Bericht zum Konzert des Chorus Musicus Köln und des Neuen Orchesters unter Leitung von Christoph Spering am 5. 1. 2020 in der Kölner Philharmonie, 20.00 Uhr

  • Beethovenkonzert am 5. 1. 2020 in der Kölner Philharmonie, 20.00 Uhr


    Programm:


    Meeres Stille und Glückliche Fahrt, Kantate op 112. nach zwei Gedichten von Goethe,

    Sinfonie Nr. 5-c-moll op. 67

    Pause

    Auftritt Konrad Beikircher

    Fantasie für Klavier, Chor und Orchester c-moll op. 80

    Auftritt Konrad Beikircher

    Finale aus der Sinfonie Nr. 9 d-moll op. 125


    Yeree Suh, Sopran

    Marion Eckstein, Alt

    Dominik Wortig, Tenor

    Raimund Nolte, Bass


    Chorus Musicus Köln

    Das Neue Orchester

    Sebastian Wienand, Hammerflügel (Conrad Graf, Wien)

    Dirigent: Christoph Spering


    Dies war nach dem Bonner "Fidelio" vom Neujahrstage das zweite reine Beethovenprogramm in diesem Jahr, auch in der Reihe "BTHVN 2020" stehend.

    Das Programm war gegenüber der Vorankündigung etwas umgestellt worden. Die ursprünglich vorgesehene Ouvertüre zu Egmont op. 84 war gestrichen und stattdessen war als "Besonderer Gast" der gebürtige Brunecker Kabarettist, Musiker und Autor Konrad Beikircher, Onkel des Dirigenten Lukas Beikircher, eingeladen, der an zwei Stellen des Programms in humorvoller und fachlich gekonnter Form nach einigen Ausführungen zu seiner Vita sich über Stücke des Programms äußerste und sozusagen ergänzende Informationen lieferte. Insofern war das erweiterte Programm trotzdem aus einem Guss, da er nach der Pause vor der Chorfantasie und nach der Chorfantasie auftrat.

    Wie vorgesehen, begann das Programm mit Goethe/Beethoven und endete mit Schiller/Beethoven, welch ein umfassender Bogen.


    Die Kantate Meeres Stille und Glückliche Fahrt gehört zu meinen bevorzugten Chorwerke und wird m. E. viel zu selten aufgeführt. Ich habe sie jedenfalls zum ersten Mal in Köln vernommen.

    Der Chor, der mich schon am 24. 11. 2019 mit Mozarts Requiem und Beethovens Messe in C-dur op. 86 begeistert hatte, ebenso wie in zahlreichen Konzerten in der Vergangenheit, arbeitete auch dieses Mal die in dem Werk extremen dynamischen aber auch temporalen Kontraste sowie die rhythmischen Eigenheiten des Werkes sehr gekonnt heraus, und ein weiteres Mal war seine hervorragende Textverständlichkeit zu loben.

    Die Besetzung war gestern noch größer als bei dem vorher erwähnten Chorkonzert: 16 Soprane, 15 Altistinnen, 13 Tenöre und 13 Bässe, also eine zahlenmäßig weitgehende Ausgeglichenheit, und bei der Aufstellung des Chores hinter dem Orchester (Deutsche Aufstellung) von links Sopran, Tenor, Bass, Alt, konnte sich auch der Alt, der sonst manchmal auch bei anderen Konzerten anderer Chöre Durchsetzungsschwierigkeiten hat, hier durchaus in Szene setzen.

    Auch das Neue Orchester war entsprechend dimensioniert: 9 erste Geigen, 7 zweite Geigen, 5 Bratschen, 5 Celli und 3 Kontrabässe, 3 Flöten zwei Oboen, 2 Klarinetten, 3 Fagotti, 4 Hörner, 3 Posaunen, 2 Trompeten, Pauken , große Trommel, Becken und Triangel.

    Bei dieser Besetzung ist natürlich das Klangbild etwas bläserlastig, doch die durchaus kraftvoll gegen den Strich spielenden Streicher wussten sich durchaus Gehör zu verschaffen.


    Dies galt auch für den zweiten Punkt des Programms, Beethovens "Fünfte". Spering gehört ja durchaus zu "hurtigen" Beethoven-Dirigenten, aber auch zu denjenigen, der den Sprengstoff, den eine Fünfte enthält, schonungslos offenlegt.

