Austausch über Höreindrücke zu den Sänger-Jubilaren

  • Lieber "Melomane",


    herzlichen Dank für deinen Beitrag, ich freue mich sehr, dass du nach zweitägiger Pause hier wieder mit an Bord bist! :) :jubel: :yes: :hello:


    Deine Einschätzung der Pedrillo-Arie von Erwin Wohlfahrt deckt sich mit meiner ja nahezu völlig. :thumbup:


    Möchtest du dich auch noch zu den "Entweihten Göttern" von Petra Lang äußern? 8-)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"


  • Möchtest du dich auch noch zu den "Entweihten Göttern" von Petra Lang äußern? 8-)


    Nein. Obwohl ich Ortrud immer für ihre beste Partie gehalten habe und auch der Ausschnitt nicht wirklich schlecht ist, wirkt ihre Isolde, die ich von ihr im März in Wien erlebt habe, noch insofern nach, dass ich überhaupt keine Lust verspüre, mich zu ihr dezidiert zu äußern. Zu allem anderen wurde in den vorangegangenen Beiträgen alles gesagt.

  • Schön, lieber William, dass Du an Paul Franz erinnert hast!


    Das ist sicher eine der schönsten Tenorstimmen des 20. Jahrhunderts.
    Ich schlage vor dass wir uns über eine seiner Aufnahmen austauschen, die aus Le Prophète stammt.


    https://www.youtube.com/watch?v=Cr47guKoJCU



    Leider aber werde ich erst heute abend etwas dazu sagen können, da ich ich jetzt weg muss!
    Aber: muss man eigentlich dazu etwas sagen?Vielleicht mag ja jemand schon anfangen!


    Er hat auch Wagner und Verdi großartig gesungen aber vielleicht freut sich ja Stimmenliebhaber nach Gregory Kunde eher über den Jean??!
    Andernfalls biete ich als Alternative Otello. Tolle Aufnahme!


    https://www.youtube.com/watch?v=GsgRIPbFVes



    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Paul Franz ist einer der Tenöre aus der Frühzeit der Schallplatte, die man auch heute noch bestens genießen kann. Seine Art zu singen, ist uns nicht fremd! Das kann man etwa in der Hymne aus dem dritten Akt von "Le Prophète" bestens testen.


    Schon der Beginn der Hymne "Roi du ciel" hat in seiner Aufnahme einen wunderbar plastisch fokussierten Tonansatz. Der Klang der Stimme ist für einen französischen 'Fort Ténor' erstaunlich dunkel, schön und edel im Timbre, dabei reich an Obertönen.
    Die ersten Zeilen singt er flüssig, vorzüglich gebunden und mit einen Schwung, der auf mich sehr natürlich wirkt, auf jeden Fall nichts Forciertes hat. In der Partitur heißt es zwar "avec exaltation" aber diese Exaltation bei Franz kommt von Innen und sie reißt mit! Ihm ist der Fluss der Stimme wichtiger als ausgestellte Töne. So führt er den Bogen bis zu letzten Silbe "....serviteur". Er gestattet sich gar das "r" noch ausklingen zu lassen!


    Wie in der französischen Gesangsschule üblich, ist die Gesangslinie ganz aus dem Klang der Worte entwickelt. Besonders schön und ungemein plastisch gelingt ihm das bei "Réveille-toi ma harpe...." . Nach der fast wie eine Kadenz wirkenden Stelle auf das letzte "harpe" nimmt er den Schwung der ersten Strophe mit der Wiederholung von "Roi du ciel" wunderbar wieder auf!


    Bei "L'Eternelle est Roi sur terre....Roi! Roi!" imponiert er mit Fermaten, die zwar nicht die weiße Glut eines Leon Escalais haben aber streng in die Gesangslinie eingebunden sind. Er steigert die Tonintensität, läßt sich nicht dazu verführen, ausladenden Klang zu erzeugen, was ja meist zu einem Aufsplitten des Tones führt und gerade deshalb die gewünschte Wirkung nicht erreicht!


    Gut gelungen ist auch die Steigerung der Erregung bei "En marche, en marche", weil er hier mit klar geformten Tönen und mit rhythmischer Präzision die Überspanntheit und das Getriebensein beglaubigt! Interessant: selbst im angezogenen Tempo unterschlägt er nicht das abschließende 'e' von "marche"!


    Der Schluß "Á Munster.....Dieu vous suit" hat wieder fabelhaft unforcierte Attacken und den echten Glanz präzise gebildeter Spitzentöne.


    Es gibt andere Aufnahmen von Paul Franz, die erstaunliche andere Seiten an ihm zeigen.
    Bei seinem Romeo etwa kann man eine auch von französischen Tenören nicht oft gehörte lyrische Hingabe und innige Töne echter Herzenswärme hören.
    Einfach großartig vor allem seine Aufnahmen des Samson. Das "Arretez o mes frères" hat Charisma, Pathos und eine unwiderstehliche Strahlkraft! Das Lamento des Samson "Vois ma misère" ist tief bewegend und wirklich erschütternd! Da kann keiner der späteren Tenöre mithalten!


    Wer Paul Franz noch nicht kennt, sollte sich daran machen, ihn entdecken! Es lohnt!!


    Das rät mit gut gemeintem Nachdruck


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Das ist sicher eine der schönsten Tenorstimmen des 20. Jahrhunderts.

    Lieber "Caruso41",


    zuallererst danke ich dir sehr herzlich für deine beiden Beiträge zu Paul Franz in dieser Rubrik. Ich finde es toll, wie du von diesem Sänger begeistert bist und dich hier für ihn "mit Nachdruck" stark machst! :yes: :jubel: :thumbup:


    Nun muss ich aber leider auch zugeben, dass ich deine Begeisterung in diesem Ausmaß nicht nachvollziehen oder gar teilen kann. :(


    Insbesondere deine von mir nochmal zitierte Einschätzung kann ich leider gar nicht teilen. Ich habe mir heute vormittag seine Blumen-Arie angehört und war nicht übermäßig begeistert. Nun habe ich mir die Jean-Arie aus dem 3. Akt "Prophet" angehört und bleibe skeptisch.


    Ich finde seinen Stimmklang (gerade für einen Franzosen) nicht frei und entspannt klingend genug, sondern eher eng und gepresst. Die Intonation scheint mir auch nicht immer ganz zu stimmen, an einigen wenigen Stellen zu Beginn höre ich regelrecht etwas "Jaulendes"...


    Schon in der ersten Phrase finde ich die Spitzentöne zu veristisch akzentuiert und dadurch die eigentlich vorhandene Linie zerstörend.
    In der zweiten Phrase ist es ja gut, dass er eine Zäsur da setzt, wo es der Text gebietet, aber muss man die Linie deshalb so ruppig anreißen bzw. so eruptiv unterbrechen? Und dann dieser ausgestellte, lange gehaltene Spitzenton - naja, übermäßig kulturvoll gesungen finde ich das nicht - und sollte nicht gerade die französische Gesangsschule genau dafür eigentlich stehen?


    Im Mittelteil hat die Stimme durchaus eine überzeugende heldische Attitüde, die Jean an dieser Stelle der Oper auch braucht, keine Frage, und dass er das besser singt als Herr Kunde, ist auch völlig klar - aber hat Paul Franz wirklich "eine der schönsten Tenorstimmen des 20. Jahrhunderts"? ?(


    Auch das Ende dieses Mittelteils finde ich wieder eher unschön, natürlich ist das forciert gesungen, mit sehr viel Kraft.


    Bei der Wiederholung der Eingangsmelodie sind die Phrasen erstaunlicherweise besser abphrasiert als am Beginn, aber diese (zu) häufigen Fermaten zermürben mich als Hörer doch irgendwie... Geht es ihm wirklich um die Rolle und die Aussage oder um das Ausstellen seiner Stimme, ohne Rücksicht auf Verluste?


    Im eigentlichen B-Teil nimmt er die bewegten Kantilenen sehr gut auf Linie.
    Also: Emphase hat dieser Jean van Leyden da richtigerweise, keine Frage, und die heldische Höhe klingt da auch ziemlich eindrucksvoll.
    Die Tiefe und alle andere Lagen haben auch Substanz. Also: Dieser Teil klingt schon eindrucksvoll.


    Aber braucht es diese komischen Triller im Hauptteil wirklich?


    Sicher ist das Ende heldisch gesungen, aber für mich mehr im italienischen als im französischen Stil (also gut für eine Stretta des Manrico). Warum haut er zum Beispiel so auf die Stimme, wenn er nach dem Oktav-Spitzenton wieder die Quinte runtergeht? Warum entspannt er da nicht, indem er weniger Kraft gibt?


    Also: Das ist in einigen Teilen schon sehr souverän gesungen, aber "schön" ist auch ein Geschmacksurteil und richtig schön finde ich den Klang seiner Stimme nicht, tut mir Leid.


