"Die Perlenfischer" - Domingos 150. Rolle und darüber hinaus ... Salzburger Festspiele, 23.8.2018

  • Ich melde mich aus dem Urlaub vom Gardasee.
    Am Tag vor der Abreise durfte ich noch eine meiner Lieblingsopern erleben - Bizets "Perlenfischer". Ich hatte diese Oper vor nicht allzu langer Zeit szenisch in Innsbruck gesehen und kenne die Musik gut aus verschiedenen älteren Gesamtaufnahmen - meine liebste darunter mit S. Lemeshev als Nadir (Moskau, 1950).


    Ich muss gestehen, dass ich mich vor allem auf die Oper gefreut habe, weil sie konzertant aufgeführt wurde. Die Inszenierung in Innsbruck war nämlich wieder äußerst mühsam gewesen. Der Chor, die teilweise recht aggressiven Eingeborenen, waren dort zu Akkordarbeitern einer modernen Fabrik verkommen. Diesmal traten alle Herrschaften in Abendkleidung auf und vor allem die wunderschöne Aida Garifullina gab darin eine ausgezeichnete Figur ab.


    Nun aber zur Aufführung: Die Musik – das ist natürlich Geschmackssache – hat mich sehr schnell wieder für sich eingenommen. In ihrer Exotik und Leidenschaft finde ich sie schöner (wenn auch nicht genialer) als jene von Bizets „Carmen“. Nach dem weltberühmten Duett Zurga/Nadir im Ersten Akt fragte ich mich unweigerlich: „Wie kann man so schöne Musik schreiben?“ Es ist wunderbar, das Orchester, den Dirigenten, den Chor und die Solisten gemeinsam auf der Bühne zu sehen und mitzuerleben, wie das alles zu einer Einheit verschmilzt.


    Javier Camarena, der wirklich über brillantes Stimmmaterial verfügt, sang im Duett wunderbar – ich war schon sehr gespannt, ob er die gefürchtete Arie im Ersten Akt bewältigen würde. Leider tat er das nicht. Kenner der Oper werden ihm keinen Vorwurf machen, sie ist quasi unsingbar, wenn sie nicht transponiert wird. Ich jedenfalls kenne keine völlig zufriedenstellende Version in der Originaltonart. Die Tenöre zu Bizets Zeiten müssen noch ganz anders gesungen haben. Der Applaus nach der Romanze war dann auch eher mau, denn Camarena sang (leider) wirklich sehr unrein.


    Domingos Zurga war – wie immer bei seinen Baritonrollen – ein Kapitel für sich. Ich möchte das nicht kommentieren. Zweifellos kann sich der Mann immer noch einer starken Bühnenpräsenz rühmen und es ist beeindruckend, wie seine angejahrte Stimme im Großen Festspielhaus immer noch klingt und schwingt. Trotzdem stelle ich hier ein Zitat von Domingo selbst ein. 1981 erklärte der Spanier, dass er mit 50 als Sänger aufhören würde und beantwortete die Frage, ob er weitersingen würde, wenn die Stimme noch intakt sei: „Auch dann nicht. Ich habe letztes Jahr in Wien eine »Fledermaus« dirigiert mit Hans Beirer. Der ist fast siebzig. Das finde ich furchtbar.“ So kann sich eine Meinung ändern …


    Aida Garifullina als Leila wirkte zart und verführerisch. Kein Wunder also, dass sich die beiden Männer in sie verlieben. Sie sang makellose Koloraturen und man gewöhnte sich gut an ihre Stimme, die anfangs ein wenig schneidend wirkte. Dirigent Minarsi, Orchester und Chor wirkten gut in Form, man ging durchaus beseelt nachhause.


    Drei Fragen an die Tamino-Experten:
    Ist die Romanze des Nadir live singbar?
    Was soll man von Domingo als Bariton halten?
    Hat man es heute als Sopran leichter, eine Weltkarriere zu starten, wenn man gut aussieht?

  • Hallo, Greghauser
    Vielen Dank für Deinen sehr gut geschriebenen informativen Bericht, den ich mit Freude und großem Interesse gelesen habe.
    Interessant vor allem auch deshalb, weil diese Oper ja kaum irgendwo auf dem Spielplan steht.

    Zitat


    Drei Fragen an die Tamino-Experten:
    Ist die Romanze des Nadir live singbar?
    Was soll man von Domingo als Bariton halten?
    Hat man es heute als Sopran leichter, eine Weltkarriere zu starten, wenn man gut aussieht

    Ob ich ein "Experte" bin, sei mal dahin gestellt.
    Aber eine gewisse jahrelange Erfahrung hat man schon und so möchte ich Dir Deine Fragen aus persönlicher, individueller Sicht beantworten:


    Zu 1. Es gab früher namhafte, bekannte Sängergrößen, die das wohl hervorragend konnten und die gibt es bestimmt auch heute noch.
    Ich stelle hier nachfolgend einen Link ein.
    Das es einer meiner absoluten Lieblingstenöre ist, ist tatsächlich ein Zufall. Aber hier geht es ja um "live". Und das hier ist live!
    Vor allem war ich von der nach m. M. hervorragenden, gefühlvollen Interpretation und der schönen,
    ausdrucksstarken Stimme selbst überrascht und fasziniert, weil ich ihn in dieser lyrischen Partie selbst nie vermutet hätte:



    https://www.youtube.com/watch?v=3K9vZhHcpIo :jubel: :hail: :jubel:
    Zu 2. Ich halte davon eher wenig. Ich fand Domingo als Tenor immer großartig und schätze ihn noch heute sehr.
    Aber seinen sängerischen Zenit, egal ob als Tenor oder jetzt als Bariton, hat er schon lange überschritten. Scherzhaft wird gesagt - in fünf Jahren hört man ihn als "Sarastro".
    Dieses leidige Phänomen des "nicht loslassen können, sich auf dem Höhepunkt zu verabschieden, sondern weiterzumachen", teilt er mit vielen.
    Wenn ich da auch an Pavarotti denke - in Glanzzeiten, einer der größten Tenöre aller Zeiten! Er hatte sich doch selbst ein monumentales Denkmal gesetzt!
    Aber das ist dann leider etwas gebröckelt, das hat er selbst etwas zerstört. Auch er konnte nicht loslassen und vieles war dann später nur noch peinlich und tat als Fan weh.
    Zu dem Thema fällt mir ein kleiner alter Theaterwitz ein:
    Zwei Zuschauer unterhalten sich über den überalterten Tenor auf der Bühne.
    "Wie findest Du ihn? Ach, die Stimme geht schon noch, ist noch erträglich, aber die Beine..., die Beine wollen nicht mehr so..."


    Zu 3. Wenn zu einer guten, hervorragenden Stimme noch ein blendendes Aussehen kommt, so meine ich, ist das keinesfalls von Schaden, sondern bestimmt und ganz sicher auch förderlich.Das trifft natürlich nicht nur auf die weiblichen, sondern auch auf die männlichen Kollegen zu.Und mitunter treten durch ein optisch gutes Aussehen,
    gepaart mit Charme und einem sympathischen Erscheinungsbild, sängerische Defizite und vor allem stimmlicher Wohlklang in den Hintergrund.
    (Da wüßte ich sofort einen, auf den das nach meiner persönlichen Meinung und Empfindung, zutrifft).


    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Lieber Greghauser!

    Javier Camarena, der wirklich über brillantes Stimmmaterial verfügt, sang im Duett wunderbar – ich war schon sehr gespannt, ob er die gefürchtete Arie im Ersten Akt bewältigen würde. Leider tat er das nicht. Kenner der Oper werden ihm keinen Vorwurf machen, sie ist quasi unsingbar, wenn sie nicht transponiert wird. Ich jedenfalls kenne keine völlig zufriedenstellende Version in der Originaltonart. Die Tenöre zu Bizets Zeiten müssen noch ganz anders gesungen haben.


