Dieses Werk, das ich seit meiner Jugend besonders hochschätze, komponierte Mozart im Spätsommer 1779 in Salzburg, nach seiner Rückkehr von einer Paris-Reise, während der ihn die Nachricht vom Tode seiner geliebten Mutter ereilte. Seine depressive Stimmung, sein Schmerz über den Verlust drückt sich deutlich in diesem Werk aus.
Das Orchester ist nur mit Streichern, Oboen und Hörnern besetzt. Gewicht und Umfang des orchestralen Beginns geben dem Werk einen sinfonischen Anstrich. Schon der ausschweifende Beginn "Allegro maestoso" läßt keinen Zweifel daran, daß Mozart kein "unterhaltendes" Werk schreiben wollte, sondern seinen Gefühlen und seiner traurigen Stimmung Ausdruck geben wollte. Geteilte Bratschen und obligat geführte Bläser geben bereits dem Kopfsatz eine dunkle Färbung. Eine Fülle melodischer und kontrastierender Einfälle schafft eine komplexe Textur voller Intensität und zeigt eine ganz erstaunliche Themenvielfalt.
Der zweite Satz, "Andante" überschrieben, steht in c-moll und überrascht mit seiner ausgesprochen tragischen Stimmung. Schmerzliches Aufbegehren verleiht dem Satz ein melancholisches, fast erhabenes Gepräge. Für mich zählt er zu den allerstärksten Eingebungen des Komponisten.
Das Presto-Finale löst dann die Spannung der beiden vorangegangenen Sätze in heitere, fast unbeschwerte Liebenswürdigkeit auf. Bemerkenswert ist in allen Sätzen die Gleichbehandlung der beiden Soloinstrumente, was sich auch in den Kadenzen des 1. und 2. Satzes, die von Mozart selbst eingefügt wurden, klar erkennen läßt.
"Lächeln unter Tränen", das scheint mir eine treffende Bezeichnung für das überaus reichhaltige und reife Werk des knapp 23jährigen Komponisten zu sein.
Natürlich gibt es von dieser "Sinfonia Concertante" eine Fülle von Aufnahmen, die gar nicht alle aufzuzählen sind. Doch ich möchte einige, die sich mir besonders eingeprägt haben, hier vorstellen. Zunächst einmal meine Lieblingsaufnahme:
mit Thomas Brandis (Violine), Giusto Cappone (Viola), Berliner Philharmoniker, Dirigent: Karl Böhm (Aufnahme: 12/1964, Jesus-Christus-Kirche, Berlin).
Selbstverständlich spielen die Solisten Mozarts Original-Kadenzen im 1. und 2. Satz. Von der klangtechnischen Seite ganz abgesehen, handelt es sich hier um eine künstlerisch hochwertige, in allen Belangen "mozartische" Interpretation von bestechender Qualität, wofür nicht zuletzt natürlich Karl Böhm, der "Mozart-Papst", verantwortlich ist.
Weitere hervorragende Einspielungen sind u.a. diese:
Jascha Heifetz (Violine), William Primrose (Viola), RCA Victor Symphony Orchestra, Dirigent: Izler Solomon (Aufnahme: 10/1956, Hollywood).
Arthur Grumiaux (Violine), Arrigo Pelliccia (Viola, London Symphony Orchestra, Dirigent: Sir Colin Davis (Aufnahme: 1963, London).
David & Igor Oistrach, Berliner Philharmoniker, Leitung: David Oistrach (Aufnahme: 1972, Berlin).
Hinter diesem nichtssagenden Cover verbirgt sich eine ganz großartige Aufnahme:
Rafael Druian (Violine), Abraham Skernick (Viola), Cleveland Orchestra, Dirigent: George Szell (Aufnahme: ca. 1965?).
Gidon Kremer (Violine), Kim Kashkashian (Viola), Wiener Philharmoniker, Dirigent: Nikolaus Harnoncourt (Aufnahme: 10/1983, Großer Musikvereinssaal, Wien).
Und, last but not least, noch eine Aufnahme, die vielen als Geheimtip gilt:
David & Igor Oistrach (Violine/Viola), Moskauer Philharmonisches Orchester, Dirigent: Kyrill Kondrashin (Aufnahme: 9/1963, London).
Sie ist vor allem wegen ihrer getragenen Tempi berühmt und begehrt, klanglich ist sie der späteren Aufnahme aus Berlin (DGG) unterlegen, und das Orchester ist auch nicht in der Klasse der Berliner Philharmoniker. Kondrashin hingegen ist als Dirigent glänzend, er begleitet die beiden Oistrachs feinfühlig und behutsam.
Nun bin ich gespannt, welche Erfahrungen andere Taminos mit diesem Werk und seinen Aufnahmen gemacht haben.
LG Nemorino