WEILL, Kurt: DOWN IN THE VALLEY

  • Kurt Weill (1900-1950):


    DOWN IN THE VALLEY (Drunten im Tal)

    Einaktige Folk-Oper in acht Szenen auf einen Text von Arnold Olaf Sundgaard


    Uraufführung der zweiten Fassung am 15. Juli 1948 in Bloomington, Indiana (hier behandelt)

    Erste Fassung (Dezember 1945) als (nicht gesendete) Radiooper entstanden



    DIE PERSONEN DER HANDLUNG


    Anführer (Bariton)

    Brack Weaver (Tenor oder hoher Bariton)

    Thomas Bouché (Bass)

    Prediger (Bass)

    Jennie Parsons (lyrischer Sopran)


    Sieben Schauspieler mit Sprechrollen:

    Jennies Vater

    Guard/Gefängniswärter

    Peter, ein Mithäftling Bracks

    zwei Männer

    zwei Frauen


    Chor: Gemeinde und teils unspezifiziert (SATB)


    Zeit und Ort der Handlung ist nicht näher bestimmt.




    INHALTSANGABE


    Der Chor singt „Down in the Valley“, während der Leader/Anführer die Geschichte von Brack Weaver erzählt, der die süße Jennie Parsons liebte, jedoch „für die Ermordung von Thomas Bouché sterben musste“.


    Die Szene zeigt die Gefängniszelle von Brack Weaver in der Nacht vor der Hinrichtung. Brack hat beim Blick durch das Zellenfenster den Postzug gesehen, sofort die Wache gerufen und gefragt, ob für ihn ein Brief von seiner geliebten Jennie Parsons eingegangen sei. Als der Wärter verneint, singt Brack mit verärgertem Gestus „Where Is the One Who Will Mourn Me When I'm Gone“. Und nicht nur das: Er ist fest entschlossen, seine Jennie noch einmal wiederzusehen, und als einzige Möglichkeit ist für ihn die Flucht - allerdings mit der vorgesehenen Rückkehr. Gegen den ausdrücklichen Rat seines Zellengenossen flüchtet Brack, begibt sich ohne Umweg zu Jennies Haus. Natürlich wurde der Ausbruch zeitnah bemerkt und der Sheriff macht sich mit seinen Untergebenen auf die Suche.


    Jennie hockt trauernd auf der Veranda. Ihr Vater beschwört sie, Brack zu vergessen und ins Haus zu kommen. Jennie kann aber nicht abschalten, verliert sich in Erinnerungen an die Zeit mit dem geliebten Freund. Obwohl sie weiß, dass der schwere Schuld auf sich geladen hat, erklärt sie mit dem Song „Brack Weaver, My True Love“ ihre Liebe zu Brack, die auch niemals sterben wird. Sie folgt ihrem Vater nicht ins Haus, sondern bleibt, nachdenklich sinnend, auf der Veranda sitzen. Als sie kurz darauf mehrmals einen Pfiff hört, weiß sie, dass Brack in der Nähe ist und schleicht sie sich in die Richtung des Tons. Tatsächlich steht sie kurz darauf Brack gegenüber, und sie fällt ihm sofort in die Arme. Auf seine Frage, ob sie ihm geschrieben habe, verneint sie und erklärt, dass der Vater ihr das verboten habe. Aber sie versichert ihm ihre unverbrüchliche Liebe („The Lonesome Dove“).


    Brack erinnert sie an ihr erstes „Date“ und rollt damit eine dramatische Geschichte auf: Vor einem Jahr, nach einem Gottesdienstbesuch, hatte er sie, während aus der Kirche noch „The Little Black Train“ zu hören war, auf dem Weg nach Hause auf ein zufällig beobachtetes Treffen mit dem zwielichtigen Geschäftsmann Thomas Bouché angesprochen. Dass sie sich mit diesem Kerl abgibt, den er hasst, weil sein Vater durch ihn in den Ruin getrieben wurde, gefällt ihm nicht. Sie war von seinem anklagenden Ton überrascht gewesen und hatte energisch, aber bestimmt, darauf gepocht, dass es ein harmloses Gespräch war, und ebenso bestimmt hinzugefügt, dass sie für Brouché nicht das Geringste empfinde. Brack hatte dann das Thema gewechselt und sie gefragt, ob sie mit ihm zum Tanz nach Shadow Creek gehen würde. Ihre freudiges „Ja“ beantwortete er mit dem Song „Hop Up, My Ladies“, ehe er sich liebevoll von ihr verabschiedete.


    Zu Hause angekommen fand Jennie ihren Vater mit Bouché auf der Veranda sitzend und der ältere Mann kam sofort zur Sache: Er lud sie, wie schon Brack, zum Tanz ein. Davon einmal abgesehen, dass sich Jenny überrumpelt fühlte, empfand sie die Einladung als geschmacklos und sie sträubte sich dagegen. Brouché aber akzeptierte ihre Ablehnung nicht und ließ deshalb durchblicken, dass er ihr Gelegenheit geben wolle, in Ruhe darüber nachzudenken; auf jeden Fall werde er sie noch einmal fragen - und das klang für Jennie drohend, keinen Widerspruch duldend. Nachdem Brouché gegangen war, bat ihr Vater sie eindringlich, dem Drängen des vermögenden Mannes nachzugeben und verwies darauf, dass ihm der Geschäftsmann aus finanziellen Problemen helfen könnte. Das hatte Jennie noch mehr in Wallung gebracht, kam sich als benutzt vor und wiederholte ihre Ablehnung. Das ließ wiederum ihren Vater energisch bestimmen, dass sie dann auch mit keinem anderen zum Tanz gehen dürfe.


