genau.

    Den durchgehend dreistimmigen Seitensatz: Melodie in der 1. Stimme im Diskant, Sechzehntel-Begleitung in der 2. Stimme und weitgehend synkopierende Achtel sowie alternierend Viertel-, Achtel- und teilweise auch halbe als zweite Stimme im Bass spielt sie sehr aufmerksam, dabei die sanften dynamischen Bewegungen mit einfließen lassend und nach zwei ausreichend langen Generalpausentakten (154/155) den ersten ganz gro0en dynamischen und stimmungsmäßigen Gegensatz vorbereitend, die erste durchführungsartige Sequenz ab Takt 156, wo sie beherzt zugreift und mit einem veritablen Fortissimo loslegt, wobei die Melodiestimme rhythmisch galoppartig daherkommt. Hier geht sie nach der hochdynamischen Sequenz in Takt 184 aufmerksam zurück und spielt die zweite eher lyrische Hälfte mit den Achteltriolen in der Begleitung mit einigen größeren und vielen kleinen Legatobögen luftig anmutig hüpfend, so wie es komponiert ist. So geht es hier erst mal hin und her. Der nächste Abschnitt, wieder mit G-Akkord beginnend, scheinbar die Reprise einläutend, die sich aber doch nach einer Reihe von Takten eher als durchführende Fortsetzung entpuppt, erfüllt Olga Filatova auch mit kraftvollem Ungestüm, und spürt den dynamischen Wendungen und raschen Änderungen der musikalischen Figuren: Oktavgänge, Oktavwechsel, Achteltriolen , Sechzehntel-Tonleitern souverän nach, wobei sie Letztere, immer noch im Forte beginnend, ab Takt 298 wunderbar retardiert und dann in Takt 312 tatsächlich mit dem stark verkürzten Reprisenteil beginnt, der schon in Takt 359 in den lyrischen Seitensatz übergeht. Dies alles spielt sie genau so souverän wie zu Beginn und lässt den munteren Seitensatz mit gekonnt gesetzten Achtelsynkopen in der Begleitung an unserem Ohr vorbeischnurren.

    Ein letztes Mal fällt nach den neuerlichen beiden Generalpausentakten 428/429 der Durchführungsabschnitt ein, den sie wiederum mit Kraft und Präzision vorträgt, im zweiten Teil ab Takt 459 wieder mit anmutigem lyrischen Gesang, wobei sie aber hier wie aber schon im ersten Durchführungsabschnitt die Spitzentöne in den Oktavierungen traumhaft sicher ausspielt.

    Dann zum letzten Mal die G-Akkorde, die ja von Mal zu Mal leiser gespielt werden, wobei sie auch noch das Thema die ersten beiden Male (ab Takt 498 mit Auftakt und ab 504 mit Auftakt) retardiert und erst dann, zur Presto-Coda hin das Tempo wieder anzieht.

    Die Coda spielt sie dann schwungvoll zu Ende und beendet damit eine große Aufnahme, die nur einen kleinen Mangel hat- wir wissen nicht warum, aber bei einem so fundierten erfüllenden Spiel wäre eine Wiederholung der Exposition im Kopfsatz das Tüpfelchen auf dem "i" gewesen.


    Liebe Grüße


    Willi:thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup::thumbup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Bevor ich mich traue, in diesem Thread etwas zu äußern, einmal herzlichen Dank an Holger und Willi, die mit ihren Untersuchungen dieser Sonate für mich viele Anregungen bereit hielten. Mittlerweile besitze ich die Schubert Ausgabe von Mitsuko Uchida, die mir bis dato nur als Mozart Interpretin (damals noch bei Philips) ein Begriff war. Ihre Schubert Interpretation ist großartig und hat mich zu meinem Glück veranlasst, mich auch ihres Beethovens anzunehmen.


    Ebenso schön waren die Tipps zu Dina Ugorskaja und Volodymyr Lavrynenko mit ihren wirklich beeindruckenden Interpretationen. Ein Interpret allerdings, der mir am Herzen liegt, ist bisher noch nicht aufgetaucht. Es mag an der lexikographischen Ordnung liegen....


    Vor Jahren war der Pianist Dezsö Ranki zusammen mit dem leider vor kurzem verstorbenen Zoltan Kocsis ein Begriff. Ich habe schöne Mozart- und Bartok-Aufnahmen von ihm auf Platte von Hungaroton, wenn ich mich nicht täusche. Ich kenne auch eine fantastische h-moll Sonate von ihm auf einer Denon Platte. Er ist irgendwie ein wenig von der Bildfläche verschwunden, ohne dass ich eine Erklärung hätte. Es gibt eine Aufnahme von Schuberts B-Dur Sonate von ihm auf CD (die CD-Diskografie ist klein)

    R-13940948-1564531813-5125.jpeg.jpg


    die in ihrer Unangestrengtheit und Natürlichkeit schon beeindruckend ist. Ich bin absolut nicht in der Lage, das Spiel direkt mit den Noten in Verbindung zu setzen. Er spielt deutlich schneller, als die meisten anderen (die ich kenne) und hütet sich vor extremen Betonungen, die das Werk durchaus zulässt.


    Der erste Satz ist übrigens nur 15 Minuten lang.... Ganz anders als bei Afanassiev. Da würde mich Euer Urteil mal interessieren.

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  • Lieber astewes,


    schönen Dank für deinen Beitrag, und ich beginne mal mit deinem letzten Satz. Ich habe schon mal den Namen Deszö Ranki gehört, aber wenn seine Aufnahme der B-dur-Sonate zu haben wäre, hätte ich sie. Ich habe zur Zeit etwa 150 Aufnahmen von der B-dur-Sonate, und es gibt noch einige, wo ich noch zuwartne möchte. Sie kosten zur Zeit noch um die zwanzig Euro.

    Die von dir gepostete Aufnahme ist bei Denon erschienen, und von dieser Marke, die m. E.mit CD's nicht mehr aktiv am Markt ist, gibt es nicht mehr viele, die eisnt aufgenommen wurden. So habe ich von Bruno

    Leonardo Gelber, der alle BeethovenSonaten bei Denon aufgenommen hat, nicht mehr alle zu kaufen. Die, die es

    gibt, habe ich damls erworben und zumTeil auch schon besprochen.

    Prüfe doch einmal nach, ob Ranki, die Exposition (ca. 5 Minuten) wiederholt. Ich möchte fast wetten, dass er das nicht tut. Ansonsten wäre die 15 Minuten nicht zu erklären. Die schnellsten Aufnahmen, die ich habe, dauern ohne Wiederholung der Exposition etwas über 13 Minuten und mit Weiderholung zwischen 18 und 19 Minuten.

    Bei 15 Minuten (Ranki und andere) müsste der Kopfsatz mit Wiederholung gut 20 Minuten dauern,


    Liebe Grüße


    Willi:)


    P.S. Ich breche gleich erst wieder zu meinem Anti-Corona Marsch auf, und am Abend werde ich über die 1957er-Aufnahme Swjatoslaw Richters der B-dur-Sonate schreiben. Ich weiß aber noicht, ob ich heute noch damit fertig werde.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

    2 Mal editiert, zuletzt von William B.A. ()

  • Lieber Willi,


    ich habe mir daraufhin noch einmal den ersten Satz von Ranki, Anda und Afanassiev angehört. Anda und Ranki spielen keine Wiederholung, Afanassiev wohl. Insgesamt gibt das dem Satz tatsächlich eine völlig andere Statik von der Gewichtung her und es bleibt ein anderer Höreindruck.


