Kennt Ihr das? Man hört Instrumentalmusik, die einfach perfekt phrasiert und artikuliert und unfassbar schön gespielt ist. Dynamik, Tremolo, Einschwingvorgang, Ausschwingen des Tons, Anschwellen, Abschwellen, - alles perfekt und durchdacht und nichts dem Zufall überlassen. Die Möglichkeiten des jeweiligen Instruments in ungeahnter Weise ausgereizt. Musik von Göttern für Götter. - Doch dann schleicht sich der Gedanke ein: hier fehlt doch was!
Der eigentliche Charakter des Stücks kommt zu kurz, weil sich der Interpret zu sehr an seinen außerordentlichen Fähigkeiten berauscht, weil er jede einzelne Note oder den Zusammenhang jeder Phrase so unglaublich feinsinnig herausarbeitet, sich dabei aber alle Zeit der Welt lässt und sich narzisstisch in dem göttlichen Klang seiner Kunst suhlt. Ein im Prinzip unglaubliches Kunst- und Klangereignis - aber kann es gerechtfertigt sein, etwa den Sturm-und-Drang-Charakter eines Stücks zu opfern, indem ich es einfach zu schön und hochferfeinert spiele?
Beispiele? (wie: X spielt den Kopfsatz von Opus Y zwar mit einer zum niederknien göttlichen Anschlagstechnik und einem unfassbaren Schattierungsreichtum und und und, verliert sich aber darin völlig (je ausgefeilter die Spieltechnik/Kunst desto eher wird sie zum Selbstzweck?) und trifft den Charakter des Stücks nicht).