Beethoven: Sinfonie Nr. 4, Op. 60 - Testsieger der Stiftung Taminoranking?

  • Werte Leser,


    Aufgrund der schönen Beschreibungen von Norbert und Zwielicht habe ich mir Järvis Aufnahme gekauft und ich kann beiden nur zustimmen. Vielen herzlichen Dank.


    Ich habe lange überlegt, ob ich mir überhaupt die Hodwood/Ancient of Music Einspielung zulege. Jetzt bin ich froh, das ich sie habe. Hogwood läßt die Einzelstimmen noch betonter erklingen, ein Klangerlebnis der besonderen Qualität. Bei Järvi sind die Bässe doch sehr in einem Klang zusammengefasst, Hogwood ist in den Details klarer, aber dafür in den rythmischen Passagen nicht ganz so schwungvoll wie Järvi.


    Beide lassen sich wunderbar vergleichen ohne eine Wertung abgeben zu müssen. Sie ergänzen sich, man erkennt, wo die Besonderheiten liegen, herrliche 70 Minuten.


    Viele Grüße Thomas

  • Ich hatte diesen Beiitrag schon einmal gepostet, weiß der Henker, wo er geblieben ist.


    Aufgrund eurer Schilderungen habe ich mir die Hogwood-Kassette bestellt, ich hatte schon lange ein Auge auf sie geworfen, seit sie in den 80er Jahren von der Kritik (z.B. in FONO FORUM) euphorisch besprochen wurde. Und ich habe mich oft nach den Herrschaften gerichtet und bin eigentlich nie enttäuscht worden.


    Ich höre die 4. Sinfonie sehr gerne, seit ich 1963 meine erste Gesamtaufnahme angeschafft habe (die erste DG-Aufnahme von Herbert von Karajan). Dessen Vierte gefällt mir noch heute ausnehmend gut, präzises Musizieren, große dynamische Spannweite mitreißender Drive, und das bekommt, wie ich meine, dieser Sinfonie sehr gut, die etwas zu Unrecht im Schatten ihrer Vorgängerin und ihrer Nachfolgerin steht.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo Thomas,


    meinst du jetzt bei Karajan oder bei Hogwood, der, wie ich jetzt in meiner Email lesen konnte, schon zu mir unterwegs ist (seine Aufnahmen natürlich)?


    Liebe Grüße


    Willi ?(

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo William B.A.


    ich meine Hogwood. Das kommt davon, wenn man sich nicht präzise ausdrückt. Und dreh bei Hogwood`s GA mal so richtig die Boxen auf, es lohnt sich!


    Viele Grüße Thomas

  • ich habe jetzt bei JPC die beiden von dir genannten Aufnahmen gefunden aber noch eine dritte mit den Wiener Philahrmonikern aus dem jahre 1950, gekoppelt mit dem 5. Klavierkonzert mit Edwin Fischer, aus dem Jahre 1951:

    Diese Aufnahme gefile mir eigentlich klanglich noch besser als die beiden anderen. Was meinst du?


    Nach drei Hördurchgängen dieser Studioaufnahme der Vierten aus dem Jahr 1950 muss ich leider, lieber Willi, nach einer anfänglichen Begeisterung nun doch schlussendlich vom Kauf abraten. Furtwängler sollte man in Live-Mitschnitten hören - gibt es doch kaum einen Dirigenten mit größeren Vorbehalten gegen Studioproduktionen als ihn. Und schon gar keinen Dirigenten mit einer größeren Aura in Live-Darbietungen als ihn. Diese Studioproduktion, die Naxos ausgegraben hat, kann einfach - so gut sie unzweifelhaft ist - nicht mithalten mit Furtwänglers Live-Mitschnitt desselben Werks aus Berlin vom 30.6.1943. Auch die Studio-Version aus Wien von 1952 erscheint mir vorzugswürdig. Natürlich ist diese Naxos-CD grandios, wenn man erstmals Furtwängler hört. Aber dem fortgeschrittenen Hörer, der Furtwängler 1950 mit Furtwänglers sonstigen Einspielungen sowie Kleiber, Mrawinsky, Bernstein usw. vergleichen möchte, sollte man doch eher andere Produktionen empfehlen. Sorry, wenn ich das so sage. Aber vielleicht hatte es doch seine Gründe, dass man sich zu Lebzeiten Furtwänglers entschloss, nach der ersten Studioeinspielung von 1950 eine zweite Studioeinspielung mit demselben Orchester 1952 in Angriff zu nehmen und dann nur die letztere bei EMI zu veröffentlichen.


    Meine Lieblingseinspielung des Werks bleibt Furtwängler 1943. Und dann kommt wohl tatsächlich schon Mrawinsky. Von dem ich folgende drei Einspielungen des Werks besitze
    - Jewgenij Mrawinsky/Leningrader Philh. (rec. live Leningrad 14.3.1949)
    - Jewgenij Mrawinsky/Leningrader Philh. (rec. live Leningrad 21.1.1972)
    - Jewgenij Mrawinsky/Leningrader Philh. (rec. live Leningrad 29.4.1973)
    Zur Zeit habe ich gerade Mrawinsky 1972 auf dem Kopfhörer. Klasse. Wie auch Sir Charles Mackerras 2006 mit dem Scottish Chamber Orchestra äußerst hörenswert ist. Eine Sichtweise auf Beethoven, mit der ich mich immer mehr anfreunden kann.

  • Zitat

    "Eindeutig handelt es sich hier um die beste Version dieser Sinfonie! Hat jemand Lust, das zu bestreiten?"

