Was ist so faszinierend an Richard Wagner ?

  • Sehr schön, lieber Helmut Hofmann, alles sehr treffend gesagt! Besten Dank! Das hellt mein philosophisches Gemüt auf! :):):)


    (Nur eine Anmerkung: Wagner wollte nicht nur ein Opernlibretto schreiben und hat den Text ausdrücklich als selbständige "Dichtung" veröffentlicht. Als Dichtung ist er deshalb auch bei der Interpretation zu behandeln.)

  • Ja, das mag sein. Es handelt sich allerdings um ein Drama. Und als Drama ist es bei der Interpretation auch zu behandeln. Außerdem ist es ein Drama, das für die Vertonung gedacht ist. Und als vertontes ist es daher auch zu betrachten. Mit der lauthals proklamierten Werktreue verträgt es sich ja wohl schlecht, wenn man zwei Dimensionen einfach abschneidet.


    Aber ich will mich nicht wieder auf diese sinn- und ergebnislose Diskussion einlassen. Daher nur zwei Anmerkungen im Vorübergehen:


    1. Wenn man den Text gründlich lesen will, kann es nützlich sein, die schwierigen Stellen (die es zweifellos gibt) vorübergehend in Prosa zu übersetzen. Das sieht dann z.B. für den Anfang der letzten Tirade Isoldes (die von den werktreuen Verteidigern Wagners entgegen dessen expliziten Willen hartnäckig »Liebestod« genannt wird), etwa so aus:


    »Wie mild und leise (sanft, zart) er lächelt! Wie hold er das Auge öffnet.

    Seht ihr das, Freunde? Oder kann es sein, dass ihr es nicht seht?« usw.


    Ich denke, man braucht weder Schopenhauer noch sonst einen Philosophen, um zu verstehen, was hier vorgeht. So kann man das fortsetzen und wird sich vielleicht wundern, wie leicht verständlich das alles ist. Wenn man nun noch ein schon erwähntes wichtiges Grundprinzip der Dramenlektüre zur Anwendung bringt., nämlich den Figuren zu glauben, was sie sagen, wenn es im Stück (!!!) nichts gibt, was ihnen widerspricht, verschwinden viele Schwierigkeiten wie von Zauberhand. (Was jene, denen es darauf ankommt, zu dem exklusiven Zirkel der wenigen Eingeweihten zu gehören, vielleicht ärgern wird.) Es ist klar, dass man mit einem solchen »Sinnauszug« des Textes nicht alle Dimensionen erfasst, und schließlich zu seiner metrischen und – vor allem, es handelt sich ja um eine Oper – zu seiner musikalischen Gestalt zurückkehren muss, aber zum Verständnis und zur Entmystifizierung hilft es sehr...


    2. Was alle Darstellungen des »Tristan« aus dem Blickwinkel Schopenhauers eint (jedenfalls alle, die ich kenne, das sind aber doch ziemlich viele), ist die Tatsache, dass die politische Dimension des Geschehens, die Wagner nicht nur aber vor allem im ersten Akt stark betont, ganz herausfällt. Ich halte es für einen großen Verlust, das nicht zu berücksichtigen, weil damit der stark subversive Charakter des Werks verloren geht, verstehe aber seht gut, dass es eben darum so gemacht wird.


    Das war’s schon.

  • Ich glaube, Helmut Hofmann hat das Wesentliche gesagt. Dem ist nichts hinzuzufügen. Ohne Schopenhauer ist Wagner nicht zu verstehen. Natürlich hat Wagner Schopenhauer in seinem Sinne adaptiert. Aber der Sinnkern bleibt Schopenhauer. Sonst schiebt man Wagner einfach einen fremden Sinn unter, der mit Wagner nichts mehr zu tun hat. Das ist freilich so üblich im Regietheater, das sich aus durchschaubaren Gründen von diesem Verstehenskontext Wagner Schopenhauer absolviert, um daraus dann ein neues Stück machen zu können.

  • Lieber Helmut Hofmann auch von mir herzlichen Dank für die sehr schöne Zusammenfassung zum Thema Schopenhauer und Wagner von dem Hintergrund des "Tristan". Sowie für die Einordnung und Klarstellung. Food for thought, wie man neudeutsch wohl sagt. Leuchtet mir alles unbedingt ein. Merci!

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Hallo und guten Tag,

    Hat es zur Zeit von Wagner schon eine Presse ( in der Art: Schmierblätter, Frau im Spiegel, Bild etc) gegeben, die über Wagner berichtet hat. Wo kann da darüber etwas finden. Oder wurde darüber nie berichtet.

    mit freundlichen Grüßen

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Lieber Wilfried


    Die Presse hatte sich mit Richard Wagner durchaus auseinandergesetzt. Sein Wirken wurde, als er in München wirkte, kritisch beurteilt.


    Die Bayerische Staatsbibliothek hatte 2013 eine Ausstellung über Richard Wagners Münchner Zeit in den Jahren 1864 bis 1865 konzipiert. In diesen Jahren stand die Uraufführung des Musikdramas Tristan und Isolde am 10. Juni 1865 im Königlichen Hof- und Nationaltheater im Mittelpunkt.


