Bleiben wir zudem beim Beispiel, also Konwitschny Lohengrin-Inszenierung hier in Hamburg (und auch, soweit ich erinnere, in Barcelona), so entpuppt sich die obige Ankündigung fast schon als das, was heutzutage mit dem Begriff "Fake News" beschrieben wird. Denn weder wird in der fraglichen Inszenierung eine andere, als Wagners Musik zum Lohengrin gespielt, noch textlich etwas hinzugefügt. Alles geschieht in der vorgesehenen Reihenfolge, keine Umstellungen, keine hinzuerfundenen Figuren. Einzug verzichtet der Zuschauer auf historisch "korrekte" Kostüme und Bühnenbilder. Zudem mag man Peter Konwitschny einiges vorwerfen, aber m.E. kaum, dass er sich wichtiger nähme, als das Werk, dass er nicht sehr sorgfältig mit dem Werk umgehen würde oder dass er sein Handwerk nicht beherrsche. Alles also Punkte, die Deiner Interpretation der zweiten Ankündigung folgen.
Lieber MSchenk,
Widerspruch meinerseits, wie Du sicher bei mir erwarten konntest. Lohengrin hat eine Musik, eine Handlung und einen Text. Ich habe einen beachtlichen Teil dieses Klassengrins gesehen, bis es mir zu bunt wurde. Es mag richtig sein, daß Konwitschnay weder in den Text noch in die Musik eingegriffen hat. Lege Dir aber einmal das Libretto auf den Tisch, schaue Dir diesen Klassenquatsch an und vergleiche mit dem Text. Da gibt es mehrere Dutzend Stellen, wo Text und Handlung nicht kongruent sind. Es paßt nicht zusammen. Für mich hat damit Konwitschny Wagner entstellt, er hat die Handlung aus dem Text gerissen und dazu die Unverschämtheit besessen, seine Deutung der Musik und dem Text Wagner gleichzustellen! Die Variante "Lohengrin, frei nach Wagner von Peter Konwitschny" würde eher den Kern treffen, denn was als Handlung geboten wird, das hat mit Wagner nichts zu tun. Da hat die aktuelle Lohengrin-Inszenierung in Bayreuth einen weitaus schlüssigeren Bezug zum Original, wenn auch die Handschrift von Regisseur und Bühnenbildner deutlich zu sehen sind.
Herzlichst La Roche