Samuel Scheidt - vergessen?

  • Samuel Scheidt (1587 - 1654) gehörte zu den bekanntesten Komponisten des 17.Jahrhunderts. Sein Oevre beinhaltete vokale und instrumentale Stücke. Er schuf als einer der ersten deutschen Komponisten eine Synthese aus traditionellem deutschen Choral und Kontrapunkt mit der Madrigalkunst aus Italien. Er war ein vielseitiger Komponist geistlicher und weltlicher Musik, dessen Ruhm jedoch fast ausschließlich auf der Qualität seiner Instrumentalmusik beruht.


    Heutzutage ist er weitgehend unbekannt und wird ganz selten aufgeführt.


    Ich "stolperte" über ihn, als ich erstmals die CD "War & Peace" 1618:1918 der Lautten Compagney/Dorothee Mields hörte. In dieser Zusammenstellung sind von ihm einige Stück enthalten, so z.B. Galliard Cantus XX (1621), Galliard Battaglia SSWV 59 und Paduan Cantus V, ebenfalls aus 1621.


    Geboren in Halle ware er ebenda Hilfsorganist an der Moritzkirche. Nach einem Aufenthalt in Amsterdam, wo er bei Jan Sweelinck studierte, kehrte er 1609 als Hoforganist zurück und arbeitet dort auch mit Michael Praetorius zusammen.


    Scheidt war auch ein Experte im Orgelbau und in dieser Funktion nahm er 1619 gemensam mit Praetorius, Schütz und Johann Staden eine Orgel in Bayreuth ab. Ebenso interessant ist, dass seine Sammlung von Werken für Orgel, Cembalo und Clavichord der erste Tastenmusik-Druck in Deutschland war, bei dem die Partiturnotation Anwendung fand.


    Zu Scheidts ersten veröffentlichten Werken gehörten geistliche Vokalmusik, insbesondere Cantiones sacrae (1620) für acht Stimmen und vier Bücher von Geistliche Concerten (1631-40) für zwei bis sechs Stimmen und Continuo. Die Veröffentlichung seiner Tabulatura nova (dreiteilig, 1624) war ein wichtiges Ereignis in der Geschichte der Orgelmusik. Der Titel bezieht sich auf die verwendete musikalische Notation: Keyboard-Tabulatur im italienischen Sinne (d.h. Stabnotation statt der in der früheren deutschen Orgelmusik verwendeten alphabetischen Tabulatur). Die Sammlung enthält Fantasien, Toccaten, "Echo-Stücke", Orgelreaktionen für den liturgischen Gebrauch und vor allem Variationen von Choralmelodien.


    Scheidts Unterwerfung der Choralmelodie unter musikalische Variationen und seine Verwendung verschiedener Stimm- und Instrumentenkombinationen in den verschiedenen Stanzen deuteten auf die späteren lutherischen Kantaten auf der Grundlage von Chorälen hin. Scheidts Werk, obwohl von Sweelinck beeinflusst, zeigt seine eigene Fähigkeit zum Kontrapunkt. Sein Tablatur-Buch ("Görlitzer Tabulatur" - 1650) enthält harmonisierte Begleitungen für 100 heilige Lieder und Psalmen, die auf die wachsende Praxis des Gemeindegesangs in lutherischen Kirchen hinweisen.


    Durch die Wirren des 30-jährigen Krieges verlor er seine Stellung, da sein Dienstherr flüchten musste. Nach einem kurzen Intermezzo als Musikdirektor für die drei großen Kirchen in Halle war er ab 1630 ein reiner Privatier und verdiente seinen Lebensunterhalt als Musiklehrer.

    Kriegsbedingt verlor er sein gesamtes Vermögen und er erhielt nur ein Armenbegräbnis.


    Zum Reinhören -




    von Disc 1 - Beispiele 4 und 16, von Disc 2 - 1 und 5


    Wer von Euch hat Erfahrung mit der Musik von Scheidt gemacht - und kann eventuell weitere Aufnahmen empfehlen? (Auf Youtube fand ich noch eine Aufnahme mit Jordi Savall)


    Hear Me Roar!

  • Hier die legendäre Scheidt Bearbeitung für zehn Blechbläser von

    Enrique Crespo. Es spielt die Urformation von German Brass

    in einer Aufnahme von 1985 ...

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    :):):)

  • Auf dieser Doppel CD mit dem Obertitel "A musical banquet" finden wir 16 Nummern aus "Ludi musici" von Samuel Scheidt (den Rest des Programmes bestreiten Stücke von Schein, Gabrieli und Guami, welche von englischer Consortmusik beeinflusst sind.

    Die Canzonen Nr 25 und 26

    "Bergamasca anglica"

    "O' Nachbar Roland"

    sind Variationen zweier lieder, die in England besonders populär waren.


    Die Stücke sind duirchwegs eingängig und geglegentlich sogar betont festlich und könne auch den heutigen Hörer zufriedenstellen.

    Die Gruppe Hyperion XX unt Jordi Savall sind über jeglichen zweifel erhaben - und der Preis von derzeit 9.99 für 2 CDs macht eine Empfehlung (für Liebhaber des Frühbarock) leicht


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Als "alte" Tasteninstrumentespieler" (Cembalo, historische Orgeln), Liebhaber "alter" Musik, Lutheraner, in Niedersachsen wohnend, kommt man Scheidt garnicht herum. Hier im Norden ist er nicht so unbekannt. In Gottesdiensten doch häufig gespielt, wobei man doch öfters gefragt wird "von wem war denn das Präludium/Fuge/Choralvorspiel am Anfang/Schluss?" Auch in Orgelkonzerten wird er gespielt....eben Norddeutschland.

    CD-Empfehlung: die "Tabulatora Nova I - III" gibt es in einer hervorragenden CD- Aufnahme bei MDG, Organist: Franz Raml (insgesamt 6 CD´s). Er spielt auf der Schererorgel in Tangermünde und ein historisches Cembalo. Bei JPC habe ich ich nur Ta.N. II und III von Raml gefunden. Also nachhaken ob es Vol. I noch gibt.

    Scheidts Vokalwerke werden leider seltener aufgeführt. Sie sind relativ schwierig zu exekutieren, vor allem instrumental aufwendig. Das bringt nicht jede Kantorei, von den Instrmentalisten ganz zu schweigen.