Der Klaviervirtuose - Gratwanderung zwischen Zirkusnummer und Musik

  • Jetzt plötzlich doch nicht mittendurch. Seltsam. Übrigens: gleich ob ein Klavier/Flügel 88 Tasten hat, 2 oder 3 Saiten /Ton, Holz- oder Gussrahmen, die auftretenden Kraft/Spannungsverhältnisse sind permanent, gleich ob er bespielt wird oder in einer Ecke steht.

    Man muss ja auch nicht alles auf die Goldwaage legen, was man schreibt. Die Rahmen sind gebrochen. Nur Verschwörungstheoretiker fantasieren sich dann zusammen, dass das Instrument in zwei Teile zerfallen sei was ja nicht sein könne. Wenn man nichts wirklich genau weiß, dann macht der Technik- und Wissenschaftsgläubige mal eben verallgemeinernde Aussagen. Nach dieser Logik ist jedes Haus erdbebensicher und jede Hängebrücke absolut fest auch beim stärksten Sturm.


    Hier habe ich übrigens einen Hinweis gefunden:


    https://www.boesendorfer.com/d…timate-design/grand-liszt


    1828, Wien: Als Ignaz Bösendorfer das Unternehmen gründet, ruiniert der junge Pianist Franz Liszt mit seiner wilden Spielweise so ziemlich jedes Klavier, das ihm unter die Finger kommt. Zu dieser Zeit herrscht nicht gerade ein Mangel an Klavierbauern, allein in Wien gibt es 150 Hersteller. Auf Anraten seiner Freunde probiert der junge Virtuose einen Bösendorfer Flügel und tatsächlich, dieses Instrument hält seiner kraftvollen Spielweise stand und macht Bösendorfer auf einen Schlag berühmt. Dieser Flügel im edlen Furnier Vavona ausgeführt ist eine Hommage an den Ausnahmepianisten und Komponisten, der selbst einige Bösendorfer Flügel besaß. Die enge Freundschaft zwischen Bösendorfer und Liszt – er wird oft als Erfinder der Solokonzerte genannt – ist bis heute mit mehr als 40 Briefen und Telegrammen nachlesbar. Pianisten und Pianistinnen können noch heute ihrem virtuosen Spiel auf Bösendorfer Instrumenten freien Lauf lassen und ungeahnte künstlerische Kräfte entfesseln.


    1828 war Liszt 17 Jahre alt - Hanslick datiert die Virtuosenepoche in Wien von 1836 bis 1846. Die "jungen Wilden" wie Liszt mit ihrer kraftvollen Spielweise stellten die Instrumente auf eine harte Probe, der sie offensichtlich großenteils nicht gewachsen waren. Bei 150 Klavierbauern kann man sich vorstellen, wie viele Fehlkonstruktionen es gab bzw. solche, welche den neuen virtuosen Anforderungen nicht standhielten. Für ein junges Unternehmen wie Bösendorfer war es natürlich die beste Werbung, dass seine Instrumente diesen Anforderungen genügten und die Belastung aushielten - es trennte sich die Spreu vom Weizen. Die Instrumente hat Liszt "ruiniert" - d.h. sie waren nachher nicht mehr einsetzbar, was auf Rahmenbrüche hinweist. Es gibt auch eine detaillierte Untersuchung, wo genau das so beschrieben wird.


    Hier gibt es einen schönen Artikel von Ferdinand Bräu, dem technischen Direktor von Bösendorfer, wo zu lesen ist, dass man auch schon bevor Gussrahmen verwendet wurden Metallteile zur Stabilsierung des Rahmens einbaute:


    http://www.klavierwiki.at/gussrahmen.php


    Schöne Grüße

    Holger

  • Daß Liszt schon aufgrund der Kosten nicht laufend drei Klaviere am Abend verheizen konnte (auch mit nur seitlichem Rahmenbruch waren sie wohl dann nicht mehr spielbar), darauf hat ja schon Thomas Pape hingewiesen. Vermutlich überstieg der Preis eines einzigen Pianos auch damals schon den Gesamtumsatz eines Klavierabends in den ja wie oben gesagt eher kleinen Sälen um das mehrfache.