    Die Hervorhebung in dem Zitat ist von mir.
    Darauf wollte ich nämlich nur eingehen!


    In der Tat sang man leichter und auf dem Atem.
    "Je crois entendre encore" ist in a-moll geschrieben, durchgehend im Piano. Das verlangt leichte Tenöre, die eine Voix Mixte perfekt beherrschen und der Gesangslinie jeweils unterschiedliche Anteile von Brust- und Kopfstimme geben können.


    Es lohnt sich einfach, die Aufnahme von Edmond Clement und anderen Franzosen aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts zu studieren. Auch der Portugiese Tomas Alcaide und der Russe Leonid Sobinov singen das so, wie es wohl gedacht ist.
    Aber noch Leopold Simoneau, Wieslav Ochman, Nicolai Gedda, Ion Piso und sogar Placido Domingo (mit dunkel goldenem Ton aber nicht transponiert!) können mit ebenmäßigem Fluss, hervorragender Legato-Kultur, sicher beherrschter Voix Mixte und exquisiten Modulationen überzeugen.


    Meist waren es italienische Tenöre, die die Romanze (In der Übersetzung heißt das dann " Mi par d'udir ancor") transponiert haben. In der Regel nach g-Moll. Manchmal aber nur einen halben Ton! Viele ihrer Aufnahmen sind mir entschieden zu robust für dieses Stück!


    Nun gibt es aber gerade in jüngster Zeit wieder Tenöre, die die französische Gesangskultur früherer Zeiten aufleben lassen und auch perfekt beherrschen. Joseph Calleja hat die Romanze in Berlin so hinreißend gesungen, dass er sie wiederholen musste!


    Und Cyrill Dubois (ein im Thread NEUE STIMMEN vorgestellter Tenor) ist ebenfalls einfach ein fabelhafter Vertreter des französischen Gesangskultur, der die Romanze zum Ereignis macht. Die Gesamtaufnahme, in der er, Julie Fuchs und Florian Sempey (alle drei waren in NEUE STIMMEN vorgestellt) singen, ist nicht von ungefähr von GRAMOPHONE zur Aufnahme des Monats gekürt worden!




    Das ist ein Livemitschnitt.
    Das Konzert kann man auch bei Youtube hören:


    https://www.youtube.com/watch?v=0CWMnONzAEc&feature=youtu.be



    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Vor allem mussten die Tenöre zur Bizet-Zeit noch nicht so hoch singen wie die heutigen, weil die Stimmung noch nicht so hoch war.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Freue mich über die Antworten.


    Es kommt bei dieser Arie ja noch etwas dazu: Die meisten Sänger konzentrieren sich derartig auf die Herausforderung, die technisch schwierigen Passagen zu bewältigen, dass sie relativ wenig berühren können. Ich denke, du kannst erst wirklich am Ausdruck arbeiten, wenn das technische Rüstzeug voll gegeben ist. Und wer hat das bei dieser Arie?


    Sehr interessant, dass chrissy Franco Bonisolli ausgewählt hat. Wie er selber schreit, hat man den ja nicht unbedingt am Schirm, wenn man über diese Arie nachdenkt, die wohl eher Tenöre di grazia singen sollten. 1983, also in einer Zeit, in der er manchmal die wildesten Sachen aufführte, nimmt er sich hier schön zurück und konzentriert sich auf die Herausforderung, diese Arie zu bewältigen. Zum Erstaunen des Hörers gelingt ihm das. Ich erinnere mich, dass ich eine Aufnahme dieser Arie von ihm schon gehört habe - auf seiner CD "My Way". Ist das dieselbe? Angeblich hat Bonisolli die Rolle auch auf der Bühne verkörpert.



    Völlig überrascht hat mich auch Domingo, von dem ich zwei verschiedene Aufnahmen auf youtube fand. Aus "La voce d'oro" (1972) - offensichtlich noch transponiert. Und 1980 aus München in der Originaltonart. Ist aber nicht live, klingt irgendwie eigenartig - von dem dunkel-goldenen Ton, wie Caruso41 meint, höre ich wenig. Es scheint eher, dass er sich völlig auf diese eine Aufnahme konzentriert, sie eventuell mehrfach wiederholt - bis sie "perfekt" im Kasten ist. Die Stimme klingt sehr verändert. Daher auch die Frage nach Live-Aufnahmen.



    Live ist ja auch nicht live. Wenn ich die ganze Partie singe, ist es etwas anderes als die Konzertsituation, wo ich mich nur auf die Arie konzentriere. Das gilt natürlich auch für die Bonisolli-Aufnahme.



    Die von Caruso41 vorgeschlagenen aktuellen Sänger werde ich mir noch in Ruhe anhören und gelegentlich meine Meinung abgeben. Danke übrigens auch für die genaue musikalische Analyse der Arie. Gedda und Simoneau habe ich in Gesamtaufnahmen. Meiner strengen Meinung nach berühren beide zu wenig. Außerdem sind es meiner Erinnerung nach keine Live-Aufnahmen (bin im Urlaub, kann es nicht kontrollieren). Wenn ich natürlich Fan von einem Sänger bin, werde ich das naturgemäß anders sehen.


    Den Beitrag vom "Stimmenliebhaber" kapiere ich nicht. ?(


    Was haltet ihr von den Interpretationen eines L. Brownlee oder eines jungen A. Kraus?

  • Lieber greghauser2002,zunächst Danke für Deinen Beitrag, sehr interessant, was Du da schreibst. Um auf Beitrag 4 einzugehen: Die Stimmung der Instrumente hat sich in der Geschichte stark verändert. Sicher wird Dir der Verfasser dieses Beitrag nähere Auskünfte geben können. Du kannst Dich aber selbst bei Wikipedia darüber informieren.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Lieber Greghauser, da ich auch unterwegs bin, nur eine kurze Antwort.


    Völlig überrascht hat mich auch Domingo, von dem ich zwei verschiedene Aufnahmen auf youtube fand. Aus "La voce d'oro" (1972) - offensichtlich noch transponiert. Und 1980 aus München in der Originaltonart. Ist aber nicht live, klingt irgendwie eigenartig - von dem dunkel-goldenen Ton, wie Caruso41 meint, höre ich wenig. Es scheint eher, dass er sich völlig auf diese eine Aufnahme konzentriert, sie eventuell mehrfach wiederholt - bis sie "perfekt" im Kasten ist. Die Stimme klingt sehr verändert.


    Ich meine die Aufnahme unter Giulini. Ist natürlich eine Studioaufnahme. Vermutlich auch mehrfach wiederholt. Eventuell sogar geschnitten. Clement und Sobinov, Alcaide und Anselmi musste die Arie auch im Studio in einem durchsingen. Und das war es dann!
    Immerhin finde ich Domingo erstaunlich für einen Sänger, der zu der Zeit schon Otello und Samson sang. Und er hat für mich einen in dieser Romanze ungewohnt dunklen Klang, singt aber mit erstaunlich schlankem Ton und nahtloser und fließender Linienführung!


    Meiner strengen Meinung nach berühren beide zu wenig. Außerdem sind es meiner Erinnerung nach keine Live-Aufnahmen (bin im Urlaub, kann es nicht kontrollieren).


    Für Domingo gilt auch wie für alle anderen Tenöre, was ich zu dieser Deiner Bemerkung sagen will: Ob er jemanden berührt oder nicht, ist letztlich eine ganz und gar subjektive Frage. Ich finde eigentlich auch, dass diese Romanze nicht berühren muss. Sie muss verzaubern. Das tut Alfredo Kraus beispielsweise voll. Berühren kann er mich eher weniger. Besonders verzaubernd empfinde ich Ion Piso (auf seiner Melodia-LP) und Wieslav Ochman (auf einer Muza-LP). Vor allem aber Cyrille Dubois. Und der ist - im Gegensatz zu den zuvor genannten Tenören - wirklich live!


