Dr. Pingel´s Musiktheater im Revier

  • Natürlich ist dieser Titel abgekupfert; mein Dr. ist ja auch nicht echt. Aber das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen ist schon seit Jahrzehnten mein Stammhaus; da bin ich auch im Förderverein. Das MIR (so wird es abgekürzt) glänzt seit Jahren mit Opern, die sonst selten gespielt werden, schöne Ausgrabungen, ein inzwischen richtig gutes Orchester, vor allem aber ein gutes, festes Ensemble, das immer wieder große Sänger hervorbringt (z.B. Torsten Kerl, Mario Brell). Am liebsten sind mir die jungen Sänger und Sängerinnen aus dem Opernstudio, vor allem die Sopranistinnen. Sie werden hier behutsam an größere Rollen herangeführt. Das Theater ist wunderschön, überall sieht und hört man gut, allerdings ist der dritte Rang überflüssig; das hatte schon Rodolfo bemerkt. Die Preise sind zivil, das Personal im Haus ist eigenes Stammpersonal. Es gibt auch ein Kleines Haus, das früher regelmäßig bespielt wurde mit Kammeropern. Dort habe ich z.B. gesehen: "Der Leuchtturm" (P.M.Davies), "Lenz" (Rihm), "Der Bär" (Walton).

    In meinem Bericht über Boris Godunow in Krefeld habe ich mich ja zur deutschen Provinzoper (Düsseldorf und Essen gehören nicht direkt dazu) bekannt. Das wird hier fortgesetzt. Die Orte sind: Düsseldorf + Duisburg (Deutsche Oper am Rhein), Krefeld/Mönchengladbach (die können auch andre Sachen als Fußball; dieses Theater ist ein gutes altes Dreispartenhaus), Wuppertal, Hagen, Essen, Dortmund, Gelsenkirchen, Dortmund. Münster, eine Stadt, die ich im Studium gut kennengelernt habe, gehört auch dazu. In den Sechzigern gab es dort schon Opern wie Mathis der Maler, Die Ausflüge des Herrn Broucek, Katja Kabanowa usw.

    Gebt Bier den Unglücklichen und Wein den betrübten Seelen, dass sie trinken und ihre Armut vergessen (Sprüche 31,6f.)

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  • Die erste Oper, über die ich aber bereits berichtet habe, ist Boris Godunow in Krefeld. Zu diesem Bericht gab es einige Ergänzungen und Kommentare. Dazu bitte ich, den Bericht hier im Forum nachzusehen, damit wir "Umsiedeln" vermeiden. Zu finden in der Rubrik "Gestern in der Oper).

    Der nächste Beitrag hier wird ein Bericht über die konzertante Aufführung von Händels Orlando am Sonntag in der Essener Philharmonie sein.

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  • Wie crazy war Orlando? Händel komponiert es.


    Die Vorlage

    Orlando furioso war eines jener berühmten "Lieder", die in frühen Jahrhunderten um sich griffen und heute praktisch nicht mehr gelesen werden. Wir haben das Nibelungenlied noch im Deutschunterricht gelesen und auch die schönsten Gedichte von Walther von der Vogelweide. Dessen ich saz uf eime steine/ und dachte bein mit beine (wobei dachte decken und nicht denken heißt) habe ich in der Abiprüfung aufgesagt (auswendig! Bis auf den Schluss kann ich das bis heute!); danach folgte eine Prüfung über das Glasperlenspiel von Hesse, ein Buch, nachdem es mich nie wieder gelüstete. Auch andere Lieder sind ja als Oper genießbarer, etwa Parsifal.

    Auch Ariosts (1474-1533) Orlando furioso ist als Opernstoff genießbarer. Es gibt einen kurzen Dialog zweier französischer Schriftsteller (der eine war André Gide), wo der eine denn anderen fragt: Gibt es etwas Langweiligeres als die Ilias? Der andere: Ja, das Rolandslied!

    Die Oper

    Orlando wurde 1732 in London uraufgeführt, mit großem Erfolg. In der Tat, es ist eine der perfekten Opern von Haydn. Sie ist in italienisch, mit deutschen Übertiteln. Worum es jeweils ging, hatte man schnell verstanden: Liebe, Trennung, Schmerz und Wahn. Und das drei Stunden lang. Eine halbszenische Aufführung wie in Essen ist eine sehr gute Lösung, weil Text und Bühne doch für uns eine arge Zumutung sind. Dazu kommt natürlich aus die Arienform ABA, mit der Händel uns nicht aus den Klauen lässt. Von der wunderbaren Händel-Oper Partenope habe ich mir eine Pingel-Fassung gemacht: keine Rezitative, Arien nur in AB. Allerdings hatte ich die ganze Oper vorher schon 30x gehört; dann darf man das.