    Liebe Grüße,

    Axel

  • Lieber Axel,


    interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die beiden Freunde Alfred Brendel und Paul-Badura-Skoda über die Überleitung und die Wiederholung der Exposition konträrer Meinung waren. Alfred Brendel spielte sie nie und Paul Badura-Skoda im Konzert eigentlich immer. Beide haben die B-dur-Sonate jeweils fünfmal aufgenommen. Ich habe die Aufnahmen und habe sie auch hier alle schon besprochen:

    Paul Badura Skoda: # 68, 78, 85, 87, 88;

    Alfred Brendel: # 133, 141, 167, 175, 181;

    In Beitrag Nr. 68 habe ich die Meinungen Badura-Skodas und Brendels gegenübergestellt und mit Originalzitaten belegt.

    Außer Badura-Skoda, dn ich persönöich kurz bei einem Konzert kenngelernt habe und mich kurz allgemein mit ihm unterhalten habe, habe ich auch Gerhard Oppitz persönlich kennengelernt, am Nachmittag des Tages vor einem Konzert am nächsten Tag, das er in Heilbronn gab. Die ganze Angelgenheit hatte unser Tamino operus (Hans) arrangiert und am Nachmittag beim Kaffee hatte ich Geglegenheit zum einem Gespräch mit ihm sowie auch am nächsten Tag nach dem Konzert. Bei dem ersten Gespräch sprach ich die Frage der Überleitung und der Wiederholung der Exposition an, denn er spielte die Wiederholung ja auch. Außerdem hatte ich ihm vor dem Kaffetrinken in einem umschlag meine Rezensionen siner beiden Aufnahmen der Hammerklavier-Sonate und Schuberts B-dur-Sonate überreicht.

    Er sagte, die Überleitung sei in ihrer Dramatik wie auch die Wiederholung der Exposition unverzichtbar für die Aussage der ganzen Sonate, und deswegen spiele er sie.

    Auch bei meinen jetzt ungefähr 150 Aufnahmen sind immer noch mehr als zwei Drittel mit Überleitung und Wiederholung.


    Liebe Grüße


    Willi:)

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    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    herzlichen Dank für den Hinweis auf Beitrag #68 (Franz Schubert, Klaviersonate Nr. 21 B-dur D.960, CD (DVD)-Rezensionen und Vergleiche (2017)). Die Äußerungen von Brendel und Badura-Skoda bringen tatsächlich die Sache auf den Punkt.


    Es stellt sich die Frage, was Schubert wollte. Ich beantworte sie momentan so (implizit gefolgert - kein echtes Wissen), dass der Notentext die Wiederholung vorgibt. Wenn das so sein sollte, muss ich mich doch als Interpret fragen, was dem Komponisten da vorschwebt. Ich bin mir bewusst, hier Äußerungen von Interpreten hohen Ranges vor mir zu haben, aber es leuchtet mir nicht ein, wieso Brendel dann einfach sagen kann:


    Alfred Brendel: In Schuberts B-dur-Sonate, die so oft als Beispiel herangezogen wird, verzichte ich auf diese Überleitung [zur Wiederholung] mit besonderem Vergnügen: so ohne jede logische oder atmosphärische Beziehung steht dieser zuckende Ausbruch da, als hätte er sich aus einem fremden Stück in die großartige Harmonie dieses Satzes verirrt (Nachdenken über Musik, 1977 S. 93)

    Selbstverständlich kann man das denken, aber man muss sich doch hier dann bewusst sein, dass man an der Intention Schuberts vorbeigeht. Die Erklärung Badura-Skodas gibt ja eine gewisse Auskunft über eine mögliche Interpretation:


    Paul Badura-Skoda: Ich selbst bin anderer Meinung: In diesen unheimlichen neun Takten (ab T. 117) sehe ich einen Geniezug, gerade deshalb, weil sie "aus dem Rahmen" fallen wie der plötzliche Einbruch einer anderen Welt, der die vorherrschende Heiterkeit der Exposition brüsk unterbricht. Nur dieses einzige Mal , einen Takt vor der Wiederholung, erscheint das entfernte leise "Donnergrollen" vom 8. Takt des Themas ganz "nahe", im drohenden Fortissimo". Dadurch gewinnt der Wiedereintritt des Hauptthemas eine andere Bedeutung als am Beginn, er vermittelt weniger das Bild einer sanften Abendstimmung als erlösendes Aufwachen nach einem Albtraum".