  • Daß Liszt schon aufgrund der Kosten nicht laufend drei Klaviere am Abend verheizen konnte (auch mit nur seitlichem Rahmenbruch waren sie wohl dann nicht mehr spielbar), darauf hat ja schon Thomas Pape hingewiesen. Vermutlich überstieg der Preis eines einzigen Pianos auch damals schon den Gesamtumsatz eines Klavierabends in den ja wie oben gesagt eher kleinen Sälen um das mehrfache.

    Ein mit Sicherheit sehr wichtiger Grund, um die Histörchen der Liszt´schen Klaviervernichtungsorgien als Märchenstunden zu entsorgen. Sie waren schon damals nichts mehr als publicity-Maßnahmen, um den Ruf dieses "Wunderkindes" zu verbreiten und das sensationslüsterne Publikum anzulocken .."na, schafft der auch heute und hier 3 Pianos"?

    Gründe, weswegen damals und heute Klaviere funktionsunfähig wurden/werden gibt es unzählige. Es lohnt sich nicht, die alle einzeln aufzuführen.

  • Daß Liszt schon aufgrund der Kosten nicht laufend drei Klaviere am Abend verheizen konnte (auch mit nur seitlichem Rahmenbruch waren sie wohl dann nicht mehr spielbar), darauf hat ja schon Thomas Pape hingewiesen. Vermutlich überstieg der Preis eines einzigen Pianos auch damals schon den Gesamtumsatz eines Klavierabends in den ja wie oben gesagt eher kleinen Sälen um das mehrfache.

    Liszt hat sehr viel Geld verdient mit seinen Konzerten und sehr hohe Eintrittspreise verlangt. Und Hersteller von Instrumenten stellten die Instrumente gerne zur Verfügung, weil es für sie die beste Werbung war, wenn ein Virtuose wie Liszt sie spielte. Man kann gerade nicht davon ausgehen, dass Liszt alle Flügel hat kaufen müssen, auf denen er spielte.


    Das war 1842 in Berlin:


    Da die Eintrittspreise sehr hoch waren, kamen bei den Konzerten erhebliche Summen zusammen – bereits mit den ersten vier Veranstaltungen hatte Liszt „10-12.000 Franken verdient“ – kein schlechtes Einkommen im Vergleich zu den festangestellten Kollegen: In Dresden verdiente Richard Wagner damals 1.200 Franken im Jahr! So konnte Liszt es sich leisten, beinahe die Hälfte seiner Konzerte für gute Zwecke zu geben – mal ein „Zehn-Groschen-Konzert“ für die Studenten, mal ein Konzert für notleidende Lehrer.

  • Daß Liszt schon aufgrund der Kosten nicht laufend drei Klaviere am Abend verheizen konnte

    Ach so, Liszt hat alle Instrumente, auf denen er spielte, vorher erst einmal kaufen müssen?

    Ein mit Sicherheit sehr wichtiger Grund, um die Histörchen der Liszt´schen Klaviervernichtungsorgien als Märchenstunden zu entsorgen.

    Dann muss man auch Clara Wieck (später Clara Schumann) als Märchenstunde entsorgen, die als 18jährige mit ihrem Vater einem Liszt-Konzert in Wien beiwohnte und schreibt, dass er 3 Flügel kaputtgespielt habe.


    Schöne Grüße

    Holger

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  • Ach so, Liszt hat alle Instrumente, auf denen er spielte, vorher erst einmal kaufen müssen?

    Mal wieder ein typischer Kaletha - niemand hat behauptet, daß sie Liszt gehörten.


    Aber irgendwem würden sie gehört haben. Und der wäre vermutlich nicht erfreut gewesen.

  • Mal wieder ein typischer Kaletha - niemand hat behauptet, daß sie Liszt gehörten.


    Aber irgendwem würden sie gehört haben. Und der wäre vermutlich nicht erfreut gewesen.

    Wäre wenn... Erfreut waren die Leute, wenn sie den berühmten Liszt zu Gast hatten und entsprechend dafür gesellschaftliches Aufsehen erregten. Da war der Verlusts eines Instruments wirklich nebensächlich. Da zudem damals alle Nase lang neue veränderte Konstruktionen erschienen mit versprochenen deutlichen Verbesserungen (Liszt bekam später jedes Jahr einen neuen Bechstein-Flügel geliefert), war ein solcher Verlust sicher zu verschmerzen. Man hat ohnehin immer wieder neue Instrumente gekauft. Damals waren die Verhältnisse anders als heute, wo man alte Instrumente restauriert. Liszt wird kaum jemals zweimal auf demselben Instrument gespielt haben und man kann sich vorstellen, dass die Gastgeber stolz waren, wenn sie ihm die gerade neueste Entwicklung zur Verfügung stellen konnten. Und Geld hatten solche Kreise genug. Und wie schon gesagt war es für die Hersteller die beste Werbung, wenn Liszt ihre Instrumente öffentlich spielte.

