Giselbert Wolfgang Kassel zum 96. Geburtstag

  • Giselbert Wolfgang Kassel wurde am 14. April 1924 geboren. Seine Bühnenlaufbahn begann 1954 am Stadttheater von Flensburg. Über Mainz (1957-58), Wuppertal (1958-60), Krefeld (1960-66) und Würzburg (1966-67) kam er 1967 an das Stadttheater von Bielefeld. Zunächst im lyrischen und italienischen Fach tätig wandte er sich hier zunehmend dem deutschen Heldenfach zu. In Bielefeld sang er bereits Max, Bacchus, Erik, Siegmund, Stolzing und Tristan (alternierend mit Helge Brilioth). In der Lohengrin-Inszenierung von Friedelind Wagner 1968 war er der Titelheld. Ab 1974 war G.W. Kassel am Opernhaus Nürnberg engagiert, dessen Ensemble er bis 1980 angehörte. Während dieser Zeit war er durch einen Gastvertrag (1973-1976) der Bayerischen Staatsoper München verbunden und trat hier u.a. als Ismael und Tannhäuser, eine seiner großen Rollen, auf. Noch 1979 soll er in München gesungen haben.

    Seine Karriere als Heldentenor führte ihn auf zahlreiche Bühnen des In- und Auslandes. So sang er an den Opern von Lyon (1971 Tannhäuser), Toulouse (1973 Tristan, 1979), an der Covent Garden Opera London (1973 Tannhäuser), an den Opernhäusern von Rouen (1975 Siegmund), Zürich (1976 Max und Florestan, Vetrag über Agentur Robert Schulz), der Philharmonie Oslo (1977, konzertant 2. Akt Tristan mit Ingrid Bjoner) und der Staatsoper Budapest (1979 Lohengrin). Auch an kleinen und mittleren Bühnen Deutschlands war er ein gern gesehener Gast, u.a. in der Lübecker Tristan-Inszenierung von Wolf-Siegfried Wagner (1974). Wagners Siegfried sowie Salome-Herodes gehörten ebenfalls zu seinem Repertoire.

    G.W. Kassel war aber auch ein geschätzter Konzert- und Oratoriensolist. So besetzten ihn Jean Martinon (1971 Paris, Theatre des Champs Elysees) und Zubin Mehta (1973 Rom) mit der anspruchsvollen Waldemar-Partie in Schönbergs Gurre-Liedern.


    Bis vor kurzem war mir G.W. Kassel völlig unbekannt. Er hat trotz seiner beachtlichen Karriere nur wenige Aufnahmen hinterlassen. Im Tamino-Forum habe ich keinen Hinweis auf ihn entdecken können, auch ist es mühsam, die wenigen Informationen im Internet zu recherchieren. Aufmerksam auf ihn wurde ich durch den Live-Mitschnitt einer Tannhäuser-Aufführung am Covent Garden, herausgegeben vom verdienstvollen Label operadepot. Die Aufnahme der BBC Radio 3 ist vom 29. September 1973. Für mich ist dieser Sänger eine Entdeckung. Aufgewachsen in der DDR sind meine Hörerwartungen durch die Konwitschny-Einspielung mit Hans Hopf geprägt und sie sind es bis heute. Kassel präsentiert einen Tannhäuser wie ich ihn hören möchte. Er verfügte zu dieser Zeit über eine stämmige, gesunde Heldentenorstimme mit baritonalem Kern, die keine Klippe der Partie fürchten mußte, nirgends gefährdet war und meiner Meinung nach einem Vergleich mit den damaligen Bayreuther Rollenvertretern (Beresford, Esser, Wenkoff) standhält. Der Live-Mitschnitt zeigt eine beeindruckende Physis.


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    Eine weitere interessante Einspielung mit ihm steht seit vergangenem Dezember zur Verfügung: Schönbergs Gurre-Lieder unter der Leitung von Zubin Mehta (1973 RAI Roma) auf

    Schönberg Gurre Lieder - Mehta / Rai Roma (1973)


    Der italienische music store Premiere Opera listet einen Gesamtmitschnitt der Oper „Vineta“ von Rudolf Mors (1968 Bielefeld).

