César Franck - Die Sinfonischen Dichtungen

  • Immer wenn von Caesar Frank die Rede ist, dann denken wir an sein sinfonisches Meisterwerk - die Sinfonie d-moll ... oder an seine Orgelwerke ...
    César Franck war Organist und wurde 1872 Professor für Orgel am Pariser Konservatorium.


    In seinen Kompositionen blieb er der deutschen Romantik treu. Sein Lehrer war Anton Reicha, der vor ihm schon Gounod, Berlioz und Liszt unterrichtet hatte ... und damit sind wir bei Thema.
    Denn als Vater der Sinfonischen Dichtung galt Franz Liszt (dessen Sinf.Dichtungen wir in den letzten Wochen bei Tamino thematisiert hatten).


    :!: In seinen Sinfonischen Dichtungen beweist Franck, dass er Liszt geistiger Erbe war:


    Ce qu’on entend sur la montagne (Was man auf dem Berge hört) (1847)
    - wurde nie aufgeführt; Liszt´s Sinfonische Dichtung Nr.1 hat den gleichen Titel


    Les Eolides (1877)
    - hatte nach der UA 1877 in Paris zunächst keinen Erfolg, der sich erst viel später einstellte


    Le Chasseur Maudit (Der wilde Jäger) (1882)

    Les Djinns für Klavier und Orchester (1884)
    - nach einem gedicht von Victor Hugo


    Psyche für Soli, Chor und Orchester (1888)
    - wird heute zumeist in der gekürzten Fassung nur mit Orchester aufgeführt. ( Ich habe nur eine Aufnahme der Urfassung mit Soli und Chor gefunden.



    Die CD-Aufnahmen:
    Bereits mit den abgebildeten 2 CD´s bin ich äuserst zufrieden, denn hier werden massstabsetzeden Interpretationen von Valdimir Ashkenazy (Psyche und Les Djinns)
    und Raimond Leppard (Der wilde Jäger und Les Eolides) abgeliefert, die in jeder Hinsicht zufriedenstellen:


    Die Sinfonie d-Moll mit Raimond Leppard kann sich mit den besten Aufnahmen der Sinfonie messen.
    Leppard geht alles andere als stromlinienförmig vor. Er entwickelt eine Dramatik eine Sidehitze, die im Vergleich zu anderen Aufnahmen ihres Gleichen sucht. Die Sinfonie D-Moll halte ich mit Leppard neben Bernstein mit dem Orchestre National de France (DG) und der alten, aber klangtechnisch desolaten Int mit Monteux (RCA) für eine der allerbesten Interpretationen.
    *** Auch die beiden Sinfonischen Dichtungen Les Eolides und Der wilde Jäger werden detailreich und angemessen dramatisch, mit fabelhaften Pauken wiedergegeben, sodass man auch hier von Spitzenaufnahmen in jeder Hinsicht sprechen kann.


    Die audiophile RPO-Klangtechnik sorgt neben der feurigen Interpretation für eindeutigen Hörspass !



    RPO, 1995, DDD



    Vladimir Ashkenazy, nicht minder begeisterungswürdig, hat trotz der ebenso energiegeladenen Sichtweise (trotz Decca) die nicht ganz so detailreiche Klangtechnik auf seiner Seite (aber das nur Im Vergleich zu der RPO-CD), denn ohne Vergleich ist hier alles in bestem gewohntem Decca-Sound.


    Die Sinfonie d-moll wirkt daher bei ihm etwas feinsinniger, aber ohne Verzicht auf die gebotene Dramatik in den Sätzen 1 und 3, insgsamt ohne jegliche Mängel.
    Herausragend seine Performance bei Les Djinns, dessen Klavierpart er auch übernimmt
    und ebenso gut auch die 4 Sätze der Sinfonischen Dichtung Psyche (hir in der üblichen Kurzfassung von ~ knapp 23 Minuten):
    1. Der Schlaf der Psyche
    2. Psyche wird von den Zephiers entführt
    3. Die Gärten des Eros
    4. Psyche und Eros


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    Decca, 1988/89, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich konnte heute in Erfahrung bringen, dass die Angabe in Wikipeda, dass die Sinfonische Dichtung Ce qu’on entend sur la montagne (Was man auf dem Berge hört) (1847) bisher nie zur Aufführung kam, nicht mehr stimmt.
    Es existiert doch bereits eine Aufnahme mit Christian Arming und seinem Orchester aus Liege, gekoppelt mit der Sinfonie d-moll :



    Fuga Libera, DDD



    Mir hat Le Chasseur Maudit (Der wilde Jäger) (1882) von den Sinf.Dichtungen Cesar Franck´s bisher am besten gefallen und voll angesprochen.
    Die oben gezeigte Aufnahme mit R. Leppard (RPO; 1995, DDD) spricht "alle Sprachen" und lässt bezüglich Verve, Feuer, Brillanz und packendem Zugriff keine Wunsche offen ... dabei hatte ich echt das Feeling das C.Franck das geistige Erbe von Franz Liszt angetreten hat.