    Ich möchte meine Probleme mit ihm anhand der bekannteren Blumen-Arie aus Bizets "Carmen" noch etwas verdeutlichen:



    https://www.youtube.com/watch?v=5Wg9Hg9cg78


    Schon in der ersten Phrase klingt die Stimme für mich nicht lyrisch und entspannt genug. Es wird kein wirklicher Bogen gesungen, sondern die Töne werden mehr eckig aufeinandergesetzt. Warum bekommt bereits der zweite Ton einen solchen Akzent? Müsste der nicht eigentlich ganz entspannt gesungen werden? So ist er beinahe lauter als als der erste. Emotion und Emphase hat dieser José durchaus, aber mit fehlt die lyrische Verinnerlichung, die der Rolle bei dieser Erzählung meines Erachtens sehr gut zu Gesicht steht. Der erste Spitzenton ist sehr gut im Sitz gesungen, aber mit eigentlich zu laut. Auch in der Folge höre ich eigentlich kein wirkliches Piano, sondern zu oft forte, wo auch ein mezzopiano reichen würde. Dann kann ich mir auch (beinahe) gleich del Monaco und Corelli als José anhören...


    Auch das hohe B ist mir viel zu laut und forciert gesungen. Beherrscht dieser Sänger die "Voix mixte"? Und - falls ja - warum verwendet er sie (dann) nie? ?(


    Erst am Ende der Arie, nach dem "Carmen", erreicht er zum ersten Mal den Tonklang, den ich mir für die ganze Arie oder zumindest sehr weite Strecken davon gewünscht hätte.


    So, das war jetzt meine Antithese zu deiner These von "einer der schönsten Tenorstimmen des 20. Jahrhunderts" - ich bin sehr gespannt, wie der "Melomane" und andere diesen Tenor hören und bewerten.


    Hier gefällt mir übrigens der Stimmklang von Paul Franz wesentlich besser als in den beiden Vorbeispielen (zumindest am Anfang):



    https://www.youtube.com/watch?v=mgKCTTTsfH4


    Die Stimme klingt wesentlich entspannter und klangvoller, wirklich schöner, und hier nimmt er diese Schönheit im ersten Teil bis in die Höhe mit. Hier höre ich auch einige Pianophrasen. Überhaupt phrasiert er hier besser und klingt streckenweise wirklich lyrisch. Also: Singen konnte der schon, keine Frage!
    Aber sowohl mit dem Jean als auch mit dem José bin ich eben nicht richtig glücklich. (Beim Massenet-Beispiel forciert er nach hinten raus an einigen Stellen in der Höhe auch viel zu stark, da wird die Stimme dann für meine Ohren richtig hässlich. Das betrifft auch den Stentor-Schlusston, den ich so weit eher bei Verdi als bei Massenet erwarte.)


    Also: Ich bin hin- und hergerissen!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Eines ist Paul Franz auf jeden Fall: ein sehr interessanter Sänger, mit dem die Beschäftigung sehr lohnt. Ich habe mir die Beispiele angehört und muss sagen, dass mir der "Otello" mit Abstand am besten gefällt, da es sich für mich hier um eine wirklich "klassische" Heldentenorstimme handelt, vielleicht ist er sogar der einzige "echte" französische Heldentenor, der mir einfällt. Ob die Stimme nun wirklich schön ist, vermag ich nicht in letzter Konsequenz zu beantworten, sie ist strahelnd, von einer erdigen Schwere, etwas konterkariert von der nasalen Tongebung, die dem Timbre einen etwas artifiziellen Charakter verleiht, gleichzeitig aber durchaus dazu fähig elegant zu phrasieren, das erkennt man meines Erachtens besonders deutlich am zart einsetzenden, auf langem Atem gesungenen Beginn der José-Arie. Dass er beim José trotzdem aus meiner Sicht nicht wirklich ideal aufgehoben ist, zeigt sich, dass er mit Fortschreiten der Arie einen ziemlich dicken Klangbrei anrührt, der in einem ziemlich gestemmten b mündet, das vom notierten piano meilenweit entfernt ist. Unter dem Strich scheint seine Herangehensweise an den José - trotz streckenweiser nobler Phrasierung - mehr vom Verismo als von der Opéra Comique beeinflusst zu sein. Beim Meyerbeer imponieren mir die strahelnden Spitzentöne, auch wenn sie etwas gestemmt und von der Intonation her nicht ganz rein sind, auch der von "Stimmenliebhaber" befremdlich empfundene Triller ist für mich eher ein Zeichen dafür, dass er seine große Stimme erstaunlich gut unter Kontrolle hat. Trotzdem entzündet sich ein mitreißendes Feuer beim Anhören dieser Arie - zumindest bei mir - nicht wirklich, was aus meiner Sicht an einer gewissen lethargischen Routine liegt, mit der die Töne produziert werden. Beim Otello stimmt für mich vieles: Zum einen scheint er sich mehr in die dramatische Situation hereingefunden zu haben als bei den anderen Beispielen, er klingt hier viel agiler, wobei man zugestehen muss, dass der erregte Grundtenor der Stelle seiner schweren, autoritären Tongebung sehr entgegenkommt. Die unglaubliche Schwermut, die er "Ora e per sempre addio, sante memorie..." beimischt, versinnbildlicht in höchster Weise, wie Otellos Welt aus den Fugen gerät, gleichzeig bleibt die Stimme in einem brutalen Fluss, fast wie ein Katarakt, an dem Wassermengen herunterstürzen. Der folgende Spitzenton gerät freilich etwas zu tief, was mich aufgrund der unglaublichen Dramatik, die Franz an den Tag legt, aber nicht allzu sehr stört.
    Unter dem Strich empfand ich das Hören aller Beispiele als bereichernd. Franz hatte vielleicht nicht wirklich die schönste Stimme des 20. Jahrhunderts, eine der beeindruckendsten aber allemal.

  • Sehr weise gesprochen! :thumbup:


    Ich finde meine eigenen Eindrücke in deinen Beschreibungen wieder - und darüber hinaus noch mehr, das mich interessiert und motiviert, es nochmal nachzuhören.
    Den Otello sollte ich mir unbedingt noch anhören, um dieser Stimme näher zu kommen als bisher.



    https://www.youtube.com/watch?v=GsgRIPbFVes


    In der Tat das Beispiel, das mich von allen bisher gehörten mit Abstand am meisten überzeugt, das ist ein echter Heldentenor - und somit kein José.
    Dass er hier teilweise an Grenzen stößt, gehört für mich zu der Ausnahmesituation, in der sich Otello in diesem Monolog befindet, absolut dazu, alles andere wäre unglaubwürdig!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber, lieber Melomane!


    Zitat von »Caruso41«

    .
    Lieber "Caruso41", .....
    Insbesondere deine von mir noch mal zitierte Einschätzung kann ich leider gar nicht teilen.


    Dieses Zitat schießt in der Tat über das Ziel hinaus. Ich habe den Beitrag nicht noch mal gelesen, weil ich eilig weg musste. Sonst hätte ich das eingegrenzt! Für mich - und das sage ich jetzt ganz bewusst subjektiv - ist Paul Franz die schönste Stimme, die ich im Fach des französischen 'Fort Ténor' oder 'Ténor héroïque' kenne.


    Ich finde seinen Stimmklang (gerade für einen Franzosen) nicht frei und entspannt klingend genug, sondern eher eng und gepresst.


    Das kann ich nicht wirklich nachvollziehen! Vermutlich hast Du die Aufnahmen aus Youtube gehört. Und vielleicht sogar ohne gute Lautsprecher. Wenn ich ihn von LP oder CD höre, stellt sich dieser Eindruck, die Töne seien eng und gepresst eigentlich nie ein! Übrigens sollte man so alte Aufnahmen keinesfalls über Kopfhörer hören. Da bekommt man wirklich einen falschen Eindruck.


    Auch das hohe B ist mir viel zu laut und forciert gesungen. Beherrscht dieser Sänger die "Voix mixte"? Und - falls ja - warum verwendet er sie (dann) nie? ?(


    Na, das ist in "Roi du ciel" nicht unbedingt gefordert. Und die Aufnahme hatte ich eingestellt. Auf die Idee, ihn mit der Don José Arie einzustellen, wäre ich eher nicht gekommen! (Übrigens ist das hohe B in der Bizet-Arie zwar nicht piano gesungen aber es ist wenigesten schlank und rund!)
    Es gibt auch die Romanze aus dem zweiten Akt vom Prophète, aber leider nicht bei Youtube. Da kann man feine Pianophrasen hören und perfekt gemischte und delikat gefärbte Töne in der Höhe.
    Sicher auch in anderen Aufnahmen. Ich werde mal suchen. Von denen, die bei Youtube zu finden sind, könnte Dich nach der Enttäuschung über die José-Arie vielleicht die folgende Aufnahme trösten:


    L'Attaque du Moulin: "Adieux à la forêt"
    https://www.youtube.com/watch?v=Rhl2S7O3Dhs



    Oder Roméo et Juliette (Gounod), "Salut! Tombeau sombre".
    https://www.youtube.com/watch?…s&list=PLBC3251AFE771FCEB




    Beim Meyerbeer imponieren mir die strahlenden Spitzentöne, auch wenn sie etwas gestemmt und von der Intonation her nicht ganz rein sind, auch der von "Stimmenliebhaber" befremdlich empfundene Triller ist für mich eher ein Zeichen dafür, dass er seine große Stimme erstaunlich gut unter Kontrolle hat.