    Mors, Vineta



    Die Einspielungen der Düsseldorfer Garnet-Schallplatten von 1980 sind nicht mehr erhältlich (Schubert: Messe G-Dur, Mozart: Krönungsmesse, Mozart: Vesperae de Dominica).


    Im Internet sind mit ihm drei Szenenbilder der Budapester Lohengrin-Aufführung von 1979 auffindbar, weiterhin mit einigem Aufwand ein Portrait-Foto im Programmheft der Gurre-Lieder-Aufführung von 1973 (Jean Martinon, Paris, Theatre des Champs Elysees).


    Giselbert Wolfgang Kassel ist mal wieder so ein Thema bei dem ich Feuer gefangen habe. Seine letzten Auftritte, die ich recherchieren konnte waren 1979. Als Ende seines Engagements in Nürnberg wird 1980 angegeben. Danach verliert sich seine Spur. Er war da gerade 56 Jahre alt.


    Ich wäre den Experten dieses Forums für Informationen zu diesem Sänger sehr verbunden. Wer kennt ihn, wer hat ihn sogar live gehört, welche Eindrücke hattet ihr? Was ist aus ihm geworden? Vielleicht verfügt noch jemand über Informationen, die das Bild über Giselbert Kassel abrunden könnten. Mich würde interessieren wo er her stammte, wo/bei wem er studiert hat und wo er nach Nürnberg tätig war. Hat er unterrichtet?


    Danke und viele Grüße

    Laurenz

  • Das wird vermutlich schwierig werden. Aber, daß man sieht, daß dieses Thema zur Kenntnis genommen wurde, hier ein Clip, den ich überraschenderweise gefunden habe.



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber "Laurenz",


    vielen Dank für diesen ersten Beitrag zu einem mir bis dato völlig unbekannte Tenor. Vielleicht sollte man sich wirklich mal mit ihm beschäftigen. Und nebenbei: Herzlich willkommen im Forum! :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Hallo Alfred,


    ja, damit rechne ich auch. Ich lese nun bereits seit langem hier mit und habe festgestellt, daß in einigen Threads noch nach Jahren jemand etwas beiträgt. Darauf hoffe ich auch in meinem Fall. Kassel hat nachweislich bereits 1972 in München gesungen (Nabucco-Ismael), 1976 den Tannhäuser und laut Kutsch noch im Jahre 1979. Irgendwer hat ihn bestimmt dort erlebt. Ich kann da warten. Die Personalakten in den ortsansässigen Archiven sind nur noch bis 1924 gesperrt. Danach kann ich genauer recherchieren, auch in den dortigen Theatersammlungen. Ich gehe in diesem Jahr in Rente, das paßt dann wunderbar.


    Viele Grüße

    Laurenz

  • Die "Theaterfreunde Mainz" bringen - wenn auch mit Fragezeichen - 1931 als Geburtsjahr ins Spiel. Sie dürften Gründe dafür haben. Wenn Kassel kein ausgesprochener Spätstartet gewesen ist, scheint mir diese Angabe recht plausibel zu sein. Was hält unser neues Gastmitglied Laurenz davon?


    Kassel, Giselbert Wolfgang


    Der Tenor wurde 1931 (?) geboren.Engagements

    • 1954-1957 Stadttheater Flensburg
    • 1957-1958 Stadttheater von Mainz
    • 1958-1960 Opernhaus von Wuppertal
    • 1960-1966 Stadttheater von Krefeld
    • 1966-1967 Stadttheater von Würzburg
    • 1967-1974 Stadttheater von Bielefeld
    • 1974-1980 Oper Nürnberg
    • 1973-1976 Gastvertrag mit der Bayerischen Staatsoper München


    Mir war Kassel vor allem durch den schon erwähnten Londoner "Tannhäuser" ein Begriff. Ein Urteil möchte ich aber nicht abgeben, weil ich den Mitschnitt lange nicht angehört habe. Mich wunderte nur immer, wie dieser Sänger zu dem Gastspiel inmittemn eines so hochkarätigen Ensembles gekommen ist. Sprang er kurzfristig ein? In meinem Bestand findet sich noch ein weiteres Dokument, nämlich ein "Holländer" aus Marseille:


    RICHARD WAGNER

    DER FLIEGENDE HOLLÄNDER

    Opéra de Marseille 29 november 1970


    Der Holländer…..Ernest Blanc

    Senta…...Gerry de Groot

    Daland……Walter Kreppel

    Erik…..Wolfgang Giselbert Kassel

    Der Steuermann…..Gérard Friedmann

    Mary…..Danièle Grima


    Conductor…..Reynald Giovaninetti


    Leider fehlt ein Stück, so dass der Erik nur in seiner Szene mit Senta "Was muss ich hören" dokumentiert ist.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Vielen Dank für den Hinweis auf den Holländer aus Marseille. Das ist eine neue Information für mich. Die Angabe 1931? findet man in fast allen Online-Quellen. David Cummings („International Who's who in Music and Musicians' Directory“) gibt 1930 als Geburtsjahr an, ohne Fragezeichen. Meine Quelle ist das Personal-Dossier des Opernhauses Zürich welches mir vom Stadtarchiv Zürich zugänglich gemacht wurde. Dieses Dossier enthält 2 Kopien von Schreiben der Agentur Robert Schulz an das Opernhaus betreffend die Max/Florestan-Gastspiele 1976 mit Terminen und Gage sowie 2 Schreiben der Fremdenpolizei des Kantons Zürich zur Engagements-Bewilligung. Hier wird das von mir genannte Geburtsdatum 14.04.1924 angegeben. Ja, damit könnte man ihn als Spätstarter bezeichnen. Aber gerade im Sängerbereich, besonders in den Opernchören wimmelt es geradezu von Seiteneinsteigern mit anderem beruflichen Background. Das war in der Vergangenheit sogar noch ausgeprägter. Auch könnte Kassel Kriegsteilnehmer gewesen sein, was einen verspäteten Berufsstart erklären würde.


    Zum Londoner Tannhäuser: Auf der Seite von operadepot gibt es dazu einen interessanten Thread. Vorgesehen war demnach ursprunglich Jon Vickers, der sich aber sehr früh zurückzog. Es wäre sein Rollendebut gewesen. Kassel war wohl ein last-minute-replacement. Er sang dann die Partie anscheinend alternierend mit Richard Cassilly. Die Aufnahme ist nach mit vorliegenden Informationen nicht der Premieren-Mitschnitt. In dem genannten Thread wird noch detailiert über die Hintergründe der Besetzungsprobleme eingegangen. Inwieweit es sich dabei um belastbares Insiderwissen handelt kann ich nicht einschätzen und möchte deshalb hier nicht weiter darauf eingehen.


    Viele Grüße

    Laurenz

  • Hallo, Laurenz!


    Den Namen des Tenors Giselbert Wolfgang Kassel - manchmal mit verdrehten Vornamen oder auch nur 'Wolfgang' genannt - habe ich in ältereren Ausgaben von „Оpernwelt“, „Оrpheus“ oder „Das Opernglas“ schon oft gelesen. Allerdings ist die Suche nach Rezensionen von seinen Opern-Auftritten extrem schwierig und zeitaufwändig, da diese Zeitschriften bis heute keine derart detaillierten Namensverzeichnisse haben, wie sie das englische „Оpera“-Magazin seit seiner Erstausgabe im Februar 1950 aufweist. (Und da heißt es immer, die Deutschen seien so 'korrekt'!) Ich habe daher nur in den mir seit 1969 komplett vorliegenden Ausgaben von „Оpera“ nachgesehen, aber in all den Jahren nur zwei Einträge gefunden: „Tannhäuser“ am Royal Opera House, Covent Garden, London (September/Oktober 1973) und „Die Meistersinger von Nürnberg“ am Théâtre du Capitole de Toulouse (Oktober/November 1979).