    Oh, gerne!
    Denn diese Aufnahme Fus von 1943 steht quer zur gesamten Aufführungspraxis!


    Ich habe heute Nachmittag mir die Zeit genommen und die Aufnahmen der 4. die ich auf I-dingenskirchen habe, also unter Auslassung etlicher LP Versionen durchgehört. (Der Job muss warten.)
    Hier die Zeitstatistik. Zeiten in Sekunden.
    Möge jeder nach Gusto ergänzen: Auf das Bild Klicken, denn im Vorschaumodus sah alles prima aus, dann aber.....

    Das Geschreibsel über den Angaben bedeutet: 1: Satz bis zum Eintritt des Hauptthemas. OW= Ohne Wiederholung. Bei Cluytens habe ich diese Anmerkung vergessen!


    Den 2. Satz habe ich als Maß genommen, da im 1. Satz zuweilen ohne Wiederholung gespielt wird, die fast 2 Minuten ausmacht.
    Kalibriert man dies alles, dann stelle ich fest, dass die Aufnahmen von Klemp, Abbado und Wand ähnlich proportioniert sind. Järwr käme hinzu, er ist im 1. Satz etwas langsam.
    HVK ist hier noch (die Hvk Fans im Forum können sicherlich die anderen drei Aufnahmen nachlegen) zum Teil Furtwängler zum Teil Toscanini, also noch nicht er selbst.


    Scherchen und Fu spielen eine Sonderrolle. Zum einen zerdehnt Fu den 2. Satz enorm, fast 12 Minuten, auch im 1. ist er alles andere als schnell unterwegs.
    Man beachte die Zeit, die er bis zum Eintritt des Hauptthema braucht. Dadurch macht er aus dem 1. Satz ein ganz anderes Werk. Nämlich seines!
    Untersucht man die Binnenstruktur der Sätze, fällt auf, dass er durchaus zu Spitzengeschwindigkeiten in der Lage ist, seine Interpretation gefällt mir eigentlich nur im letzten Satz, der ist flüssig und frei von "Stop and Go Mätzchen."
    Heute ist man einen flüssigen Beethoven gewohnt, der frei ist von Gesten, die wie dramatische Stummfilmszenen daherkommen.


    Scherchen ist noch ne Nummer härter. Da kommt dann teilweise das Orchester der Wiener Staatsoper nicht mehr mit, weil dem Meister das Temperament vollends durchgeht.


    Bei Mrawinski ist es so, nimmt man die Wiederholung hinzu, dann könnte man ihn zu Klemp, Abbado und Wand gesellen. Die Aufnahme gefällt mir sehr gut, neben Klemp 1954 und Järwi ist es meine Lieblingsaufnahme. Aber das will nix heißen. Denn ich habe so viele Aufnahme so lange nicht mehr gehört.
    Welche Wohltat, den 2. Satz im Tempo eines Järwi, Abbado, Mrawinski oder Klemp zu hören. Einfach fließende Musik ohne (Gerhard Schröder) irgendein "Gedöhns!"


    Gruß S.

  • Hey, die neue Forensoftware ist wirklich Suboptimal!
    Ich kann einen Buttcall nicht mehr löschen.
    Wie postet man EXCEL Tabellen, ohne dass diese auseinanderfallen?
    Was mir zudem fehlt ist, eine Übersicht der neuesten Artikel.


    Kleine Ergänzung. Während ich hier so lese, geht das I-getjune nochmals auf Scherchen!
    Was für eine Aufnahme!
    Der 2. Satz ist wunderbar leicht und doch gibt es Widerhaken, die man sonst nicht hört und der letzte Satz ist nur greller Sarkasmus.
    Das Ende, wo die Holzbläser durchdringen, hat so etwas von Power.
    Schade nur, dass ihn sein Orchester ab und zu im Stich lässt. Aber seine Tempi waren eben manchmal unspielbar.


    Gruß S.

  • Ich habe jetzt zwar keine Zeit/Lust gehabt, andere zum Vergleich heranzuziehen, aber gestern oder vorgestern den Live-Mitschnitt der 4. unter Furtwängler vom Juni 1943 angehört. Ich muss gestehen, dass ich die Begeisterung nicht so recht nachvollziehen kann. Zwar verschont Furtwängler das Werk weitgehend von den Beschleunigungen und Abbremsungen, die man in seinen Interpretationen der 5. Sinf. findet und nur im Adagio und der Einleitung sind die Tempi sehr breit. Im Finale wird sogar die Wdh. befolgt (dafür fehlt eine im Scherzo (der erste kurze Abschnitt des Hauptteils wird wiederholt, der zweite nicht (sollte aber), den Rest hat Beethoven hier ohnehin ausgeschrieben) und natürlich die im Kopfsatz) .
    Aber wenn man romantische Extreme als Stärken sieht, dann kommt das Werk Furtwängler auch nicht gerade entgegen. Die Ecksätze leben im Wesentlichen von ihrer Bewegungsenergie, um zur vollen Wirkung zu kommen, erfordern sie m.E. wesentlich mehr rhythmische Straffheit als Furtwängler aufbietet. Klar, die Einleitung und der Übergang zum Hauptsatz und auch einige Stellen später sind beeindruckend, aber das sind eben Einzelheiten. Der Schwung des Satzes insgesamt bleibt m.E. etwas auf der Strecke.
    Das Finale ist erstaunlich zügig genommen, wirkt am Anfang noch schneller, weil es etwas hudelig gerät. Aber auch dieser Satz verlangt m.E. eine Art von messerscharfen, explosiven Akzenten, die Furtwängler überhaupt nicht liegen, seinem gesamten Zugang eher widersprechen (und die daher auch nicht messerscharf kommen).
    (Ich mag ja ignorant sein, aber mich wundert, dass Furtwängler die 2. fast nie, die 4. dagegen häufig dirigiert hat. M.E. verlangen beide Werke einen ziemlich ähnlichen Zugang, der nicht gut mit seinen flexiblen Tempi und dem eher "fülligen" Klangideal vereinbar ist. Während man bei der 3. oder 5. sicher streiten kann, sind die 2. und 4. meiner Ansicht nach klar "Toscanini"-Sinfonien: schnelle Tempi und peitschende Akzente, eher schlanker Klang usw.)