    Zu Stimmenliebhabers Bemerkung hat LaRoche dich ja schon auf die Spur gesetzt.
    Da geht es um die Tonhöhe (gemessen in Hertz), die das eingestrichene a hat. Die ist nicht einheitlich festgelegt, war aber im 19. Jahrhundert um etwa einen halben Ton tiefer als heute! Das berührt natürlich auch Fragen der Gesangstechnik und des Stils. Dass allerdings auch mit einem a' von 443 Hz oder gar 444Hz hoch liegende Phrasen mühelos und ebenmäßig gesungen werden können, bedarf es schon einer Technik und eines Stils, wie sie in der französischen Gesangskultur gepflegt werden.


    Übrigens: höre Dir unbedingt auch von Alain Vanzo die Aufnahme auf Mode CMDINT 9487 an. Das dürfte eine sein, die echt berühren kann. Sie ist allerdings auch nicht live!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Domingos Zurga war – wie immer bei seinen Baritonrollen – ein Kapitel für sich. Ich möchte das nicht kommentieren. Zweifellos kann sich der Mann immer noch einer starken Bühnenpräsenz rühmen und es ist beeindruckend, wie seine angejahrte Stimme im Großen Festspielhaus immer noch klingt und schwingt. Trotzdem stelle ich hier ein Zitat von Domingo selbst ein. 1981 erklärte der Spanier, dass er mit 50 als Sänger aufhören würde und beantwortete die Frage, ob er weitersingen würde, wenn die Stimme noch intakt sei: „Auch dann nicht. Ich habe letztes Jahr in Wien eine »Fledermaus« dirigiert mit Hans Beirer. Der ist fast siebzig. Das finde ich furchtbar.“ So kann sich eine Meinung ändern …


    Und ich kapiere so etwas nicht wie diesen Absatz - wie ich überhaupt das heute so beliebte Domingo-Bashing nicht kapiere, das aber ja eigentlich immer (auch in dieser Rubrik) von Leuten kommt, die ihn entweder nie live oder zumindest in den letzten Jahren als Bariton nicht live erlebt haben. Das betrifft jetzt nicht deinen Beitrag, denn du hast ihn ja gerade live erlebt, sondern die eine oder andere Antwort darauf.



    Ich kapiere aber nicht, warum jemand schreibt "Ich möchte das nicht kommentieren.", um es dann angefangen im unmittelbar nächsten Satz doch zu kommentieren.


    Ich verstehe auch nicht, wie man sich darüber wundern kann, dass die Meinungen und Positionen im Laufe eines langen Lebens ändern können und dass man es jemandem zum Vorwurf machen kann, im Alter anders zu denken als in der Jugend. Das Sein bestimmt ja bekanntlich das Bewusstsein - und wenn Domingo das als (relativ) junger Mann nicht nachvollziehen konnte, dass die Alten nicht freiwillig von der Bühne abtraten - so geht es ihm im Alter nun so wie zig anderen vor und neben ihm auch. Warum man das gerade ihm zum Vorwurf macht, "kapiere" ich nicht.




    Nun zum Phänomen Domingo als Bariton an sich: Ich habe ihn in diesem Sommer als Zurga nicht gehört, aber Anfang Juli dieses Jahres als Macbeth in Berlin und im Sommer 2017 als Francesco Foscari in Salzburg (wo er mir besser gefallen hat als der von mir eigentlich sehr geschätzte Calleja in der anderen Foscari-Rolle) sowie mehrfach als Simon Boccanegra und Macbeth sowie einmal als Conte di Luna - obwohl letztere schon altersmäßig nicht seine Rolle war, hatte er, als ich drin war, doch einen guten Abend und brachte mit seinem völlig unforcierten Gesang (den er so als Tenor nicht immer hatte) das Berliner Schiller-Theater klanglich zum Vibrieren, dass es ein Ereignis war. Schon allein seine erste Phrase "Tace a notte" hat mir weit mehr gegeben als Madame Netrebko mit ihrer ganzen Doppel-Arie unmittelbar davor. Wie diese Jahrhundertstimme immer noch einen Raum klanglich zu füllen und mit ihrem Timbre betören kann, ist ein Ereignis, das man überhaupt nicht nachvollziehen kann, wenn man es nicht miterlebt hat. Das gilt noch mehr als beim Luna für die Rollen, die ihm noch weit mehr liegen, wie Simone oder Macbeth. 2015 habe ich ihn 4x als Macbeth im Schiller-Theater erlebt, in unterschiedlicher Abendverfassung (welcher Sänger hat die nicht?), aber auch da was das Live-Erlebnis seines Stimmklangs (und nicht nur seine darstellerische Präsenz) absolut erlebenswert.


    Nun kommen sicher gleich wieder die Freunde der Schubladen um die Ecke (der größte Schubladen-Freund schreibt inzwischen ja nicht mehr mit) und sagen, er würde ja gar nicht wie ein Bariton klingen, aber wie klingt denn ein Bariton??? Ich kenne so viele unterschiedliche Bariton-Klangbilder, das ich wirklich nicht zu entscheiden vermag, welches davon "richtig" und welches "falsch" sein soll. Darunter sind auch tenoral klingende Stimmen wie es auch unter den Tenören baritonal klingende Stimmen gibt. In alten Opernführern war noch von den Stimmfächern Bass-Bariton und Tenor-Bariton die Rede, wobei der Bariton im deutschen Fach eher ein Bassbariton ist und nicht so hoch herauf muss wie der Bariton des italienischen Fachs, der demzufolge eher ein Tenorbariton ist. Nur weil es in den vergangenen Jahrzehnten in der italienischen Oper üblich wurde, die Bariton-Partien möchglichst dunkel und hart zu singen, heißt das nicht, dass das so sein muss oder immer so war. Die Baritone der 1920er Jahre klingen in ihren Aufnahmen viel weicher, heller und flexibler, also modulationsfähiger im Stimmklang als die Dauerbrüller der 1970er und 1980er Jahre. Wie klangen sie in der Verdi-Zeit? Wer will das schon genau wissen??? Die Komponisten haben die Tonhöhe vorgegeben, aber nicht den Stimmklang. Insofern ist es genauso legitim, dass ein Domingo heute Bariton-Partien singt, wenn er alle Töne des geforderten Stimmumfangs der Partie hat, wie es legitim war, dass ein Fischer-Dieskau Verdi-Rollen gesungen hat. Und die Ergebnisse sind in beiden Fällen bemerkenswert und nicht abzuurteilen, weil sie nicht vorgegebenen Schubladen entsprechen oder nicht in der italienischen Bariton-Tradition der zweiten Jahrhunderthälfte (wo sich auch eine Ausnahmeerscheinung wie Tito Gobbi schlecht reinpressen lässt) entsprechen. Man kann auch den Jesus in den Bach-Passionen von einem Bariton oder Bass singen lassen, solange dieser alle Töne in der Tiefe und in der Höhe zur Verfügung hat. Wer will entscheiden, was "richtig" ist?


    Ich bin persönlich finde ganz subjektiv "richtiger", was besser klingt und mich mehr erreicht.


