J. S. Bach, Weihnachtsoratorium BVW 248 am 16. 12. 2018, 16.00 Uhr in Köln

  • Johann Sebastian Bach, Weihnachtsoratorium, Kantaten I bis III

    Sibylla Rubens, Sopran

    Ingeborg Danz, Alt

    Martin Mitterrutzner, Tenor

    Konstantin Krimmel, Bass

    Vokalensemble Kölner Dom, Einstudierung Eberhard Metternich

    Kölner Kammerorchester

    Gesamtleitung und Dirigent: Christoph Poppen


    Der Chor, den ich zum ersten Mal erlebte, trat mir 28 Damen und 22 Herren auf, die in den Chören und Chorälen im Zusammenspiel mit dem 32köpfigen Kammerorchester insgesamt eine stimmiges Klangbild

    abgaben. Allerdings habe ich schon Aufführungen erlebt, wo ein Chor in derartiger Stärke das Orchester ungespitzt in den Boden gesungen hätte. ich will damit sagen, dass sich die durchweg jungen Damen und Herren positiv gesagt, an manchen Stellen vornehm zurückgehalten haben.

    Das Orchester war vom ersten Chorsatz: "Jauchzet, frohlocket", vom ersten Takt an, den berühmten fünf Paukenschlägen, voll präsent und ich will, bevor ich es vergesse, doch sofort bemerken, da es jetzt das vierte Mal ist, dass ich in relativ kurzer Zeit das Kölner Kammerorchester erlebt habe, wie viel an musikalischer Struktur des Orchestersatzes ich auch von diesem Werk erfahren habe, das ich so bisher nicht wahrgenommen hatte.

    Das liegt sicherlich neben der Aufstellung auch an der Ausgewogenheit der Instrumentalisten und offenbart, wie viel die zweiten geigen auch zur Struktur beitragen. In der amerikanischen Aufstellung und bei großen Orchestern geht das manchmal doch unter.

    Da ich die Pauken zu Beginn schon erwähnt hatte, will ich auch den vorzüglichen Paukisten Dirk Offelder hier vorstellen:

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    Der in diesem Oratorium viel beschäftigte Solotenor, der viele Rezitative und eine Arie singt, war mit Martin Mitterrutzner,

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    der mit u. a. Fritz Wunderlich, Peter Schreier, Christoph Pregardien, Anthony Rolfe Johnson, um nur einige zu nennen, prominente Vorgänger hatte, vortrefflich besetzt. Sein leichter, höhensicherer Tenor hatte m. E. für diese Partie das richtige Timbre.

    Auch die Altistin Ingeborg Danz

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    trat in den bekannten Arien "Bereite dich Zion", "Schlafe, mein Liebster" und "Schließe, mein Herz" sowie in ihren Rezitativen mit ihrer eher etwas heller gefärbten Stimme und wie ich finde, sehr berührenden Ausdruck, sehr positiv hervor.

    Die Sopranistin Sibylla Rubens,

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    die das Wenige, was sie in diesen ersten drei Kantaten singen musste, ein Rezitativ mit dem Evangelisten und ein Duett mit dem Bass, sehr engagiert und ausdrucksstark sang, ist hier ebenfalls zu nennen.

    Bliebe noch der Bass zu nennen, der, wenn mich meine bescheidenen Stimmkenntnisse nicht täuschen der Lage "Basso cantante" zuzuordnen ist, überzeugte in der Person des

    Konstantin Krimmel, der auch der Jüngste in dem Solistenquartett ist:

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    Ebenfalls noch hervorheben möchte ich den vorzüglichen Konzertmeister David Schultheiß:

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    der in einer Altarie eine vorzügliche Solobegleitung spielte. Welche Arie es war, kann ich nicht mehr sagen, aber vielleicht (da bin ich mir fast sicher), weiß es ja einer von unseren Gesangsexperten.

    Die im Ganzen durchaus überzeugende Aufführung lag wieder in den bewährten Händen des Chefdirigenten Christoph Poppen:

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    Einige Gedanken möchte ich noch ausdrücken zu den Chören und Chorälen und ihrer Interpretation.

    Zu Beginn meiner Beschäftigung mit dem Weihnachtsoratorium war mein Lieblingschor natürlich der Eingangschor "Jauchzet, frohlocket". Das hat sich mit dem Verlaufe der Beschäftigung etwas verschoben. Dadurch, dass ich zu meiner individuellen Vorbereitung die legendäre Aufnahme Harnoncourts vom November 1981 genutzt habe, wuchs meine Vorliebe für den Eingangschor der dritten Kantate: "Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen".

    Harnoncourt interpretierte das, wenn der Chor das im zweiten Einsatz vierstimmig wiederholt, mit einer dynamischen Wucht, die mich stets gefesselt, ja erschüttert hat, und ich habe mehrmals mit unserem Dirigenten darüber gesprochen, wie faszinierend ich diese Lesart fand. Ich denke, wir sind auch in diese Richtung gegangen.

    In der Kölner Aufführung hat mich das nicht so überzeugt, aber das ist auch meine persönliche Ansicht.

    Der an sich schwierigste Chor, die Nr. 21 "Ehre sei Gott", den ich auch sehr gerne gesungen habe, hat mir dagegen sehr gut gefallen. Da schien der Domchor in seinem Element zu sein.

    Von den Chorälen gefielen mir besonders die Nr. 5 "Wie soll ich dich empfangen", die Nr. 12 "Brich an, o schönes Morgenlicht" und die Nr. 28 "Dies alles hat er uns getan". Da haben sie das abschließende "Kyrieleis!" regelrecht zelebriert. Meinen persönlichen Lieblingschoral "Ich will dich mit Fleiß bewahren" fand ich auch sehr gelungen interpretiert, ich finde ihn aber auch immer sehr gelungen, wenn wir ihn selbst singen.


    Beim WO war eigentlich immer, wenn ich es in Köln oder Essen erlebt habe, "die Hütte voll", so auch hier.

    Ich freue mich schon auf den Dreikönigstag 2019, wenn die Kantaten IV bis VI auf dem Programm stehen, die ich in dieser Zusammensetzung so in einem Einzelkonzert noch nicht erlebt habe.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi - habe herzlichen Dank für Deinen Bericht und lass Dir sagen, dass ich mit Dir das Glück einer zufriedenstellenden Aufführung nachempfinden kann. Ich möchte noch anfügen, dass der "Gloria-in-exelsis-Deo"-Chor auch für mich - damals in meiner aktiven Gesangszeit - zu den schwierigsten Chören des Werkes gehörten; da haben wir lange exerziert, bis er saß!


    Auch was Du über die Chöre schreibst, kann ich voll unterschreiben. Berührend ist es für mich seit jeher gewesen, dass Bach für den Choral "Wie soll ich dich empfangen" die Melodie des Passionschorals "O Haupt voll Blut und Wunden" benutzt hat - und deshalb ist er mein über alles geliebter Choral aus dem WO.


    :hello:

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    MUSIKWANDERER