    Über beobachtete unsaubere Intonation von Spitzentönen wage ich bei alten Aufnahmen nichts zu sagen. Oft müssen die wirklich der Technik zugeschrieben werden. Gerade bei akustischen Aufnahmen!
    Gestemmt? Kann ich nicht hören! Mich beeindruckt eher die ungemein präzise Phonation selbst im heiklen Passagio und in der Höhe. Die Stimme gewinnt sofort Klang! Das deutet auf eine sichere Beherrschung des subglottischen Drucks.
    Recht aufschlussreich ist diese Aufnahme:


    Samson: "Arrêtez, ô mes frères"
    https://www.youtube.com/watch?v=UhsUJ15smbY


    Unter dem Strich empfand ich das Hören aller Beispiele als bereichernd. Franz hatte vielleicht nicht wirklich die schönste Stimme des 20. Jahrhunderts, eine der beeindruckendsten aber allemal.


    Wenn wir mal bei "Roi du ciel" bleiben, da würde ich sagen: ich kenne eigentlich keine Aufnahme, die mich mehr beeindruckt. Ich habe mehr als zwei Dutzend: von Paoli und Gilion bis zu Domingo und Heppner!


    Aber so weit auseinander sind wir wohl gar nicht! Dass ihr Gravamina anmerkt, vielleicht sogar besonders herausstellt, ist ja völlig in Ordnung! Letztlich ist das eine Frage der Ansprüche und Maßstäbe. Und die sind hier im Falle von Paul Franz eben sehr hoch. Er ist einfach ein Tenor, mit dem man sich beschäftigen sollte. Deshalb habe ich mich auch so vorgedrängt, als er gestern in der Liste der Jubilar genannt wurde!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Da ich heute nicht viel Zeit habe, schnell ein kurzes Video, bei dem man nicht viel analysieren kann:



    https://www.youtube.com/watch?v=AOTNGMM-f14


    Willi hat heute in seiner Gedenkrubrik dankenswerterweise an den 48. Todestag der Sopranistin Erna Schlüter erinnert. Sie war eine der führenden Hochdramatischen ihrer Zeit.
    Die eingestellten Walküre-Rufe von 1938 gefallen mir sehr gut. Die Stimme klingt frei und ist klangvoll in allen Lagen, auch in der Extremhöhe. Den ersten "Hochschleifer" hält sie oben sehr kurz, weshalb das oben nicht richtig klingt, aber sie korrigiert das selbst, indem sie den zweiten deutlich länger hält, als den ersten, was dann auch richtig gut klingt. Erstaunlich und bemerkenswert finde ich dann freilich den Spitzentonklang auf der Sekundfrequenz - so mühelos habe ich diese Stelle live selten bis gar nicht gehört. Der Klang ist dort beinahe kopfig und deutlich fraulicher als der "männlich-herbere" Klang vieler Fachkolleginnen gerade an dieser Stelle.


    Dann kommt der Mittelteil mit Text, wo ihre Artikulation gut, aber sicher nicht überragend ist. Die Vokale sind schon besonders wichtig für sie, die präzisen 'Notenwerte sind es eher nicht - beinahe eine weibliche Max Lorenz, aber sicher auch ein Zeitphänomen...
    Ich frage mich etwas, ob das für mich hochinteressante, weil schlüssige besonders betonte "du" bei "harten Sturm sollst du bestehn" wirklich Absicht ist oder nicht, da sie ansonsten generell rhythmisch etwas frei ist und auch andere Vokal- und Betonungsbildungen mitunter etwas "zufällig" wirken. Dennoch finde ich diese ungewöhnliche Betonung auf "du" von der Wirkung her stark. Außerdem gefällt mir ihr entspanntes, unforciertes Singen gerade auch in dieser tieferen Lage, weil das auch nicht jeder gegeben ist!


    Beim Schlussteil fällt mir auf, dass der erste Hochschleifer wieder sehr kurz und der zweite deutlich länger ist, es scheint also ein bewusst gesetztes Gestaltungsmittel von ihr zu sein und keine Zufälligkeit.


    Fazit: Ich finde es wohltuend, diesen anspruchsvollen exponierten Einstieg in die Brünnhilden-Partie so klangschön und mühelos zu hören, was selten genug vorkommt - auch wenn mir (nicht nur) im Mittelteil die rhythmische und sprachliche Präzision etwas abgeht und mir da manches etwas "schlampert" vorkommt. :pfeif: Die Stimme wird in der Extremhöhe nicht vergewaltigt, sondern singend-klingend geführt(!), das gefällt mir sehr gut. Lieber verzichtet sie etwas auf Volumen, als durch zu großes Nachdrücken den Klang zu verhärten. :yes: :jubel: :thumbup:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Erna Schlüter hat mich in dem kurzen Video ebenfalls überzeugt. Die Stimme erscheint nicht unbedingt riesig ist aber, so sauber geführt und setzt ihre Akzente so gekonnt, dass ein Eindruck von hoher Dramatik entsteht. Die "Hojotoho"s werden etwas mehr als nur angetippt, der zweite gelingt, da hat "Stimmenliebhaber" recht, vom Tonansatz her voller und damit voluminöser. "Heiaha" macht durch die gleichsam überraschende wie mitreißende Akzentuierung ungeheuren Effekt. "Dir rat' ich Vater..." beginnt eher ruhig, bevor dann das "Hei! wie die gold'ne Geißel sie schwingt..." wiederum durch abrupte Betonung herausgestellt wird. "Zornig fährt sie zum Zank" wird ein etwas schriller Ton beigemischt, hier wird klar wie wenig diese Brünnhilde von ihrer Stiefmutter hält... "In solchem Strauße..." wird wieder leichter genommen, so dass beinahe der Eindruck von Übermut entsteht. Die nun folgenden "Hojotoho"-Rufe wieder sehr souverän. Insgesamt eine sehr beachtliche Herangehensweise, die wieder einmal unter Beweis stellt, dass Dramatik und Lautstärke nicht das gleiche sind.


    Habe mir auch noch ihre Fidelio-Leonore ein bisschen angehört, das gefällt mir auch sehr gut, besonders der äußerst souveräne Registerausgleich im Schlussteil hat es mir angetan:


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  • Erna Schlüter hat mich in dem kurzen Video ebenfalls überzeugt. Die Stimme erscheint nicht unbedingt riesig ist aber, so sauber geführt und setzt ihre Akzente so gekonnt, dass ein Eindruck von hoher Dramatik entsteht. Die "Hojotoho"s werden etwas mehr als nur angetippt, der zweite gelingt, da hat "Stimmenliebhaber" recht, vom Tonansatz her voller und damit voluminöser. "Heiaha" macht durch die gleichsam überraschende wie mitreißende Akzentuierung ungeheuren Effekt. "Dir rat' ich Vater..." beginnt eher ruhig, bevor dann das "Hei! wie die gold'ne Geißel sie schwingt..." wiederum durch abrupte Betonung herausgestellt wird. "Zornig fährt sie zum Zank" wird ein etwas schriller Ton beigemischt, hier wird klar wie wenig diese Brünnhilde von ihrer Stiefmutter hält... "In solchem Strauße..." wird wieder leichter genommen, so dass beinahe der Eindruck von Übermut entsteht. Die nun folgenden "Hojotoho"-Rufe wieder sehr souverän. Insgesamt eine sehr beachtliche Herangehensweise, die wieder einmal unter Beweis stellt, dass Dramatik und Lautstärke nicht das gleiche sind.


    Habe mir auch noch ihre Fidelio-Leonore ein bisschen angehört, das gefällt mir auch sehr gut, besonders der äußerst souveräne Registerausgleich im Schlussteil hat es mir angetan:



    Lieber "Melomane",


    herzlichen Dank für deine Antwort zu meinem Beitrag zu Erna Schlüter, die ich als Bestätigung meines Höreindrucks ansehen kann und darf. :yes: :hello:


    Die "Fidelio"-Leonore habe ich mir jetzt auch angehört. Die Tiefe und Mittellage überzeugen mich durchgängig in dieser stimmlichen Entspanntheit ohne großen Nachdruck (außer beim "Erreichen", was wahrscheinlich gar nicht nötig wäre, aber wohl bewusst zur besonderen Verdeutlichungs-machung der gerade zurückgelegten extremen Wegstrecke mit reisigem Tonumfang) - die Stimme scheint völlig in sich zu ruhen.