    Und es ist ja nun auch keineswegs so, dass Domingos Bariton-Auftritte peinlich und enttäuschend wären, dass er mit Schimpf und Schande aus den Opernhäusern gebuht werden würde. Als er jetzt an der Berliner Staatsoper wieder Macbeth sang, haben eigentlich alle Bekannten, die ich gesprochen habe, gesagt, dass er im Vergleich zur Schiller-Theater-Serie besser geworden ist. Ich würde zumindest dahingehend zustimmen, dass er souveräner war, dass er weniger Probleme mit dem Atem hatte als drei Jahre zuvor, dass die Gefahr des Wegbrechens von Phrasen kaum mehr vorhanden war. Der Preis dafür war allerdings auch eine gewisse stimmliche Verhärtung, sein Timbre war nicht mehr so weich und sinnlich wie noch drei Jahre zuvor, was ich bedauert habe, denn etwas Zerbrechliches passt zu Figuren wie Macbeth und Simon Boccanegra ganz gut, zumindest weit besser als ein Durchbrüllen der Partien im Einheitsforte. 2015 sang er noch mehr piano als 2018, und das habe ich jetzt etwas bedauert, dass das nun nicht mehr so war. Trotzdem war das auch jetzt am 2.7.2018 eine eindruckvolle und bewunderungswürdige Leistung als Macbeth, nicht nur in Anbetracht seines Alters von mindestens 77 Jahren, nach anderen Quellen ist er 84! Es kann nicht sein, dass man mit 84 noch so singen kann? Es kann auch nicht sein, dass man mit 77 noch so singen kann! Aber es ist trotzdem so! :D



    Und: Nein, nicht die Leute sind dumm, die da reingehen und über seine Darbietungen begeistert sind (wenn er gute Tage hat, völlig zurecht!), sondern die, die mitreden und es vom eigenen Wohnzimmer aus besser wissen als die, die ihn im Raum live erlebt haben. Das ist kein Vergleich, auch nicht zu einer Fernsehübertragung, die ich ja vor meinem Live-Erlebnis teilweise (4. Akt) auch erlebt habe.



    Soweit meine Meinung zum Domingo-Bariton-Phänomen, die sich zumindest auf eine zweistellige Anzahl von Live-Erlebnissen stützt - was nicht heißt, dass er nicht als Zurga jetzt in Salzburg weniger überzeugend gewesen sein kann, das kann ich wie gesagt nicht beurteilen. Aber die ganz billige Polemik (Sarastro!) bedarf es in einem seriösen Klassik-Forum dann vielleicht doch nicht unbedingt!



    Zur Frage des Kapierens meines Beitrags zur Stimmung (Orchester-Stimmung) hat "Caruso41" inzwischen ja dankenswerterweise Aufklärungsarbeit geleistet.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Für mich werden "Die Perlenfischer" für immer zuerst mit Joseph Calleja in Verbindung stehen. Die konzertante Aufführung mit ihm und Étienne Depuis 2011 in Berlin hat Perfektion erreicht.

  • Für mich werden "Die Perlenfischer" für immer zuerst mit Joseph Calleja in Verbindung stehen. Die konzertante Aufführung mit ihm und Étienne Depuis 2011 in Berlin hat Perfektion erreicht.


    Das geht mir genauso! :)


    Nicht nur, dass er die angeblich unsingbare Arie wunderschön gesungen hat, er hat die aufgrund des tobenden Applauses dann sogar gleich nochmal wiederholt! :jubel:
    Vielleicht das eindrücklichste da capo meines Operngängerlebens!
    Anderthalb Jahre später, im Juni 2013 im Konzerthaus Berlin, war er schon nicht mehr ganz so toll wie im Dezember 2011 in der Deutschen Oper. Da gab's dann auch kein da capo mehr, da war er froh, die Arie einmal durchgestanden zu haben.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Drei Fragen an die Tamino-Experten:
    Ist die Romanze des Nadir live singbar?
    Was soll man von Domingo als Bariton halten?
    Hat man es heute als Sopran leichter, eine Weltkarriere zu starten, wenn man gut aussieht?

    Hallo, greghauser2002,


    zunächst einmal: Ich bin kein Experte, aber seit fast 60 Jahren ein Freund schöner Stimmen.


    Frage 1: Ist die Romanze des Nadir live singbar?


    Natürlich ist sie das, viele berühmte Tenöre haben sie sowohl auf der Bühne als auch in Konzerten vorgetragen. Franco Bonisolli gehört nun allerdings nicht zu meinen Lieblingstenören, und als Nadir kann ich mir ihn gar nicht vorstellen. Ich werde mir aber die von Dir eingestellte Version später anhören.
    Für mich ist die Partie des Nadir eine klassische für einen "Tenore di grazia", und dazu kann man ja nun Bonisolli beim besten Willen nicht zählen.
    Auf Tonträger gibt es für mich zwei Tenöre, die auf geradezu ideale Weise diese Rolle verkörpern, es sind Léopold Simoneau und Nicolai Gedda.
    Beide haben den Nadir auf zwei inzwischen legendären Gesamtaufnahmen gesungen:
    bzw.
    hier Nicolai Gedda im Jahr 1960, Dirigent: Pierre Dervaux (Aufnahme: Salle Wagram, Paris, Stereo)


    und



    hier Léopold Simoneau im Jahr 1953, Dirigent: Jean Fournet (Aufnahme: Paris, MONO).


    Beide singen die Original-Version der Arie, beide haben ausgezeichnete Partner (siehe Cover).


    Nicolai Gedda hat die Nadir-Arie bereits im April 1953 erstmals aufgenommen, in seinem ersten Recital für EMI-Columbia, begleitet vom Philharmonia Orchestra London, Dir.: Alceo Galliera. In dieser 3 CD-Box ist es komplett enthalten:

    Die Nadir-Arie gibt es auf CD 1, Track 3.
    Erfüllter und noch verklärter singt Gedda sie aber in der GA unter Dervaux; das berühmte Duett aus dem 1. Akt (mit Ernest Blanc) ist für mich nach der legendären Aufnahme Björling/Merrill (RCA) die schönste Version dieses herrlichen Ohrwurms.
    Ulrich Schreiber ist in seinem Buch "Schallplatten Klassik/Auslese" davon überzeugt, daß Gedda "die Arie des Nadir in der GA unter Pierre Dervaux berückender als alle anderen auf Schallplatte festgehaltene Tenöre des 20. Jahrhunderts gesungen hat". Dem kann ich mich vorbehaltlos anschließen. Es ist eine wahrhaft traumhafte Traumerzählung!


    Es gibt aber auch einige deutsch gesungene Versionen dieser Arie, die es zu nennen gilt: Josef Traxel (DGG) und Lorenz Fehenberger (DGG) haben schöne Aufnahmen hinterlassen. Von den Sängern in der Originalsprache möchte ich Alfredo Kraus nicht unerwähnt lassen.


    Frage 2 hat Plácido Domingo prophetisch selber beantwortet:

    1981 erklärte der Spanier, dass er mit 50 als Sänger aufhören würde und beantwortete die Frage, ob er weitersingen würde, wenn die Stimme noch intakt sei: „Auch dann nicht. Ich habe letztes Jahr in Wien eine »Fledermaus« dirigiert mit Hans Beirer. Der ist fast siebzig. Das finde ich furchtbar.“

    Ich habe ihn in einigen Bariton-Rollen gehört und bin der Meinung, daß er sich und uns das besser erspart hätte. Doch er denkt offenbar noch immer nicht ans Aufhören: In einem anderen Thread habe ich bereits vor einiger Zeit die Befürchtung geäußert, daß Domingo wohl an seinem 100. Geburtstag sich selbst ein Ständchen singen wird :D .
    Ich schätze den Sänger sehr und habe zahlreiche der Aufnahmen aus seiner besten Zeit als Tenor im Regal; vor allem möchte ich spontan seine GA von "Il Trovatore" (Mehta, RCA), Rigoletto (Giulini, DGG), La Traviata (Carlos Kleiber, DGG), I vespri siciliani (Levine, RCA), Aida (Leinsdorf, RCA), Cavalleria rusticana (Levine, RCA) und Turandot (Karajan, DGG) hervorheben. Welch eine wunderbare Tenorstimme war das doch!! Selbst in der Levine-TOSCA von 1980 (EMI), als er seinen Zenit schon leicht überschritten hatte, singt er noch einen jugendfrischen, strahlenden Cavaradossi.