    Für den Londoner „Tannhäuser“ (in der 'Pariser' Fassung) ist Wolfgang Kassel - wie er sich da nannte - nicht kurzfristig eingesprungen, sein Engagement wurde bereits im Juli 1973 im „Оpera“-Magazin angekündigt. (Jon Vickers hatte die Partie aus 'religiösen' Gründen zurück gegeben; 1977 bot ihm auch die New Yorker 'Met' den „Tannhäuser“ in Otto Schenks neuer Produktion an, er lehnte ab und James McCracken wurde statt seiner verpflichtet.) Die acht Londoner Aufführungen im September/Oktober 1973 teilte sich Wolfgang Kassel mit Richard Cassilly, der die Premiere der Neuinszenierung von Václav Kaslik am 17. 9. 1973 sang. Die Vorstellungen mit Kassel waren am 25. 9. und 29. 9. (mit Rundfunkübertragung der BBC) sowie am 5. und 8. 10 1973 (diese Aufführungen dirigierte Nicholas Braithwaite an Stelle von Colin Davis). Harold Rosenthal schrieb in „Оpera“ über die Aufführung am 25. 9.: „Wolfgang Kassel, who is based on Bielefeld of all places, is a useful addition to the ranks of Wagnerian tenors and if not an inspired singer is, on the whole, a safe and reliable one, with a voice far less constricted than some of the so-called 'Heldentenors' of the inter-war and post-war period.“ Und Elizabeth Forbes urteilte über die Vorstellung vom 8. 10.: „In the last act the sad serenity of Elisabeth's prayer and of Wolfram's 'O du, mein holder Abendstern' is balanced by the despairing passion of the Rome narration, where the untiring vocal reliability of Wolfgang Kassel's Tannhäuser comes into its own.“ (An allen acht Abenden war die Besetzung der weiteren Rollen - siehe das Cover der CDs von 'Opera Depot' in Beitrag Nr. 1 – unverändert. Wenn es interessiert: die vier 'Edelknaben' sind: Peter Chapman, Neil Read, David Tate und Barry Warwick. Für den Schlusschor wurde auch der Wandsworth School Boys' Choir in der Einstudierung von Russell Burgess eingesetzt.)


    Im Oktober/November 1979 sang 'Giselbert Kassel' den Walther von Stoltzing in den ersten drei von fünf Aufführungen einer Neuinszenierung von „Die Meistersinger von Nürnberg“ (Inszenierung: Peter Busse) in Toulouse - aber nicht am Théâtre du Capitole, sondern in der riesigen Halle-aux-Grains (ein Amphitheater mit 3500 Sitzplätzen); die beiden restlichen Vorstellungen sang Matti Kastu. Die weiteren Mitwirkenden waren Helena Döse (Eva), Katharina Dau (Magdalene), Manfred Schenk (Sachs), Heinz Kruse (David), Georg Völker (Beckmesser), Siegfried Vogel (Pogner) und Ladislav Konya (Kothner); der Dirigent war Michel Plasson.


    In der „Opernwelt“ vom Mai 1968 hat dessen damaliger Chefredakteur Hans Otto Spingel über die Oper „Vineta“ des Komponisten Rudolf Mors (Uraufführung am 28. 2. 1968 in Bielefeld mit Giselbert Wolfgang Kassel) ohne Nennung der Sänger eine geradezu vernichtende Kritik verfasst: „Von der Aufführung will ich an dieser Stelle nicht reden; sie war gewissenhaft einstudiert, es wurde vorzüglich gesungen. Aber ich möchte wissen, aus welchen Gründen ein so naives Machwerk von einem Opernhaus angenommen wird. ...Nach Friedrich Gerstäckers Erzählung schrieb er (Rudolf Mors) sich ein verquastes Libretto, das die Erkenntnisse der Psychologie und Philosophie der letzten fünfzig Jahre mit Fleiß meidet. ...Seine Musik setzt sich zusammen aus einem herzlich schlechten, eklektischen Gebräu vieler Einflüsse, die von Wagner bis zur verkitschten Operettenseligkeit reichen. Die Instrumentation ist so reizlos, so grau wie das Meer, das Vineta, die versunkene Stadt umgibt.“ (Vielleicht würde man heute bei einer Wiederaufführung der Oper anders denken; die Publikumsreaktion war damals durchaus positiv. Bemerkenswerterweise gibt es ja einen Mitschnitt der Uraufführung - siehe Dein Beitrag Nr. 1.)


    Hans Otto Spingel sah auch Friedelind Wagners „Lohengrin“-Inszenierung in Bielefeld (Premiere am 1. 1. 1968) recht kritisch, urteilte über die Sänger aber wesentlich besser: „überdurchschnittlich gut Giselbert Wolfgang Kassel und Raffaele Polani.“ Die Besetzung: König Heinrich - Günter von Kannen / Lohengrin- Giselbert Wolfgang Kassel / Elsa - Patricia McGee / Telramund - Hermann Firchow / Ortrud - Joy McIntyre / Heerrufer - Raffaele Polani / Der Chor der Städtischen Bühnen Bielefeld / Chorltg.: Raimund Zimmermann / Das Philharmonische Orchester der Stadt Bielefeld / Dirigent: Bernhard Conz (Angeblich hat Friedelind Wagner die Premiere mitschneiden lassen.) Das Opernhaus Bielefeld war übrigens für viele später ziemlich bekannte Sänger das Sprungbrett zur internationalen Karriere, z. B. die Tenöre Sándor Kónya, Helge Brilioth, Wolfgang Neumann, James O' Neal und Robert Dean Smith, der Bariton William Dooley und die Sopranistinnen Gudrun Volkert, Christine Weidinger, Ingrid Haubold und Cynthia Makris.


    Lt. einem Katalog der Düsseldorfer Schallplattenfirma 'Garnet' von 1976 haben die schon im Beitrag Nr. 1 genannten LPs (hier mit: Wolfgang Giselbert Kassel) - deren Aufnahmen wahrscheinlich älteren Ursprungs sind - folgenden Inhalt:


    „Messe Nr. 14, KV 317 ('Krönungsmesse')"* - „Vesperae solennes de confessore, KV 339: Laudate Dominum“ - Motette „Ave verum corpus, KV 618“ (Mozart): Roswitha Scholl, Ingrid Günther, *Wolfgang Giselbert Kassel, Wolfgang Jüntgen / Die Rheinische Singgemeinschaft / Das Rheinische Sinfonie-Orchester / Dirigent: Hubert Günther. 'Garnet' 30 108 (LP)


    „Vesperae de Dominica, KV 321“* - Kantate „Dir, Seele des Weltalls, KV 429“ - Кirchensonaten 10 und 11, KV 244 und 245 (Mozart): Roswitha Scholl, Ingrid Günther, *Wolfgang Giselbert Kassel, Helmut Fehn / Die Rheinische Singgemeinschaft / Das Rheinische Sinfonie-Orchester / Dirigent: Hubert Günther. 'Garnet' 40 130 (LP)


    „Messe Nr. 2, D. 167“* - „Das große Halleluja, D. 442“ - Chorhymne „Herr unser Gott“ - „Psalm 23, D. 706“ (Schubert): Roswitha Scholl, *Wolfgang Giselbert Kassel, Helmut Fehn / Der Rheinische Kinder- und Jugendchor / Die Rheinische Singgemeinschaft / Das Rheinische Sinfonie-Orchester / Dirigent: Hubert Günther. 'Garnet' 40 106 (LP)


    Viele Grüße!


    Carlo

  • Hallo Carlo,


    eine Fülle von neuen Informationen. Vielen Dank! Zu Toulouse wußte ich bis jetzt nur Näheres über seinen 1973er Tristan (3 Vorstellungen in 5 Tagen!!). Nun also auch ein nachweisbarer Stolzing 1979. Prima! Die Informationen zum CoventGarden-Tannhäuser waren für mich teilweise neu und sehr interessant. Es stimmt, viele Fachzeitschriften haben einen erheblichen Nachholebedarf. Von der s.g. Digitalisierung sollten einige nicht nur schwätzen. Zunächst mal muß man Daten halt erst irgendwo eintippen. Das ist Arbeit! Andere machen uns das vor.


    Die Zitate aus Kritiken zu Kassels Leistungen als Tannhäuser lese ich sehr gerne, bestätigen sie doch mein Bild über diesem Sänger. Ich bin Chorsänger an einem mittlerem Haus und habe in 3 Inszenierungen knapp über 100 Tannhäuser-Vorstellungen absolviert. Dabei habe ich elf Tenöre aus nächster Nähe erlebt, die sich dieser extrem schweren Partie stellten. Überzeugend und dieser Partie gewachsen waren nur zwei (Reiner Goldberg, Lawrence Bakst) Es gab auch gute, zum Rest schweigt des Sängers Höflichkeit. Außerdem habe ich erlebt Klaus König und Winbergh als Stolzing sowie Schager als Rienzi und Tristan. Vor diesem Hintergrund sehe ich natürlich auch die Leistung Kassels und der von mir erwähnten Bayreuther Rollenvertreter der 1970er Jahre. Es handelt sich um einen Live-Mitschnitt und Kassel „zieht die Partie durch“. Eine echter Heldentenor. Hört und vor allem, erlebt man nur noch selten.