    Zur Ausstellung erschien dieser Text:


    Die Ausstellung zeichnet den Verlauf und Höhepunkte von Richard Wagners Aufenthalt in München anhand der in der Bayerischen Staatsbibliothek überlieferten Dokumente nach. Den Schwerpunkt bilden 36 Briefe von Richard Wagner, Cosima und Hans von Bülow, König Ludwig II., Ludwig Schnorr von Carolsfeld und Franz Wüllner. Sie werden ergänzt um Quellen aus dem Historischen Aufführungsmaterial der Bayerischen Staatsoper für die Uraufführung von Tristan und Isolde. Zeitgenössische Druckgraphiken und Fotografien veranschaulichen das Geschehen in Portraits der Hauptakteure und ihrer Handlungsorte. Bühnenbildentwürfe, Szenenbilder und Kostümzeichnungen runden die Ausstellung ab. Dem gegenüber steht eine im Bereich Schwaben / Bodensee um 1240 bis 1250 angefertigte illuminierte Handschrift von Gottfried von Straßburgs Tristan und Isolde, die als eine der frühen Quellen das Epos um die unsterbliche, dem Tod geweihte Liebe in Wort und Bild vor Augen führt.


    Nach seiner Berufung durch König Ludwig II. im März 1864 traf Richard Wagner im Mai desselben Jahres mit drei in Dichtung und Partitur vollendeten, jedoch bislang nicht aufgeführten Musikdramen im Gepäck in München ein: Das Rheingold, Die Walküre aus dem Ring des Nibelungen sowie Tristan und Isolde. In den folgenden eineinhalb Jahren nutzte Wagner das große künstlerische Potential des Königlichen Hof- und Nationaltheaters – ergänzt um einen eigens nach München berufenen Stab von bewährten Mitarbeitern – und schuf so ein Programm von „Musteraufführungen“ eigener Werke. Dem Wirken des Dirigenten und Pianisten Hans von Bülow und den beiden Interpreten der Titelpartien, Malvina und Ludwig Schnorr von Carolsfeld, ist die erfolgreiche und zukunftweisende Münchner Uraufführung am 10. Juni 1865 von Tristan und Isolde zu verdanken.


    Die Aufführungen waren jedoch nur Teil eines umfassenden, zum Teil schon lange im Voraus konzipierten Kunstprogramms, dessen erfolgreiche Umsetzung Wagner erst nach seiner Berufung nach München erwarten konnte. Die Fertigstellung des Ring des Nibelungen, die Errichtung eines Festspielhauses zur Uraufführung dieser Opern-Tetralogie und die Gründung einer „Deutschen Musikschule“ waren dabei die wichtigsten Arbeitsvorhaben.


    Soweit sind die künstlerischen Verdienste gut und recht. Wagner hatte aber auch starken Gegenwind. Die schreibende Zunft und die Beamten der Finanzen machten Wagner das Leben schwer. Im Schlussabsatz des Textes zur Ausstellung steht: (Anmerkung Unterstreichung moderato)


    Wagners unmittelbare Nähe zum Monarchen, seine Versuche politischer Einflussnahme und die Bereitstellung scheinbar unerschöpflicher Geldmittel aus dem persönlichen Etat Ludwigs II. führten schließlich gegen Ende des Jahres 1865 nicht nur zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Presse, sie provozierten auch Widerstand aus dem Kreis der Verwaltungsbeamten der Kabinettskasse. Ludwig II. sah sich gezwungen, Wagner zum zeitweiligen Verlassen Bayerns aufzufordern. Am 10. Dezember 1865 übersiedelte Wagner schließlich in die Schweiz.


    Quelle: Homepage Bayerische Staatsbibliothek


    Es gibt eine Karikatur aus dem Münchener Punsch vom 10. Dezember 1865, das auf die Geldmittel anspielt, die zugunsten Richard Wagners flossen.


    Text:

    Ein neuer Orpheus. Der alter Orpheus setze Felsbrocken in Bewegung, der neue lockte Metallstücke an. Und noch dazu nach einer unendlichen

    Melodie.


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    Ich habe etwas recherchiert:


    Am 6. Dezember 1865 schickte der Hofrat Johann von Lutz zu Richard Wagner mit der Bitte, München für einige Monate zu verlassen. Zwei Tage später verfasste König Ludwig II. von Bayern einen Abschiedsbrief an den Komponisten, nachdem in einem Bürgerbegehren Unterschriften gesammelt worden waren, die Wagner zur Ausreise aufforderten. Wagners Exil sollte nur vorübergehend sein. Sobald sich die Stimmung beruhigt hatte, würde der König ihn nach München zurückrufen. Aus diesem Grund wurde dem Komponisten der Erhalt des ihm gewährten Jahresgehalts von 8.000 Gulden zugesichert (damals das Doppelte der Rente eines Ministers).

    Walter Benjamin hatte auf seiner Flucht einen Koffer bei sich. Was würdest du in deinen Koffer packen? Meiner ist gepackt.



  • dass er für seine Opernmusik Inspiration aus philosophischem Schrifttum bezog. Zum Beispiel aus der Philosophie Arthur Schopenhauers. Darauf soll hier eingegangen werden.

    Und doch machst du hier den üblichen Fehler von Leuten, die es nicht gewohnt sind, wissenschaftlich zu arbeiten. Du machst eine Untersuchung, bei der das Ergebnis vorher schon feststeht: Schopenhauers Einfluss auf Wagner.