    Frage 3 möchte ich unbeantwortet lassen, da gehen sicher die Meinungen weit auseinander, und ich selber habe keine. Gutes Aussehen hat wohl zu allen Zeiten eine nicht geringe Rolle gespielt, und das beschränkt sich nicht auf die Operndiven. Da war so, das ist so, und das wird auch so bleiben …..


    LG, Nemorino



    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).


  • Frage 1: Ist die Romanze des Nadir live singbar?


    Natürlich ist sie das, viele berühmte Tenöre haben sie sowohl auf der Bühne als auch in Konzerten vorgetragen.
    Franco Bonisolli gehört nun allerdings nicht zu meinen Lieblingstenören, und als Nadir kann ich mir ihn gar nicht vorstellen.
    Ich werde mir aber die von Dir eingestellte Version später anhören.

    Hallo, lieber Nemorino
    Sicherheitshalber möchte ich darauf hinweisen, daß nicht Greghauser (er kann also nichts dafür), sondern ich diese Arie mit Bonisolli eingestellt habe - s. m. Btr. 2.

    Franco Bonisolli als Nadir kann ich mir ihn gar nicht vorstellen.
    Für mich ist die Partie des Nadir eine klassische für einen "Tenore di grazia", und dazu kann man ja nun Bonisolli beim besten Willen nicht zählen.

    Da stimme ich Dir absolut zu und ich gebe zu, ich hätte ihn in dieser Partie nicht vermutet und ihn da im Voraus auch nicht für ideal besetzt gehalten.
    Bis ich vor ein paar Jahren zufällig diese Aufnahme gefunden hatte und ich war total begeistert - das hatte ich so hervorragend nicht erwartet,
    denn das ist eigentlich nicht sein Fach.Es ist wohl ein Mitschnitt aus einer Theateraufführung, vermutlich kein Arienabend.
    Egal wie auch immer, auf jeden Fall ist es "live"!!! - und kein Studio!
    Hör´Dir das mal an, selbst wenn es Dir nicht gefällt, zumindest bin ich mir sicher, Du wirst überrascht sein, genau wie ich es auch war.
    Ich gebe auch ehrlich zu, wenn ich es nicht wüßte, ich hätte Bonisolli auf Anhieb wahrscheinlich nicht erkannt.

    Es gibt aber auch einige deutsch gesungene Versionen dieser Arie, die es zu nennen gilt: Josef Traxel (DGG) und Lorenz Fehenberger (DGG) haben schöne Aufnahmen hinterlassen.

    Hier möchte ich ergänzen - es gibt auch eine Aufnahme, deutsch gesungen von "Walter Ludwig". Es war in meiner Jugendzeit die erste Aufnahme, das Kennenlernen dieser
    wunderschönen Arie, die ich seit damals sofort bis zum heutigen Tag ganz sehr liebe und mag. Meine Eltern hatten damals die Schallplatte und bis ich später Vergleichsmöglichkeiten
    hatte, waren Jahre vergangen. Ludwig mag gegenüber anderen Sängern stimmlich nicht ganz mithalten können, er läßt auch die in die Höhe gehende Schlußphase weg,
    und doch möchte ich sagen, seine innige, gefühlvolle Interpretation, war für mich lange Zeit berührend.Und da wir ja hier beim Thema mit den Perlenfischern sind, möchte ich Dir (und auch anderen Interessenten) einen weiteren passenden musikalischen Gruß senden.
    Nämlich das bekannte, herrliche und ebenfalls großartige Duett aus dieser Oper. Hier gesungen von zwei sängerischen Weltstars.
    Viel Freude wünscht



    CHRISSY
    https://www.youtube.com/watch?v=hVR2hkGtKmw

    Jegliches hat seine Zeit...


  • Da stimme ich Dir absolut zu und ich gebe zu, ich hätte ihn in dieser Partie nicht vermutet und ihn da im Voraus auch nicht für ideal besetzt gehalten.


    Offenbar habt ihr die Karriere von Franco Bonisolli erst in einer Phase wahrgenommen, in der sich er zum Stentor-Tenor und Gesangs-Rambo entwickelte. Vorher aber hat er viel Cimarosa, Pergolesi, Vivaldi, Scarlatti, Cherubini, Gluck, Spontini und Rossini gesungen. Viele dieser Aufführungen sind als Mitschnitte verfügbar. Da kann man hören, dass er sehr diszipliniert und kultiviert gesungen hat. Sogar stilvoll. Allerdings der französische Gesangsstil war nie seine Sache. Das trübt ja auch das Vergnügen an der Aufnahme, die Chrissy eingestellt hat, so respektabel Bonisolli da auch singt!


    Noch zwei Worte zu deutsch gesungenen Aufnahmen der Romanze:


    Sie leiden natürlich darunter, dass die von Bizet gewünschte Kolorierung der Bögen in der deutschen Übersetzung gar nicht möglich ist, weil die Vokale andere sind. Auch gibt der deutsche Text nicht her, dass die Phrasen weich aber betont ausklingen.
    Trotzdem ist die Aufnahme von Josef Traxel ganz hervorragend gelungen. Bei ihm ist das Handicap kaum hörbar. Er klingt auf jeden Fall idiomatischer als andere deutsche Tenöre von Wittrisch bis Pataky, von Löhe bis Fehenberger. Das interpolierte hohe C vor dem Ende kann sich wirklich hören lassen!


    Die Aufnahme von Walter Ludwig war auch die erste, die ich durch Wunschkonzerte im Radio kennen gelernt habe. Ich mochte sie. Aberbegeistert hat sie mich nicht. Heute empfinde ich sie eher als nüchtern! Ohne Magie!


    Beste Grüße


    Varuso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Sicherheitshalber möchte ich darauf hinweisen, daß nicht Greghauser (er kann also nichts dafür), sondern ich diese Arie mit Bonisolli eingestellt habe

    Lieber chrissy,


    das war glatt ein Versehen von mir, sorry!


    Inzwischen habe ich mir die Arie des Nadir mit Bonisolli angehört - und war sehr angenehm überrascht. Ehrlich gesagt, soviel Feingefühl hätte ich ihm gar nicht zugetraut!


    Ich kenne den Sänger praktisch nur von dieser alten ACANTA-CD:

    und darauf präsentiert er sich, obwohl in guter Umgebung (u.a. Mirella Freni, Sesto Bruscantini), vor allem als Rampen-Tenor. Die CD hat mich veranlasst, ihn einfach links liegen zu lassen.
    Aber immerhin hat sie eine Lachsalve bei mir ausgelöst: Die Arie des Herzogs aus Rigoletto "Parmi veder le lagrime" wird auf der Rückseite mit "Ich seh' die heißen Zähne" (statt Zähren) übersetzt!


    Ich lese von Caruso41 mit Erstaunen, daß er in seiner Frühphase Werke von Cimarosa, Pergolesi, Gluck etc. gesungen hat. Das wußte ich nicht und hätte es auch nicht bei ihm vermutet. So kann man sich täuschen …..


    es gibt auch eine Aufnahme, deutsch gesungen von "Walter Ludwig"

    Die kenne ich leider nicht, aber Walther Ludwig ist mir natürlich bestens bekannt. Ich hatte in meiner alten LP-Sammlung Auszüge mit ihm u.a. aus "Eugen Onegin", "Zar und Zimmermann", "Undine", "Die lustigen Weiber von Windsor", "Martha" (mit Erna Berger) u.v.m. (ich glaube, alles DGG-Aufnahmen). Die sind aber bei mir nicht mehr existent.
    Als CD habe ich aber noch eine Aufnahme mit ihm, die mir sehr ans Herz gewachsen ist:

    mit Wilma Lipp (Konstanze), Emmy Loose (Blonde), Endre Koréh (Osmin) u.a.
    sowie dem Chor der Wiener Staatsoper und den Wiener Philharmonikern, Dirigent: Josef Krips (Aufnahme: 1950).
    Das war die allererste Opern-GA auf Langspielplatte überhaupt, und sie ist in ihrer Frische und Unbekümmertheit bis heute unerreicht. Walther Ludwig singt da einen einfühlsamen, sehr lyrischen Belmonte. Ich hatte die Aufnahme als Querschnitt schon auf LP, habe sie aber später als GA auf CD neu angeschafft.