    In der Höhe gibt es anfänglich ein paar enge, etwas gepresst klingende Stellen, die mir nicht so gut gefallen, die wirklichen Höhepunkte sind dann aber wieder beeindruckend rund und klingend gesungen, auch das von dir schon gerühmte Ende.


    Ja, diese Sängerin kann und sollte man sich wirklich anhören! :thumbup: :jubel: :angel:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber, lieber Melomane!


    Erna Schlüters Name ist natürlich eng mit der Geschichte der New Yorker MET verbunden. Auf eine sehr unglückliche Art!
    Nach dem zweiten Weltkrieg zögerte die MET zunächst, Kirsten Flagstadt, der Kollaboration mit den Nazis vorgeworfen wurde, wieder einzuladen. Statt ihrer wurde Erna Schlüter verpflichtet. Nach nur zwei Aufführungen, die von der gesamten Kritik negativ aufgenommen worden waren, formierte sich ein so starker Widerstand gegen sie, dass sie schließlich dafür bezahlt wurde, dass sie nicht sang.


    Ich habe Erna Schlüter nur einmal als Küsterin in der Jenufa gehört. Das war wohl kurz vor dem Ende ihrer Karriere! Neben ihrer äußerst unglücklichen Bühnenerscheinung sind mir lediglich unangenehm scharfe und schrille Töne in Erinnerung. Da war es gewissermaßen eine überfällige Rehabilitation, dass ich durch die von Euch eingestellten Aufnahmen hören konnte, dass sie so schlecht wohl nicht war, wie ich sie gehört habe.


    Ich habe die Elektra aus Hamburg unter Eugen Jochum noch ungehört im Regal stehen. :untertauch::untertauch: Mal sehen, wann ich die Zeit finde, sie nun doch endlich zu hören.


    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Nun heute, lieber Caruso,


    habe ich an eine Sängerin erinnert, die du bestimmt nicht ungehört im Regal stehen hast. :D


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber William!


    Sicher steht das Jubiläum von Maria Callas heute klar im Vordergrund!
    In der Tat habe ich alle Aufnahmen von ihr, die je im Handel waren. Ungehört ist keine davon!
    Aber ist nicht zu ihr und ihren Aufnahmen längst alles gesagt?
    Wer könnte da noch aktuell neue Höreindrücke niederschreiben?


    Deshalb nehme ich lieber das Jubiläum von Jules Bastin zum Anlass, diesen ausgezeichneten belgischen Bass, hier vorzustellen.
    Ich hätte ihn gerne als St. Bris in "Les Huguenot" (Er singt in der Aufnahme unter Gallois mit Vanzo!) vorgestellt. In der Partie schätze ich ihn ganz ausserordentlich, aber die Partie gibt eigentlich keine Szene für eine Vorstellung her.


    Also Berlioz!


    Berlioz: Roméo et Juliette


    https://www.youtube.com/watch?v=BSf52lcC160


    Die Aufnahme demonstriert eindrücklich, wie eng Bastin der französischen Gesangstradition verbunden war.
    Die schlanke, charakteristisch timbrierte Stimme ist leider nicht mehr in bester Verfassung und klingt etwas trockener als in anderen Aufnahmen und gelegentlich etwas unstet. Aber dafür singt er mit einem Stilsicherheit, die ich bemerkenswert finde.


    Die Diktion ist ganz exzellent. Jedes Wort wird prägnant artikuliert und in einen Sinnzusammenhang gestellt! Der ruhige Fluß, mit dem Bastin seinen Bass strömen läßt, wird der nobelen und gütigen Figur des Père Laurent aufs Schönste gerecht.
    Die Aufschwünge in die Höhenlage gelingen bruchlos! Der Bass hellt hier auf, gewinnt warmen Glanz, ohne baritonal zu klingen. So schön hört man das selten!


    Bin gespannt, ob Euch die Aufnahme auch gefallen kann. Sie ist ziemlich unspektakulär aber darin liegt genau die Stärke dieser Aufnahme.
    Sein Mephisto - bei Berlioz oder auch Gounod - macht natürlich mehr her.
    Als Wotan oder Boris wollte ich ihn ganz bewußt nicht zur Diskussion stellen, weil seine Stärke schon im französischen Fach lag! Er hat ja in etlichen Gesamtaufnahmen französischer Opern und Operetten mitgewirkt und immer seinen Figuren ein scharfes Profil gegeben! Der Philipp II wäre auch eine Option gewesen aber da sind die meisten Melomanen nicht wirklich bereit sich auf die Arie in der französischen Version einzulassen. Dafür haben Christoff oder Ghiaurov die Erwartungen wohl zu stark geprägt! Schade eigentlich!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber "Caruso41",


    zunächst einmal herzlichen Dank für deine Beiträge, indem du noch einmal auf Erna Schlüter eingegangen bist und dann zu Jules Bastin gekommen bist. :jubel:


    Aber:


    Erna Schlüters Name ist natürlich eng mit der Geschichte der New Yorker MET verbunden. Auf eine sehr unglückliche Art!
    Nach dem zweiten Weltkrieg zögerte die MET zunächst, Kirsten Flagstadt, der Kollaboration mit den Nazis vorgeworfen wurde, wieder einzuladen. Statt ihrer wurde Erna Schlüter verpflichtet. Nach nur zwei Aufführungen, die von der gesamten Kritik negativ aufgenommen worden waren, formierte sich ein so starker Widerstand gegen sie, dass sie schließlich dafür bezahlt wurde, dass sie nicht sang.


    Ist diese Formulierung "natürlich eng mit der Geschichte der New Yorker MET verbunden" nicht doch ein wenig deplaziert? ?(
    Sie hat zwei Aufführungen da gesungen und geplante weitere nicht mehr, ok. Andere haben dort jahrzehntelang hunderte Aufführungen gesungen. Der Name Lauritz Melchior, der hier stellvertretend für viele andere stehen soll, ist eng mit der Geschichte der MET verbunden - der Name von Erna Schlüter meiner Meinung nach trotz dieses Geschichtchens nicht wirklich! (Wobei es interessant wäre, einen Mitschnitt davon zu hören, um beurteilen zu können, ob die Kritik wegen ihrer Leistung so schlecht war, oder weil man einfach Frau Flagstad wieder hören wollte - natürlich in der Erwartung, die würde noch so klingen wie um 1935/1940...)


    Da war es gewissermaßen eine überfällige Rehabilitation, dass ich durch die von Euch eingestellten Aufnahmen hören konnte, dass sie so schlecht wohl nicht war, wie ich sie gehört habe.


    Ja, das scheint wohl so zu sein, wobei meine eindrucksvollste Küsterin Ute Trekel-Burckhardt auch "unangenehm scharfe und schrille Töne" produzierte - und trotzdem bejubelt wurde, und das völlig zu recht, denn warum soll ausgerechnet diese Rolle angenehm und "unscharf" klingen? Schärfe, ja sogar etwas Schmerzhaftes für die Ohren, das gehört meines Erachtens zur Rolle der Küsterin absolut dazu, man höre zum Beispiel Frau Kniplova unter Gregor in der EMI-Studio-Aufnahme: Schrill, scharf, großartig!


    Insofern bedauere ich, dass du uns an deinen frischen Höreindrücken von Erna Schlüters Brünnhilde und ihrer Leonore hier nicht wirklich teilhaben lässt, denn das hätte mich, nicht nur wegen dieses Rubrik-Themas, noch mehr interessiert als die MET-Räuberpistole und deine erinnerten Küsterin-Eindrücke von vor einem halben Jahrhundert. Ergänzend lese ich sowas sehr gerne, aber ausschließlich, ohne die Schliderung aktueller Höreindrücke, nicht so gerne...


    Deshalb nehme ich lieber das Jubiläum von Jules Bastin zum Anlass, diesen ausgezeichneten belgischen Bass, hier vorzustellen.


    Ist das wirklich ein Bass? Von Klang her ist das für mich viel eher ein Bassbariton.


    In der Partie schätze ich ihn ganz ausserordentlich, aber die Partie gibt eigentlich keine Szene für eine Vorstellung her.


    Naja, die sich steigernde Erregung der Verschwörung im 4. Akt, die der St. Bris ja maßgeblich führt, hätte sich meiner Meinung nach schon angeboten.



    https://www.youtube.com/watch?v=du1Acw3iNWI


    Ich muss aber gestehen, dass mir in dieser Rolle eine schwärzere Bassstimme, die das Abgründige des Charakters dieser Rolle mehr verdeutlicht, lieber ist.


    Schlimm ist bei diesem Mitschnitt allerdings der Sänger des Marcel (Will Roy): der Choral ist ein stimmlicher Offenbarungseid! (Und um die beiden Extremlagen im Schachtlied, das ansonsten situationsgerecht hässlich klingt, ist's auch nicht viel besser bestellt...) ;(



    Also Berlioz!