    So geht aber Wissenschaft nicht. Wissenschaft ist ergebnisoffen. Im aktuellen Fall müsstest du dich fragen: Wie wurde Wagners "Tristan" zu dem, was er ist? Was hat Wagner beeinflusst?


    Und ich kann dir jetzt schon sagen: Die Oper wäre ohne Schopenhauer kaum anders geworden. Schopenhauer hat nur Dinge konkretisiert, die bei Wagner ohnehin schon vorhanden waren.


    Woher ich das weiß? Mathematisch-analytisches Denken seit ca. 50 Jahren, inkl. Studium (Mathematik) und Promotion (Ingenieurwissenschaften). Samt Anwendung in hunderten von Beispielen.


    Konkret:

    Gib mal 1000 intellektuell dazu fähigen Leuten die Aufgabe, sich mit dem Philospohen X auseinanderzusetzen. Befrage sie 10 Tage später zu ihren Eindrücken. Sie werden sich in 100% der Fälle positiv äußern. Egal ob Schopenhauer, Nietzsche oder Sartre.

    Dann warte 10 Jahre und stelle dieselbe Frage. 99,9% der Leute werden sich kaum noch an die damalige Episode erinnern. Einfluss auf ihre Denkweise: So gut wie null. Nur die wenigen, die ohnehin schon der betreffenden Philospohie nahe standen, werden sich nach 10 Jahren noch begeistert äußern.


    Es ist nämlich leider(!) so, dass der Mensch nicht in der Lage ist, seine Lebens- und Denkgewohnheiten, die er sich im Lauf von Jahrzehnten angeeignet hat, in kurzer Zeit zu ändern. Daher funktionieren auch die ganzen Diäten und sonstigen "Lebenshilfen" nicht. Was du bist und denkst, hat sich über lange Zeit entwickelt. Dieses zu ändern, benötigt wiederum eine entsprechend lange Zeit. Falls du sofort von einer "neuen" Idee begeistert bist, hast du diese die ganze Zeit schon in dir getragen.


    Schopenhauer hat also bei Wagner einfach offene Türen eingerannt. Bei mir wäre Schopenhauer auf Granit gestoßen. Bei mir war es Sartre, der auf fruchtbaren Boden fiel. Sartre wiederum wäre vermutlich bei Wagner auf Granit gestoßen.


    Es bleibt daher dabei:

    Um Wagner zu verstehen, sollte am besten bei Wagner direkt forschen.

    Um seinen "Tristan" zu verstehen, sollte man... (wie der Satz weitergeht, dürfte jetzt klar sein)

  • Und was ist da jetzt an Deiner „mathematischen“ Theorie ergebnisoffen?

    Ich habe keine "mathematische Theorie", was fantasierst du dir da zusammen???


    Den Punkt "ergebnisoffen" habe ich hinreichend erklärt.


    Du beobachtest ein Phänomen und sammelst dann alle Infos, die das Phänomen erklären können. Erst wenn du alle(!) Infos hast, fängst du an, zu gewichten.


    Im konkreten Fall wirst du feststellen, dass wenn Wagner z.B. 41 Jahre alt war, als er auf Schopenhauer stieß, bereits 41*365=14695 Tage (jaja, ein paar mehr wg. Schaltjahren) Zeit hatte, von allen möglichen Erfahrungen beeinflusst zu werden.


    Evtl. weißt du auch, dass Wagner eine recht meinungsstarke Person war. D.h. mit 41 Jahren war sein Weltbild schon ziemlich gefestigt. Natürlich noch nicht abgeschlossen, dazu war er viel zu intelligent. Aber ein Wagner mit 41 wechselt nicht mal eben seine Weltanschauung, nur weil er mit einem Philosophen in Berührung kommt.

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Er hat das übrigens selbst so gesehen, wie seine Äußerung zeigt, dass er in Wotans Verzweiflung im 2. Akt der »Walküre« Schopenhauers Ideen schon gestaltet hatte, ehe er ihn gelesen hatte. Nicht etwa umgekehrt. Wieviel diese Szene tatsächlich mit Schopenhauer zu tun hat, ist nicht wichtig. Interessant ist, dass er sie nicht etwa unter den Eindruck der Schopenhauer-Lektüre so entworfen hat, sondern während der Lektüre entdeckte, dass ihm diese Gedanken gar nicht neu waren, weil er sie zwar noch nicht gedacht aber bereits in seinem Drama gestaltet hatte. Anders gesagt: Er hat festgestellt, dass sich Schopenhauers philosophische Ideen (wie er sie verstanden hat) zur Interpretation seines Werkes eignen. Dazu eignen sich ohne Zweifel auch andere (zum Beispiel jene, die ihn beschäftigten, als er den »Ring« konzipierte, aber keineswegs nur die), aber welche Werkzeuge man immer zur Hilfe nimmt, keines ist unabdingbar, wenn man zu einem Verständnis des Gegenstands kommen will.