    Badura-Skoda interpretiert die Noten von Schubert, und zwar so, dass sie tatsächlich mit meinem eigenen Empfinden übereinstimmt. (Das ist natürlich Zufall und muss nicht notwendigerweise so sein), aber er gibt dem Material einen Sinn, während Brendel ihm das einfach abspricht.


    Es hat natürlich immer schon "Korrekturen" von Interpreten an Werken von Komponisten gegeben. Horowitz spielte Mussorgskis Bilder einer Ausstellung mit Modifikationen (ich besitze irgendwo eine alte Platte der EMI mit genau solcherart Eingriffen), aber meines Wissens hat man ihm auch das zum Vorwurf gemacht. Wäre dann eine Interpretation, wie Brendel sie abliefert nicht eher so etwas wie Schubert/Brendel?


    Liebe Grüße,

    Axel

  • Lieber Axel,


    ich werde später auf deinen schönen Beitrag antworten, zuerst möchte ich die Erinnerungsbeiträge fertigstellen.


    Liebe Grüße


    Willi:)

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  • Er (Badura -Skoda) sagte, die Überleitung sei in ihrer Dramatik wie auch die Wiederholung der Exposition unverzichtbar für die Aussage der ganzen Sonate, und deswegen spiele er sie.

    Das ist genau das Argument, das für die Notwendigkeit(!) einer Wiederholung der Exposition spricht.

    Was mich an Brendels Behauptung von der angeblichen "Überflüssigkeit", ja sogar "Schädlichkeit" der Wiederholung immer schon ganz erheblich gestört, gar geärgert hat, ist, dass er diese seine Auffassung nicht wirklich sachlich begründet. Begründet von der musikalischen Aussage der Sonate her und der Funktion, die der Überleitung zur Wiederholung in diesem Zusammenhang zukommt.

    Meines Erachtens will er diese Funktion nicht sehen. Was eigentlich verwunderlich ist, angesichts ihres musikalischen Gewichts, das ihr von ihrem Umfang und ihrer spezifischen, schroff chromatischen Klanglichkeit her zukommt. Es müsste ihn doch eigentlich stutzig machen, dass Schubert als Zwischenspiel vor der Wiederholung eine solche geradezu verstörende, ja erschreckende Passage in die stark melodisch geprägte, darin an die Mignon-Lieder erinnernde und die Anmutung großer klanglicher Lieblichkeit aufweisende Musik des ersten Satzes gesetzt hat.


    Er beurteilt diese Überleitung so:

    "In Schuberts B-Dur-Sonate (…) verzichte ich auf diese Überleitung mit besonderem Vergnügen: so ohne jede logische oder atmosphärische Beziehung steht dieser zuckende Ausbruch da, als hätte er sich aus einem fremden Stück in die großartige Harmonie dieses Satzes verirrt."


    So ist es!, würde ich Brendel entgegenhalten. Genau das war Schuberts Absicht. Er wollte mit diesem "zuckenden Ausbruch" in die Chromatik die "großartige Harmonie" des ersten Satzes stören. Ich höre diese Überleitung genau so. Schubert will sagen: Diese klangliche Schönheit ist nicht von dieser Welt. Das, was sich hier ereignet, dieses Verweilen in der "virtuellen Unendlichkeit des Singens", wie Peter Gülke das einmal höchst treffend genannt hat, ist die musikalische Imagination einer anderen Welt, - einer, wie sie eigentlich sein sollte, realiter aber nicht möglich ist.