  • Dann muss man auch Clara Wieck (später Clara Schumann) als Märchenstunde entsorgen, die als 18jährige mit ihrem Vater einem Liszt-Konzert in Wien beiwohnte und schreibt, dass er 3 Flügel kaputtgespielt habe.

    Nein, muss man nicht, da ich eine Quelle dafür gefunden habe, welche Du besser gleich mit angegeben hättest.

    https://www.zeit.de/2011/19/L-SM-Liszt

    Nur, wenn man sich das durchliest, incl. Deiner Informationen über Liszts Konzerteinnahmen, kommt doch sofort der dringende Verdacht auf, dass all das ein abgekartetes Spiel zwischen Vater/Sohn Liszt und den jeweiligen Klaviererbauern war: wie kommen wir schnell und unproblematisch an Kohle ran: der Klavierbauer stellt 3 Flügel für das Konzert zur Verfügung von denen er weiß, dass diese bei Liszts Spielweise funktionsunfähig werden (die Saiten reißen), das idiotische Publikum ist begeistert, weil genau das eintritt, was sie erwartet und teuer bezahlt haben, die Kassen bei den Liszts und dem Klavierbauer klingeln. Bravo! Gut gemacht.

    Womit wir wieder bei dem alten Lisztproblem angelangt wären: genialer Komponist, Wunderkind oder geldgieriger Virtuose. Die Antwort auf diese Frage wird immer subjektiv ausfallen, eine reine Geschmacksfrage.

  • genialer Komponist, Wunderkind oder geldgieriger Virtuose. Die Antwort auf diese Frage wird immer subjektiv ausfallen, eine reine Geschmacksfrage.

    Das verstehe ich nicht. Was soll daran "Geschmacksfrage" sein? Und warum soll und muss sich das überhaupt ausschließen? Liszt war dies alles und noch viel mehr.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Und wie schon gesagt war es für die Hersteller die beste Werbung, wenn Liszt ihre Instrumente öffentlich spielte.

    Mir ist nicht ganz klar, wie man als Hersteller gut darsteht, wenn ein Virtuose das Instrument in Grund und Boden spielt. Spricht ja nun nicht gerade für die Haltbarkeit einer wohl auch damals schon hohen Investition. Daß es Wegwerf-Klaviere gegeben hat, glaube ich jedenfalls nicht.

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  • Das verstehe ich nicht. Was soll daran "Geschmacksfrage" sein? Und warum soll und muss sich das überhaupt ausschließen? Liszt war dies alles und noch viel mehr.

    Dieses Fass, lieber Stimmenliebhaber, lohnt es m.E. nicht aufzumachen. Wir sind uns wahrscheinlich fast alle hier einig, dass es Sachverhalte und Urteile gibt, die sich auch ohne naturwissenschaftliche Herleitung bewahrheiten können.

    Zu bestreiten, dass Liszt ein bedeutender Komponist und Virtuose war, und sich dabei auf den eigenen "Geschmack" zu berufen, empfände ich als eine echte Belanglosigkeit, auf die es sich nicht einzugehen lohnte. "Wunderkind" oder nicht - um diesen Begriff würde ich mich ebenfalls nicht "streiten".

    Worin Liszts Qualitäten nun genauer zu sehen sind, unter welchen ästhetischen Prämissen sein Schaffen sicherlich auch kritisch in Augenschein genommen werden kann, das wäre für mein Verständnis durchaus verhandelbar. "Verhandelbar" heißt aber natürlich nicht, dass man sich dabei langweiligerweise einfach auf seinen persönlichen Geschmack berufen könnte. So funktioniert das nicht.

  • Zitat

    Womit wir wieder bei dem alten Lisztproblem angelangt wären: genialer Komponist, Wunderkind oder geldgieriger Virtuose.

    Das Problem ist mir neu, wer sich mit Liszt intensiver befaßt, wird weder von einem Wunderkind noch einem geldgierigen Virtuosen sprechen.