    Selbstverständlich kann man zur Interpretation des »Tristan« Schopenhauer zur Hilfe nehmen, das liegt auch nahe, aber es gibt auch andere Möglichkeiten. Meiner Ansicht und Erfahrung nach ermöglicht die Philosophie des Nagarjuna einen direkteren Zugang, und sei es nur, weil dieser die religiöse Komponente nicht ausspart. Aber auch zu diesem Denken muss man eine Neigung haben, sonst hilft es nichts. Dann kann man einen anderen Zugang wählen, der einen besser liegt. Am Ende muss man sowieso in das Gebäude eintreten, dass Wagner errichtet hat, und es von innen in seiner Gesamtheit betrachten. Dann spielt keine Rolle mehr, mit welchem Schlüssel man die Tür geöffnet hat, aber auch die Frage, mit welchem Zement der Erbauer gearbeitet hat, ist nur noch nebensächlich.

  • thdeck


    Die Beiträge sind einfach nur peinlich und zeigen, dass hier ein empirisch-naturwissenschaftlicher Standpunkt blind verabsolutiert wird aus der völligen Unkenntnis von Erkenntnistheorie und ihrer geläufigen Unterscheidung von Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften bzw. Kulturwissenschaften heraus. Die Geisteswissenschaft ist keine Naturwissenschaft und ihre wissenschaftliche Arbeitsweise eine völlig andere.


    Ich empfehle als Lektüre Hans-Georg Gadamer "Wahrheit und Methode". Da ist - im Anschluss an Martin Heidegger - vom "hermeneutischen Zirkel" die Rede, den man nicht vermeiden kann, so dass es methodisch nur darum gehen kann, nicht etwa aus ihm herauszukommen, sondern in rechter Weise in ihn hineinzukommen. In der Hermeneutik, sagt Gadamer, sind Vorurteile unvermeidlich, man muss sich ihrer nur bewusst werden. Die Hermeneutik arbeitet mit Vorgriffen, weil sie eine Sinn erschließende Funktion haben. Wie tragfähig diese sind, entscheidet sich im Prozess der Sinnaneignung.


    Die Naturwissenschaft und ihre Methode ist schlicht ungeeignet für die Arbeit des Geusteswissenschaftlers. Wer das nicht begriffen hat, muss sich erst einmal mit seiner Bildungslücke in dieser Hinsicht beschäftigen.

  • , aber auch darin, dass er für seine Opernmusik Inspiration aus philosophischem Schrifttum bezog. Zum Beispiel aus der Philosophie Arthur Schopenhauers. Darauf soll hier eingegangen werden.


    Und doch machst du hier den üblichen Fehler von Leuten, die es nicht gewohnt sind, wissenschaftlich zu arbeiten. Du machst eine Untersuchung, bei der das Ergebnis vorher schon feststeht: Schopenhauers Einfluss auf Wagner.

    Werter Kollege thdeck , ich glaube, Du überinterpretierst hier die Motivation des Beitrages von Helmut Hofmann. Es ging hier nicht um eine wissenschaftliche Untersuchung, sondern, so, wie ich ihn verstanden habe, antwortet er auf eine Frage, ob und wie Schopenhauers Philosophie Eingang ins Wagnersche Werk gefunden hat. Das wurde auf diesem Niveau doch recht schlüssig gezeigt.


    Die völlig andere Frage, ob ein Verständnis von Schopenhauers Philosophie notwendig für das Verständnis von Wagners Oper Tristan ist, wurde vom Kollegen so beantwortet


    Und diese gibt es auch, nur sind sie, um es gleich vorweg klarzustellen, nicht fundamentaler Art, so dass die Musik des Tristan nicht zu verstehen wäre, wenn man nicht um sie wüsste.


    Und ganz selbstverständlich muss Wissenschaft ergebnisoffen sein. Am Ende ist auch Gadamers Werk ein Versuch diese Offenheit für geisteswissenschaftliche Untersuchung zu erreichen. Ob das nun gelungen ist, wird hier kaum debattiert werden können :)

  • Im konkreten Fall wirst du feststellen, dass wenn Wagner z.B. 41 Jahre alt war, als er auf Schopenhauer stieß, bereits 41*365=14695 Tage (jaja, ein paar mehr wg. Schaltjahren) Zeit hatte, von allen möglichen Erfahrungen beeinflusst zu werden.


    Evtl. weißt du auch, dass Wagner eine recht meinungsstarke Person war. D.h. mit 41 Jahren war sein Weltbild schon ziemlich gefestigt. Natürlich noch nicht abgeschlossen, dazu war er viel zu intelligent. Aber ein Wagner mit 41 wechselt nicht mal eben seine Weltanschauung, nur weil er mit einem Philosophen in Berührung kommt.

    Es ist sicher etwas daran, dass Schopenhauers Text bei Wagner offene Türen eingerannt hat. Die Formulierung Wagners selbst, die Helmut Hofmann zitiert, legt das ja auch nahe. Ich kenne das Phänomen auch, dass mir etwas "klar" zu sein scheint, ohne, dass ich es formulieren kann. Plötzlich spricht dann ein Text das aus.... Allerdings ist das immer noch ein Lerneffekt.


    Der ist natürlich zu unterscheiden vom mühsamen Hineinarbeiten in eine fremde Gedankenwelt, wie es ja hier nicht der Fall war.

  • Lieber Helmut Hofmann, vielen Dank für Deinen glänzend geschriebenen Beitrag, der die Thematik sehr umfassend bereichert! Das ist auf höchstem Niveau verfasst und auch von der Argumentation sehr stringent. Ganz toll, ich habe viel gelernt!