    Das, liebe Hörer meiner Sonate, solltet ihr bedenken, hat sich Schubert wohl gedacht, wenn ihr euch ganz und gar von dieser Musik gefangen nehmen lasst. Mit dem dumpfen Triller auf dem Kontra-Ges habe ich ja schon angedeutet, dass es mit ihr so ganz geheuer nicht ist. Das genügt aber wohl nicht, und deshalb mache ich euch mit diesem Zwischenspiel noch einmal auf markantere Weise darauf aufmerksam. Und deshalb sollt ihr, eben dieses Zwischenspiel immerzu im Ohr, den ersten Satz nun noch einmal hören.


    Von daher mutet - aus meiner Sicht - dieser sich als Argument gebende Gedanke Brendels geradezu kurios an:

    "Dem Spieler, der zu Hause die Exposition einer Schubert-Sonate zehnmal wiederholt, sei seine Freude herzlich gegönnt. Im Konzertsaal wird er gut daran tun, die Konzentration des Publikums (und seine eigenen Kräfte) nicht zu überfordern."

  • So, lieber Axel,


    ich bin nun mit den Erinnerungen durch.

    Nun habe ich einige Beziehungen und einige statistische Angaben für dich.

    Von dem berühmte österreichischen Fünferclub der Pianistinnen und Pianisten, die um das Jahr 1930 geboren wurden, spielen drei, Ingrid Haebler, Jörg Demus und Alfred Brendel die Überleitung und Wiederholung der Exposition nicht, einer, Paul Badura-Skoda, doch. Der Fünfte, Friedrich Gulda, hat die Sonate nicht aufgenommen.

    Insgesamt sind in meiner Sammlung 42 Aufnahmen (28,8%) ohne Überleitung und Wiederholung der Exposition und 71,2% (104 Aufnahmen) mit.

    Vladimir Horowitz hat die frühe Aufnahme (1947) ohne gespielt und die späte (1986) mit, Lazar Berman die erste (1972) ohne und die folgenden beiden (1980 und 1992) mit, und Paul-Badura-Skoda (s.o.) nur aus Anschaungsgründen für seine Anhänger eine(2011) ohne.

    Dies ist nur ein erster Überblick.

    Ich bin wie du und die Mehrzahl der Pianistinnen und Pianisten der Meinung, dass die Überleitung und die Wiederholung der Exposition von Schubert bewusst komponiert wurde und ich kann nirgendwo eine "ad libitum"-Bemrekung erkennen. Deswegen lasse ich die Auslassung der Überleitung und der Expositionswiederholung auch in meine Bewertungen mit einfließen.


    Liebe Grüße


    Willi:)


    P.S. Jetzt habe ich mein Nachmittagsprogramm absolviert und komme gerade vom Besuch meiner Frau und sehe, dass ich diesen Beitrag noch gar nicht abgeschickt habe,sorry!

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Helmut,


    ich habe deinen Beitrag erst gelesen, als ich meinen o. a. Beitrag, den ich vor drei Stunden schon fertig hatte und aus Versehen erst jetzt abgeschickt hatte.

    Du sprichst mir mit deinen Argumenten aus der Seele. und er (Schubert) greift ja diesen Faden in den nächsten Sätzen wieder auf, wie ich finde, diesen Wechsel von Hell und Dunkel, Freud' und Leid, positiv und negativ, Wohligkeit und tiefen Schmerz, und so mutet mir manchmal diese Sonate wie ein Tagebuch seiner letzten Monate an, wozu wir getrost noch die A-dur-Sonate, geschrieben ebenso wie die noch voraufgegangene c-moll-Sonate in eben diesen letzten Lebensmonaten.

    In diesem Lichte sehe ich auch das Andante mit seinem tieftraurigen Hauotthema und mit dem wunderbaren zweiten choralartigen Thema und vor allem das Finale mit den teils dramatischen Entwicklungen in den durchführungartigen Abschnitten, obwohl beide Sätze trostreich oder sogar Letzterer freudvoll enden.