    Einmal editiert, zuletzt von Karl ()

  • Nein, muss man nicht, da ich eine Quelle dafür gefunden habe, welche Du besser gleich mit angegeben hättest.

    https://www.zeit.de/2011/19/L-SM-Liszt

    Die eigentliche Quelle ist nicht Volker Hagedorn, sondern es sind die Briefe von Clara Schumann.

    Nur, wenn man sich das durchliest, incl. Deiner Informationen über Liszts Konzerteinnahmen, kommt doch sofort der dringende Verdacht auf, dass all das ein abgekartetes Spiel zwischen Vater/Sohn Liszt und den jeweiligen Klaviererbauern war: wie kommen wir schnell und unproblematisch an Kohle ran: der Klavierbauer stellt 3 Flügel für das Konzert zur Verfügung von denen er weiß, dass diese bei Liszts Spielweise funktionsunfähig werden (die Saiten reißen), das idiotische Publikum ist begeistert, weil genau das eintritt, was sie erwartet und teuer bezahlt haben, die Kassen bei den Liszts und dem Klavierbauer klingeln. Bravo! Gut gemacht.

    Das ist natürlich alles zusammenspekulierter kompletter Unsinn, geboren aus der Unkenntnis der Liszt-Literatur und der Quellen. Als Vater und Sohn Liszt unterwegs waren, gab es bereits andere etablierte Klaviervirtuosen, die ein Vielfaches von dem verdienten, was der junge Liszt sich bei einem Konzert erspielte. Und gegen diese übermächtige Konkurrenz musste Liszt sich erst einmal behaupten. Liszts Spiel und seine Konzerte sind durch eine Fülle von Zeitzeugen, worunter viele Komponistenkollegen und auch seine zahllosen Schüler sind, dokumentiert. Sie alle beschreiben, dass das Besondere bei Liszt die außergewöhnlichen musikalischen Qualitäten seines Vortrags waren und nicht irgendwelche Zirkusnummern, die ihn Anderen gegenüber heraushoben. Damals machte Paganini Furore - und auch da war es die Mischung aus spektakulärer Virtuosität und herausragender Musikalität, welche die Leute begeisterte. Wenn Paganini nur seine Saiten zerfetzt hätte, aber ansonsten musikalisch blass gewesen wäre, hätte er nie und nimmer diese Wirkung gehabt. Das Publikum damals als "idiotisch" zu bezeichnen zeugt von einer Idealisierung des 18. Jhd., das man für das Gute, Wahre und Schöne hält und das 19. Jahrhundert ist dann der Sündenfall, wo das Publikum angeblich verdummt ist und die Virtuosen die musikalische Kultur verblödet hätten. Die Virtuosenepoche war in Wahrheit sehr kurz, und gerade Liszt hat sie nicht nur lange, sondern sehr lange überlebt, eben weil er weit mehr war als nur ein Tastenakrobat. Liszt war ein "intellektueller" Komponist, einer der gebildetsten Künstler seiner Zeit. Er war der Einzige, mit dem Richard Wagner auf Augenhöhe philosophische Gespräche führen konnte. Wenn der ganz junge Liszt so ziemlich jedes Klavier ruinierte, dann bedeutete das für keinen Hersteller einen Vorteil - denn da konnte keiner herausstechen. Von Vorteil war, dass Liszt ihre Instrumente auswählte und sie empfahl. Wer profitierte, war Bösendorfer, bei dem das Instrument durchhielt. Er wurde damit auf einen Schlag berühmt.

    Womit wir wieder bei dem alten Lisztproblem angelangt wären: genialer Komponist, Wunderkind oder geldgieriger Virtuose. Die Antwort auf diese Frage wird immer subjektiv ausfallen, eine reine Geschmacksfrage.

    Die Wertung "genial" ist erst einmal sowieso nicht objektiv, bei Mozart oder Beethoven genauso wenig wie bei Liszt. Nach der romantischen Genieästhetik war jeder eigentliche Künstler ein Genie. Alle waren "Genies" - also was sagt das dann im besonderen Fall von Liszt aus? Eine Wunderkindkariere hatte auch schon Mozart gemacht. Da gibt es bestimmte Parallelen. Und "geldgierig" war Liszt nun wirklich nicht. Liszt hat den größten Teil seines Vermögens einfach verschenkt - gespendet und gestiftet für gute Zwecke, hat Musikerkollegen wie Berlioz und Wagner finanziell unterstützt, die ohne ihn verhungert wären. Sogar an Wagners geschiedene Ehefrau hat er Geldzahlungen gemacht, dass sie überleben konnte. Man hat lange zu sehr in Liszt nur den Virtuosen gesehen und nicht den hoch bedeutenden Komponisten. Die Zeit ist aber längst vorbei. Liszt gilt inzwischen als einer der innovativsten und wegweisendsten Komponisten seiner Epoche. Das ist ganz einfach objektiv so und auch objektiv begründbar.