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Es freut mich sehr, diese positiven Urteile über meinen Beitrag hier vorzufinden.

    Zu der Behauptung von thdeck " du machst hier den üblichen Fehler von Leuten, die es nicht gewohnt sind, wissenschaftlich zu arbeiten" sei gesagt:

    Wir sind hier nicht in einem universitären Seminar. Ich könne meine zentralen Thesen selbstverständlich mit Verweisen auf die entsprechenden Quellen und Zitaten aus der musikwissenschaftlichen Literatur belegen, wie ich das im Studium gelernt habe.

    Aber wo kämen wir da hin! Es geht mir in meinen Beiträgen ja gerade darum, jeden wissenschaftlichen Jargon zu vermeiden und die zugehörige Terminologie außen vorzulassen, damit ich von allen verstanden werden kann.

  • Aber wo kämen wird da hin! Es geht mir in meinen Beiträgen ja gerade darum, jeden wissenschaftlichen Jargon zu vermeiden und die zugehörige Terminologie außen vorzulassen, damit ich von allen verstanden werden kann.

    :!::!::!:

    Manchmal ist wenig immer viel! (Thorsten Legat)

  • Helmut Hofmann :Aber wo kämen wird da hin! Es geht mir in meinen Beiträgen ja gerade darum, jeden wissenschaftlichen Jargon zu vermeiden und die zugehörige Terminologie außen vorzulassen, damit ich von allen verstanden werden kann.

    Hallo und guten Tag,

    Du machst nicht nur das, sondern bei dir höre auch Wertschätzung der Mitdiskutanten heraus.
    Danke schön.
    mit freundlichen Grüßen

  • Zu der Bemerkung, Wagner wechsele nicht eben mal seine Weltanschauung, wenn er mit einer Philosophie in Berührung komme: Doch genau das war Wagners Auffassung vom Leben, dass es sich ständig ändert und entsprechend auch die Lebensauffassungen des Künstlers einem beständigen und unaufhörlichen Wandel unterliegen. Im Leben ist alles ständig im Fluss. Wagner hat erst Feuerbach und dann Schopenhauer gelesen und entsprechend seine Konzeption des Ring ungearbeitet und die Schopenhauer-Motive dann eingebaut. Darüber gibt es Fachliteratur und das ist erwiesen.

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zu der Behauptung von thdeck " du machst hier den üblichen Fehler von Leuten, die es nicht gewohnt sind, wissenschaftlich zu arbeiten" sei gesagt:

    Wir sind hier nicht in einem universitären Seminar. Ich könne meine zentralen Thesen selbstverständlich mit Verweisen auf die entsprechenden Quellen und Zitaten aus der musikwissenschaftlichen Literatur belegen, wie ich das im Studium gelernt habe.

    Das war meinerseits etwas hart ausgedrückt.

    Du wolltest ja nur einen bestimmten Aspekt näher beleuchten, und das ist wissenschaftlich natürlich zulässig. Im übrigen habe ich nicht deine fehlenden Quellenangaben kritisiert, zumal man aus dem Kontext entnehmen konnte, dass du seriös arbeitest, also nicht irgendwelche Dinge erfindest, wie Kollege K., der kackfrech behauptet, fast jeder Wagner-Opern-Besucher hätte damals Schopenhauer im Wohnzimmerregal stehen gehabt. Das hat er nämlich einfach so erfunden.


    Mein Punkt ist, dass man in der Wissenschaft ergebnisoffen an ein Thema herangeht. Das setzt allerdings voraus, dass man z.B. untersuchen will, welche Weltanschauungen Wagner beeinflussten. Du hast dich aber von vornherein auf einen Aspekt beschränkt und das auch so kommuniziert.


    Ich könnte z.B. untersuchen, welche Gedanken der Aufklärung in Haydns Opernschaffen einflossen. Da könnte ich alle anderen Aspekte weglassen, und es wäre immer noch wissenschaftlich. Erst wenn ich behaupten würde, Haydn hätte vor allem deswegen Opern geschrieben, weil er die Gedanken der Aufklärung verbreiten wollte, dann wäre es unwissenschaftlich.

  • Die Beiträge sind einfach nur peinlich und zeigen, dass hier ein empirisch-naturwissenschaftlicher Standpunkt blind verabsolutiert wird aus der völligen Unkenntnis von Erkenntnistheorie und ihrer geläufigen Unterscheidung von Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften bzw. Kulturwissenschaften heraus. Die Geisteswissenschaft ist keine Naturwissenschaft und ihre wissenschaftliche Arbeitsweise eine völlig andere.


    Ich empfehle als Lektüre Hans-Georg Gadamer "Wahrheit und Methode". Da ist - im Anschluss an Martin Heidegger - vom "hermeneutischen Zirkel" die Rede, den man nicht vermeiden kann, so dass es methodisch nur darum gehen kann, nicht etwa aus ihm herauszukommen, sondern in rechter Weise in ihn hineinzukommen. In der Hermeneutik, sagt Gadamer, sind Vorurteile unvermeidlich, man muss sich ihrer nur bewusst werden. Die Hermeneutik arbeitet mit Vorgriffen, weil sie eine Sinn erschließende Funktion haben. Wie tragfähig diese sind, entscheidet sich im Prozess der Sinnaneignung.


