Paul Abraham - Märchen im Grandhotel

  • Paul Abrahams Operette "Märchen im Grandhotel" gibt es jetzt in voller Länge auf YouTube.


    https://www.youtube.com/watch?v=iUYMZwRQ-Bc/


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    Paul Abrahams Operette „Märchen im Grand Hotel“ erlebte ihre Uraufführung im Jahre 1934 in Wien. 84 Jahre später erklang sie zum ersten Mal in Deutschland. Die Komische Oper Berlin lud zur konzertanten Aufführung und führte damit die Abraham-Renaissance fort, die an dieser Stelle mit der legendären Aufführung von „Ball im Savoy“ ins Rollen gebracht worden war. Sie hören hier die Übertragung von Deutschlandfunk Kultur an Silvester 2017. Inzwischen hat das Staatstheater Mainz diese Operette auch szenisch auf die Bühne gebracht.

    :)Uwe

  • Hier noch einige Hintergrundinformationen:


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    Im Hotel treffen die unterschiedlichsten Menschen aufeinander. Auch im Grand-Hotel Palace in Cannes: Hier ist die aus ihrem Land vertriebene spanische Infantin Isabella samt ihrem Gefolge abgestiegen, darunter ihr Verlobter, Prinz Andreas. Auf der Suche nach neuen Filmstoffen mit echten europäischen Adligen hat es Marylou, die Tochter des Filmproduzenten Sam Makintosh, an die Côte d’Azur verschlagen. Um diese und andere Gäste kümmert sich der tollpatschige Kellner Albert, ganz besonders jedoch um die Infantin, in die er sich Hals über Kopf verknallt hat. Ein Kellner ist freilich alles andere als ein heiratsfähiger Kandidat für eine spanische Infantin, selbst wenn sich schließlich herausstellt, dass Albert in Wahrheit der Sohn des noblen Hotelbesitzers Chamoix ist. Für Marylou bietet aber Alberts unglückliche Liebe allemal einen guten Stoff für einen neuen Film – zu dem sie selbst gerne eine Affäre mit Prinz Andreas beisteuert …


    Wie bei seinem Ball im Savoy bietet Abrahams brillant orchestrierte Partitur von Märchen im Grand-Hotel einen bunten Mix aus Walzer, Tango, Jazz und ungarischem Kolorit. Die 1934 in Wien uraufgeführte Operette ist eine vergnügliche Mischung aus Hollywood, Hochadel und Hotelambiente und spielt lustvoll mit den Klischees des Genres. Clivia trifft Im Weißen Rößl auf Die lustige Witwe!

  • Mit seiner phänomenalen Inszenierung von „Ball in Savoy“ im Jahre 2017 hatte der Intendant der Komischen Oper Berlin, Barry Kosky, eine Paul Abraham Renaissance angestoßen; jetzt hat er nochmals nachgelegt und mit der halb konzertanten Aufführung von „Märchen im Grand Hotel“ einen regelrechten Hype erzeugt. Es folgten sehr rasch szenische Aufführungen, zuerst in Mainz 2018, dann 2019 in Luzern und Hannover und ab 02.05.2020 folgt die Staatsoper Hamburg.


    Liest man die Kritiken der einzelnen Aufführungen so fällt auf, dass diese in ihrer Auffassung des Werkes doch erheblich voneinander abweichen – da kommt es doch wohl sehr auf die Regisseure an. In Mainz wird bemängelt, dass dort mehr Wert auf Kokolores (Mainzerisch für Possenhaftes) als etwa auf Satire gelegt wurde, Hannover glänzt durch zusätzlich eingelegte Tanzszenen und konzentriert sich mehr auf den Wortwitz und Luzern erfindet gar eine eigene Rahmenhandlung. Es wird kein Hollywood Film mehr gedreht sondern das Hotel in der Schweiz (nicht in Cannes) dreht einen eigenen PR Film.


    Auch die musikalische Umsetzung dürfte nicht einheitlich sein. Das liegt daran, dass der Komponist keine endgültig verbindliche Partitur erstellt hat und somit jede Produktion sein eigenes Arrangement erstellen kann oder muss.