    Musikalisch ist Orlando natürlich ein Hochgenuss; was ich bei Händel immer vermisse, sind mehr Duette oder Ensembles. Das konnte er nämlich exzeptionell gut, was der Schluss mit allen Musikern bewies.

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  • (Orlando Fortsetzung)

    Die Musiker

    Das kleine Orchester Il Pomo d´Oro (benannt nach der Oper Il pomo d´oro von Cesti, 1666) war unter seinem regulären russischen Dirigenten Maxim Emelyanychew schon im Jahr 2018 in Essen zu Gast, mit einer grandiosen Aufführung von Händels Serse. Der Dirigent diesmal (vom Cembalo aus), nicht minder kompetent, war Francesco Corti. Max Emanuel Cencic sang den Orlando, ein fabelhafter Counter. Die übrigen Solisten standen dem nicht nach. Für mich war es bezaubernd, drei meiner Lieblingssoprane in einem halben Jahr erlebt zu haben: Dorthee Mields in Herne, Hana Blazikova in Duisburg, jetzt Nuria Rial im Orlando.

    Die Hörer

    Der Saal war sehr gut besetzt, wie zuletzt, als die King´s Singers hier waren. Ich hatte von einem Ehepaar eine überzählige Karte an der Kasse erstanden; sie war für einen Platz in Reihe 2. Schon bald stellte ich fest, dass man den Sängern zu nah ist. Außerdem hatte der Solocellist für das Continuo wohl die Anweisung, sein Cello am Schluss zersägt zu haben. Der entscheidende Grund war der, dass mir der Gesamtklang fehlte. Das war dann weiter oben behoben, vor allem, weil die Akustik in der Essener Philharmonie legendär ist.

    Am Schluss sprangen alle auf und es gab langen lauten Beifall.

    Hinweis

    Ich verzichte hier auf die Verlinkung zu verschiedenen Aufnahmen; amazon hat hier die größte Auswahl. Ich kann mir vorstellen, dass die Aufnahmen mit Les arts florissants unter William Christie die empfehlenswertesten sind.

    Eine sehr gute und ausführliche Kritik der Aufführung kann man beim Online-Musik-Magazin nachlesen: http://www.omm.de.

    Mit Fahrt, Karte, Programm und einem kleinen Bier war das Weltklasse für weniger als 40 €.

    Zur gleichen Zeit dieses Orlando hier in Essen, gab es einen zweiten, nämlich die Premiere von Haydns Orlando Paladino im MIR in Gelsenkirchen. Auch dieser Orlando wird hier demnächst erscheinen.

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  • Elektra (Salzburger Festspiele 2020)


    Da es für mich keine Live-Oper gibt, steige ich um auf Home Office.

    Gestern war "Elektra" dran. Es ging los mit einem déjà vu: die Oper begann nicht mit Musik, sondern einer dramatischen Rezitation der Klytämnestra (wieder wurde mir klar, warum ich Lust nur auf Oper habe, nicht aber auf Theater). Ich nenne das die "Marthalerisierung der Oper", weil Marthaler das mit der "Sache Makropulos" so gemacht hat. Eine Oper mit aufgekitschten Texten statt einer grandiosen Musik zu beginnen, ist ein Kunstverbrechen. Hier muss ich auch den Dirigenten, Franz Welser-Möst, tadeln. Er ist doch der Berühmtere und kann sagen, dass vor der Musik nichts kommt. Den Text kann ich nicht beurteilen, weil ich erst den Ton eingeschaltet habe, als die Musik losging. (Nachträglich habe ich in einer Kritik gelesen, dass Klytämnestra hier den Mord an Agamemnon erzählt).