    Wer die Gesamtfassung seines Spätwerkes, der Sinfonischen Dichtung Psyché für Soli, Chor und Orchester (1988) kennen lernen möchte, kann auf bislang nur zwei Aufnahmen
    mit Otaka (Chandos) und P.Strauss (EMI) zurückgreifen.
    Für mich persönlich ist aus bekannten Gründen (da ich es mit dem Gesang nicht so habe), die viersätzigen Kurzfassung für Orchester alleine in der o.. Ashkenazy-Aufnahme voll ausreichend und OK.
    Offenbar gehört dieses offenbare Meisterwerk auch zu den hoch unterschätzten Orchesterwerken der Romantik.
    ** Wen das Gesamtwerk interessiert, sollte dort zugreifen:



    Chandos, 1995, DDD


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    EMI, 1975, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Nanu, keinerlei Reaktion hier? Gut, ich gebe zu, dass Francks Orchesterwerke (abgesehen von der Symphonie) wirklich nicht so bekannt sind. Aber sie stehen wirklich völlig zu Unrecht im Schatten.



    Ich stimme Wolfgang zu, wenn er besonders "Le Chasseur maudit" als ein großes Meisterwerk auffasst. Sieht man sich die Diskographie an, so ist diese Tondichtung auch ziemlich häufig aufgenommen worden. Ich behaupte mal: Bei dem Werk stimmt einfach alles vom ersten bis zum letzten Takt. Eine ungemein gehaltvolle, tiefsinnige und in der zweiten Hälfte vor allem auch gruselige Symphonische Dichtung. Man merkt, dass für César Franck hier Berlioz (Symphonie fantastique) Vorbildcharakter gehabt haben muss, ohne dass es epigonal wirkt. Die Einspielung von Leppard auf dem unscheinbaren RPO-Label ist nach einigem Vergleichshören auch mein Favorit. Sehr gut finde ich auch die alte Einspielung von Charles Munch mit dem Boston Symphony Orchestra, die halt klanglich nicht ganz mithalten kann, aber sogar noch rasanter ist (14 Minuten Spielzeit). In diesen beiden Aufnahmen sind die dramaturgisch so wichtigen Glocken am Ende besonders eindrucksvoll eingefangen.



    Da es bisher nur gestreift wurde: "Ce qu'on entend sur la montagne" sehe ich dann als das zweite Bravourstück an. In seiner Anlage völlig anders und viel weitläufiger als "Le Chasseur maudit", entfaltet Franck eine magische Wirkung und zeigt, was geniale Klangmalerei ausmacht. Es ist kaum zu glauben, dass dieses Werk etwa 1846/48 entstanden sein soll, klingt es doch schon sehr spätromantisch und reif. Liszt hat sich mit demselben Stoff bekanntlich ebenfalls beschäftigt, und ich muss als Liszt-Fan zugeben: Franck liegt hier vorn. Es ist unverständlich, dass es bis heute nur zwei Studioaufnahmen gibt (die andere ist aus den 80er Jahren von Brian Priestman mit dem Belgischen Rundfunk-Orchester, das bei aller Liebe aber nicht mit den Kräften aus Liège mithalten kann).



    Bisher nicht genannt wurde der symphonische Auszug aus "Rédemption", das sogenannte Morceau symphonique, knapp eine Viertelstunde lang. Zumindest Barenboim hat es gesondert eingespielt; es gibt noch eine Gesamtaufnahme des kompletten Werkes von Michel Plasson.


    Fazit: Ja, César Franck war ein würdiger Liszt-Nachfolger in Sachen Tondichtung. Diese Werke sollten allgemein viel bekannter sein, denn hörenswert sind sie allesamt.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Le Chasseur maudit (Boston SO/Munch 1959 live)



    Diese Interpretation lässt mich geradezu sprachlos zurück. Das ist sogar noch besser als Munchs sehr gute Studioeinspielung mit demselben Orchester. Was für eine unglaubliche Tempogestaltung und was für ein ununterbrochen gehaltener Spannungsbogen. Die Blechbläser gehen bis an ihre Grenzen, Wahnsinn! Die Stelle mit dem Fluch (stark zurückgenommenes Tempo) ist unheimlich sondergleichen. Ich glaube, ich habe diese Symphonische Dichtung noch nicht besser gehört. Französischer kann's kaum klingen (und zum Glück schon in Stereo).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões