Daniel François Esprit Auber ( 1782 – 1871 )
La Neige
(Der Schnee)
Komische Oper in vier Akten
Libretto: Eugène Scribe
Originalsprache: Französisch
Uraufführung: Paris 1823
PERSONEN DER HANDLUNG
Der Großherzog von Schwaben, Bass
Prinzessin Louise, seine Tochter, Sopran
Ernest, Graf de Linsberg, Offizier im Dienste des Großherzogs, Tenor
Mathilde, Baronesse de Wedel, Ehrendame der Prinzessin, Sopran
Der Prinz de Neubourg, Bariton
Marquis de Valborn, Kammerherr des Großherzogs, Bass
Comtesse de Drakenback, Gouvernante, Mezzosopran
Wilhelm, Gärtner, Bass
Hofstaat, Diener, Gärtner
Ort und Zeit der Handlung: Lustschloss des Großherzogs, 19.Jahrhundert
VORGESCHICHTE:
Graf Ernest von Linsberg ist heimlich mit der Prinzessin Louise von Schwaben verheiratet, ohne dass jemand am Hof es weiß. Er kommt nach längerer Abwesenheit an den Hof zurück.
INHALTSANGABE
ERSTER AKT
Ein gotischer Salon
Mathilde de Wedel begrüßt Ernest, den Grafen de Linsberg. Wir erfahren, dass er heimlich bei einem Schlittenrennen des Hofes war, bei dem die Prinzessin auf gebrochenes Eis zugefahren wäre. Mathilde meint, sie habe sich wohl noch nicht von dem Schrecken erholt. Als Neuigkeit berichtet sie, dass der Prinz von Neubourg sich um die Prinzessin bemüht und vom Großherzog, dem Kammerherrn de Valborn (Linsbergs Todfeind) und der Comtesse de Drakenback begünstigt werde. Der Prinz sei zwar ein Tollpatsch und die Prinzessin habe ihn zunächst zurückgewiesen, aber sie, die Kammerherrin, bringe ihm jetzt Manieren bei. In einem Couplet schildert sie, wie sie ihn erzieht und sich das Verhältnis bereits gebessert habe, was Ernest natürlich mit Verdruss hört. Er bedankt sich und will sich zur Prinzessin begeben. Aber Mathilde erinnert ihn, dass er zu einer Audienz beim Minister geladen sei. Er geht ab und sie wundert sich über sein Verhalten.
Die Prinzessin Louise und die Comtesse de Drakenback kommen. Louise geht es wieder besser. Mathilde überreicht ihr eine Liste mit den Namen derer, die sich nach ihrem Wohlbefinden erkundigt haben. Als Louise den Namen de Linsberg liest, wundert sie sich, dass er sich hier befindet. Mathilde bestätigt, dass sie mit ihm gesprochen, er traurig ausgesehen und sich auch nach ihr erkundigt habe. Aber sie habe ihm erklärt, dass die Prinzessin nicht zu sprechen sei.
In diesem Augenblick kündigt ein Diener den Grafen an. Die Prinzessin freut sich zwar, beauftragt den Diener, ihn zu fragen, was er wolle, aber ihn noch nicht eintreten zu lassen. Die Comtesse indessen ist von seinem Besuch überhaupt nicht erfreut. Doch Ernest hat sich nicht abweisen lassen und tritt ein. Er begrüßt die Prinzessin sehr förmlich und diese wundert sich über ihren Gatten.
Jetzt kommen auch der Prinz von Neubourg, Marquis de Valborn und Damen und Herren des Hofstaats herein. Während Mathilde dem Prinzen versteckt Anweisungen für sein Verhalten gibt, zeigt Ernest seinen Hass auf den Prinzen. Die Prinzessin stellt die beiden einander vor. In einem Ensemble preist der Prinz die Tapferkeit des Grafen und überreicht ihm den Orden von Neubourg, freuen sich Louise und Mathilde, während die Comtesse und de Valborn verärgert sind und Ernest sich fragt, wie er diesen Mann, von dem er sich hintergangen glaubt, verehren könne.
Danach erinnert Mathilde den Prinzen daran, dass er sich noch nicht nach dem Befinden der Prinzessin erkundigt habe. Auf dessen Frage erklärt sie, dass sie immer noch große Angst habe. Er beteuert, dass er sich eine solche Ungeschicklichkeit nicht wieder erlauben werde. Er habe sich auf eine Frage der Prinzessin zu ihr geneigt und dabei nicht auf die Lenkung des Schlittens geachtet. Alles das macht Ernest noch wütender, aber er ist ja verurteilt, zu schweigen, weil er seine Beziehung zu der Prinzessin nicht preisgeben darf. Als er schon gehen will, ruft man zum Empfang beim Großherzog. Ernest will Louise die Hand reichen, doch Mathilde erinnert den Prinzen an seine Pflicht und Ernest muss die seine zurückziehen.
Alle außer Mathilde gehen ab. In ihrer folgenden Arie erfahren wir, dass auch sie Ernest liebt, aber versuchen will, diese aussichtslose Liebe zu überwinden.
Plötzlich stürzt Ernest erregt wieder herein. Er will den Hof verlassen. Der Prinz habe versucht, der Prinzessin die Hand zu küssen und de Valborn habe sich die Frechheit erlaubt, ihn darauf aufmerksam zu machen, worauf er sich mit dem Prinzen angelegt habe. Auch die Prinzessin habe ihn daraufhin aufgefordert, ihr aus den Augen zu gehen.
De Valborn kommt. Mathilde möge zu der Prinzessin kommen, die sich zurückziehen wolle, worauf diese geht. Ernest überbringt er die Botschaft, dass der Großherzog ihn zu sechs Monaten Exil verurteilt habe. Ein Treffen mit Ernest lehnt er ab.
Mathilde kommt noch einmal zurück. Sie möchte wissen, was de Valborn Ernest verkündet hat und sieht nun ihre Befürchtungen erfüllt. Er bittet sie, ihn noch einmal zu der Prinzessin zu führen, damit er sich rechtfertigen könne. Doch sie erinnert ihn daran, dass ja die Prinzessin selbst ihn aus den Augen verbannt habe. Mit einem Duett, in dem er seine Verzweiflung kundtut, Mathilde ihm aber versichert, dass ihm ihre Freundschaft erhalten bliebe, endet der erste Akt.
ZWEITER AKT
Der Salon wie im ersten Akt
Wilhelm, die Gärtner und Hausangestellten schmücken den Saal für eine Feier des Großherzogs. Dabei erhoffen sie sich sie sich, dass sie, während die Herrschaften tanzen, deren Schlitten benutzen können. Wilhelm schwärmt in einem Lied vom Schlittenfahren, Liebe und Tanz. Am Ende des Ritornells begrüßen sie den Großherzog, der mit dem Prinzen eintritt und sie auffordert, den Saal zu verlassen.
Der Prinz bittet, de Linsberg zurückzurufen, was der Großherzog, nachdem dieser ihm erklärt, er habe sich auch mit der Prinzessin schon deshalb überworfen und scheue sich auch nicht, sich auch mit ihm zu entzweien, widerwillig zugesteht. Der Großherzog rät dem Prinzen noch, sich mit der Prinzessin zu versöhnen, indem er ihr ein paar nette Worte schreibe und einen frischen Blumenstrauß mitten im Winter schicke. Dann geht er.
Unterdessen erscheint Ernest, der sich fragt, was der Prinz wohl im Sinne habe. Der Prinz spricht zunächst davon, dass man die Häuser Schwaben und Neubourg vereinigen wolle und deshalb eine Hochzeit zwischen der Prinzessin und ihm geplant sei. Er müsse nun um die Prinzessin werben, wozu er Anleitungen von Mathilde erhalte. Dann kommt er auf sein Problem: Er habe sich mit der Prinzessin überworfen und solle ihr nun einen Brief mit der Bitte um Versöhnung schreiben, worum er jedoch de Linsberg bitte. Das tut dieser natürlich gerne, weil er weiß, dass seine Gattin die Handschrift kennt, vor allem, weil der Prinz ihm auch nicht diktieren will, was er schreiben soll.
Wilhelm kommt mit einem Blumenkorb. Er verknüpft mit dem Hinweis auf die Schwierigkeit, solche Blumen im Winter zu beschaffen, die Bitte um eine Beförderung zum Obergärtner. In einem Terzett verspricht dies der Prinz und stellt den Gärtner an, den Brief der Prinzessin zu überbringen. Weil der Prinz den Brief nicht einmal lesen will, tauscht Ernest ihn heimlich gegen ein anders Schreiben aus.