    Berlioz: Roméo et Juliette


    Das bedauere ich insofern sehr, weil ich dieses Stück (auch an der DOB nicht, obzwar geplant) nie live erlebt habe und auch sonst nicht wirklich gut kenne, weshalb ich mich zum eingestellten Beispiel auch nicht detailliert äußern möchte. Ich höre natürlich eine sehr sonore, angenehme, geradezu schmeichelnd Stimme, aber ob das in diesem Falle rollengerecht ist, kann und will ich nicht beurteilen. Und ich höre hier ganz sicher keinen (schwarzen) Bass, sondern eher einen baritonalen Klang. Aber Jules Bastin hat für mich die typischen Vorzüge des französischen Stimmfachs in seiner Stimme. Bei Paul Franz höre ich dieses schmeichelnde, weiche Timbre hingegen nicht, der klingt für meine Ohren nicht nur mit seinem Namen ziemlich "unfranzösisch"... :untertauch:


    Der Philipp II wäre auch eine Option gewesen aber da sind die meisten Melomanen nicht wirklich bereit sich auf die Arie in der französischen Version einzulassen. Dafür haben Christoff oder Ghiaurov die Erwartungen wohl zu stark geprägt! Schade eigentlich!


    Ich glaube schon, dass unser "Melomane" hier und ich sich darauf eingelassen hätten! Mir sind die französischen Studiogesamtaufnahmen dieser Oper sehr wohl geläufig - und die letzte Philipp-Arie, die ich live gehört habe, war im Frühjahr in Dresden von "Herrn Damrau" auf Französisch. Insofern wäre ich - im Gegensatz zum Berlioz - anhland eines solchen Beispiels gerne bereit mich detaillierter zu äußern, wenn dies gewünscht wird. :yes: :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Lieber Stimmenliebhaber!


    Ist diese Formulierung "natürlich eng mit der Geschichte der New Yorker MET verbunden" nicht doch ein wenig deplaziert??.....
    Der Name Lauritz Melchior, der hier stellvertretend für viele andere stehen soll, ist eng mit der Geschichte der MET verbunden - der Name von Erna Schlüter meiner Meinung nach trotz dieses Geschichtchens nicht wirklich!


    Na, vermutlich warst du nie in New York, sonst hättest Du erfahren, dass diese Geschichte wochenlang die ganze Stadt in Atem gehalten hat und auch heute noch sehr lebendig ist. Jeder Opernaficionado kann sie einem erzählen und es gibt viele Anlässe dafür!


    Ja, das scheint wohl so zu sein, wobei meine eindrucksvollste Küsterin Ute Trekel-Burckhardt auch "unangenehm scharfe und schrille Töne" produzierte - und trotzdem bejubelt wurde, und das völlig zu recht, denn warum soll ausgerechnet diese Rolle angenehm und "unscharf" klingen? Schärfe, ja sogar etwas Schmerzhaftes für die Ohren, das gehört meines Erachtens zur Rolle der Küsterin absolut dazu, man höre zum Beispiel Frau Kniplova unter Gregor in der EMI-Studio-Aufnahme: Schrill, scharf, großartig!


    Dass die Küsterin auch sehr eindrucksvoll sein kann, wenn sie nicht "unangenehm scharfe und schrille Töne" produziert, hat wohl Libuše Márová doch höchst eindrucksvoll bewiesen! Jedenfalls kann ich nicht akzeptieren, dass die Küsterin scharf klingen und schmerhaft für die Ohren sein muss. Eigentlich darf sie es allenfalls am Ende des 2 Aktes sein.
    Aber die Figur der Küsterin und wie sie dargestellt werden sollte, ist ein Thema, das diesen Thread sprengen würde.


    Ist das wirklich ein Bass? Von Klang her ist das für mich viel eher ein Bassbariton.


    Wenn Du seinen Sarastro oder Osmin hören würdest, käme Dir die Frage vermutlich nicht, weil er die Tiefen völlig mühelos hatte. Ohne drücken zu müssen! Aber die waren schlank und hatten keine tiefschwarze Farbe. Aber das ist ja gerade für französische Bässe charakteristisch. Auch Marcel Journet und Pol Plançon haben mit schlanken vergleichsweise hellen Stimmen gesungen.
    Darum ist es mir so grausig, wenn der Mephisto von Gounod von einem Schaljapin, Christoff oder Ghiaurov gesungen wird. Damit soll nichts über die Qualität dieser Sänger gesagt werden, sondern nur über ihre Eignung für das französische Fach. Wichtiger als Bassgewalt und schaurig unheimliche Höllengrimassen war ihnen - ganz in der französischen Tradition - Eleganz und hinterhältige Dämonie!


    Du hast auch oben über den Marcel in "Les Huguenots" gesprochen. Ich kenne nur einen, der diese Partie mit einem mächtigen schwarzen Bass gesungen hat und gleichwohl in einem vortrefflichen französischen Stil: das war der Spanier José Mardones!


    Das bedauere ich insofern sehr, weil ich dieses Stück (auch an der DOB nicht, obzwar geplant) nie live erlebt habe und auch sonst nicht wirklich gut kenne, weshalb ich mich zum eingestellten Beispiel auch nicht detailliert äußern möchte


    Es wäre ja eine Gelegenheit gewesen, Dich etwas vertrauter mit diesem Werk zu machen. Le père Laurence hat schließlich nicht viel zu singen. Er wirkt ja nur am Ende des 3. Teils mit und den größten Teil des Partes singt Jules Bastin!


    Muss man denn ein Stück gut kennen, um zu sagen, wie man die Interpretation eines Sängers findet, der ein Jubiläum hat???



    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Na, vermutlich warst du nie in New York, sonst hättest Du erfahren, dass diese Geschichte wochenlang die ganze Stadt in Atem gehalten hat und auch heute noch sehr lebendig ist. Jeder Opernaficionado kann sie einem erzählen und es gibt viele Anlässe dafür!


    Doch, ich war im Jahre 2000 in New York und auch in der MET zu einer "Turandot" - es wird dich nicht wirklich überraschen, dass mir diese Geschichte damals nicht untergekommen ist. Ich finde sie auch durchaus aufgebauscht und vielleicht im Zusammenhang mit der Vita der Flagstad interessant, zur Einordnung der Lebensleistung der Schlüter jedoch eher ungeeignet, um irgendwie erhellend zu wirken.


    Jedenfalls kann ich nicht akzeptieren, dass die Küsterin scharf klingen und schmerhaft für die Ohren sein muss. Eigentlich darf sie es allenfalls am Ende des 2 Aktes sein.


    Ich finde, dass das bei dieser Rolle gar nicht schadet, sondern viel eher nützt. Gerade auch bei ihrer Standpauke gegen Ende des 1. Aktes, und an vielen anderen Stellen: eigentlich immer dann, wenn sie gegen jemanden streng ihre Stimme erhebt. Frau Marová kenne ich als Küsterin nicht, das ist ja auch eher eine Altistin und die Küsterin ist von der Tessitura her doch klar eine Sopranpartie, zumindest in ganz großen Teilen. Und um Schöngesang geht es bei der Küsterin sicher am allerwenigsten, ich denke, darin sind wir uns einig, oder?



    Es wäre ja eine Gelegenheit gewesen, Dich etwas vertrauter mit diesem Werk zu machen.


    Ich finde nicht, dass diese Rubrik eine gute Gelegenheit wäre, sich mit Werken vertraut zu machen, gerade auch, weil es hier immer nur um Werkausschnitte geht (außer bei einem Kunstlied). Es geht hier primär um den Austausch von Eindrücken zu ausgewählten Stimmen. Und ich bleibe dabei, dass ich mich detailliert nicht zu Ausschnitten aus Werken äußere, die ich nur wenig bis gar nicht kenne - das ist einfach eine Frage der Redlichkeit. Ich finde nämlich schon, dass man ein Stück gut kennen sollte, wenn man beurteilen möchte, ob man die Interpretation eines Stückes oder einer Rolle für gelungen oder weniger gelungen erachtet. Aber du beteiligst dich ja auch nicht an jedem besprochenen Kandidaten hier, der von anderen eingebracht wurde, vielleicht muss ich mich also auch nicht mehr zu allen von dir eingebrachten Kandidaten äußern, wenn mir die Werkkenntnis, die ich dafür als Voraussetzung ansehe, fehlt. Ich glaube aber, dass die Einstellung von Randrepertoire die Diskussion mit anderen weniger ankurbelt, als bei Beispielen, die mehr Forenmitglieder kennen und daher mitreden können und wollen. :yes:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • ......es wird dich nicht wirklich überraschen, dass mir diese Geschichte damals nicht untergekommen ist. Ich finde sie auch durchaus aufgebauscht und vielleicht im Zusammenhang mit der Vita der Flagstad interessant, zur Einordnung der Lebensleistung der Schlüter jedoch eher ungeeignet, um irgendwie erhellend zu wirken.