    Ähnlich wie Paul Badura-Skoda äußerte sich auch Gerhard Oppitz in einem längeren persönlichen Gespräch mit mir, dass es ein großer Mangel wäre, wenn man auf diesen faszinierenden dramatischen Höhepunkt des Kopfsatzes (Überleitung) und die Wiederholung der Exposition verzichten würde.

    Aus diesem Grunde zitiere ich mal sinngemäß Alfred Brendel, wobei ich den Namen Beethoven durch den Namen Schubert ersetze: ,Bei Schubert rechtfertigt sich jede Note aus sich selbst heraus'.


    Liebe Grüße


    Willi:)


    P.S. Jetzt setze ich mich an meinen Hauptrechner und schreibe weiter an meiner Besprechung von Swjatoslaw Richters Liveaufnahme der B-dur-Sonate im Mai 1957 in Moskau im Beisein Gelenn Goulds.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich bin mir bewusst, hier Äußerungen von Interpreten hohen Ranges vor mir zu haben, aber es leuchtet mir nicht ein, wieso Brendel dann einfach sagen kann:

    Dazu - und zum Disput zwischen Brendel und seinem Freund Badura-Skoda in Bezug auf die Expositionswiederholung und den Triller:


    Franz Schubert: Romantiker, klassischer Romantiker? Interpretationswege am Beispiel der Klaviersonate Nr 21 in B-Dur D 960


    Ich hoffe, das ist hilfreich! :)


    Schöne Grüße

    Holger

  • Lieber Holger,


    vielen Dank für diesen Hinweis und die ausführliche Besprechung des Disputes.


    Ich zitiere daraus Alfred Brendel: (Leider lässt sich nicht threadübergreifend zitieren)


    Wiederholungszeichen sind nicht immer Befehle: Daß sie unweigerlich von Erwägungen der Proportion bestimmt seien, ist ein moderner Köhlerglaube. Auch dort, wo der Komponist einige Takte der Rückleitung, die zum Beginn des Satzes führen, eigens komponiert hat, ist damit ein Wiederholungszwang nicht gegeben. In Schuberts B-Dur-Sonte, die so oft als Beispiel herangezogen wird, verzichte ich auf diese Überleitung mit besonderem Vergnügen: So ohne jede logische und atmosphärische Beziehung steht dieser zuckende Ausbruch da,


    Brendel äußert sich hier allgemein mit dem Hinweis, dass man Wiederholungen nicht notwendigerweise als Mittel für die Gestaltung eines Satzes sehen sollte. Dann fügt er mit dem Hinweis auf fehlende logische und atmosphärische Beziehung des Trillers eine ästhetische Überlegung an. Meines Erachtens wird dann so argumentiert: Die Wiederholung ist ästhetisch unschön und formal muss man sich nicht daran halten. Ergo: Kann man sie weglassen.


    Nur müsste man doch sehen, dass das ästhetische Urteil das von Alfred Brendel ist und nicht geteilt werden muss (siehe Badura-Skoda). Tatsächlich greift aber diese Wiederholung massiv in die Proportionen des ersten Satzes ein. Auch der Hinweis von Brahms, dass Wiederholungen häufig nur dafür da seien, Melodien und Motive besser einzuprägen, wirkt in diesem Zusammenhang nicht wirklich greifend. Was sollte dann dieser ästhetisch so problematische Triller? Den hätte man sich bei dieser Intention doch wohl gespart. Eigentlich deutet doch alles daraufhin, dass die Wiederholung hier ein von Schubert eingesetztes architektonisches Mittel ist. Zumindest scheint mir das bei aller Unwissenheit naheliegend zu sein.


    Für eine andere Sicht bietet der Disput ein persönliches ästhetisches Urteil und ein generelles zu Wiederholungen an. Mehr doch nicht, oder übersehe ich etwas?


    Beste Grüße,

    Axel

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