Mittlerweile sind seit meinem letzten Beitrag zwei Jahre vergangen, in denen ich noch zahlreiche Tondokumente von Kerstin Meyer finden konnte. (Auf einige der nachfolgend detailliert genannten Aufnahmen wurde in den ersten Beiträgen zu diesem Thread lediglich mit CD-Covers hingewiesen.) Für die Produktionen des Stockholmer Opernhauses habe ich einheitlich die Bezeichnungen ‚Kungliga Operans Kör‘ (Chor der Königlichen Oper) und ‚Kungliga Hovkapellet‘ (Königliche Hofkapelle) verwendet.
„Wozzeck“ (Alban Berg): Wozzeck – Walter Berry / Marie – Kerstin Meyer / Der Tambourmajor – Hans Beirer / Der Hauptmann – Helmut Melchert / Der Doktor – Walter Dicks / Andres – Loren Driscoll / Margret – Alice Oelke / Der Narr – Martin Vantin / Zwei Handwerksburschen – Manfred Röhrl und Barry McDaniel / Ein Soldat – Walter Muggelberg / Der Chor und das Orchester der Deutschen Oper Berlin / Chorltg.: Walter Hagen-Groll / Dirigent. Heinrich Hollreiser (Tokyo, Nissei Theatre, 6. 11. 1963). Ein Rundfunk-Mitschnitt von NHK (Nippon Hoso Kyokai) vom Gastspiel der Deutschen Oper Berlin, auf je zwei CDs veröffentlicht in Japan bei ‚Pony Canyon‘ und ‚King International‘. Walter Berry war beim Gastspiel der Deutschen Oper Berlin 1963 in Japan im ‚Dauereinsatz‘; er sang in mehreren Aufführungen den Figaro in „Le nozze di Figaro“, den Don Pizarro im „Fidelio“, den Basspart in der „Neunten“ von Beethoven (alles unter Karl Böhm) und auch am 29. 10. und 6. 11. 1963 den Wozzeck.
Am 2. 2. 1960 wurde an der Städtischen Oper Berlin Alban Bergs „Wozzeck“ von Wolf Völker neu inszeniert: mit Helga Pilarczyk (Marie). Sabine Zimmer (Margret), Dietrich Fischer-Dieskau (Wozzeck), Ludwig Suthaus (Tambourmajor), Martin Vantin (Hauptmann), Karl Christian Kohn (Doktor) und Karl-Ernst Mercker (Andres); der Dirigent war Richard Kraus. Bei der Aufführung zu den Berliner Festwochen (20. 8. 1960) übernahm Kerstin Meyer die Rolle der Marie, die sie auch in den Wiederaufnahmen am 10. 5. 1963 und am 25. 5. 1965 sang, nunmehr in der Deutschen Oper Berlin; die „Wozzeck“-Darsteller waren Dietrich Fischer-Dieskau, Rolf Polke und William Dooley. Bemerkenswert ist, dass Dietrich Fischer-Dieskau – trotz hervorragender Kritiken - den Wozzeck wie auch den Dr. Schön in der „Lulu“ nur in wenigen Vorstellungen gesungen hat, und auch nur in Berlin.
„Lulu“ (Alban Berg): Ein Tierbändiger – Benno Kusche / Lulu – Anneliese Rothenberger / Dr. Schön, Chefredakteur – Toni Blankenheim / Alwa, Dr. Schöns Sohn – Gerhard Unger / Gräfin Geschwitz – Kerstin Meyer / Der Maler – Erwin Wohlfahrt / Der Medizinalrat – Ernst Wendt / Schigolch, ein Greis– Kim Borg / Eine Theatergarderobiere – Maria von Ilosvay / Der Theaterdirektor – Karl Otto / Der Prinz, ein Afrikareisender – Jürgen Förster / Rodrigo, ein Athlet – Benno Kusche / Ein Gymnasiast – Elisabeth Steiner / Ein Kammerdiener – Kurt Marschner / Jack the Ripper – Rolf Mamero / Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg / Dirigent: Leopold Ludwig (Hamburg, Staatsoper, 16. bis 19. 2. und 15. 3. 1968). Ein Zusammenschnitt von drei live aufgenommenen Vorstellungen, 1968 von der ‚Electrola‘ auf drei LPs – sogar als Subscriptionsangebot für DM 48,00 statt DM 75,00 – veröffentlicht; 1997 folgte die Ausgabe auf zwei CDs bei der ‚EMI‘.