    Das nächste Bild ist der Tanzboden in Shadow Creek. Hier traf sich Jennie mit Brack (Musik: „Hoedown“ basierend auf „Sourwood Mountain“). Brack gesteht Jennie seine Liebe, doch ihre Antwort geht in einer wütenden Schimpfkanonade des alkoholisierten Bouché unter, der Brack ultimativ auffordert, „meine Frau“ loszulassen. Jennie reagiert zunächst erstaunt, dann aber wütend, während Brack sich weigert, Bouchés Aufforderung nachzukommen. Er lässt den Betrunkenen einfach links liegen, beachtet ihn nicht weiter. Doch der gibt nicht auf, was erst zu einem erregten Wortwechsel zwischen den beiden Männern führt, dann zu einem erbitterten Kampf, bei dem Bouché getötet wird. Jennie steht fassungslos da, während Brack schnell das Weite sucht. Die Flucht gelang aber nicht; er wird von der Polizei geschnappt und ins Gefängnis eingeliefert.


    Die Rückblende endet - es ist jetzt Morgenröte. Brack gibt bereitwillig auf, jetzt, wo er weiß, dass Jennie ihn immer lieben wird. In der Gefängniszelle trägt er einen Vers von „Down in the Valley“ vor, und Jennie singt mit dem Chor eine letzte Reprise.



    INFORMATIONEN ZUM WERK


    „Down in the Valley“ wurde als einaktige Folk-Oper mit acht Szenen für den Rundfunk konzipiert, jedoch nie gesendet. Der Musikkritiker Olin Downes plante eine Reihe dieser „Radio shows“ als eine „neue künstlerische Form“ amerikanischen Stils. Vorgegeben war, dass die Stücke eine Geschichte abbildeten, die aus einem amerikanischen Volkslied hervorgehen sollten. Weill komponierte das auf dem Folksong „Down in the Valley“ basierende Stück von August bis Dezember 1945; die Orchesterproben mit anschließender Aufnahme als Hörprobe (auditions recording) leitete Maurice Abravanel. Das gesamte Projekt musste jedoch wegen Mangel an Geldgebern aufgegeben werden.


    1948 bat die Musikhochschule der Indiana University Weill um eine Schuloper, aufzuführen durch das heimische Ensemble. Der Komponist sagte zu und formte die Partitur von „Down in the Valley“ durch Erweiterung des Textes von Sundgaard und Anpassung des Instrumentariums an die Erfordernisse von Schulorchestern an, gab ihm aber keinen Genretitel. Das Stpck kann mit den Hauptdarstellern ohne Bühnendekoration gespielt werden, wobei die Hauptrollen mit singenden Schauspielern zu besetzen sind. Nur ein Teil des Chores muss an der Handlung beteiligt werden (Angaben Weills im Vorwort des Klavierauszuges). Die Spieldauer wird mit ca. 45 Minuten angegeben.



    © Manfred Rückert für den Tamino-Opernführer 2019

    unter Hinzuziehung von Pipers Musik-Enzyklopädie, des MGG,

    und eines Artikels über das Werk bei der Kurt Weill Foundation

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    MUSIKWANDERER

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  • Diskographische Hinweise:


    Nachstehend werden zufällig ausgewählte Einspielungen, die bei den Tamino-Werbepartnern erhältlich sind, gepostet. Die Auswahl ist für das nur 45 Minuten Spieldauer umfassende Opus nicht gerade groß:


    Nebenstehend eine Ausgabe des Labels Line (AD: 1950-1960) mit Lotte Lenya, William McGraw, Marion Bell, Kenneth Smith, Ann Sothem, James Daly; das RCA Victor Orchestra, das Orchester des Hamburger Rundfunks, das New York City Orchestra; Dirigenten sind Peter Herrmann Adler, Charles Sanford, Wilhelm Brückner-Rüggeberg.











    Das nebenstehende 10-CD-Angebot wurde vom Label Documents (AD: 1930-1960) veröffentlicht und enthält neben „Down in the Valley“ die Dreigroschenoper in 2 Versionen; Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny; Die Jasager; Die sieben Todsünden; Happy End; Lady in the Dark; die Kleine Dreigroschenmusik für Blasorchester; 6 Lieder; Einzellieder.












    Hier wird „Down in the Valley“ mit „Der Jasager“ gekoppelt angeboten. Die Ausgabe von Capriccio wird von Tobias Schmeisser, Hilke Helling, Ulrich Schütte, Thomas Bräutigam, Thomas Fischer und Michael Knöppel gesanglich dargeboten. Willi Gundlach leitet das Orchester Campus Cantat 90.


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