    Vielleicht komme ich später noch einmal auf das Thema zurück; muss leider jetzt dringend weg.


    Bis später,
    LG Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Noch zwei Worte zu deutsch gesungenen Aufnahmen der Romanze:
    Sie leiden natürlich darunter, dass die von Bizet gewünschte Kolorierung der Bögen in der deutschen Übersetzung gar nicht möglich ist, weil die Vokale andere sind. Auch gibt der deutsche Text nicht her, dass die Phrasen weich aber betont ausklingen.
    Trotzdem ist die Aufnahme von Josef Traxel ganz hervorragend gelungen.

    Das ist auch mein Eindruck, lieber Caruso!


    Es gab die Aufnahme als 45er EP (übrigens die einzigen Stücke, die Traxel für die DGG aufgenommen hat), gekoppelt mit der Arie des Faust aus Gounods "Margarethe", bis in die 60er Jahre. Danach verschwand sie vom Markt und tauchte nie mehr auf, bis vor einigen Jahren das "Hamburger Archiv für Gesangskunst" beide Arien in einer umfangreichen Josef Traxel-Edition auf CD veröffentlichte. Die CDs waren allerdings m.W. nie im normalen Handel erhältlich.
    Die von Dir genannten Versionen mit Marcel Wittrich und Koloman von Pataky kenne ich gar nicht, auch nicht, wie schon gesagt, die mit Walther Ludwig. Fehenberger hat mir eigentlich recht gut gefallen, aber ich stimme Dir zu: Traxel ist in dieser Arie (auf deutsch) kaum zu schlagen. In der Originalsprache bleiben Gedda und Simoneau für mich erste Wahl.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber chrissy,


    über Walther Ludwig habe ich mich bereits geäußert, dieser Sänger hatte leider seine beste Zeit hinter sich, als die Stereotechnik aufkam. Davon hat er nicht mehr profitieren können, und deshalb ist er wohl heute den meisten Musikfreunden kein Begriff mehr. Schade.


    Vielen Dank noch für die Einstellung des Duetts Nadir-Zurga aus "Perlenfischer" mit Luciano Pavarotti und Nicolai Ghiaurov. Es war insofern ein Gewinn, als ich die Version nicht kannte und beide Sänger sehr hoch schätze. Doch, mit Verlaub, Nicolai Ghiaurov scheint mir hier keine ideale Besetzung zu sein (für mich ist er u.a. ein idealer "Don Giovanni" unter Klemperer und ein nicht minder fantastischer Philipp unter Giulini).
    Zurga ist aber eine Bariton-Partie, und dafür ist Ghiaurovs großartiger Bass einfach zu tief und zu voluminös. Das ist zumindest mein Eindruck. Pavarotti ist eine tolle Besetzung, aber seit ich das Duett in dieser Aufnahme gehört habe, bin ich eigentlich für alle anderen verloren:

    Jussi Björling (Tenor) und Robert Merrill (Bariton), mit dem RCA Victor Orchestra, Dirigent: Renato Cellini (Aufnahme: 1/1951).


    Ich kenne das Duett in sehr vielen Versionen, aber diese Aufnahme ist einfach nie mehr erreicht oder gar überboten worden. Zwei wunderbare Sänger, deren Stimmen sich geradezu ideal vermischen, eine Aufnahme für die Ewigkeit! Es ist jammerschade, dass es keine GA dieser Oper mit den beiden Sängern gibt.
    Auch die übrigen Stücke der CD sind erstklassig; beim großen Urwaldfluß kostet sie gebraucht gerade mal 49 Cent (!) + Porto.
    In der Dervaux-GA (EMI, siehe weiter oben) dieser Oper singen Nicolai Gedda und Ernest Blanc dieses Duett ebenfalls ganz wunderbar, diese Aufnahme hat den Vorzug von Stereo.


    Nicht unerwähnt in diesem Zusammenhang möchte ich folgende CD lassen:

    Eine etwas ungewöhnliche Kombination: Carlo Bergonzi und Dietrich Fischer-Dieskau mit "Berühmten Duetten", darunter auch das Perlenfischer-Duett. Sehr schön, aber keine ernsthafte Konkurrenz für Björling/Merrill. Trotzdem höchst interessant und eine schöne Ergänzung für die GAs, die beide zusammen gemacht haben: "Rigoletto" (Kubelik, DGG) und "Don Carlo" (Solti, Decca).


    Aber nochmals danke für den Clip, für mich eine Premiere, zumal ich den Zurga noch nie mit einer Baßstimme gehört habe.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Und ich kapiere so etwas nicht wie diesen Absatz - wie ich überhaupt das heute so beliebte Domingo-Bashing nicht kapiere, das aber ja eigentlich immer (auch in dieser Rubrik) von Leuten kommt, die ihn entweder nie live oder zumindest in den letzten Jahren als Bariton nicht live erlebt haben. Das betrifft jetzt nicht deinen Beitrag, denn du hast ihn ja gerade live erlebt, sondern die eine oder andere Antwort darauf.



    Soweit meine Meinung zum Domingo-Bariton-Phänomen, die sich zumindest auf eine zweistellige Anzahl von Live-Erlebnissen stützt - was nicht heißt, dass er nicht als Zurga jetzt in Salzburg weniger überzeugend gewesen sein kann, das kann ich wie gesagt nicht beurteilen. Aber die ganz billige Polemik (Sarastro!) bedarf es in einem seriösen Klassik-Forum dann vielleicht doch nicht unbedingt!



    Ich bin beeindruckt mit welcher Leidenschaft du Domingo als Bariton beschreibst. Ich kann dazu ergänzen, dass ich ebenfalls in "I Due Foscari" in Salzburg war, bei meiner Aufführung von "Troubadour" hatte er zwei Jahre zuvor abgesagt, Rucinski durfte einspringen.
    Du hast natürlich Recht, wenn du schreibst man soll nicht behaupten, etwas nicht zu kommentieren und es dann doch tun. Meiner Meinung nach habe ich das auch nicht getan, denn ich habe keinen Buchstaben über meine Meinung von Domingo als Bariton geschrieben. Offensichtlich hattest du da in der Vergangenheit schon öfter Auseinandersetzungen. Ich habe deshalb nichts darüber geschrieben, weil ich mir selbst irgendwie im Unklaren über Domingo als Bariton bin. Man würde sich - gerade im Perlenfischer-Duett - öfter einen dunkler timbrierten Gegenpart zum Tenor wünschen, andererseits bleibt aber die Faszination der Stimme und der Persönlichkeit Domingos. Das Zitat habe ich vor kurzem gefunden und eingestellt, weil ich es einfach zum Schmunzeln finde. In meinem Beitrag kann ich aber beim besten Willen kein Domingo-Bashing erkennen. Domingo selbst ist es wohl eher, der eine unfaire Aussage tätigt - gegenüber Hans Beirer.


    Insgesamt finde ich deine Ausführungen über Baritone aber äußerst lesenswert.