    Ein weiteres Problem ist (ich werde bei Gelegenheit noch einmal die Music and Arts Überspielung bemühen diesmal war es eine ältere DG-CD) die Klangqualität. Wichtige Nebenstimmen (z.B. das im 2. Satz fast durchweg vorhandene punktierte "Pochen") gehen stellenweise schlicht unter, was man dem Dirigenten vermutlich aber kaum vorwerfen kann.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Eine sehr aufwändige und fleißige Statistik, lieber s.bummer, aber ich verstehe noch nicht so ganz, wie du zu den Prozentangaben kommst. Soll das bedeuten, dass du den 2. Satz als Referenz auf 100% setzt und die anderen Sätze prozentual auf diesen beziehst?


    Dann wäre es doch interessant zu wissen, welche Prozentrelation aller vier Sätze nun Referenz wäre. Ich habe mal ein ähnliches Unterfangen durchgeführt und habe dabei sämtliche Sätze einer Beethoven-Sinfonie in zeitliche Relation zu einander gesetzt und dies bei ähnlich vielen Dirigenten verglichen. Auch ich habe dabei eine Excel-Tabelle verwendet.


    Dabei habe ich die Gesamtdauer der Sinfonie auf 100% gesetzt und die einzelnen Sätze mit ihrem prozentualen Anteil ausgewiesen. So konnte ich feststellen, welche Dirigenten unabhängig von der Gesamtaufführungsdauer die prozentual ähnlichsten Satzanteile hatten, z.B.
    1. Satz 30%;
    2. Satz 24%;
    3. Satz 20%;
    4. Satz 26%;
    So konnte ich feststellen, welche Dirigenten die Sätze in weitgehend ähnlichen Temporelationen zueinander aufführten, tempomäßig also ähnlich dachten. Bei gravierenden Abweichungen gab dann ein Hörtest rasch die Begründung dafür an, ob nun ein Dirigent für den entsprechenden Satz ein gravierend abweichendes Grundtempo einschlug oder Wiederholungen wegließ.


    Ich meine, ich hätte damals diese Untersuchung mit der Eroica vorgenommen, und es traten interessante Ergebnisse zu Tage. So konnte man bei Dirigenten, die z. B. zu zweit oder zu dritt deutlich bei einem Satz oder der ganzen Sinfonie eine längere Aufführungszeit brauchten, in der Regel sofort hören, ob sie in etwa das gleiche Tempo anschlugen, indem man, so wie du, einen markanten Zeitpunkt anpeilte, z. B. bei der Eroica im 1. Satz Ende der Exposition oder Eintritt des Oboenthemas in e-moll. In der Regel lag ihre Übereinstimmung dann in der Beachtung aller Wiederholungen.


    Liebe Grüße


    Willi ?(

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  • Hallo Willi,
    ich habe den 2. Satz als Maß genommen, weil er als einziger Satz von keinem Interpreten meines Wissens gekürzt wurde. Das Auslassen der WH im 1. Satz ist gut bemerkbar.
    Dass es auch WH im 3. und 4. Satz gibt, habe ich übersehen, JR sei Dank.
    Aber da ich den 2. Satz ins Zentrum gestellt habe, habe ich ihn mit 100% angesetzt und die anderen Sätze daran kalibiert. Wenn man Excel oder Ähnliches hat, kann man ja beliebige Spielchen treiben.
    Mir ging es darum: Dirigenten, die den 2. Satz zu sehr spreizen, verlieren die Proportionalität der Sinfonie aus den Augen.
    Siehe Fu oder den frühen Hvk.
    Mehr nicht. Als Beweis taugt das sicherlich nicht, eher als Indiz, dass beide den Charakter der Sinfonie zumindest sehr eigenwilig empfanden. Und dazu helfen die Wiederholungen auch. Denn auslassen oder nicht will was heißen.
    JR hat dazu ja auch was geschrieben.


    Gruß S.

    Einmal editiert, zuletzt von s.bummer ()

  • Hey, die neue Forensoftware ist wirklich Suboptimal!

    Ach ich weiß nicht, es sind eher jene User, die sich beharrlich weigern, einmal die Hilfefunktion zu überfliegen... ;)



    Zitat

    Ich kann einen Buttcall nicht mehr löschen.

    Und was meinst du damit auf Deutsch? ;)



    Zitat

    Wie postet man EXCEL Tabellen, ohne dass diese auseinanderfallen?

    Wie meinst du das? Deine Tabelle wird tadellos angezeigt.



    Zitat

    Was mir zudem fehlt ist, eine Übersicht der neuesten Artikel.

    Vielleicht hättest du die Güte, dich einmal kurz mit der Suchfunktion auseinander zu setzen.