    Ich wollte erst abschalten, bin aber dann doch hängengeblieben - und habe es nicht bereut. Endlich mal wieder ein gewaltiges, toll aufspielendes Orchester. Das ist ja auch ein Kennzeichen der Janacekschen Opern, dass das Orchester eine so wichtige Rolle spielt. Für Salomé wusste ich das, aber in meinem Kopf spukte "Elektra" nur als überdrehtes Stück mit endloser Länge herum. Das glaube ich jetzt nicht mehr, was hier natürlich auch an den Ausführenden lag. Drei Frauenstimmen mit ungeheurer Kraft und Präzision in drei mörderischen Partien; ich kannte keine einzige, aber selten habe ich so eine Rollenkonformität erlebt wie hier. Besonders "Chrysothemis" hatte ich in Erinnerung als "Weichei", wenn ich mal so salopp sagen darf. Nichts davon hier; überwältigend der Dialog der Schwestern am Anfang, großartig auch die Ausrufe der Elektra ("Agamemnon" am Anfang, "Orest" am Schluss).

    Was die Regie betrifft: sie hatte das Geschehen doppelt angelegt, vorne die Schwestern, im hinteren Teil das, was am Hof im Hintergrund spielt. Das konnte man als Fernsehzuschauer nicht so richtig mitbekommen. Das machte auch nichts, denn die Frauen auf der Vorderbühne spielten grandios, da muss man den Regisseur loben, vor allem, da es kein Regietheater war und auch der Regisseur das Statuarische nicht scheute.

    Leider gab es doch einen sehr erheblichen RT-Effekt, nämlich in der Person des Orest. Der Name "Orest" ist von Strauss gewaltig auskomponiert worden, von daher ist klar, dass er eine Hauptperson ist, auch wenn er nicht viel zu singen hat.

    Ich wollte nicht glauben, was die Macher aus der Figur des Orest gemacht hatten. In der Erscheinung erinnerte er mich sofort an Diether Krebs als "Martin". Eine schlabbrige Jogginghose, dann ein besonders hässlicher Norwegerpullover. In der letzten Szene wandert er zwischen Bühne und Orchester von einer Seite zur anderen, ach was, er tapert und das mit einem debilen Grinsen.

    Ich hätte mich nicht gewundert, wenn er in der Mitte noch mit einem Brei gefüttert worden wäre. Orest als Volltrottel, gab es das schon mal? Zum Glück nahm die Oper nach seinem Erscheinen noch einmal Fahrt auf.

    Wenn man den "Orest" abzieht, war das meine spannendste Oper in den letzten Jahren ohne irgendeine Gedanken an die Fernbedienung.

    P.S. Die beiden Sängerinnen der Schwestern stammen aus Litauen.

    P.S.2: Ein richtiger Könner hat die Untertitel erstellt, die auch wirklich parallel und zur rechten Zeit sichtbar wurden.

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  • "Ich kenne dich, Josquin, lass deine Hand..." Szene der Alten Meister - Pfitzner Palestrina


    Es mag jetzt ganz unwissenschaftlich sein, aber ich finde, dass in den großen mehrstimmigen Szenen der nachbarocken Oper die Polyphonie nachklingt. Der größte Meister dieser Ensembles war für mich Mozart. In allen drei da-Ponte-Opern finden sich die wundervollsten Szenen für Ensemble. Auch wenn ich manche Arien von Mozart nicht mehr so gerne höre, weil ich sie so oft gehört habe: die Ensembles sind immer frisch. Besonders bei der Gastmahlszene im Don Giovanni kann ich nicht begreifen, wie ein Mensch so etwas Grandioses komponieren kann. Allerdings braucht es auch drei Spitzenbässe, wie sie etwa Otto Klemperer hatte.

    Eine andere solche Szene findet sich in Pfitzners Palestrina. Die Kubelik-Aufnahme erschien 1973 als Platte und kostete 100 Mark. Dann endlich gab es die CD, nachdem ich für die Platten schon 300,-- ausgegeben hatte. Bis heute kann ich große Teile der Oper mitsingen.

    Im ersten Akt befiehlt der Kardinal Borromeo dem Komponisten Palestrina (von Nicolai Gedda gesungen), eine Mustermesse zu schreiben, die sowohl dem kirchlichen Gebrauch (fromm und textverständlich) als auch der modernen Musik der Polyphonie verpflichtet ist, damit die Kirchenmusik nicht zur Gregorianik zurück muss. Als Palestrina sich weigert, weil er vor allem nach dem Tod seiner Frau Lucrezia jeden Lebensmut verloren hat, wird er vom Kardinal bedroht. Allein klagt er seine Not und Einsamkeit, als der Reihe nach neun verstorbene Meister der Musik erscheinen, wie etwa Josquin und Heinrich Isaac ("tedesc' Enrico nannt' ich dich so gern"). Sie trösten ihn, aber weisen ihn darauf hin, dass er als Musiker seine Pflicht tun muss und sein Werk vollenden ("dein Erdenpensum ist noch nicht getan").

    Für diese Szene und den 2. Akt braucht man einige hochkarätige Tenöre, besonders aber Baritone und Bässe.



    Bei Kubelik trifft sich hier eine ganze prominente Sängerriege: John van Kesteren, Friedrich Lenz und Adalbert Kraus (Tenor),

    Gerd Nienstedt, Theodor Nicolai (Bariton), Franz Mazura, Peter Meven, Victor von Halem und Karl Ridderbusch (Bass). Im 2. Akt, dem Konzilsakt, kommen noch weitere hinzu, wie etwa Hermann Prey.

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  • "Wie einst im himmlischen Zion"


    Richtige Arien gibt es im "Palestrina" eigentlich nicht, es sind eher Solo-Szenen. Davon gibt wenige, die aber alle keinen Konzertschluss haben.

    Im dritten Akt ist die "Missa Papae Marcelli" dann mit Erfolg aufgeführt worden und Palestrina aus der Erzwingungshaft frei gekommen. Der Papst persönlich erscheint in Palestrinas Haus und singt diese wunderschöne kleine Szene, die mit dem Bass von Karl Ridderbusch adäquat besetzt ist (Gottlob Frick singt das auch sehr gut, aber die Aufnahmetechnik ist nicht zufriedenstellend).

    Diese Arie kann ich sogar "ohne alles" singen, allerdings bis auf den letzten Ton, der doch sehr tief ist.

    "Bis an dein Ende bleibe bei mir, Fürst der Musik aller Zeiten, dem Papste Diener und Sohn!"



    Die richtige "Missa Papae Marcelli" ist meine erste Bekanntschaft (durch Singen) von großer Polyphonie. Eine Messe, die mit den einzelnen Messteilen immer komplexer und klangschöner wird und mit dem 2. "Agnus Dei" einen Punkt erreicht, in dem man es bedauert, dass das Stück hier aufhört. Zum ersten Mal in meinem Chorleben fing ich an, auch lange Proben zu lieben, hier etwa fast 3 Stunden.

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  • L´histoire du soldat (1917)


    Diese kleine Oper kenne ich schon lange, habe sie aber noch nie live gesehen, allerdings auch nicht auf irgendeinem Spielplan. 1917 war Strawinski in der Schweiz im Exil. Gemeinsam mit dem Dichter Ramuz plante er, mit einem kleinen Wandertheater durch die Schweiz zu ziehen, mit dem Text des Stückes von Ramuz. Aus diesem Plan wurde nichts, sodass Strawinski die Musik für andere Ensembles bearbeitete.

    Die Geschichte erzählt von einem Soldaten, der einen Pakt mit dem Teufel macht, indem er dem Teufel seine Geige gibt, dieser ihm ein Buch, das dem Soldaten zu Reichtum verhilft. Er ist aber ohne seine Geige nicht glücklich, bekommt sie auch wieder und heilt mit seinem Spiel die kranke Prinzessin, die er heiratet. Seine Heimat darf er nicht mehr betreten. Er tut es trotzdem, und der Teufel erwartet ihn schon. Wie es ausgeht, bleibt offen.

    Es gibt verschiedene Fassungen von diesem Werk.

    1. Kleine Oper: 7 Instrumente, Erzähler, 3 Darsteller (Soldat, Teufel, Prinzessin; sie ist eine Tänzerin)

    2. Kammermusik: 7 Instrumente, ein Erzähler

    3. Eine reine Suite für Geige, Klarinette und Klavier.


    Bei YouTube gibt es von allen Fassungen endlos viele Aufnahmen. Ich habe mich für eine holländische Fassung entschieden (Sprache niederländisch), weil sie musikalisch ein hohes Niveau hat, nicht zuletzt durch Janine Jansen (Violine).