    Ich habe mir die konzertante Aufführung auf YouTube angehört (ist ja nur eine bebilderte Audioaufnahme) und frage mich, ob der Hype um diese Operette tatsächlich zu einer nachhaltigen Wiederbelebung führt bzw. ob er überhaupt gerechtfertigt ist. In etwa ist dieses Werk, sowohl vom Sujet als auch von der musikalischen Substanz mit dem „Ball im Savoy“ vergleichbar. Dazu muss man wissen, dass letztere Operette von den drei rasch aneinandergereihten Welterfolgen Paul Abrahams schon der etwas schwächere war. Die einzelnen Titel waren nicht mehr so zwingende Ohrwürmer wie bei den beiden Vorläufern („Viktoria und ihr Husar“, „Blume von Hawai“). Lange Zeit waren eigentlich nur „Toujour l’amour“ und „Es ist so schön am Abend bummeln zu gehen“ bekannt. Und beim „Märchen im Grand Hotel“ merkt man, dass die Titel wieder ähnliches anstreben, insgesamt aber noch etwas weniger zwingend sind. Der eine oder andere Titel hat zwar durchaus auch Hitcharakter, wie etwa der Tango „Die schönste Rose“ oder „Ich weiß mon ami ein Mann so wie Sie“, der etwas an Toujour l‘amour“ erinnern soll. Der Eingangstitel „Ich brauch jetzt was Pikantes“ gehört auch in diese Kategorie, dafür wird er aber auch das ganze Stück über ständig wiederholt. Viele Titel sind dagegen durchschnittlicher Natur oder liegen nur leicht darüber.


    Was mich an diesem Stück, wie auch an anderen Abraham Operetten wieder besonders stört, sind die ständigen Wiederholungen, die nicht nur in den Finales sondern auch sonst bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit vorkommen. Da sollen einem die „Hits“ mit dem Holzhammer eingeprägt werden. Die konzertante Aufführung hat Musik für gerade mal eine Stunde (bei klassischen Operetten kommt man ca. auf 1 ½ Stunden). Zieht man die Reminiszenzen ab, bleiben vielleicht gerade noch 45 Minuten an neuen Titeln.


    Die von mir gelesenen Kritiken befassen sich merkwürdigerweise, wenn überhaupt, nur am Rande mit Abrahams Musik. Hier einige Beispiele:


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    Zwar zündet keiner der Schlager beim ersten Hören, aber beim zweiten Mal gehen die Melodien ins Ohr und zu Herzen. Der rhythmische Reiz der Modetänze lässt nicht kalt – ob mit Bravour quick gesteppt wird oder beim Tango die falsche Träne glitzert.

    (Werner Häußner, online-merker, zur Aufführung in Mainz)

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    Charleston, Quickstep, Tango, Walzer und Jazz bilden, nebst ungarischem Kolorit, die musikalische Basis des jüdisch-ungarischen Komponisten Paul Abraham…

    Die musikalische Substanz der Nummern erreicht bestenfalls als Running Gag des als Filmproduzent köstlichen Philipp Maierhöfer eine gewisse Form von Ohrwurm-Qualität.

    (Peter P. Pachl, nmz zur konzertanten Aufführung in Berlin)

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    Regisseur Huber hat nicht nur die Dialoge auf Hochglanz getrimmt, er hat auch zusätzliche Steppszenen eingebaut, die in dem Stück ohnehin eine wichtige Rollen spielen, und dafür gesorgt, dass die vom Komponisten nicht endgültig festgelegte Orchestrierung der oft jazzigen Musik eine Frischzellenkur bekommt.

    (Hannoversche Allgemeine zur Aufführung in Hannover)

    Es ist sicherlich richtig, dass die Operette, wenn man sie auf der Bühne erlebt, durch raffinierte Kulissen, quirlige Tanzeinlagen, lustige Dialoge etc. gewinnt. Andererseits kann man sich durch das reine Hören davon nicht blenden lassen und erkennt die wahre musikalische Substanz.


    Uwe