    Zitat

    Schade nur, dass ihn sein Orchester ab und zu im Stich lässt. Aber seine Tempi waren eben manchmal unspielbar.

    Eine nette Art, sich selbst zu widersprechen. :D


    (In meinen unmaßgeblichen Augen ist ein Dirigent, der ein Orchester überfordert, in diesem Moment einfach nur schlecht!)


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich habe heute in meiner neuen Rallye aus der Mackerras-Box mit dem S.C.O. die Vierte gehört:



    und wieder kamen die Tugenden der drei Vorgängerinnen auch hier zum Tragen: zügiges Tempo, brillianter Klang, tolle Pauken. Auch in dieser Einspielung wurde wieder deutlich, dass sich die Vierte keineswegs vor ihren Geschwistern zu verstecken braucht.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
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  • Von Günter Wand gibt es mindestens drei Aufnahmen der Vierten von Beethoven:



    NDR-SO, Studio 1988


    I. 12:04
    II. 9:47
    III. 5:54
    IV. 6:55



    DSO, live 1996


    I. 11:58
    II. 10:27
    III. 5:55
    IV. 7:38



    NDR-SO, live 2001


    I. 12:27
    II. 11:11
    III. 6:07
    IV. 7:02


    Die reinen Spielzeiten zeigen, daß sich die Tempi nur unwesentlich geändert haben im Laufe der Jahre. Wand ist in seiner Studio-Aufnahme in allen Sätzen außer dem 1. am schnellsten. Am größten ist der Unterschied wohl im Adagio, wo er sich stetig verlangsamte und der Unterschied 1988 verglichen mit 2001 immerhin gut anderthalb Minuten beträgt.


    Reine Zahlen sind freilich nur ein Anhaltspunkt. Wichtig ist, wie es dann auch klingt. Hier fällt zum einen auf, daß die Tontechnik m. E. in der Berliner Philharmonie mit dem DSO am gelungensten ist. Im Studio gehen die Pauken im Gesamtklang etwas unter. Im Mittelfeld liegt hier die ganz späte Live-Aufnahme des NDR. Am detailreichsten und "organischsten" kommt wirklich der Mitschnitt aus Berlin herüber. Auch ist die gefühlte Spontaneität Wands und des Orchesters hier für meine Begriffe am größten. Die Studio-Einspielung kommt etwas statisch daher, die 2001er Aufnahme etwas altersmilde. Das soll nicht abwertend gemeint sein, sollte jedoch angemerkt werden. In jedem Fall erhält man eine der interessantesten Deutungen dieser vielleicht apollinischsten Beethoven-Symphonie, wie sie auch Wand selbst charakterisierte. Ob es sich hier um eine "griechisch schlanke Maid zwischen zwei Nordlandriesen" (Schumann) handelt, sei mal dahingestellt. Wand läßt's durchaus krachen (besonders in Berlin) und bringt das nötige Pathos und das Heroische zum Vorschein, welches man ja eher der Dritten andichtet.


    Insgesamt lautet meine persönliche Reihenfolge wie folgt:


    1. DSO 1996
    2. NDR-SO 2001
    3. NDR-SO 1988


    LG
    Joseph
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Auch die heute Nachmittag gehörte Vierte präsentiert Chailly wie zuvor schon die drei ersten mit großem Drive und sehr wuchtig. Das ist Beethoven-Kraft pur, nicht elektronisch aufgeblasen. Chaillys Lesart zeigt, wie schon die Einiger vor ihm, dass die Vierte wahrhaft eine große Sinfonie ist, die sich vor ihrer Vorgängerin und ihrer Nachfolgerin nicht zu verstecken braucht. Wie auch schon vorher ist auch diese Interpretation geprägt von den markanten Bläsern und den homogenen Streichern. Außerdem zeigt sie m.E. eindrucksvoll, warum Beethoven als der größte Rhythmiker aller Zeiten bezeichnet wird. Die Pauken treten hier etwas zurückhaltender auf.


    Ein Wermutstropfen fällt m.E. auf diese Interpretation. Wie schon in der Zweiten ("Larghetto") erschien mir das Tempo des Adagio im Vergleich zu den anderen drei Sätzen, aber auch absolut, zu schnell. Das war mindestens Andante. Ich habe auch schon manches Allegro moderato gehört, das auch nicht schneller war. Die übrigen drei Sätze waren eigentlich nicht viel schneller als in anderen Aufnahmen.


    Ein Vergleich mit dem eigentlich durchweg flotten Gardiner und dem zufällig greifbaren Solti zeigte, dass natürlich zunächst alle drei den Kopfsatz am längsten ausdehnten, wie es sich gehört. Auch im Scherzo und im Finale sind sie nahe beieinander. Nur im Adagio fällt Chailly arg aus dem Rahmen:


    Chailly: 10:28-7:42-5:11-6:15;
    Gardiner: 10:56-9:24-5:16-6:23;
    Solti: 12:05-11:00-5:22-6:44;