    Deine Bemerkungen über Calleja und die Nadir-Arie bestätigen indirekt eigentlich die "Unsingbarkeit" (auch wenn du das gerade andersherum gemeint hast). Offenbar braucht es einen absoluten Weltstar in allerhöchster Form (und in der Blüte seine Jugend, Calleja war damals Anfang 30), damit man sie einmal gut live innerhalb der Oper zu hören bekommt. Du selbst schreibst, dass Calleja schon eineinhalb Jahre später froh war, sie überhaupt zu bewältigen.


    Es ist interessant, mit euch über diverse Opern-Spezialthemen zu diskutieren. Ich bin auch deswegen im Forum, um zu lernen. Polemik oder gar Bashing sind keine erstrebenswerten Ziele für mich.

  • Lieber chrissy,


    Vielen Dank noch für die Einstellung des Duetts Nadir-Zurga aus "Perlenfischer" mit Luciano Pavarotti und Nicolai Ghiaurov. Es war insofern ein Gewinn, als ich die Version nicht kannte und beide Sänger sehr hoch schätze. Doch, mit Verlaub, Nicolai Ghiaurov scheint mir hier keine ideale Besetzung zu sein
    Zurga ist aber eine Bariton-Partie, und dafür ist Ghiaurovs großartiger Bass einfach zu tief und zu voluminös. Das ist zumindest mein Eindruck.
    Pavarotti ist eine tolle Besetzung,


    Aber nochmals danke für den Clip, für mich eine Premiere, zumal ich den Zurga noch nie mit einer Baßstimme gehört habe.


    Nichts zu danken, lieber Nemorino, immer gerne. Ich freue mich, daß ich Dir mit dieser "Premiere" in der Besetzung Pavarotti / Ghiaurov eine Freude bereiten konnte.
    Ich bin ja ein ganz großer Fan beider Sänger, vor allem von Pavarottii.
    Beide sind in vielen anderen Partien einmalig und überragend, und obwohl beide auch hier großartig singen, stimme ich Dir ebenfalls zu -
    als Zurga und Nadir sind sie nicht ideal. Das ist nicht "ihre Partie".
    Gefreut hat mich auch, daß Dir Bonisolli gefallen hat und Du positiv überrascht warst.
    Ich muß aber gestehen, daß wundert mich nicht wirklich - ich habe es geahnt.


    Herzliche Grüße und eine Gute Nacht wünscht
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Man würde sich - gerade im Perlenfischer-Duett - öfter einen dunkler timbrierten Gegenpart zum Tenor wünschen, andererseits bleibt aber die Faszination der Stimme und der Persönlichkeit Domingos.

    Wobei gerade im französischen Fach die Baritone in der Regel viel heller singen als im italienischen Fach und erst recht im deutschen, das sind wirklich Tenor-Baritone, was Domingo ja irgendwie immer war, der Pelleas ist zum Beispiel nicht seriös dem Tenor ODER Bariton-Fach zuzuschlagen sondern ist genau dazwischen, und der von "Kapellmeister Storch" erwähnte Etienne Dupuis klingt auch recht hell (was ich durch auch als angenehm empfinde, gerade auch beim Posa, nur für den Onegin war's vielleicht nicht dunkel genug, die russische Schule ist wieder noch eine ganz andere). Ich kann es wie gesagt nicht beurteilen, weil ich den Abend im Gegensatz zu dir nicht erlebt habe, aber ich könnte mir vorstellen, dass Domingo als Zurga nicht wesentlich heller klang als Dupuis. Und Bassisten wie Ghiaurov sind meines Erachtens nicht das Ideal für die Partie des Zurga, diese schlage ich schon klar dem (französischen) Bariton-Fach zu, so ist es auch überall angegeben, die Basspartie in der Oper ist der Gemeindeälteste - und selbst die war zuletzt an der Berliner Staatsoper mit einem reinen Bariton (Wolfgang Schöne) besetzt...

    Domingo selbst ist es wohl eher, der eine unfaire Aussage tätigt - gegenüber Hans Beirer.


    Ja, es gibt auch ein SPIEGEL-Interview von Domingo aus den frühen 80ern, da sagt er Sachen, wo es einem die Sprache verschlägt, diplomatischer wurde er wohl erst um 1990, als es dann auch um die der Vermarktung der "Drei Tenöre" ging. Es gibt so viele böse Aussagen von bedeutenden Komponisten gegenüber anderen, und bei Interpreten noch viel mehr, ich finde, das muss man nicht auf die Goldwaage legen und schon gar nicht den Äußernden mehr als 30 Jahre später moralische Stricke daraus drehen wollen.
    Und natürlich hast du gleich in dem Satz, der dem Satz "Ich möchte das nicht kommentieren" unmittelbar folgte, kommentiert. ;)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Wobei gerade im französischen Fach die Baritone in der Regel viel heller singen als im italienischen Fach und erst recht im deutschen, das sind wirklich Tenor-Baritone, was Domingo ja irgendwie immer war, der Pelleas ist zum Beispiel nicht seriös dem Tenor ODER Bariton-Fach zuzuschlagen sondern ist genau dazwischen, und der von "Kapellmeister Storch" erwähnte Etienne Dupuis klingt auch recht hell (was ich durch auch als angenehm empfinde, gerade auch beim Posa, nur für den Onegin war's vielleicht nicht dunkel genug, die russische Schule ist wieder noch eine ganz andere). Ich kann es wie gesagt nicht beurteilen, weil ich den Abend im Gegensatz zu dir nicht erlebt habe, aber ich könnte mir vorstellen, dass Domingo als Zurga nicht wesentlich heller klang als Dupuis. Und Bassisten wie Ghiaurov sind meines Erachtens nicht das Ideal für die Partie des Zurga, diese schlage ich schon klar dem (französischen) Bariton-Fach zu, so ist es auch überall angegeben, die Basspartie in der Oper ist der Gemeindeälteste - und selbst die war zuletzt an der Berliner Staatsoper mit einem reinen Bariton (Wolfgang Schöne) besetzt...


    Das stimmt. Die franz. Baritone klingen oft sehr hell - das passt es gut, wenn man dann noch Blanc heißt, wie der Herr der auf der Gesamtaufnahme mit Gedda oder Bianco wie jener auf der Gesamtaufnahme mit Simoneau. An solche Baritone gleicht sich Domingo an.


    Unser Bass in Salzburg setzte übrigens sein schwarzes Timbre an den wenigen Stellen schön ein. Von ihm wird man vermutlich bald mehr hören: Stanislav Trofimov.



    Und natürlich hast du gleich in dem Satz, der dem Satz "Ich möchte das nicht kommentieren" unmittelbar folgte, kommentiert. ;)


    Das kommentiere ich nun nicht mehr. Sonst drehst du mir noch einen moralischen Strick daraus :D

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  • Nicolai Ghiaurov scheint mir hier keine ideale Besetzung zu sein (für mich ist er u.a. ein idealer "Don Giovanni" unter Klemperer und ein nicht minder fantastischer Philipp unter Giulini).


    Lieber chrissy,


    hier muss ich mich berichtigen: Nicolai Ghiaurov singt den König Philipp nicht in der Giulini-Aufnahme (EMI), das ist Ruggero Raimondi! Das war ein Denkfehler, ich habe aber die Aufnahmen mit Georg Solti (Decca) und Karajan (EMI), in beiden ist Ghiaurov als Philipp zu hören, wobei er mir bei Solti noch besser gefällt als bei Karajan.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Dass ihr Euch darüber wundert, einem Bass in der Rolle des Zurga zu hören, überrascht mich.


    In der Vergangenheit war es in Frankreich durchaus geübte Praxis, die Partie des Zurga mit einem Bass zu besetzen. So singt in der Aufnahme mit dem hinreißend phrasierenden Tenor Edmond Clément beispielsweise Marcel Journet, der große französische Bass, der alle großen Basspartien des französischen Faches gesungen hat, aber auch Boitos Mefistofele, Verdis Philipp oder Wagners Gurnemanz. Mann muss allerdings sagen, dass französische Bässe in der Regel mit schlankem Ton und geschmeidiger Stimmführung singen und selten ausgesprochen dunkel klingen.