    Mir ist nicht ganz klar, wie man als Hersteller gut darsteht, wenn ein Virtuose das Instrument in Grund und Boden spielt. Spricht ja nun nicht gerade für die Haltbarkeit einer wohl auch damals schon hohen Investition. Daß es Wegwerf-Klaviere gegeben hat, glaube ich jedenfalls nicht.

    Nochmals: Der Klavierbau nahm damals eine sehr dynamische Entwicklung. Die Hersteller kamen ständig mit neuen Modellen. Wenn man schon vergleichen will: Heute gibt es ja auch diese digitalen Pianos von Yamaha, Kawai etc. Wer spielt noch Instrumente, die vor 10, 15 oder 20 Jahren produziert wurden? Die Digitaltechnik hat sich rasant weiterentwickelt, also hat man anders als beim konventionellen Klavier auch neue Instrumente gekauft, die eben klanglich erheblich besser waren. Liszt hatte u.a. ein sehr gutes Verhältnis zu Steingräber aus Bayreuth. In einem seiner Konzerte war plötzlich das Instrument nicht mehr spielbar. Während des Konzerts hat es Steingräber persönlich repariert.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Das ist natürlich alles zusammenspekulierter kompletter Unsinn, geboren aus der Unkenntnis der Liszt-Literatur und der Quellen. Als Vater und Sohn Liszt unterwegs waren, gab es bereits andere etablierte Klaviervirtuosen, die ein Vielfaches von dem verdienten, was der junge Liszt sich bei einem Konzert erspielte.

    ..und Du legst Dir das 19. Jhdt. so zurecht wie Du es gerne hättest. Abgesehen davon, widersprichst Du Dich fast tag-täglich, man kann die Fälle kaum mehr zählen. So auch hier:


    Da die Eintrittspreise sehr hoch waren, kamen bei den Konzerten erhebliche Summen zusammen – bereits mit den ersten vier Veranstaltungen hatte Liszt „10-12.000 Franken verdient“ – kein schlechtes Einkommen im Vergleich zu den festangestellten Kollegen: In Dresden verdiente Richard Wagner damals 1.200 Franken im Jahr!

    Klartext: der Virtuose Liszt verdiente mit 1 Konzert das 3 - 4-fache Jahresgehalt eines Wagners. Claro, da muss man erst einmal hinkommen. Dazu gehören enormes Können (hier Virtuosität), ausgefeilte Werbung und gesellschaftliche Extravaganzen, die schnell in aller Munde waren. Die Zeiten haben sich nicht geändert. Die Liszts haben diese Metiers offensichtlich sehr gut beherrscht.

    Natürlich ist all das "zusammenspekulierter Unsinn", aber dem Leben abgelauscht. Mit "hochphilosophischen Gesprächen" hätten die Kassen nicht geklingelt.

  • ..und Du legst Dir das 19. Jhdt. so zurecht wie Du es gerne hättest.

    Nein, ich bin zu Deinem Pech leider "Experte" was diese Epoche angeht und reduziere deshalb nicht Komplexität und produziere auch keine billigen falschen Klischees vom Virtuosentum.

    Abgesehen davon, widersprichst Du Dich fast tag-täglich, man kann die Fälle kaum mehr zählen. So auch hier:

    Du bist leider offenbar nicht imstande, richtig zu lesen. 1842 konnte Liszt viel Geld verdienen, diese Summen kamen aber bei weitem nicht zustande in seiner Jugendzeit, wo er mit seinem Vater reiste. Ein Sigismund Thalberg z.B. verdiente erheblich mehr als Liszt. Und in Paris z.B. war Liszt gar nicht erfolgreich als Virtuose.


    Klartext: der Virtuose Liszt verdiente mit 1 Konzert das 3 - 4-fache Jahresgehalt eines Wagners. Claro, da muss man erst einmal hinkommen. Dazu gehören enormes Können (hier Virtuosität), ausgefeilte Werbung und gesellschaftliche Extravaganzen, die schnell in aller Munde waren. Die Zeiten haben sich nicht geändert. Die Liszts haben diese Metiers offensichtlich sehr gut beherrscht.