    Ich werde mich also weiterhin damit schwertun, wenn mir ein langsamer Satz zu schnell erscheint und natürlich die weiteren Sinfonien in Chaillys GA auf mögliche krasse Abweichungen wie diese beobachten. Die i.a. Nachfolgerin werde ich mir gleich zu Gemüte führen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Unter den vielen Beiträgen und Präferenzbekundungen hinsichtlich BEETHOVEN's 4. SYMPHONIE, in der sich BEETHOVEN nochmals zu seinen symphonischen Vätern HAYDN und MOZART bekannte, die aber dennoch voller neuer, singulärer musikalischer Einfälle ist, vermisse ich doch die Erwähnung der höchst überzeugenden Einspielung durch KYRILL KONDRASCHIN mit den MOSKAUER PHILHARMONKERN. KONDRASCHIN galt zwar als Spezialist für MOZART und vor allem SCHOSTAKOWITSCH, doch ist ihm mit BEETHOVEN's VIERTER, dank seines großen Feingefühls und seines analythischen Charms, m. E. eine auch heute noch für sich einnehmende Interpretation gelungen, die einen interessanten Kontrast zu der zweifellos faszinierenden leidenschaftlichen und spannungsgeladenen Darstellung von CARLOS KLEIBER's Orfeo Konzertmitschnitt von 1984 mit dem BAYERISCHEN STAATSORCHESTER bildet.


    CHAILLY's Deutung ist mir doch durchweg zu schnell, und überspielt viele Besonderheiten dieses Werkes.
    KONDRASCHIN's Tempi: 12:11 - 9:07 - 6.03 - 6.57 entsprechen wohl in etwa der Wiedergabe durch GÜNTER WAND in seiner Studio-Aufnahme von 1988, wobei KONDRASCHIN das Andante noch eine Spur langsamer gestaltet.


    Viele Grüße


    wok

  • die einen interessanten Kontrast zu der zweifellos faszinierenden leidenschaftlichen und spannungsgeladenen Darstellung von CARLOS KLEIBER's Orfeo Konzertmitschnitt von 1984 mit dem BAYERISCHEN STAATSORCHESTER bildet.

    Es ist die Vierte, die ich am häufigsten seit Erscheinen bei Orfeo gehört habe. Keine Ahnung, ob sie objektiv zu den besten zählt, für mich ist sie es.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Die erste der beiden "Vierten", die in dieser Box stecken, hat Celi am 12. und 13. April 1987 zusammen mit der "Eroica" aufgeführt. Ein wackeres Unterfangen, da er für die Vierte beinahe 36 Minuten gebraucht hat und für die Eroica über 57 Minuten. Die Eroica hatte ich schon vor kurzem gehört, und ich kann in beiden Fällen berichten, dass das Tempo zwar etwas getragen ist, aber nicht zu langsam, jedenfalls meinem Empfinden entsprechend.
    Die Vierte wird mit einer Adagio-Einleitung im Kopfsatz eröffnet, der ein Adagio im zweiten Satz folgt, und bei Celibidache ist das auch wirklich Adagio und nicht Andante oder Andante con moto. Er versucht auch nicht, die dynamische Spannweite ins Unermessliche zu steigern, vermeidet scharfe Akzente und bevorzugt "sanfte" Crescendi, legt die Strukturen dieser komplexen Sinfonie sehr schön frei und lässt zwar spannend, aber auch sehr entspannt musizieren. In diesem Zusammenhang fällt mir der Ausspruch eines "verirrten" Taminos wieder ein, der die Münchener Philharmoniker als Provinzorchester bezeichnete, speziell unter der Leitung Celibidaches, wo alles doch höchst breitgetreten und langweilig klinge.
    Natürlich ist Celibidaches Musizierstil zu der Zeit schon geprägt von seinen Erkenntnissen, die er aus seiner Hinwendung zum ZEN-Buddhismus bezogen hat, vor allem, was die Wahl breiterer Tempi betrifft, aber das zeitigt ungeheuer transparente und spannende Interpretationen, die nicht umsonst vom Münchener Publkum hoch geschätzt wurden.
    Morgen oder übermorgen werde ich die zweite Ausgabe der Vierten hören, die er 1995 aufgeführt hat und die nur geringfügig langsamer ist, im Kopfsatz sogar etwas schneller.


    Liebe Grüße


    Willi ^^

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich komme mehr und mehr zu der Neigung, Roy Goodman als eine Art Brückenbauer anzusehen zwischen der historiscch informierten Aufführungspraxis und, zumindest, was die Besetzungsstärke betrifft, der herkömmlichen (modernen) Aufführungspraxis, und das klingt auch hier in der Vierten wieder, wie in der Dritten, schlichtweg großartig. Und, als wenn sich der Paukist von Sinfonie zu Sinfonie mehr traut, hier in der Vierten ist er eines der Pfunde, mit denen Goodman wuchern kann. Die pianissimo-Paukenwirbel, knochentrocken, wie aus dem "off" kommend, habe ich so noch nie gehört- grandios. Und in der Vierten kommen die Paukisten ja generell gut zur Geltung, wenn sie gut sind.
    Von Sinfonie zu Sinfonie kann Goodman aucxh mehr und mehr punkten gegenüber seinen ungefähr gleichzeitig auf den Plan getretenen englischen Kollegen Christopher Hogwood und Roger Norrington. John Eliot Gardiner kam ja einige Jahre später (Ich rede natürlich von der Entstehung der Gesamtaufnahmen der Beethoven-Sinfonien in den 80er Jahren).
    Nach dem immer wieder großartigen Einleitungs-Adagio legt Goodman ein flottes, aber nicht zu schnelles Allegro vivace vor, wieder sehr klar strukturiert, wieder intrumental auf einem sehr hohen Niveau, mit den von mir besonders gelebten geschärften Bläserpassagen, den rustikalen Naturhörnern und dem warmen Streicherklang, vor allem aber der satten Fülle des Klanges. Das klingt kein bisschen dünn und schmächtig wie zuweilen bei Krivine, und das ist auch ohne elektronische hilfe ein äußerst kraftvoller Beethoven.
    Das Adagio allerdings scheint mir eher ein Adagio quasi Andante zu sein, stört mich aber nicht so sehr, da es betörend musiziert ist. Im Scherzo und im Finale muss ich noch einmal den Paukisten hervorheben, der hier schon ähnlich dominant wird wie Madame Potin-Girao bei Krivine oder ihr Kollege bei Järvi. Man muss die Pauken hören können. Wenn man sie so prägnant hört wie hier, um so besser.
    Was mich wundert, ist, dass bei allen Satzbezeichnungen der schnellen Sätze hier nicht einmal die Bezeichnung "brio" auftaucht, wo hier doch, zumal in der vorleigenden interpretation, reichlich Brio vorhanden ist.
    Jetzt freue ich mich schon auf die Fünfte, die ich gleich hören werde.