    Die Naturwissenschaft und ihre Methode ist schlicht ungeeignet für die Arbeit des Geusteswissenschaftlers. Wer das nicht begriffen hat, muss sich erst einmal mit seiner Bildungslücke in dieser Hinsicht beschäftigen.

    Nur zur Info: Ich bin Wissenschaftler und du nicht. Dein Text ist für einen Wissenschaftler wie mich komplett irrelevant. Das ist wie wenn ein Metzger einem Schuster erklären will, wie man Schuhe macht. Oder wie wenn ich dir erklären würde, wie Philosophie geht. Das würdest du zurecht ignorieren.


    Aber mal kurz zur "Erkenntnis".


    Ein Fan von Schalke 04 hat die Erkenntnis, dass sein Verein besser ist als Borussia Dortmund. Das kannst du wissenschaftlich nicht widerlegen.

    In Nepal traf ich einen Deutschen, der mir von seiner Erkenntnis berichtete, dass das Christentum einfach tiefgründiger sei als der Hinduismus. Ich habe auf eine Diskussion verzichtet, obwohl mir das Christentum natürlich näher steht als der Hinduismus.

    Neulich in Istanbul las ich eine Broschüre, in welcher fachkundig die Erkenntnis beschrieben wurde, nachdem der Islam dem Christentum überlegen ist. Und das Judentum das Ergebnis von "Fälschungen" sei.


    Wissenschaftlich kommst du gegen solche "Erkenntnisse" nicht an. Sie sind nämlich in sich stimmig. Aber halt nur, wenn man als Basis seinen eigenem Horizont nimmt und ausblendet, dass dieser beschränkt ist.


    Ein Forum wie dieses hat natürlich genau den Zweck, von seinen "Erkenntnissen" zu berichten. Hier geht es nicht um Wissenschaft. Störend ist allerdings, wenn einzelne Personen ihren "Erkenntnissen" einen wissenschaftlichen Anstrich geben wollen.


    Übrigens gibt es hier durchaus Leute, die zu wissenschaftlichem Denken in der Lage sind. Die erkennt man aber nicht an ihren Titeln, sonderen daran, wie sie argumentieren.

  • Ich glaube, ehrlich gesagt, die Frage nach der Wissenschaftlichkeit des Denkens ist in diesem Zusammenhang gar nicht so wichtig. Jedenfalls nicht vordringlich. Damit kann man sich vielleicht später mal beschäftigen. Hier ist es viel wichtiger, sich über die Grundregeln der Debattenführung zu verständigen. Die sind über die Zeit und auch in den unterschiedlichsten Kulturen erstaunlich einheitlich. Eine Debatte läuft in der Regel so:


    Jemand (Person X) stellt eine Behauptung auf. Zum Beispiel: »Man kann den ›Tristan‹ ohne Kenntnis der Philosophie Schopenhauers nicht verstehen« oder »Zwei multipliziert mit zwei ergibt fünf« oder »Die Erde ruht auf einer Schildkröte«. Zunächst einmal muss diese Behauptung als gültig angenommen werden. Aber nur so lange, bis ihr jemand (Person Y) widerspricht. Dann gilt »negatur, ergo probetur«. Person X oder jemand anders, der ihre Position für verteidigenswert hält, muss diese Auffassung begründen. Geschieht dies erfolgreich, ist die Position wieder als gültig anzusehen, bis jemand die Begründung anzweifelt, die dann ihrerseits verteidigt werden muss usw. Dabei muss Person Y keineswegs einen Gegenvorschlag machen, es genügt vollkommen, die Behauptung von X in Frage zu stellen, um den Mechanismus in Gang zu setzen.


    Fü die Begründung gibt es nun verschiedene, unterschiedlich wirksame Argumente. Ein auch hier im Forum sehr beliebtes ist der Autoritätsbeweis. Z. B. »Thomas Mann hat das gesagt« oder aber »Das sagen viele (wahlweise alle) Wissenschaftler« oder auch »Ich sage das, und was ich sage, ist richtig« oder auch (wenn man sich für besonders pfiffig hält): »Lies mal Gadamer«. Das Problem ist, dass es sich hier um keinen Beweis handelt, sondern lediglich um eine Abkürzung, indem man sich darauf stützt, dass irgendwer irgendwas gesagt hat, was gelten muss, weil alles, was dieser irgendwer sagt, als gültig anerkennt ist. Das ist aber auch die Voraussetzung dafür, dass dies funktioniert: Dass sich beide Seiten darüber einig sind, die angerufene Autorität anzuerkennen. Unter Marxisten ist »Marx hat gesagt...« ein ebenso starkes Argument wie unter Kantianern »Kant hat gesagt...« oder unter Christen »Die Bibel sagt...« oder unter Buddhisten »So steht es im Sūtra xyz«. (Letzteres ist allerdings etwas komplizierter, weil nicht alle Sūtras als gleichermaßen gültig angesehen werden.) Wenn es diese Einigkeit nicht gibt, ist der Autoritätsbeweis unwirksam. Man kann einfach antworten: »Andere sagen anderes«, und er ist erledigt.