    Den Hinweis auf die Bielefelder „Vineta“- Uraufführung nebst Aufnahme habe ich der Vollständigkeit halber beigefügt. Danke für Deine weiterführenden Hinweise. Das Haus scheint eine Sprungbrett-Bühne für Tenöre zu sein. Einen von Robert Dean Smith’s ersten Gehversuchen als Tenor (Pinkerton) durfte ich ebenfalls als Mitwirkender erleben.


    Zu Friedelinds Wagners Bielefelder Lohengrin verfüge ich über einiges Bildmaterial. Ein Urteil zu fällen ist da schwer möglich. Die Inszenierung wurde ja damals sehr kontrovers diskutiert. Die Information über den unerreichbaren Mitschnitt erzeugt Wehmut.


    Nochmals vielen Dank Carlo!


    Viele Grüße

    Laurenz

  • Guten Tag,

    mit grosser Ueberraschung, aber auch mit Freude habe ich Ihre Artikel ueber Giselbert Wolfgang Kassel gelesen.

    Ich bin Helge Kassel, der Sohn von Giselbert Kassel.

    Sollten Sie daran interessiert sein, kann ich Ihnen Fragen beantworten und Unklarheiten beseitigen.

    Mit freundlichen Gruessen aus Sevilla

    Helge Kassel

  • Guten Abend und besten Dank für das freundliche Angebot.


    Darf ich als Erstes gleich mal nach den genauen Lebensdaten Ihres Vaters (Geburtsdatum ud Sterbedatum) fragen? Vielen Dank!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Lieber Helge Kassel,

    es ist Forenstil, dass wir im Forum uns alle mit Du anreden. Es ist schön, dass Du als Sohn des bedeutenden Heldentenors, der mir durchaus ein Begriff ist, jetzt bei uns im Tamino Klassik Forum bist. Noch schöner wäre es, wenn wir Dich als aktives Mitglied in unseren Reihen behalten könnten. Du würdest gewiss die Opernfraktion verstärken und Insider-Wissen beisteuern können.

    Bitte stelle doch noch Aufnahmen und weiteres Bildmateral von Deinem Vater ein. Es würde uns das nähere Kennenlernen und die Beschäftigung mit einem Künstler, den ich in die Reihe mit so verdienten Heldentenören wie Herbert Schachtschneider und Karl Liebl stellen würde, erleichtern.

    Sei nochmals herzlich begrüßt und auf eine erfreuliche, bereichernde Forenmitgliedschaft.

    Es grüßt Dich herzlich das älteste und begeisterte Forumsmitlied

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Guten Morgen aus Sevilla, als Erstes die Antwort an Stimmenliebhaber:

    Mein Vater wurde am 24.04.1924 in Steinlah (Kreis Goslar) als 9. von 11 Kindern geboren.

    Er verstarb nach laengerer Krankheit am 23.03.1986 in meinem Geburtshaus in Ampleben (Kreis Wolfenbuettel).

    Zum Zeitpunkt seines Todes waren meine Mutter, meine Schwester und ich bei ihm.

    Operus,vielen Dank fuer Deine freundlichen Worte. Dieses Forum zu finden, verdanke ich einem lieben Freund aus der Schweiz, der sich nach meinen Erzaehlungen ueber meinen Vater auf die Suche nach Informationen gemacht hat und Euch fand.

    Meine Frau und ich sind durchaus bewegt durch das doch grosse Interesse und viele Momente kommen wieder hoch.;(

    Ich wuerde mich geehrt fuehlen,wenn ich mit Informationen, Photos und vielleicht auch Anekdoten zum Forum beitragen duerfte.

    Ich freue mich ueber weitere Fragen von Euch und werde mal anfangen, zu scannen.

    Danke nochmals

    Helge Kassel

  • Lieber Helge,


    danke für die rasche Antwort. Wir freuen uns über jede Information, aber nicht nur über Deinen Vater sondern auch von Dir. Zum Beispiel bin ich 1934 geboren, werde also in diesem Jahr 86. Wenn es Dich interessiert: Ich bin bei Wikipedia unter Hans Hey zu finden. Und nun lebe Dich gut bei uns ein.