    Vorher möchte ich noch einen Gedanken äußern, der mir eben beim Schreiben gekommen ist. Ich möchte wohl, wenn ich meine gegenwärtigen neu angeschafften Beethovenzyklen durchgehört habe (einschließlich des noch anzuschaffenden Herreweghe-Zyklus), in einem neuen Thread meine HIP-Gesamtaufnahmen, bisher sechs an der Zahl, Gardiner, Goodman, Harnoncourt, Hogwood, Krivine und Norrington, mal miteinander vergleichen. Es wäre schön, wenn sich zu dem Behufe gleichgesinnte Taminos einfinden würden, um dabei mitzumachen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • So als Idee!
    Dass drei bis vier oder ggf. mehr bis zu 6 Hörer sich zusammenfinden und ein paar Aufnahmen aber gemeinsam hören und die Ergbinssie Ihres Hörens vor allen der entstandenen Diskussionen publizieren.
    Leider lebe ich in Kiel.
    Gruß S.

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  • Vorher möchte ich noch einen Gedanken äußern, der mir eben beim Schreiben gekommen ist. Ich möchte wohl, wenn ich meine gegenwärtigen neu angeschafften Beethovenzyklen durchgehört habe (einschließlich des noch anzuschaffenden Herreweghe-Zyklus), in einem neuen Thread meine HIP-Gesamtaufnahmen, bisher sechs an der Zahl, Gardiner, Goodman, Harnoncourt, Hogwood, Krivine und Norrington, mal miteinander vergleichen. Es wäre schön, wenn sich zu dem Behufe gleichgesinnte Taminos einfinden würden, um dabei mitzumachen.


    Ich würde mich gerne "zu diesem Behufe" (wunderschön - das meine ich ohne jede Ironie!!) einfinden.


    Ist Harnoncourt HIP? Egal. Bei mir: Norrington I, Hogwood, Harnoncourt, Gardiner, Krivine.

  • Solti setzt mit dieser Vierten den glänzenden Eindruck der 70er-Jahre GA fort.
    1. Satz: Adagio- Allegro vivace


    Das Eingangs-Adagio, sehr geheimnisvoll, im Klang zunächst etwas bedeckt, langsam schreitend in den klaren Kontrabässen und fein strukturierten Celli - dann der Aufschwung zum Hauptthema, die schroffen Blechbläser fallen ein, das Fagott schnurrt lustvoll, ein fröhliches Bild- pure Lust am Musizieren, so ist hier mein Eindruck, auch die sehr rhythmischen, teilweise hämmernden Blechbläser- und Tutti-Attacken, dann die herrlichen Holzbläserfortführungen; die Pauken melden sich auch wieder, läuten leise die Reprise ein, der hämmernde, peitschende Rhythmus scheint noch einmal gesteigert- die großorchestrale Klangkuppel ist hier auch wieder eindrucksvoll gespannt und beherbergt die klangvolle Coda.


    2. Satz: Adagio


    Hier haben die Chikagoer Streicher ihren großen Auftritt mit Vibrato, wie es in den 70er Jahren üblich war, in der Wiederholung mit den durchschlagenden Blechbläsern. Solti hält dieses bedächtige Tempo weiter an, was dem Adagio unheimlich zugute kommt. Die Bläsersteigerungen klingen so viel majestätischer.
    An dieser Stelle möchte ich einmal erwähnen, dass die Vierte ja nicht irgendeine Komposition Beethovens ist, sondern, dass sie in einer elitären Nachbarschaft entstanden ist:


    - op. 55 Eroica,
    - op. 56 Tripelkonzert,
    - op. 57 Appassionata,
    - op. 58 4. Klavierkonzert,
    - op. 59 Rasumowsky-Quartette,
    - op. 61 Violinkonzert,
    und sie passt hervorragend in diese Reihe und ist von gleichem Schrot und Korn.
    Bei allem geruhsamen Tempo ist das Adagio jedoch nicht statisch, sondern höchst dynamisch, in sich durchaus mit "schnelleren" Passagen, zwar im gleichen Grundtempo, aber mit mehr Schlägen im Grundtakt.


    3. Allegro vivace


    Ab dem ersten Ton ist es mit der Ruhe vorbei. Wuchtig wird das Scherzo vorangetrieben. All das mit den exzellenten Fähigkeiten des Chikago S.O., das auch in der Wiederholung immer auf dem Punkt bleibt, nicht nachlässt, bis das Trio eine (kleine) Ruhepause verheißt (aber eine meisterhafte). Am Schluss des Scherzo zieht Sir Georg noch einmal unmerklich an.