    Noch heute ist es so, dass man als frei schaffender Künstler, vorausgesetzt, man hat Erfolg, erheblich mehr Geld verdient als mit einer Festanstellung als Hochschullehrer an einem Konservatorium oder Orchesterleiter irgendwo in der Provinz. Deshalb sind aber nicht die Konservatoriunspianisten die besseren und mehr der musikalischen Wahrheit verpflichteten Musiker. Im 19. Jhd. hatten Komponisten zudem das große Pech, dass ihre Werke nicht urheberrechtlich geschützt waren. Es gab keine GEMA, die Gebühren für Aufführungen von Werken eintrieb. Wagner war kein reisender Virtuose, also hatte er ständig Geldnot. Das Virtuosendasein war damals auch eine Überlebensfrage. Du willst es einfach nicht begreifen: Liszts Virtuosenkarriere war 1846 zuende. Fortan widmete er sich in Weimar sesshaft geworden dem Komponieren, der Uraufführung von Werken zeitgenössischer Komponisten und nicht zuletzt führte er damals moderne italienische Opern in Deutschland auf.


    Natürlich ist all das "zusammenspekulierter Unsinn", aber dem Leben abgelauscht. Mit "hochphilosophischen Gesprächen" hätten die Kassen nicht geklingelt.

    Ganz genauso ist es: Was Du schreibst ist zusammenspekulierter Unsinn. Erst einmal gab es im 19. Jhd. ein hoch gebildetes Publikum, das sehr anspruchsvoll war. Genauso unsinnig wie es bei Wagner wäre, das "Philosophische" seines "Rings" als nebensächlich abzutun, kann man bei Liszt ignorieren, dass er die Verkörperung des romantischen Künstlertums war, das die Einheit aller Künste inclusive der Philosophie proklamierte. Liszt war übrigens auch Theoretiker. Er hat immerhin eine musikalische Gattung, die "Symphonische Dichtung", nicht nur erfunden, sondern auch theoretisch begründet. Und man darf letztlich auch nicht den politischen Kontext vergessen: In der Restaurationszeit, wo die Enttäuschung groß war, was die politischen Ambitionen des Bürgertums anging, flüchtete man sich ins Private und pflegte die Bildung. Gerade das Virtuosentum ist eine hoch komplexe Angelegenheit und wurde schon zu Czernys Zeiten sehr ambivalent beurteilt. Das Bürgertum des Biedermeier war sehr an Seriosität interessiert - was sich eben auch in den Virtuosenprogrammen und ihrem Bemühen um "werktreue" Klassikeraufführungen niederschlug. Das sollte man zumindest zur Kenntnis nehmen, wenn einen schon das 19. Jhd. im Grunde gar nicht interessiert.


    Schöne Grüße

    Holger

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  • Dankenswerter Weise hat die Moderation einige Beiträge gelöscht, die ich vorhin kopfschüttelnd auf der Fahrt auf dem Handy gelesen habe, die sich bei einem Verschreiber von mir aufgehängt haben. Also brauche ich dazu auch nichts mehr zu sagen! :P

  • Hallo,


    für mein Denken ist der Klaviervirtuose aus den privaten Salons heraus entstanden, weniger auf der Konzertbühne.


    Es ist etwas sehr intimes und privates, eine Sache, die sich in einem kleinerem Raum abspielt, wo Solist und Zuhörer sich kennen oder vorgestellt sind.


    Keine Zirkusnummer, ein Musikabend für Liebhaber und Kenner, die das Besondere suchen und erwarten.


    Es grüßt


    Karl

  • Da hier von ihm auch schon die Rede war: So könnte nach noch laufenden jüngeren Forschungen https://www.bach-leipzig.de/de/neutral/wir-%C3%BCber-uns der junge Johann Sebastian Bach ausgesehen haben:




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    Eine seriösere Quelle als einen regionalen BILD-Zeitungsartikel von vorgestern kann ich leider momentan nicht auftreiben.


    https://www.bild.de/regional/l…taboola.free.bild.desktop


    Ich weiß nicht, ob das hier schon allgemein bekannt oder von Interesse ist.


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    Beste Grüße,


    MDM :hello:

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