    Andere (auch sehr beliebte) Argumente sind »ad hominem« (z. B. »gestern hast du aber gesagt...«; eine beliebte Abart davon ist auch »die Theaterwissenschaft ist konstruktivistisch« oder die logisch noch scheckigere erweitere Form: »es gibt die Theaterwissenschaft nicht UND die Theaterwissenschaft ist konstruktivistisch«) und »ad personam«. Zum Beispiel: »Ihr habt ja alle keine Ahnung«, »ihr seid Esel«, »wer das nicht sieht, ist einfach denkfaul« und was dergleichen mehr ist. Ersteres ist unter gewissen Umständen einigermaßen akzeptabel, wenn auch mehr oder weniger unredlich, letzteres schlicht niederträchtig. Letztendlich zeigen beide nur an, was auch die Verwendung des Autoritätsbeweis meistens anzeigt: Die Unfähigkeit oder Unlust, einen rationalen Beweis anzutreten.


    Diesen erhält man z. B. durch ein Experiment, das die Aussage bestätigt (man legt zwei mal zwei Äpfel auf den Tisch und versucht zu zeigen, dass es fünf sind), oder durch Schlussfolgerungen induktiver oder deduktiver Art. Da gibt es zum Beispiel den Syllogismus. Also etwa:


    Prämisse I: Man kann kein Drama verstehen, wenn man die Philosophie, die ihm zugrunde liegt, nicht studiert hat;

    Prämisse II: Tristan und Isolde ist ein Drama;

    Schlussfolgerung: Man kann Tristan und Isolde nicht verstehen, wenn man die philosophischen Grundlagen nicht studiert hat.


    Das funktioniert, wenn beide Prämissen anerkannt werden und der Schluss korrekt ausgeführt wird. Wenn z. B. eine der Prämissen angezweifelt wird (wie in diesem Falle), ist der Beweis misslungen, denn nun muss erst die Gültigkeit dieser Prämisse gezeigt werden.


    Kann aber Person X eine gültige Begründung für ihre Behauptung bringen, muss Person Y diese Behauptung als gültig anerkennen. Und umgekehrt: Kann man keine gültige Begründung bringen, also den Widerspruch nicht ausräumen, muss man seine Position aufgeben. (Das ist der Punkt wo gern zum argumentum ad personam gegriffen wird.)


    Um beim Thema zu bleiben: Es wäre also zu zeigen, dass man, ohne Schopenhauer studiert zu haben und seine Denkfiguren und Kategorien zu Rate zu ziehen, die Gedankengänge, dieses Stücks nicht verstehen kann. (Das ist allerdings schon widerlegt, denn Wagner ist nach eigener Aussage vor seiner Schopenhauer-Lektüre darauf gekommen, es muss also möglich gewesen sein, das ohne diese zu denken.)


    Um den jetzt fälligen Strohmann gleich abzufackeln: Das heißt weder, dass Schopenhauers Ideen nicht in das Stück eingegangen sind, noch, dass es nicht nützlich sein kann, Schopenhauer zu Rate zu ziehen, wenn man sich mit dem Stück befassen will. Daraus ergibt ich aber eben nicht, dass es ohne Schopenhauer nicht auch geht. (Jedenfalls gilt das so lange, wie die Behauptung, dass dies der einzig mögliche Zugang ist, bewiesen wurde.)


    Um noch ein fälliges Missverständnis auszuräumen: Ich bin mir sehr bewusst, hier nichts dargelegt zu haben, was nicht vollkommen klar ist. Es ist nur eben so, dass es in diesen Debatten allzu oft gegen diese simplen Grundprinzipien gedacht wird, so dass man doch hin und wieder an das Selbstverständliche erinnern (und das auch begründen) muss.

  • Die Beiträge von thdeck kann man nun wirklich nicht Ernst nehmen. Deswegen gehe ich auf sie auch gar nicht mehr ein.


    Nur einige grundsätzliche Bemerkungen.


    Dass Literatur wirklich verstanden wird und sogar auch noch vollständig, ist der Idealfall aber nicht die Realität. In der Regel wird ein Text nie vollständig verstanden sondern bestenfalls zur Hälfte oder zu zwei Dritteln. Zudem ist die Art des Verständnisses vom Interesse des Lesers abhängig. Der Wissenschaftler liest einen Text anders als das normale Lesepublikum, das anders als der Wissenschaftler kein reines Erkenntnisinteresse hat, sondern sich für einen Text interessiert, wenn er ihm etwas für sein Leben bedeutet. Wie der Leser das, was er liest versteht, ob er eventuell mehr oder weniger Verständnisschwierigkeiten hat, hängt davon ab, was er sonst noch alles an Literatur gelesen hat. Ich hatte darauf hingewiesen, dass ein von der Welt enttäuschtes bürgerliches Lesepublikum des 19. Jhd., das die damals populäre Weltschmerzliteratur reichlich konsumiert, es sehr wahrscheinlich leichter hat, die im Tristan verarbeiteten Schopenhauer-Motive zu verstehen als vielleicht ein Opernbesucher von heute. Selbstverständlich muss das Opernpublikum auch nicht primär am Verständnis orientiert sein. Dann ist sein Interesse einfach nicht primär das Verstehen. Das alles ändert aber nichts daran, dass das, was als Sinn zum Werk gehört, auch zum Werk gehört. Wenn man den Sinn nicht versteht oder kein Interesse daran hat, den Sinn wirklich zu verstehen, dann behält das Werk den Sinn eben für sich und gibt ihn nicht Preis. Zum Sinnverstehen gehört das Unverständnis, das Missverstehen, die fehlgeleitete Rezeption und der damit verbundene Entzug von Sinn.