    Immerhin wird immer berichtet, dass dieses Erlebnis die Schlüter schwer traumatisiert hat! Sie saß Monate in New York und wartete....und kam nicht mehr zum Einsatz! Wie sie das deprimiert haben muss, kann ich zumindest mir gut vorstellen!


    Frau Marová kenne ich als Küsterin nicht,


    Entschuldige bitte: Ich meinte Marta Krásová und nicht Libuše Márová ! Ein Versehen! Ob Márová überhauot die Küsterin gesungen hat, weiss ich nicht. Dein Zweifel da ist angebracht! Sie singt eigentlich meist die alte Burya!
    Marta Krásová ist eine großartige Küsterin!
    Wenn Du sie noch nicht kennst, solltest Du das unbedingt nachholen. Ist nicht schwer:



    Ich könne Dir die Aufnahme auch gern kopieren, wenn Du sie nicht bekommen solltest!


    Bei ihr hört man, dass dies eine Frau ist, die in dem Dorf hochgeachtet war. Nicht zuletzt wegen ihrer Anständigkeit. Die Küsterin ist eine moralische Autorität und wohl auch beliebt. Töne, die scharf und "schmerzhaft für die Ohren" klingen, braucht sie nicht! Erst als sie die Kontrolle verliert, scheint es mir gerechtfertigt, dass dies auch durch scharfe und schrille Töne seinen Ausdruck findet! Ich habe weiss Gott viele Küsterinnen gehört, aber die Interpretinnen, die die Bügerlichkeit und Respektierlichkeit nicht verdeutlichen konnten, dass haben mich nie überzeugt!


    Aber du beteiligst dich ja auch nicht an jedem besprochenen Kandidaten hier


    Ich habe auch wirklich nicht immer Zeit!
    In dem Thread über "NEUE STIMMEN", der mir interessanter erscheint, weil da über weithin noch unbekannte Sängerinnen und Sänger diskutiert werden sollte, habe ich mich zu jeder Stimme geäussert. Meist sehr ausführlich! Das kostet einige Zeit!


    Ich glaube aber, dass die Einstellung von Randrepertoire die Diskussion mit anderen weniger ankurbelt, als bei Beispielen, die mehr Forenmitglieder kennen und daher mitreden können und wollen. :yes:


    Berlioz "Roméo et Juliette" ist Randrepertoire? Sorry, das wußte ich nicht!


    Im Übrigen geht es mir irgendwie anders:
    Ich verspüre wenig Lust, hier aus Anlass ihres Jubiläums über Sänger, die in zig-mal gehörten Arien und Monologen vorgestellt wurden, etwas zu schreiben!
    So unterschiedlich sind die Leute.
    Was anderes wäre, wenn es um vergleichendes Hören geht, das darauf zielt, die Vorzüge und Schwächen dieser oder jener Interpretation einer bestimmten Arie zu erkunden - und damit zu einem Verständnis der Arie selbst zu kommen. Der Thread "Welche Arie von welchem Tenor" fand ich oft echt spannend. Allerdings ging er wohl ein, weil zum Schluß nur noch jeder seine Lieblingssänger ins Rennen führte, ohne die Interpretation der Arie zu beschreiben oder kritisch zu analysieren!


    Also nimm es mir nicht übel, wenn ich nicht regelmäßig oder gar ständig etwas zu den Jubilaren schreibe.
    Immerhin werde ich mich gerne das eine oder andere Mal wieder melden - wie jetzt bei Jules Bastin und Paul Franz!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Immerhin wird immer berichtet, dass dieses Erlebnis die Schlüter schwer traumatisiert hat! Sie saß Monate in New York und wartete....und kam nicht mehr zum Einsatz! Wie sie das deprimiert haben muss, kann ich zumindest mir gut vorstellen!


    Das kann ja alles sein, hat aber ganz sicherlich keine Auswirkung darauf gehabt, wie die Schlüter 1938 als Brünnhilde klang.


    Entschuldige bitte: Ich meinte Marta Krásová und nicht Libuše Márová ! Ein Versehen! Ob Márová überhauot die Küsterin gesungen hat, weiss ich nicht. Dein Zweifel da ist angebracht! Sie singt eigentlich meist die alte Burya!
    Marta Krásová ist eine großartige Küsterin!
    Wenn Du sie noch nicht kennst, solltest Du das unbedingt nachholen.


    Ok, vielen Dank für die Korrektur. Höre ich mir sicherlich bei Gelegenheit mal an. Ich bin bei "Jenufa" durch die auch von EMI vertriebene Studioaufnhame unter Bohumil Gregor geprägt und finde Frau Kiniplova schon sehr eindrucksvoll,



    wobei Frau Trekel-Burckhardt auf der Opernbühne noch eindrucksvoller war (7x in dieser Rolle erlebt).



    Bei diesen Prägungen erwarte ich nicht unbedingt eine auf Schöngesang ausgerichtete Interpretin der Küsterin!



    Helga Thiede war in Dresden allerdings auch eine sehr eindrucksvolle Küsterin, obwohl sie die Rolle viel mehr einfach nur sang. Bin gespannt, wie mir Frau Krasova gefällt. Bei den tschechischen Sängern haben wir ja auch nicht immer unbedingt den gleichen Geschmack (siehe z.B. Blachut).


    Berlioz "Roméo et Juliette" ist Randrepertoire? Sorry, das wußte ich nicht!


    Na ja, also mal ganz ehrlich: Wie oft wurde das denn in den letzten 20 Jahren an deutschen Bühnen gespielt? An der Deutschen Oper im Rahmen des dreiteiligen Berlioz-Zyklus', sonst sind mir zumindest keine Fälle bekannt, auf die ich aufmerksam geworden wäre. Es gibt dann noch eine deutlich gekürzte Konzertfassung, die auch Runnicles im September vor dem 1. Akt "Walküre" gebracht hat, das kriegt man öfter mal im Konzertsaal, aber das Ganze? Ja, im Vergleich zu "Carmen" oder "Faust" ist der Berlioz-"Romeo" Randrepertoire, dabei bleibe ich.


    Also nimm es mir nicht übel, wenn ich nicht regelmäßig oder gar ständig etwas zu den Jubilaren schreibe.
    Immerhin werde ich mich gerne das eine oder andere Mal wieder melden - wie jetzt bei Jules Bastin und Paul Franz!


    Lieber "Caruso41",


    du bist ja nun ein ganz entscheidender "Geburtshelfer" dieser Rubrik, die ich als Reaktion auf deine zunehmenden Klagen im Forum, dass man sich hier im Forum zu wenig über Stimmen austauschen würde, eingerichtet habe. Insofern freue ich mich natürlich, wenn du dann auch möglichst oft bei von mir und anderen vorgestellten Sängerinnen und Sängern "mitmischst" und deine persönlichen frischen Höreindrucke beschreibend beisteuerst. Dass dir das zeitlich nicht immer möglich ist, ist mir klar. Wenn du dich freilich nur auf die französische Schule und nur auf eher (im Vergleich zu Pavarotti oder Domingo) weniger bekannte Sägerinnen und Sänger konzentrierst und zu dem "Mainstream"-Sängern schweigst, würde ich das sehr bedauern, denn das würde diese Rubrik in einer Art und Weise einengen, die ich nicht möchte.
    Also: Bitte (möglichst) auch bei Nichtfranzosen mitmachen! :D :yes: :hail: :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich bin bei "Jenufa" durch die auch von EMI vertriebene Studioaufnhame unter Bohumil Gregor geprägt und finde Frau Kiniplova schon sehr eindrucksvoll, ......
    wobei Frau Trekel-Burckhardt auf der Opernbühne noch eindrucksvoller war (7x in dieser Rolle erlebt).


    Die Kniplová gehört ohne Frage zu den imponierendsten Interpretinnen, von denen ich die Küsterin live gehört habe. Die Trekel-Burckhardt (nur 2x in dieser Rolle erlebt) eher nicht.
    Da würde ich vorher noch Dvorakova, Jurinac, Varnay (obwohl es bei ihr auch reichlich scharfe und leider auch falsche Töne gab), Rysanek und vor allem die Dalis nennen!


    Einen schönen Advent mit noch viel mehr Schnee
    wünscht Dir


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Lieber "Caruso41",


    nun ging es hier im Austausch der Höreindrücke eigentlich um keine Küsterin, ich hatte im Zusammenhang mit Erna Schlüter lediglich bemerkt, dass bei einer Küsterin scharfe und schrille Töne durchaus dazugehören, ja dazugehören sollten. Und wenn das damals mutmaßlich deine erste Küsterin (oder eine der ersten) war, hast du auch noch nicht ganz die große Werk-, Hör- und Vergleichserfahrung gehabt. (Sogar du warst mal jung und grün! :D )



    Varnay (obwohl es bei ihr auch reichlich scharfe und leider auch falsche Töne gab)


    Varnay finde ich in der bekannten Münchner Fernsehaufzeichnung großartig! Und schriller als Frau Kniplova auf der EMI-Aufnahme ist sie auch nicht, aber das gehört meiner Meinung nach bei dieser Rolle eben untrennbar dazu.


    Rysanek


    Bei der fehlt mir genau das als Küsterin auf der bekannten Aufnahme mit Benackova.


    Einen schönen Advent mit noch viel mehr Schnee


    Ich weiß nicht, ob ich mir als Bahnfahrer das wirklich wünschen soll... ?(


    Die Kniplová gehört ohne Frage zu den imponierendsten Interpretinnen, von denen ich die Küsterin live gehört habe. Die Trekel-Burckhardt (nur 2x in dieser Rolle erlebt) eher nicht.


    Die Trekel-Burckhardt war in der Erhard-Fischer-Inszenierung an der Deutschen Staatsoper Berlin eine unglaublich packende und beeindruckende Küsterin, da liefen mir im 2. Akt die Schauer den Rücken rauf und runter und auch der 3. Akt war unglaublich beklemmend. (Und das ging nicht nur mir so.) Eine großartige Singschauspielerin, zweifellos mit stimmlichen Problemen (die ich eben bei der Küsterin völlig sekundär finde, bei Verdi nicht), aber darstellerisch unglaublich packend und beeindruckend, daher ideal im Charakterfach. Nie wieder hat mich eine Küsterin mehr bewegt, am wenigsten Frau Silja als während des Vorspiels zum 2. Akt Wäsche zusammenlegende Küsterin an der Deutschen Oper Berlin (in der Lehnhoff-Produktion).


    Aber dass du mir einige Jahrzehnte voraus hast und auch deshalb viel mehr Interpreten und Interpretinnen gesehen hast, die ich gar nicht mehr gesehen haben kann, ist ja bekannt und auch nicht zu ändern. Für die Bewertung aktueller Höreindrücke von Aufnahmen ist das aber genauso unwichtig wie irgendwelche MET-Anekdoten. Also bitte: In dieser Rubrik mal nicht vorrangig in der Erinnerung kramen, sondern frisch hören und das Hörerlebnis beschreiben! Danke! :hail:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Stimmenliebhaber!


    Und wenn das damals mutmaßlich deine erste Küsterin (oder eine der ersten) war, hast du auch noch nicht ganz die große Werk-, Hör- und Vergleichserfahrung gehabt. (Sogar du warst mal jung und grün! :D )


    Wo Du recht hast, da hast Du recht!!
    Ich hatte zuvor tatsächlich nur Christel Goltz, Margarethe Klose und Irmgard Klein gehört.


    Aber dass du mir einige Jahrzehnte voraus hast und auch deshalb viel mehr Interpreten und Interpretinnen gesehen hast, die ich gar nicht mehr gesehen haben kann, ist ja bekannt und auch nicht zu ändern. Für die Bewertung aktueller Höreindrücke von Aufnahmen ist das aber genauso unwichtig wie irgendwelche MET-Anekdoten.


    Kann man ausschalten, was man im Kopf angesammelt hat, wenn man Aufnahmen hört? Ob das immer mitgeteilt werden muss, ist eine andere Frage. Da ich eigentlich zu Erna Schlüter nur wenig im Kopf hatte, fand ich schon nicht unwichtig, zu sagen, dass ihr Name bei mir im Kopf nur mit der Geschichte ihrer Demütigung durch die MET-Administration und durch eine Live-Begegnung, über die ich wenig schmeichelhaftes in mein Opern-AideMemoire geschrieben habe, verbunden ist!


    Also bitte: In dieser Rubrik mal nicht vorrangig in der Erinnerung kramen, sondern frisch hören und das Hörerlebnis beschreiben! Danke! :hail:


    "Ich will's, ich will's versuchen!"


    Und Dir weniger Schnee, damit sich bei der DB nicht wieder ein Kollaps ereignet!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Ich muss gestehen, dass mich von den heutigen Jubilaren niemand so richtig anspringt und danach schreit, ihn hier zu behandeln.
    Wenn ich mich jetzt für Hetty Plümacher entscheide, dann vor allem wegen des Stückes: des wunderbare Melodram (mit ariosen Anteilen) der Gertrude aus dem 2. Akt der herrlichen Romantischen Oper "Hans Heiling" von Heinrich August Marschner.


    Die Szene entstammt dem bekannten Mitschnitt unter Joseph Kleiberth, man hört es, dann im stimmungsvollen Nachspiel dieses musikalischen Juwels bereits der nächste Dialog draufgesprochen wird...



    https://www.youtube.com/watch?v=6oJJX1ZafKQ


    Die ersten gesungenen Worte sind übrigens "Des Nachts und auf der Heide" und das wäre dann auch die richtigere Bezeichnung als "Ein geiziger hartherziger Mann", was sie erst später singt und noch mit einem "und" davor - wenn man diese Nummer schon nach dem ersten Gesangseinsatz bezeichnen will.
    Wenn ich Frau Plümacher am Beginn sprechen höre, fasst mich der Theaterschmiere ganzer Jammer an. Ob man statt "Annchen" nicht doch lieber "Ännchen" sagen sollte, darüber kann man streiten, aber zu "es ist schon finstere Nacht" kann ich nur sagen: Staatsschauspielerin, lass nach! Auch die erste Frage wirkt auf mich so neutral und so wenig auf die Situation der Rolle, die sich ängstlich sorgende Mutter, bezogen, das mich das sehr enttäuscht. Offenbar hört sie ihre eigene Stimme gerne und weiß ansonsten wenig bis gar nichts über ihre Rolle zu erzählen und auszusagen, wenn sie die Worte des Melodrams spricht.
    "Es ist kein Stern am Himmel." - Kann man diesen Satz teilnahmsloser sprechen? Danach wird sie emotional etwas beteiligter, zugegeben, aber dass sie für ihre Rolle brennen und in ihr aufgehen würde, empfinde ich keinen Augenblick.
    "Ich wusste gleich, dass es schon zu spät war zur Base zu gehen" - diesen kammerschauspielerischen kalten Ton (mit den unsinnigen deutlichen Betonungen auf "spät" und "gehn" finde ich wirklich ziemlich unerträglich. Nichts von der Emotion der Mutter, ihren Sorgen und Ängsten, vermittelt sich hier!
    Glücklicherweise wird dann endlich gesungen, allerdings habe ich diese Summlinie selten so zerhackt, so abgesetzt, Ton für Ton getrennt durch Portamento, gehört. (Man höre sich unten an, wie Annelies Burmeister das singt!)
    Wenn sie dann endlich wirklich singt (bei "Des Nachts und auf der Heide") höre ich eine volle, gleichzeitig aber auch etwas verschwaschene und in der Vokalformung "verschluderte" Altstimme, die kulturvoll Konsonanten formt, aber eher wenig Emotion in der Stimme mitschwingen lässt (trotz eines gewissen Vibratos, das den emotionalen Ausdruck zu unterstützen geeignet ist). Die erste Wiederholung von "Des Nachts und auf der Heide" ist allerdings sehr gut und auch mit Emotion gesungen. Allerdings zucke ich dann gleich wieder beim nächsten Kammerschauspielerinnen-Satz ("Wie die Hunde im Sturm heulen") zusammen - da spricht eine Diva und keine arme alte ängstliche Frau, die sich Sorgen um ihre Tochter macht. "Mich schaudert's!" - Dem ist nichts hinzuzufügen.
    das "bleiche Totengeripp" singt sie gut, nur vorher ist mir wieder zu wenig Legato in der Linie.
    "Still! War da nichts an der Tür" - das ist der erste gesprochene Satz von ihr, der mir wirklich gefällt, weil am Ende des Satzes die Unsicherheit der Rolle hörbar und somit spübar wird.
    "auf der Heide, da brennt ein Flämmchen blau" - gut gesungen, erkenne ich an. Sollte ich freilich den Text falsch zitiert haben, war er nicht besser zu verstehen. Die Vokale sind alle ziemlich angeglichen und die Konsonanten auch ein bissl "vernuschelt".
    Was mich bei der nächsten Phrase etwas verwundert, ist der Umstand, dass sie Silben auf einem Wort durchaus zu einem Legato verbinden kann, wenn die Linie nach oben geht, aber nicht, wenn die Linie nach unten geht, da wird grundsätzlich die Linie gnadenlos zerhackt.


    Fazit: Nicht, dass diese Sängerin nicht singen könnte, aber am meisten am eingestellten Video überzeugt mich der natürlich und entspannt gesprochene Satz des Interpreten des Konrads am Ende des Videos....


    Wer das Faszinosum gerade dieser Nummer wirklich erfahren will, dem empfehle ich am ehesten diese Szene von Res Fischer unter Wilhelm Schüchter, aber auch Annelies Burmeister unter Wolf-Dieter Hauschild (Video folgt am Ende dieses Beitrags) sowie Cornelia Wulkopf in der Videoaufzeichnung unter Renato Palumbo und - ja tatsächlich - die hier im Forum aus einem anderen Grund vieldiskutierte Marie-Louise Gilles im Mitschnitt unter George Alexander Albrecht erfüllen und beglaubigen ihre Rollen meines Erachtens weit mehr, als es Hetty Plümacher hier kann.