    4. Finale: Allegro ma non troppo


    Das Allegro ist nicht "ma non troppo", sondern m.E. assai, "assez", "genug". Mit anderen Worten, die Post geht ab. Sir Georg holt hier aus den Noten alles heraus, das ist absolut mitreißend musiziert. So, wie er das Finale musiziert, scheint mir nicht Vieles zu existieren, was das noch toppen könnte. Und- das CSO hat spürbare Spielfreude an diesem Finale. Auch der Fagottist meistert seinen halsbrecherischen Part auf das Fürtrefflichste.
    Dieser Satz ist einer der bisher glänzensten in der gesamten GA.!!!


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    diesesmal gibt es deinen Worten nichts hinzuzufügen, das hast Du wieder erfrischend Klasse beschrieben.


    :thumbup: Hier bei der Sinfonie Nr.4 ziehe ich diese Analoge von 1975 eindeutig der Digitalen vor, weil Solti diese packende Megaklasse nicht mehr wiederholen konnte. Die Neue klingt dünner, braver, normaler und mit weniger Grösse für dieses Werk, das die Nachbarschaft der von Dir aufgeführten Werke nicht in dem Maße spüren lässt.


    Ich hatte ja schon geschrieben, dass auch klanglich Unterschiede innerhalb der beiden GA bestehen. Auch vom homogeneren und volleren Sound her, ist diese Anlalogaufnahme diesesmal sogar der Digitalen (die natürlich keineswegs schlecht ist) überlegen.
    Solti hat einfach nicht mehr diese Grösse erreicht. Er und das Aufnahmeteam waren an diesem Aufnahmetag 1975 in absoluter Höchstform.
    :angel: Diese Aufnahme steht daher auch in meiner Beethoven-Sinfonien-Favoritenliste für die Sinfonie Nr.4.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • RE: Solti


    Danke, lieber Wolfgang, für deine Bestätigung, die mir zeigt, dass ich doch wohl die richtigen Eindrücke von dieser famosen Aufnahme gewonnen habe, und dass es vielleicht doch der richtige Weg ist, sich vorbehaltlos in die Musik fallen zu lassen, um dadurch vielleicht noch mehr Großes entdecken zu können.


    Liebe Grüße


    Willi ^^

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Diese Aufnahme steht daher auch in meiner Beethoven-Sinfonien-Favoritenliste für die Sinfonie Nr.4.

    bei mir auch, aber in meinem Platten-Michelin hat diese Aufnahme 3 Sterne erhalten:




    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Morgen oder übermorgen werde ich die zweite Ausgabe der Vierten hören, die er 1995 aufgeführt hat und die nur geringfügig langsamer ist, im Kopfsatz sogar etwas schneller.


    Hallo Willi,


    welche der beiden 4. unter Celi fandest du denn besser? Ich glaube, in der '95er sind die Pauken präsenter, sie sagte mir jedenfalls mehr zu.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph, ich muss zugeben, dass ich dieses Hören der zweiten Vierten von Celi "vergessen" habe, aber ich werde es nachholen, bevor ich mit dem Dohnany-Zyklus beginne. Gleich muss ich aber erst nach Düsseldorf zur Uni-Klinik fahren, wo meine Frau heute Nachmittag operiert wird, und dann will ich doch bei ihr sein, wenn sie wieder wach wird.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • So, lieber Joseph, jetzt habe ich es endlich geschafft, die zweite "Vierte" aus dieser Box zu hören.
    In der Tat ist mir sofort die größere Präsenz der Pauken aufgefallen sowie eine Schärfung der Akzente und eine Ausweitung des dynamischen Spektrums, das mir in der 1987er Version noch zurückhaltender erschien. Der Kopfsatz erschien mir etwas zügiger musiziert und das Adagio etwas langsamer.
    Aber alle Konturen, vor allem in den tiefen Streichern, traten noch klarer hervor, so als ob dem Meister so relativ kurz vor seinem beileibe noch nicht erwarteten Tode- mit dem ja knapp eineinhalb Jahre später keiner gerechnet hatte- der Blick noch weiter geschärft worden wäre, die Empfindungen noch tiefer gingen. Bei wie vielen Kollegen Celibidaches: Günter Wand, Herbert von Karajan, Karl Böhm, Leonard Bernstein, Sir Sohn Barbirolli u.a. haben wir auch schon diese Empfindungen gehabt.
    Eines allerdings fiel mir auf: der Hl. Josef, an dessen Geburtstag das Konzert stattfand, muss wohl vergessen haben, bei Petrus Bescheid zu geben, dass er so kurz vor Frühlingsbeginn auf das richtige Wetter achten möge, denn, wie die armen Zuschauer, von Wind und Wetter gebeutelt, vor allem nach dem Adagio husten mussten, das war zum Gottserbarmen. Das erinnerte mich an so manches Swjatoslaw-Richter-Livekonzert aus Moskau, wo ja auch immer eine gewaltige Hustorgie zu vernehmen war. Die von Alfred Brendel häufiger gerügten Kölner Konzertbesucher verheilten sich dagegen fast stumm.
    Celibidache vermittelte in dieser Interpretation vielleicht noch ein bisschen stärker als in der 8 Jahre vorher entstandene ersten Aufnahme den Eindruck, als wenn diese Vierte die Größte aller Sinfonien sei, und, wenn wir ehrlich sein wollen, steht sie der Eroica vor allem entwicklungsmäßig in Nichts nach, weder rhythmisch noch melodisch.
    Ich vermag aber nicht zu sagen, dass diese Einspielung nun besser sei als die von 1987, wohl etwas anders, weiter entwickelt (s.o.).