    Was Wagner gelesen hat und was ihn beeinflusst hat, welche Motive in seine Werke eingeflossen sind, wie und wann er sie aufgenommen, mit Motiven aus anderen Quellen verschmolzen hat usw. ist ziemlich gut erforscht. Textphilologische Arbeit ist auch nicht "ergebnisoffen", sondern präsentiert Ergebnisse. Wenn man durch präzise Angabe der Quellen zeigen kann, daß Schopenhauer von Wagner gelesen wurde und wann und wie, dann ist das schlicht ein Ergebnis, das man entweder zur Kenntnis nehmen oder nicht zur Kenntnis nehmen kann.


    Wie die Rezeption einer Philosophie aussieht, kann man ebenfalls sehr präzise erforschen. Ein Weg dazu ist, dass man sich anschaut, welche Werkausgaben es gegeben hat. Ich hatte dazu auf einen Beitrag hingewiesen, den ich derzeit leider nicht verlinken kann, für den sich offenbar niemand interessiert hat. Da ging es um eine Reclam-Leseausgabe von 1924. Der Autor geht darauf ein, dass es im Falle Schopenhauer viele solche Leseausgaben gab für das bürgerliche Lesepublikum, die also nicht für den wissenschaftlichen universitären Gebrauch bestimmt waren. Schopenhauers Originaltext enthält viele unübersetzte fremdsprachige Zitate, darunter Altgriechisch und Latein. Die hat man in diesen Leseausgaben alle ins Deutsche übersetzt. Man kann nun ganz einfach nachforschen, wie viele solcher Leseausgaben es gab, wann und wo sie erschienen sind, wie hoch ihre Auflagen waren, wie viele Wiederauflagen es gab usw. usw. Dann bekommt man schon ein ganz gutes Bild über die Verbreitung von Schopenhauers Philosophie über den universitären Bereich hinaus. Solche Erkenntnisse kann man dann heranziehen um herauszubekommen, ob das Publikum zu einer bestimmten Zeit und ab wann und bis wann von seinem Vorwissen her in der Lage war, die Schopenhauer-Motive im Tristan zu verstehen. Wenn man es nur wissen will, kann man das also herausbekommen.


    Wagners Texte bieten ganz offensichtlich eine ganze Menge Verständnisprobleme. Wenn man sich schon um Verständnis bemüht und auch noch vorgibt, sich um Verständnis zu bemühen, dann ist es einfach widersprüchlich und unglaubwürdig, einen Weg, zu einem Verständnis zu kommen, einfach von vornherein abzulehnen, nur weil man ein affektives Vorteil gegen die Philosophie und gegen Philosophen hat. Und wenn es so ist, dass sich eine bestimmte Sinnschicht des Werks nur einem philosophischen Verständnis erschließt, dann sollte man das anerkennen und nicht aus einem Ressentiment heraus abstreiten. Es mag sein, dass man persönlich mit diesem philosophischen Verständnis nicht viel anfangen kann und sich selber einen anderen Zugang sucht. Das ist natürlich legitim. Einen Sinn wird man so auch finden, nur wird sich damit dann der philosophische Sinn dem Sinnverständnis entziehen. Man sollte aber so viel Größe haben, dem Werk (!) zuzugestehen, diese philosophische Sinnebene haben zu dürfen und auch Menschen diesen Zugang zuzugestehen, die einen philosophischen Sinn haben. Sonst bewegt man sich nämlich wirklich in den Niederungen eines gemeinen Ressentiments.

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  • Dieses Werk Schopenhauers ist sicher interessant für all diejenigen, die hier über einige Wochen ihre Meinung vertreten und verteidigt haben:


    Arthur Schopenhauer

    Die Kunst, Recht zu behalten


    https://www.projekt-gutenberg.…penh/eristik/eristik.html

    Der alte Schopenhauer! :)


    Ich glaube, dass man schon einiges verstehen kann, wenn man sich hier durch die Diskussion liest. Manchmal lohnt es sich nicht, offensichtlich nicht richtigen Aussagen zu widersprechen. Aus dem fehlenden Widerspruch lässt sich aber nicht ableiten, dass nun derjenige Recht haben muss ... :P


    Jeder lese mit Verstand, so ihm einer gegeben, den Thread selbst durch :hello:

  • Der alte Schopenhauer! :)


    Ich glaube, dass man schon einiges verstehen kann, wenn man sich hier durch die Diskussion liest. Manchmal lohnt es sich nicht, offensichtlich nicht richtigen Aussagen zu widersprechen. Aus dem fehlenden Widerspruch lässt sich aber nicht ableiten, dass nun derjenige Recht haben muss ... :P


    Jeder lese mit Verstand, so ihm einer gegeben, den Thread selbst durch :hello:

    deine ruhig Blut möchte ich haben.
    Ich fühle mich oft so betroffen. Einmal war ich nachts in einer schlimmen Gedankenkette. Ich habe, bildlich gesehen, an die Tür eines Forumsmitglied geklopft und Gebrüllt: „ er solle seinen scheiss Hammer behalten“

    Mit freundlichen Grüßen

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