Als Ernest abgegangen ist, beordert der Prinz den Gärtner, jeder der Ehrendamen ein Sträußchen zu überreichen. In das Bouquet für die Prinzessin verbirgt er den Brief. Weil Wilhelm fragt, ob er auf eine Antwort warten solle, informiert sich der Prinz dann doch noch über den Inhalt des Briefs. Als er darin die Bitte findet, als Zeichen der Versöhnung den Blumenstrauß zu werfen, hat er die Lösung. Wilhelm brauche nicht zu warten. Der Prinz geht ab.
Die Prinzessin und die Comtesse kommen. Wilhelm übergibt den Strauß und geht ab.
Als die Comtesse für einen kurzen Moment den Salon verlässt, liest die Prinzessin den Brief und ist zunächst entsetzt darüber, dass ihr Gatte solch ein Geheimnis dem Gärtner anvertraut. Dann treten der Großherzog und der Hofstaat ein. Später erscheint auch de Linsberg. In einem Schlussensemble ärgern sich de Valborn und die Comtesse über dessen Rückkehr, lässt die Prinzessin den Strauß fallen, was sowohl der Prinz als auch Ernest als Zeichen für sich ansehen und beide mit ihr eine Verabredung für die Nacht vereinbaren. Nur Mathilde, die das Fallenlassen des Straußes falsch deutet, wundert sich über das Verhalten der Prinzessin.
DRITTER AKT
Das Zimmer der Prinzessin um Mitternacht.
Nachdem die Prinzessin ihrer Ballgarderobe entledigt ist, schickt sie die Ehrendamen fort, hat aber Mühe, die Comtesse loszuwerden, die die Nacht bei ihr wachen will.
Nachdem sie endlich allein ist und sich überzeugt hat, dass alle in ihren Zimmern sind und die Türen geschlossen haben, singt sie eine Romanze, in der sie darüber klagt, dass die Etikette sie zwingt „nicht zu weinen, wann sie will und nicht zu lieben, wen sie will.“
Nun erwartet sie Ernest und fragt sich, was wohl ihr Vater und vor allem auch Mathilde, die vermutlich auch in diesen verliebt ist, sagen werden, wenn sie ihr Geheimnis preisgibt. Als sie Schritte hört, meint sie, es sei ihr Gatte, aber es ist ihr Vater. Er eröffnet ihr, dass er, wenn sie zustimme, morgen ihre Hochzeit mit dem Prinzen verkünden werde. Er merkt ihre Verlegenheit. Was soll sie nun tun? Und gleich kommt Ernest. Schon hört sie die Schritte, aber glücklicherweise ist es Mathilde. Man habe Geräusche gehört und sie sei der Comtesse zuvorgekommen. Nun verschiebt auch der Großherzog die Entscheidung auf morgen und geht.
Mathilde wundert sich, dass Ernest noch nicht eingetroffen ist. Sie habe den Wunsch Louises erfüllen und den Schlüssel überbringen wollen. Da sie aber noch in Ballkleidung war, habe sie den Gärtner Wilhelm gebeten, dem Auftrag der Prinzessin entsprechend den Schlüssel demjenigen zu geben, der der Prinzessin den Blumenstrauß gesandt habe (Die Prinzessin musste ja glauben, dass der Strauß von ihrem Gatten kam). Dann eilt sie hinaus, um Ernest den Weg zur Prinzessin zu sichern.
Kurz danach klopft es und Louise öffnet Ernest die Tür. Es stellt sich heraus, dass er den Schlüssel nicht erhalten hat und auf Umwegen zu ihr gelangt ist. Sie versöhnen sich. Aber wie soll es nun weitergehen? Die Prinzessin meint, dass sie ihrem Vater ein Geständnis ablegen müsse, aber das könnte den Zorn des Großherzogs gegen Ernest erregen.
In diesem Augenblick kommt Mathilde und wundert sich, dass Ernest schon da ist. Sie habe auf dem Korridor im Dunkeln einen Mann bemerkt, den sie für Ernest gehalten habe, habe ihm den richtigen Weg bezeichnet und sei ihm vorausgeeilt. Als man Schritte hört, versteckt sie die beiden in einem Nebengemach.
Wilhelm, der ja den Strauß vom Prinzen erhalten hatte, hat nun folgerichtig auch diesem den Schlüssel ausgehändigt. Als der Prinz vorsichtig eintritt, findet er nur Mathilde vor, die so tut, als sei er in ihr eigenes Zimmer eingedrungen.