    Herzlichst

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo lieber Helge,


    es ist mir eine große Freude, daß Du an diesem - von mir angestoßenen - Thread teilnimmst. Ich möchte mich zunächst für meine späte Antwort entschuldigen. Regelmäßig suche ich nach Deinem Vater und Google zeigte bisher immer nur 8, mir bekannten Tamino-Postings an. Erst als ich den Namen Deines Vaters plus „Goslar“ eingab wurden 5 neue angezeigt, darunter Deins. Herzlich willkommen!


    Ja, Informationen über Deinen Vater interessieren mich sehr, ich habe viele Fragen. Wie ich die Leistung Deines Vaters als Tannhäuser einschätze habe ich oben ausführlich dargelegt, ich bin sehr beeindruckt von ihm, die 1973er Aufnahme ist für mich eine Entdeckung

    Seit meinem letzen Posting ist auf operadepot ein Rezital mit Deinem Vater und Leonie Rysanek erschienen. Dort wurde wahrscheinlich auf das zunehmende Interesse reagiert. Außerdem konnte ich bei einem Londoner Musikalienhändler ein Programmheft der aufgenommenen Tannhäuser-Aufführung beschaffen, darin ein schönes Portraitfoto Deines Vaters mit einige Informationen über ihn. Hier wird geschrieben, daß Dein Vater in Brunswick bei Prof. Salzmann studierte, später in Flensburg bei Prof. Steiner. Handelt es sich bei Prof. Steiner um den damaligen Musikdirektor des Flensburger Theaters? Zu Prof. Salzmann konnte ich nichts in Erfahrung bringen. Hat Dein Vater selbst unterrichtet?


    Das von mir angegebene falsche Geburtsdatum (14.04.) steht wirklich so in den beiden Schreiben der Züricher Fremdenpolizei, offensichtlich ein Tippfehler.


    Dein Vater war von 1974-1980 in Nürnberg engagiert. Das Opernhaus verfügte damals mit ihm, Karl-Heinz Thiemann und Sandor Arisz über 3 Heldentenöre im Festengagement. Angesichts der heutigen Verhältnisse selbst an großen Instituten, traumhafte Verhältnisse. Welches große Haus kann heute den Othello dreifach besetzen?


    Im Londoner Programmheft steht, daß Dein Vater in München, Berlin, Stuttgart, Köln und Hannover gesungen hat, u.a. auch Bacchus in München und Berlin (Stand 1973). Welche Rollen hat er noch an diesen Häusern gesungen? Wagners Siegfried soll er auch im Repertoire gehabt haben?


    Der Bitte von operus möchte ich mich anschließen: Aufnahmen (wenn möglich) und Bildmaterial interessieren mich sehr. Ich hatte mir vom Bielefelder Stadtarchiv einige Szenenbilder der 1968er Lohengrin-Inszenierung besorgt - eine gutaussehende prägnante Erscheinung. Gibt es eventuell Mitschnitte des Rundfunks oder gar bewegte Bilder? Theateranekdoten sind natürlich immer willkommen. Wie sagte mir mal ein älterer Chorkollege: „Wenn Kantinentische reden könnten...!“



    Viele Grüße nach Sevilla!

    Laurenz

  • Erst einmal Fröhliche Weihnachten allerseits!

    Da dieser Thread der Anlaß war, mich bei Tamino anzumelden, jetzt auch hier mein erster Beitrag. Gefunden hatte ich ihn auf der Suche nach Informationen zu Giselbert Wolfgang Kassel, weil auch mir der Londoner Tannhäuser in die Finger gekommen war. Zudem hatte ich den Sänger selbst zweimal in Nürnberg gehört (als Luka Kusmitsch in "Aus einem Totenhaus" und in einer kleineren Rolle in Monteverdis "Ritorno d'Ulisse"). Da meine Eltern von 1974-92 in Nürnberg gewohnt haben, bin ich eigentlich bei jedem Besuch bei ihnen auch in der Oper gewesen, habe also auch die oben erwähnten Tenöre Sandor Arizs und Karl-Heinz Thiemann gehört, daneben viele andere gute Sänger; Johanna-Lotte Fecht, Dunja Vejzovic, Peter van Ginkel, Heinz-Klaus Ecker, um nur einige zu nennen. Vielleicht besteht ja auch da Interesse am Austausch von Erinnerungen.