    Für mich war interessant, wie er mit den Wiederholungen umging. Da ich keine Partitur von der Fünften habe, meine ich gehört zu haben, dass er im Kopfsatz die Exposition wiederholt, im Scherzo jedoch nicht (wie die meisten Dirigenten), im Gegensatz z. B. zu dem ebenfalls vom Originalklang herkommenden Harnoncourt, und im Finale auch wiederholte.

    Das Finale ist nur ein Stück von so triumphalen Impetus, das hier m. E. ebenso, wie Joachim Kaiser es für die Siebte konzedierte, gelten sollte, dass der Schlussbeifall "einkomponiert sei.

    Begeisterung und Schlussbeifall waren jedenfalls riesig, obwohl die Philharmonie beileibe nicht voll besetzt war.

    Nach der Pause trat dann Konrad Beikircher auf und blickte noch einmal auf die Fünfte und ihre Bedeutung zurück als "wahrscheinlich bekanntestes Werk der Klassik" wie der Kölner sagte, "överhaupt" und hob dann die (nicht nur für ihn) große Bedeutung der Choralfantasie hervor, in der Beethoven eine Synthese von Soloklavier, Chor (mit Solistenquartett) und Orchester wagte und ihm dies auch hervorragend gelang.

    Danach erklang die Chorfantasie, in der ich auf den Klang des Graf-Flügels gespannt war, weil ich ihn von Schubert-Konzerten mit Andras Schiff schon bestens in Erinnerung hatte. Aber wie würde er sich in diesem Werk schlagen? Er schlug sich gut. Der Pianist Sebastian Wienand, den ich zuvor noch nie gehört hatte, auch seinen Namen nicht, erwies ich als hochvirtuoser Meister seines Fachs und strich so einen Vorteil des Vorteil des Hammerflügels vor allem in den solistischen Passagen heraus. Auf ihm kann man viel schneller spielen, und alle Töne sind in diesem höheren Tempo deutlich vernehmbar. Und das hier in Köln verwendete Instrument, das in der Pause noch einmal durchgestimmt wurde, klang m. E. auch vorzüglich.

    Auch hier wie schon zuvor im Auftaktwerk konnte der Chor seine große Klasse und Standfestigkeit erneut unter Beweis stellen. Es gibt am Ende des Chores, quasi als kleine Coda, die jedoch zweimal wiederholt wird, einen langen Fortissimobogen, auf dem noch zusätzlich ein Crescendo gesungen wird, dass mühelos "fortefortissimo" ist. Trotz dieser enormen Dynamik ist das m. E. noch reines Singen.

    Nach der Chorfantasie trat Beikircher noch einmal auf, sicherlich ein kluger Schachzug, um den Chor durchatmen zu lassen und leitete zur Neunten bzw. zu ihrem Chorfinale und Schillers "Ode an die Freude" über, auch wieder mit äußerst launigen Worten und der humorvoll dankbaren Einlassung, das Beethoven Gottseidank nicht alle Verse der Ode vertont habe. In der ersten Fassung von 1785 hatte die Ode 108 Zeilen!!

    Im Schlusssatz der Neunten ist Spering auch flott unterwegs, gestern ca. 21 bis 22 Minuten. Es gibt auch Dirigenten, die 27 und mehr Minuten brauchen.

    Chor und Orchester, nun mit den Solisten über 110 Musiker, spielten bzw. sangen auf dem gleichen hohen Niveau weiter wie schon zuvor.

    Hinzu kamen die o. a. Sopranistin Yeree Suh, die Altistin Marion Eckstein sowie der Tenor Dominik Wortig und der Bass Sebastian Wienand.

    Hier konnte ich, wie schon zuvor etliche Male die augenzwinkernde Feststellung machen, zuletzt am 8. November in Köln, als Marek Janowski die Neunte dirigierte, dass der Tenor einen erheblich breiteren Schatten warf als der Bass, was aber der tenoralen Stimmen keinen Schaden zufügte, sondern ganz im Gegenteil.

    Sowohl der Bass Raimund Nolte mit seiner beweglichen auch in der Tiefe sicheren Stimme als auch der (eigentlich als Ersatz angetretene) Tenor Dominik Wortig bewältigten ihre Partie mit Bravur, ebenso wie die Sopranistin Yeree Suh und ihre deutsche Kollegin Marion Eckstein.

    Für diesen gewaltigen Schlussakkord des Chorfinales der Neunten, wie für den ganzen harmonisch verlaufenen Beethovenabend waren Standing Ovations für alle Mitwirkenden am Schluss der überaus verdiente Lohn.


    Liebe Grüße


    Willi:thumbup::thumbup::thumbup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).