In Verlauf des Gesprächs entdecken sie ihre gegenseitige Liebe. Sie fordert ihn auf, zum Großherzog zu gehen und auf dessen Tochter zu verzichten. Mehr aber will sie ihm im Voraus nicht versprechen. Sie hat zunächst nur einen Wunsch, dass er jetzt erst einmal gehe, und er entfernt sich.
Louise und Ernest kommen heraus und bedanken sich bei ihrem Schutzengel Mathilde. Aus Vorsicht fordert die Prinzessin auch Ernest auf, sich erst einmal zu entfernen. Doch bevor er geht, öffnen die Damen je ein Fenster und entdecken, dass draußen alles verschneit ist. Wie kommt Ernest nun fort, ohne Spuren zu hinterlassen? Da entdeckt Mathilde einen zurückgelassenen Schlitten und bittet die beiden, ihr zu folgen. Durch die Fenster und die geöffnete Tür sieht man schließlich, wie Ernest auf dem Schlitten sitzt, während Mathilde diesen fortzieht und Louise ihn von hinten drückt.
VIERTER AKT
Der Salon wie im ersten Akt
Ernest, der die ganze Nacht im Schnee umhergeirrt ist, um nicht entdeckt zu werden, drückt seine Hoffnung aus, dass sich alles zum Guten wenden möge.
Wilhelm kommt. Er ist zum Obergärtner ernannt worden, muss sich aber die Tätigkeit mit dem älteren Obergärtner teilen. Nun strebt er die alleinige Befehlsgewalt an, was er sich über das Aufdecken eines Komplotts erhofft. Worum es sich handelt, will er Ernest nicht mitteilen, sondern es an höherer Stelle anbringen. Ernest will sich für ihn einsetzen. Sie verabreden aber ein Zeichen, das Ernest ihm geben will, wenn er etwas Unpassendes sagt. Wilhelm wird dann zunächst hinausgeschickt.
Der Großherzog tritt auf. Auch er hat in der Nacht den Schlitten, von zwei Frauen bewegt, und später einen Mann daraus aussteigen sehen. Doch Ernest lenkt ab und bringt das Gespräch auf den Gärtner, der etwas vorzutragen hat.
Wilhelm wird hereingerufen. Er erzählt, was er sah, als er den vergessenen Schlitten holen wollte, wobei er sich immer dann in Widersprüche verwickelt, wenn Ernest ihm das vereinbarte Zeichen gibt, bis schließlich der Großherzog Ernest schickt, den Gärtner, den er für verwirrt hält, abholen zu lassen.
Als Ernest gegangen ist, gesteht Wilhelm endlich die wahre Geschichte und auch, dass er gehört habe, wie eine der Frauen Angst um ihren Gatten hatte und von ihrem Vater sprach. Außerdem hat er im Schnee den Orden von Neubourg gefunden. Jetzt hat der Großherzog einen Verdacht und schickt Mathilde, die gerade eintritt, seine Tochter zu holen, während der Gärtner abgeht.
Zwischendurch erscheint aber der Prinz, hält Mathilde auf und bittet um Gehör. Als der Großherzog ihm den Orden präsentiert, erklärt der Prinz, dass dieser de Linsberg gehöre. Da bittet der Großherzog, ihn allein zu lassen und die beiden gehen. Er hat nun begriffen, dass seine Tochter und Ernest heimlich verheiratet sind. Rache bringt nichts, denn die Tatsache ist ja nun einmal unumkehrbar. Also schickt er einen Diener, Ernest zu holen.
Inzwischen kommt Louise, die Mathilde sucht. Der Großherzog spricht sie sofort auf den Fall an und da nun auch Ernest auftaucht, bittet er ihn herein, er gehöre ja jetzt zur Familie. Der Großherzog erklärt zur Freude der beiden, dass er Ernest immer schon wie einen Sohn geliebt habe und nun sei er ja sein Sohn.
Vor dem versammelten Hofstaat verkündet der Großherzog, dass Ernest sein Schwiegersohn sei. Man fragt sich, was wohl der Prinz dazu sagen wird. Doch dieser erklärt, er sei im Unrecht gewesen. Nun werde er Ernest nicht mehr als Sekretär benötigen. Er solle nur noch ein gutes Wort für ihn bei Mathilde de Wedel einlegen. Diese gibt ihre Zustimmung. Die Oper schließt mit einem Freudenchor aller.