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  • Dido und Aeneas - Purcell


    Diese einzige "richtige" Oper von Purcell schildert die Liebe von Aeneas und Dido in Karthago. Aeneas ist der einzige Überlebende von Troja; auf seinen langen Irrfahrten kommt er nach Karthago, wo sich Aeneas und Dido ineinander verlieben. Auf Befehl der Götter verlässt Aeneas Dido und segelt nach Rom, um diese Stadt zu gründen. Vom Meer aus sieht er den Scheiterhaufen brennen, in dem Dido liegt, nachdem sie sich mit einem Schwert, einem Geschenk des Aeneas, selbst getötet hat. Diese Geschichte beruht vor allem auf der Aeneis des Vergil, die man auch als Gründungssage der Stadt Rom verstehen kann.

    In Henry Purcells Oper, vor allem in der hier zitierten Aufnahme, vergiftet sich Dido. Ihr Todesgesang ist eine der ergreifendsten Klagen in der Alten Musik: When I am laid in Earth.

    Bei YouTube finden sich besonders viele Aufnahmen mit Andreas Scholl. Hier habe ich aber als Dido keinen Counter im Kopf, sondern eine Sopranistin. Emma Kirkby singt die Arie sehr schön, aber eigentlich zu schön. Daher habe ich eine reale Darstellung aus einer abgefilmten Oper gewählt.

    Es singt Malena Ernman oder Emman (es gibt beide Schreibweisen). Mit dieser Sängerin hat es eine bestimmte Bewandtnis, die ihr hier im Schreibtisch unter den "Miniaturen" nachlesen könnt (Nr. 74).



    Meine Lieblingsoper des Dido-Stoffs ist übrigens Cavallis "La Didone", in der sich Dido nicht umbringt, denn man war damals auf ein "lieto fine" aus. Sie heiratet einen König.

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  • Die Bescheidenheit der Deutschen Oper am Rhein


    Ein schönes Stück Selbstironie fand sich im letzten Newsletter aus Düsseldorf (fett ist auch im Original so).

    Es sei uns in der Vorankündigung eine ordentliche Portion Enthusiasmus gestattet. Morgen beispielsweise ist unsere großartige Adela Zaharia mit einem herausragenden Ensemble und den fantastischen Düsseldorfer Symphonikern unter der Leitung des fulminanten Antonino Fugliani in einer der zu Recht berühmtesten Opern der Welt zu erleben. Wir freuen uns auf die Wiederaufnahme von Verdis Meisterwerk "La Traviata". Und unser hin- und mitreißendes Ballett am Rhein probt derweil für seine nächste aufregende Premiere. Der wunderbare Doppelabend "I am a problem" steht ab 28. Januar auf dem Spielplan.

    (Da hoffen wir doch, dass beides nicht "mördermäßig" in die Hose geht).

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  • Die schärfsten Kritiker der Elche....

    Parsifal 2013 in Salzburg


    Dies ist ein wenig OFF Topic, da ich die Oper weder live noch auf DVD noch bei YouTube gesehen habe. Es geht hier mehr um den Vorwurf, ich hätte erfunden, dass Johan Botha den Parsifal nur gesungen, ein Tänzer ihn gespielt habe. Mir wurde vorgeworfen, dass niemand die entsprechende Szene finden konnte. Nun, ich habe gegoogelt und innerhalb einer Minute hatte ich das, was ich suchte. Außerdem gibt es das Werk als DVD.

    Ich siedele den Beitrag hier an, weil er umfangreicher sein wird und ich das Hauptthema nicht noch mehr überfrachten. Dort findet sich der große "Angriff" von Melomane und ein Hinweis von mir auf den Beitrag hier. Dort kann auch kommentiert werden, hier nicht.

    1. Meine Behauptung war, dass Botha nur gesungen hat und von einem Tänzer auf der Bühne gedoubelt wurde. Diese Behauptung wurde als Lüge bezeichnet. Eine Lüge bedeutet Vorsatz, dies war ein Irrtum, und ein besonders fruchtbarer, wie sich noch zeigen wird.

    2. Meine Hauptthese legte nicht so sehr Wert auf das Double (der Tänzer), sondern auf die Tatsache, dass Botha nicht spielte, weil er nicht konnte. Nun, die einhellige Meinung der Kritik ist tatsächlich die, dass er auf der Bühne spielte, es aber nicht konnte. Das ist die Pointe, um die es mir geht.