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Symphonie Nr. 4 B-dur op. 60 (10:59-8:54-5:31-6:17)


    1. Satz: Adagio-Allegro vivace


    Ein sehr sanfter Einsatz eines veritbalen Adagios, in dem ein bewusst fahler vibratoarmer Klang in den Streichern vorherrscht und sofort die exzellenten Holzbläser auffallen. Mit einem strahlenden Tutti vollzieht von Dohnany einen fantastischen Temposprung im Allegro vivace- da fliegen die Fetzen- wieder die herrlichen Holzbläser, und bisher ist auch keine Dynamikübersteigerung festzustellen, die knackigen Tuttischläge erfolgen im ff- mehr nicht. Es muss ja nicht immer das Dach der Severance-Hall wackeln. Im Gefolge der Wiederholung des Hauptthemas im Vivace fällt das prima Fagott auf.
    Dieses Vivace ist äußerst beschwingt, voller Spielfreude und exzellenter Spielkultur; in der Durchführung hebt Dohnany die Dynamik nochmals leicht an und vergrößert so in der Reprise die dynamische Spannweite, die Reprise, die sich im steten Vorwärtsdrang weiter entwickelt- aber ich habe bisher noch gar nicht über die Pauken geredet, weil hier andere Dinge im Vordergrund standen, obowhl ich sie (die Pauken) jetzt deutlich vernehme- das ist doch schön, wenn man sich nicht nur auf die Pauken kaprizieren muss, aber der letzte Ton des Kopfsatzes steht natürlich in den Pauken wie eine Eins.


    2. Satz: Adagio:


    Dieses Adagio bewegt sich an der (von mir gedachten) oberen Tempogrenze, sozusagen Poco Adagio, aber es hat einen kernigen "Wumm" in der Forte-Wiederholung. So geht es stetig fort in diesem "schnellen" Adagio mit mancher "Atempause", aber der Klang in den korrespondierenden Celli, Kontrabässen und Holzbläsern ist wunderschön- in der Durchführung mit den Paukenbetonungen auch heftig, abgelöst von den Streichergirlanden und dann dem hohen Fagott- die Reprise wird wunderschön eingeleitet von der Flöte, bevor die nächste Steigerung von den Pauken vorangetireben wird. Dieses Adagio ist 4:24 Minuten kürzer als das von Celi (1995).


    3. Satz: Allegro vivace


    Das hier von Dohnany gewählte Tempo würde ich als normal bezeichnen, als nicht vom Durchschnitt abweichend. Es ist langsamer als das Vivace aus dem Kopfsatz und auch nicht so aufregend. Das Trio zeitigt einmal mehr meisterhafte Holzbläser und Hörner (O happy Cleveland). Auch der eigentlich in der Vierten schon gewohnte großsymphonische Klang ist wiederum gepaart mit der "Clevelander" Transparenz, die Streicher können hier wiederum glänzen (Ich erwähnte das schon früher). Tolle Hörner und Pauken schließen diesen Satz ab.


    4. Satz: Allegro ma non troppo


    Hier geht die Post wieder ab, wenngleich nicht so gandenlso wie im Kopfsatz, hier birst es vor Spielfreude, vor Vorwärtsdrang, gleichwohl bleibt Dohnany auch in den Fortissimosteigerungen beherrscht, ohne allerdings unterkühlt zu wirken, wie man dies (fälschlicherweise) manchmal Sir Georg Solti vorgeworfen hat. Wie kann ein Ungar (auch Dohnany stammt daher) unterkühlt sein.
    Wieder kommen die Holzbnläser bestens zum Zuge, und das Tempo lässt keinen Augenblick nach, das ist meisterhaft, auch vom Fagottisten. Die Blechbläser habe ich bisher kaum erwähnt. Sie sind nichtsdestotrotz ebenfalls großartig. Die Minicoda schließt das Feuerwerk würdig ab. Dieses Finale ist 8 Sekunden langsamer als das von Celi (1995).


    Auch dieses Vierte macht der Threadüberschrift alle Ehre in Richtung der Abkehr vom Fragezeichen. Wenn es mit den Sinfonien so weiter geht, könnte man mit dieser Gesamtaufnahme ohne Weiteres die Sptzengruppe auffüllen.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo lieber Willi,


    deine sehr positiven Eindrücke zu Dohnanyi / Cleveland Orchestra, die Du bis jetzt in den jeweiligen Sinfonien-threads geschrieben hast, decken sich weitestgehend mit meinen Eindrücken von Dohnanyis sehr guten Live-Aufnamen mit dem NDR SO (2010), die ich ausnahmsweise als "Nichtdownloadfan" mal downgeloadet hatte.
    Ich habe mir für die NDR-GA zwei MP3-CD´s erstellt, die auch klanglich voll überzeugen ! Da ist von den Widrigkeiten der LIVE-Aufnahmen nichts unangenehmes zu spüren; auch kein lästiges Husten. Die klingen, wie man es von aktueller Aufnahmetechnik erwartet, famos und hier sogar mit LIVE-Athmosphäre.
    ;) Von daher kann ich mir den Kauf der Cleveland-CD´s (TELARC) eigentlich sparen. :D Du machst uns ja schon wieder den Mund wässrig (den Bestellmausklickfinger locker).


    :thumbup: Dohnanyis feuriger Beethoven ist insgesamt wirklich Klasse und gehört auch für mich ins obere Drittel der GA !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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