    Gibt es andere Meinungen? Ich bin begierig, auf die von mir bisher überhörten Juwelen-Stellen dieser Aufnahme hingewiesen zu werden.


    Hier zum Vergleich nochmal Annelies Burmeister in einer konzertanten Aufführung (ab 20:36). Sie hat das wohl nie auf der Bühne gesungen und beeindruckt mich mit ihrer introvertierten Art hier doch weit mehr als "Staatsschauspielerin" Hetty Plümacher:



    https://www.youtube.com/watch?v=adJMtQVeo6k


    Das kingt für mich rollengerecht mütterlich besorgt und auch in den gesprochenen Worten überzeugend und einer einfachen Frau aus dem Volk, die allein ist und zu sich selbst spricht, weit angemessener als Frau Plümacher. Oder nicht?

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Der prominenteste Gesangsjubilar des heutigen Tages ist sicherlich Marjana Lipovcek. Von ihr steht unter anderem die berühmteste Arie derjenigen Rolle bei Youtube ein, in der ich sie das erste Mal live erlebt habe, 1991 in der Deutschen Oper Berlin:



    Die Arie kannte ich vorher von einem Recital einer ungarischen Sängerin, Klara Takacs, glaube ich. Hat mir gut gefallen (Da hörte ich auch zum ersten Mal die Kerkerarie der Fidès!)


    Jedenfalls fand ich die vierstündige Aufführung damals sterbenslangweilig und kann seit diesem Trauma dem Werk bis heute nicht viel abgewinnen, auch wenn ich die betreffende Arie selbst für sich genommen sehr mag. Eine detaillierte Höranalyse der eingestellten Arie werde ich in diesem Fall schuldig bleiben, möchte aber um die Einschätzungen vom gerade im französischen Fach besonders kompetenten "Caruso41", aber auch des offenbar stärker als ich im französischen Fach beheimateten "Melomanen" bitten, weil mich diese wirklich interessieren (natürlich auch sehr gerne von "Don_Gaiferos" und anderen, die hier tatsächlich bereit sind, detailliert ihre Höreindrücke zu schildern).


    Mein Gesamteindruck: Ich höre eine große volle dunkle Stimme, nicht unbedingt extrem modulationsfähig und erotsich flirrend, sondern etwas steif und metallisch. Das Französisch scheint für mich als Laien gut zu sein. Sie ist gerade in der unteren Mittellagen zu herrlich klingenden weichen Linien fähig, während die Stimme in der Höhe für mich mitunter etwas kalt und steif klingt. Gerade die berühmte "Hauptmelodie" würde ich mir etwas sinnlicher im Timbre wünschen. Der Klang des Spitzentones gefällt mir überhaupt nicht und klingt für mich eher nach Fricka als nach Dalila, so scharf und schneidend ist er. Insgesamt überzeugt sie mich in beiden Strophen mehr als im Refrain, wobei sie am Beginn des wiederholten Refrains nach der zweiten Strophe eine wirklich klangschöne und sinnliche Linie singt. Insgesamt gefällt mir die zweite Stelle der Hauptmelodie überhaupt besser als die erste, wobei der Spitzenton auch beim zweiten Mal gespreizt und forciert klingt.


    Was sagen die Fachleute für das französische Fach dazu? Da, wo ich das Gefühl habe, mich nicht sehr gut auszukennen, lerne ich gerne dazu. :yes: :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Bei den heutigen Sängerjubilaren auf Herrenseite scheint es zu Frank Guarrera keine wirklichen Alternativen zu geben.
    Also habe ich mir seine Enrico-Arie aus "Lucia di Lammermoor" angehört - mit einigen Schauern, aber nicht unbedingt wohlingen...



    https://www.youtube.com/watch?v=pQP8quxntVA


    Ich höre eine große und laute, nicht besonders edle Stimme, die sehr forciert und grobschlächtig eingesetzt wird, und das auch im Cantabile.


    Gleich zu Beginn frage ich mich: Muss die Nebensilbe "-da" von "Cruda" so herausgeschleudert werden? ?(


    Sehr unschön beendet(?) er die Koloratur, die den Nachsatz abschließt.


    Natürlich strahlt der Sänger im Ausdruck Entschlossenheit und Siegesgewissheit aus, aber muss das wirklich so hässlich klingen?


    Ich dachte immer, Belcanto heißt übersetzt "schön singen" oder "Schöngesang"? Wenn das dann so klingt, dann bleibt mir mit Belcanto vom Leibe... :untertauch:


    Selten habe ich den Klang eines Herrenchores so genossen wie nach diesem Cantabile...


    Auch danach finde ich diesen Stimmklang schon sehr amerikanisch-grobschlächtig und mit nicht besonders viel Italianità ausgestattet.


    Zur Cabaletta passt die Entschlossenheit in der Stimme dann freilich besser als zum (so gar nicht die Ohren schmeichelnden) Cantabile, auch die Attacca und das Staccato in der Stimme. Der Spitzenton auf "Sangue" überzeugt absolut, aber was macht er danach? Muss das so sein? ?(
    Der letzte lang ausgehaltene Spitzenton beeindruckt durch Kraft und Sicherkeit, als Kraftprotz kann er durchaus überzeugend, mir fehlt freilich ein angenehmer, schöner Stimmklang, den ein Sänger im Belcanto-Fach neben aller Dramatik meiner Meinung nach doch auch haben darf, ja sogar sollte, oder etwa nicht?
    Und so lange dieser letzte Ton auch ausgehalten wird: Ich bin alles andere als unglücklich darüber, dass diese Cabaletta nur eine Strophe hat...


    Fazit: Für mich ein typischer "Brüllkopf", dem Kraft weit wichtiger ist als Klang, was ich gar nicht mag.


    Was sagt der "Melomane" und was sagen die anderen Melomanen dazu?


    So, nun habe ich heute gleich drei Gesprächsangebote zu einem Austausch über Stimmen unterbreitet - mal sehen, wie viele und welche davon angenommen werden.
    (Ich werde heute noch viele Stunden im Zug sitzen und dann nicht antworten können, harre aber gespannt der Erwiderungen, die ich irgendwann lesen kann.)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • ...., lieber Stimmenliebhaber!
    Ich bin gut eine Woche weg und werde zu niemanden was beisteuern können.
    Zu Lipovcek hätte ich gerne was geschrieben, da ich ihren üppigen Mezzosopran durchaus mag. Er ist füllig und farbenreich. Die fragliche Arie der Dalila kenne ich von dem Recital bei Orfeo. Ich weiß nicht, ob du diese Aufnahme eingestellt hast. Sie ist prachtvoll gesungen mit breit strömendem sinnlichen Ton! Ob das die ideale Art ist, diese Arie zu singen, weiß ich nicht. Liebt die etwa den Samson wirklich? Oder spielt sie ihm ihre Liebe doch nur vor?
    Aber: aktuelle Höreindrücke habe ich nicht. Also bin ich nach den Regeln dieses Threads raus.
    Sorry

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!


  • Jedenfalls fand ich die vierstündige Aufführung damals sterbenslangweilig und kann seit diesem Trauma dem Werk bis heute nicht viel abgewinnen, auch wenn ich die betreffende Arie selbst für sich genommen sehr mag.


    Wie kann die Aufführungsdauer einer Oper, deren Musik selbst nicht wesentlich länger als zwei Stunden dauert, vier Stunden betragen? Gab es zwei einstündige Pausen?

  • Wie kann die Aufführungsdauer einer Oper, deren Musik selbst nicht wesentlich länger als zwei Stunden dauert, vier Stunden betragen? Gab es zwei einstündige Pausen?

    Ich weiß es nicht mehr, es ist fast 27 Jahre her, vielleicht waren es auch nur gefühlt vier Stunden, vielleicht gab es auch zwei Pausen, auf alle Fälle fand ich den Opernabend damals ziemlich ätzend und unergiebig, selbst, wenn er real kürzer gewesen sein sollte.


    Ich hoffe aber, dass diese Nachfrage von dir, die ich jetzt beantwortet habe, nicht dein einziger heutiger Beitrag zum Thema bleibt! :P

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Die fragliche Arie der Dalila kenne ich von dem Recital bei Orfeo. Ich weiß nicht, ob du diese Aufnahme eingestellt hast.

    Lieber "Caruso41",


    höre dir das Video an, dann weiß du es (vielleicht) - und hast vor allem in jedem Fall auch aktuelle Höreindrücke! :thumbsup:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich sagte doch: ich bin unterwegs. Ich kann nicht hören. Und ich werde jetzt auch 10 Tage keine Beiträge schreiben.

    ;) - ;) - ;)


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