    Herzliche Grüße von Fafner aus HH

    Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! (Erich Kästner)

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  • Hallo,lieber Laurenz und alle, die sich an G.W.Kassel erinnern!
    Ich kam rein zufällig auf die Seite(zum 96.Geb.tag) und war begeistert über den Clip "Gurrelieder Rom". Ich besitze nur einen Mitschnitt auf MC in sehr schlechter Tonqualität. Ja, der Waldemar war eine der Glanzpartien Kassels, ebenso der Tannhäuser, Tristan und der Bacchus. Einen Bacchus mit vergleichbarer tenoraler Strahlkraft habe ich erst wieder vor ein paar Jahren mit St.Gould in Wien gehört.
    Kassel war in den 70er-Jahren bei einem Japan-Gastspiel der Bayer. Staatsoper mit von der Partie, alternierend mit James King, der ein ähnlich baritonales Timbre hatte.
    Neben einem umfangreichen Wagner- und Strauß- Repertoire gab es in diesen Jahren an der Nürnberger Oper zwei Heldentenöre(Kassel und Thiemann) und einen mit dem Potenzial zum jugendlichen Heldentenor(Arizs). Von einer solchen Vielfalt kann man heute nur noch träumen.
    Kassel fühlte sich nur im schweren Fach so richtig wohl, Lockerungsübungen wie den Alfred in der Fledermaus schätzte er nicht besonders.("Der Kasper liegt mir nicht").
    Ich freue mich, dass er nicht vergessen ist.
    Übrigens: Der Schauspieler Veit Stübner sieht Kassel verblüffend ähnlich. Etwas fülliger, aber wie aus dem Gesicht geschnitten!
    Mit besten Grüßen
    Renée

  • Tenöre Sandor Arizs und Karl-Heinz Thiemann gehört, daneben viele andere gute Sänger; Johanna-Lotte Fecht, Dunja Vejzovic, Peter van Ginkel, Heinz-Klaus Ecker, um nur einige zu nennen

    Klingende Namen für mich, im wahrsten Sinne des Wortes, in meinen Erinnerungen. Lebte ich doch 6 Jahre in Erlangen und war von dort aus regelmässig zu Opernbesuchen und Konzerten in Nürnberg.

  • Sorry, aber das kann schon mal passieren, wenn man sich mit der Computertechnik in Dauerfehde befindet. Wollte euch nicht irritieren, aber ein Debut ist halt ein Debut.

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  • Keine Angst. Ich lass das fürs erste so stehen, lösche dann aber in ein paar Stunden alles, was nicht zum Thema gehört...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sorry, aber das kann schon mal passieren, wenn man sich mit der Computertechnik in Dauerfehde befindet. Wollte euch nicht irritieren, aber ein Debut ist halt ein Debut.

    Renée nutze ich doch die Gelegenheit, Dir noch ein "Herzlich Willkommen" zu schicken...und nichts für Ungut wegen des 'Gefrotzel"...bevor Alfred_Schmidt hier aufräumt


    ^^

  • Lieber Fafner,
    vielleicht hattest du Gelegenheit, die "Aida"-Inszenierung von 1976 zu erleben. Die Handlung wurde vom Regisseur Ulrich Brecht in das Nationalmuseum Kairo verlegt. Regietheater, aber nicht von der "blödesten" Sorte. Zumindest wurden weder die Handlung noch die Psychologie der Protagonisten verhunzt. Die Szenerie war für damalige Verhältnisse aber gewöhnungsbedürftig und einer der Solisten sagte nach dem Konzeptionsgespräch zum Probenbeginn :"Wir sind nur Angestellte, was kann man machen". (darüber ließe sich heute heftig diskutieren) Aber Brecht war kein Regie-Despot , das Stück wurde nicht beschädigt und die Würde der Sänger gewahrt.
    Die Besetzung :Arizs/Kassel, Fecht/Payer, Dunja Vejzovic als Amneris und Peter van Ginkel als Amonasro. Jeder Abend ein Stimmfest!
    Mit freundlichen Grüßen
    Renée