    3. Die Musik bleibt außen vor, an Johann Bothas Gesang habe ich nie etwas kritisiert.

    4. Pressezitate:

    -"Auf der Bühne tummelte sich derweil eine seltsame Gesellschaft... zwei männliche Muskeljungs, die sich als Jesus-Verkörperungen entpuppten (also hier doch Doubles, 2 Tänzer)...sowie ein starr herumstehender Parsifal, der eine Entourage junger Männer dabei hat, die sich stellvertretend von den Blumenmädchen verführen lassen."

    (Deutschlandfunk, Archiv)

    - Unübersehbar war das Volumen von Bothas Parsifal, noch dazu ungünstig verpackt (nmz)

    - Vor allem de Parsifal ist mit seinem imponierenden XL-Heldentenor die vokale Dominanz in Person. Aber darstellerisch eine Herumsteh-Katastrophe. Die Regie versucht sich mit ein paar jungen, beweglichen Doubles aus der Affäre zu ziehen. (Online Music Magazin)

    NA??

    -In the title Role, Johan Botha sings with marvellously easy, silvertoned lyricism, but refuses to act. It´s a problem that no number of supernumeraries can solve. (Financial Times, "supernumeraries" sind Statisten)

    AHA!!

    5. Fazit: Ein Journalist schrieb, Michael Schulz, der Regisseur, hätte Botha ans Messer geliefert, indem er ihn spielen ließ. Das heitß, dass das, was hier als dreiste Lüge gebrandmarkt wurde, in Wirklichkeit die rettende Idee gewesen, Botha nicht der Lächerlichkeit auszusetzen. Zitat: "Zwar singt Johan Botha seine Partie vorzüglich, kann aber aufgrund seines Übergewichts kaum spielen und wird von der Regie geradezu vorgeführt."





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  • Das schlaue Füchslein in Gelsenkirchen (2023)


    Eine meiner liebsten Opern in meinem Lieblingsopernhaus - darauf habe ich lange warten müssen. Dass es auch so eine wunderbare Inszenierung mit sehr guten Sängern und einem ebenfalls sehr guten Orchester war, machte das Glück vollkommen. Die nächste Vorstellung werde ich mit einer 14jährigen Tochter von Freunden besuchen. Dabei ist es durchaus kein Kinderstück und auch keine Fabel.

    Die Dramaturgie dieser Oper ist anders als bei vielen anderen Opern, die eine fortlaufende Geschichte erzählen. Hier ist es eher ein Bilderreigen, bei dem jede Szene ziemlich für sich steht, also eine Art episches Theater. Auch Janaceks letzte Oper ist so strukturiert; sie besteht aus den Erzählungen der Strafgefangenen: "Aus einem Totenhaus".

    "Der philosophische Kern des Märchens: Janacek zeigt ein Panorama der Natur, der Wildheit im Tier und der Sehnsucht im Menschen. Doch die Grenzen zwischen Mensch und Tier verwischen, wenn Tiere, wie bei der Balz zwischen Fuchs und Füchslein, menschliche Züge entwickeln. es gibt auch zum Teil vom Komponisten selbst geschaffene Parallelen zwischen menschlichen und tierischen Rollen, wie bei Pfarrer und Dachs. Das Füchslein und der Förster verbleiben dagegen ohne Äquivalent in der Welt des jeweils anderen." (Zitat aus dem Programmheft)

    Musikalisch war die Aufführung auf höchstem Niveau. Johannes Martin Kränzle als Förster ragte heraus. Am Abend selbst gab es krankheitsbedingte Umbesetzungen. Die Füchsin wurde gespielt von der Regieassistentin, gesungen von der Seite von einer ganz wunderbaren jungen Sopranistin (vom Blatt), deren Namen ich nicht nicht behalten habe. Eine andere Rolle wurde von der Souffleuse gespielt, die als Tschechin auch die Sprachunterweisung geleistet hatte. Es gab ein paar Regietheaterelemente, etwa ein Flipperautomat in Paseks Gastwirtschaft, aber nichts störte.

    Der Dirigent, Rasmus Baumann, ließ das Orchester dramatischer spielen, als man es normalerweise hört; aber es bekam dem Stück gut, denn es ist ja kein Idyll.

    Das Haus war gut gefüllt, obwohl man leicht an Karten kam; das Publikum war sehr begeistert, und das zu Recht.

    Ganz vorzüglich auch die Übertitel, die dazu auch immer rechtzeitig kamen. Programme und Garderobe sind in Gelsenkirchen immer kostenlos.

    Es gibt noch drei Vorstellungen, 2 im Februar und eine im März.

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