    Manche hier im Forum mögen leider keine alten Aufnahmen hören. Trotzdem werde ich nicht müde werden, auf sie hinzuweisen, weil in vielen der alten Aufnahmen Maßstäbe gesetzt werden. Man sollte sie zumindest mal gehört haben. Edmond Clément und Marcel Journet in dem Duett aus „Les Pêcheurs des Perles“ ist solch eine Aufnahme. Hier stimmt eigentlich alles!


    Ganz im Vertrauen: Ich höre ja auch ausgesprochen gerne Aufnahmen, die genau genommen ziemlich unidiomatisch sind!
    Also etwa Benjamino Gigli - Giuseppe de Luca oder Jussi Björling - Robert Merrill!
    Wenn man dann aber mal eine Aufnahme hört, die wirklich mit feinem Stilempfinden und französischem Raffinement gesungen ist, dann ist das schon was anderes!

    Und für die echten Freunde des französischen Stils noch ein Tipp:
    Paul Henri Vergnès und Arthur Endrèze geben geradezu ein Lehrstunde in Sachen Intonation, Diktion, Atemführung, klarer Linienzeichnung, stimmiger Phrasierung, farblicher Schattierung und so fort! Dagegen klingen wirklich ganz viele andere Einspielungen - so schön sie gesungen sein mögen - doch ziemlich unidiomatisch!


    Erstaunlicherweise wurde bisher die Aufnahme von FritzWunderlich und Hermann Prey noch nicht erwähnt. Ich mag sie sehr, auch wenn sie eher nach Flotow klingt!
    Freilich gibt es auch in deutscher Sprache Aufnahmen, die durchaus überzeugen können. Ich möchte insbesondere auf die Aufnahme von Hermann Jadlowker und Josef Schwarz hinweisen. Sehr langsam gesungen aber mit wundervoller Linienführung, feinen Kolorierungen des Tons und erstaunlicher Intensität.
    Ganz überraschend fand ich auch die Aufnahme mit Robert Hutt und Heinrich Schlusnus. Beide singen ausgesprochen schön und mit bemerkenswerter Geschmeidigkeit. Französisch klingt es bei ihnen allerdings auch nicht wirklich.

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Scherzhaft wird gesagt - in fünf Jahren hört man ihn als "Sarastro".


    Wie man chrissys doch als solche klar erkennbare witzige Bemerkung "billige Polemik" nennen kann, die in einem "seriösen Klassikforum" nichts zu suchen hat, erschließt sich mir nun wirklich nicht. Wie humorlos muß man sein, um zu solch einem Urteil zu kommen! Ich denke, Domingos Image wird davon keinen dauerhaften Schaden nehmen :D
    (Zur Klarstellung: Ich habe das im Beitrag 17 von greghauser2002 gelesen, der es als Zitat eingestellt hat!).

    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Mann muss allerdings sagen, dass französische Bässe in der Regel mit schlankem Ton und geschmeidiger Stimmführung singen und selten ausgesprochen dunkel klingen.


    Lieber Caruso41,


    …… was man nun von Ghiaurov aber nicht behaupten kann. Dieser großartige Bass ist im französischen Fach als Mephisto in Gounods "Faust" sicher am richtigen Platz; den Zurga singt er natürlich mit herrlicher Stimme, aber die Stimmlage ist eben alles andere als idiomatisch.
    Meine idiomatischste Version des Duetts Nadir/Zurga ist die mit Gedda und dem französischen Bariton Ernest Blanc in der GA unter Dervaux, die ich gestern bereits genannt habe. Gedda war ein Stilist, der sieben Sprachen praktisch akzentfrei beherrschte, und Blanc als gebürtiger Franzose ist in der Rolle genau richtig. Übrigens wurde dieser wunderbare Bariton bei uns leider nie so recht populär.


    Erstaunlicherweise wurde bisher die Aufnahme von FritzWunderlich und Hermann Prey noch nicht erwähnt. Ich mag sie sehr, auch wenn sie eher nach Flotow klingt!

    Genau deshalb habe ich sie nicht genannt, obwohl sie an sich schön gesungen ist. Noch weniger kann ich mich mit Schock/Metternich (Electrola) anfreunden, das liegt aber in erster Linie an Schock, der mal wieder recht angestrengt und kehlig singt.


    Dass Heinrich Schlusnus dieses Duett aufgenommen hat, ist mir neu, obwohl ich eine riesige Auswahl seiner Aufnahmen habe. Ich habe rasch mal nach dem Duett gesucht, aber ich finde es nicht, unter Robert Hutt gibt es bei Amazon z.Zt. wohl nur diese CD:

    Darauf ist er aber nur mit der Bildnis-Arie und dem Eingangslied des Turiddu aus "Cavalleria rusticana" vertreten.


    Noch ein Satz zu Björling/Merrill: Natürlich sind das keine französischen Sänger, und idiomatisch mag das auch nicht ganz sein, aber so herrlich strahlend hört man das sonst kaum, und die beiden Stimmen sind so aufeinander abgestimmt, dass es eine Pracht ist!


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Wie man chrissys doch als solche klar erkennbare witzige Bemerkung "billige Polemik" nennen kann, die in einem "seriösen Klassikforum" nichts zu suchen hat, erschließt sich mir nun wirklich nicht.

    Ach, dir erschließt sich so vieles nicht, du musst das hier nicht alles kundtun, was sich dir nicht erschließt.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Erstaunlicherweise wurde bisher die Aufnahme von FritzWunderlich und Hermann Prey noch nicht erwähnt. Ich mag sie sehr, auch wenn sie eher nach Flotow klingt!


    Sehr deutsch klingt auch die Version von Peter Schreier und Theo Adam.


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Dass Heinrich Schlusnus dieses Duett aufgenommen hat, ist mir neu, obwohl ich eine riesige Auswahl seiner Aufnahmen habe.


    Lieber nemorino, in Sammlerkreisen kursierte mal eine private Heinrich-Schlusnus-Edition bestehend aus sage und schreibe 18 prall gefüllten CDs. Das Duett, das merkwürdig schleppend klingt in meinen Ohren, soll 1921 aufgenommen worden sein. Eine offizielle Ausgabe kenne ich auch nicht.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Nemorino!

    Meine idiomatischste Version des Duetts Nadir/Zurga ist die mit Gedda und dem französischen Bariton Ernest Blanc in der GA unter Dervaux, die ich gestern bereits genannt habe.


    Bekanntlich hat Nicolai Gedda die Aufnahmen bedeutender französischer Tenöre sehr genau studiert und davon ungemein profitiert. Gerade Edmond Clément war für ihn Vorbild und Ideal.
    In seinen Aufnahmen - natürlich hat er von Clément nur Ausschnitte hören können - des Nadir, des Des Grieux, des Mylio, Werther, Romeo oder Faust wird das ganz deutlich hörbar. Da hat er offensichtlich gelernt, was die französische Gesangskultur erfordert. In Bezug auf Agilität, das klangreiche Singen mit weitgespannten Bögen und schwebender Mezzavoce und vor allem den Reichtum an Farben und Nuancen muss sich Gedda hinter keinem der großen französischen Vorbilder verstecken.
    Die elegische Anmut, die Eleganz und den Charme eines Clément allerdings kann man nicht lernen. Immerhin wirkt ihre Nachahmung bei Gedda nie als abgenutzes Klischee oder gar billiges Imitat . Sie verzaubert aber auch nicht!


    Liebe Güße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Sehr deutsch klingt auch die Version von Peter Schreier und Theo Adam.


    Ja, lieber Rheingold, sehr deutsch!!!
    Aber ich finde die Aufnahme erstaunlich gut gesungen.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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