1967 plante der Regisseur (und ehemalige Hamburger Staatsopernintendant) Günther Rennert eine Neueinstudierung seiner Hamburger „Lulu“-Inszenierung vom April 1957, die er auch beim Gastspiel der Hamburgischen Staatsoper in Montreal zur Weltausstellung (13. bis 18. 6. 1967) und daran anschließend an der Metropolitan Opera in New York (23. 6. bis 2. 7. 1967) präsentieren wollte. Für die Titelrolle wählte er nun nicht Helga Pilarczyk, die seinerzeit international führende „Lulu“-Interpretin (wie auch 1957 in Hamburg), sondern Anneliese Rothenberger, der er schon zehn Jahre vorher die ‚berühmt-berüchtigte‘ Partie angeboten hatte. Anneliese Rothenberger, die zehn Spielzeiten lang (1946-1956) dem Hamburger Ensemble angehört hatte, nahm diesmal an und die Premiere am 25. 4. 1967 wurde zu einem ihrer größten Bühnenerfolge; auch die Kritiken (für je zwei „Lulu“-Vorstellungen) in Montreal und New York waren hervorragend. Mit diesem Gastspiel kehrte Anneliese Rothenberger noch einmal an die ‚Met‘ zurück, an der sie sechs Spielzeiten lang (1960-1966) zum ‚Roster‘ gehört hatte, aber jetzt war es natürlich das am 16. 9. 1966 eröffnete neue Haus der Metropolitan Opera im Lincoln Center, an der die „Lulu“ erst 1977 (in einer eigenen Inszenierung mit Carole Farley unter James Levine) wieder gespielt wurde. Kerstin Meyer, mit der Rolle der Gräfin Geschwitz – u. a. durch die Gastspiele der Hamburgischen Staatsoper in Stockholm (November 1965) und London (Sadler’s Wells Theatre, Mai 1966) - schon länger vertraut, trat als Hamburger Ensemble-Mitglied beim Gastspiel an der ‚Met‘ neben der „Lulu“ auch in den Opern „The Rake’s Progress“ und „The Visitation“ auf. (Den Alwa in den „Lulu“-Aufführungen in Montreal und New York sang übrigens der Tenor Heinz Hoppe.)
„Lulu“ (Alban Berg): Ein Tierbändiger – Arne Tyrén / Lulu – Laila Andersson / Dr. Schön – Rolf Jupither / Alwa – John-Erik Jacobsson / Gräfin Geschwitz – Kerstin Meyer / Der Maler – Gösta Winbergh / Der Medizinalrat – Bo Lundborg / Schigolch – Paul Höglund / Eine Theatergarderobiere – Gunilla Söderström / Der Theaterdirektor – Martti Wallén / Der Prinz – Kolbjörn Höiseth / Rodrigo – Arne Tyrén / Ein Gymnasiast – Margot Rödin / Ein Kammerdiener – Lars Kullenbo / Jack the Ripper – Gunnar Lundberg / Kungliga Hovkapellet / Dirigent: Sixten Ehrling (Stockholm, Operahus, 18. 2. 1977). Das ist ein Premieren-Mitschnitt des Schwedischen Rundfunks. Wie die Hamburger Aufführungsserie, so wurde ebenfalls die Stockholmer Inszenierung (in schwedischer Sprache; Regie: Hans Hartleb) in der damals gebräuchlichen zweiaktigen Fassung des Operntorsos gegeben. Erst am 24. 2. 1979 folgte die Pariser Oper mit der von Friedrich Cerha vervollständigten Version der Oper, was einen längeren Rechtsstreit nach sich zog.
Auf die TV-Sendung der „Lulu“ vom 3. 2. 1970 bei ‚Danmarks Radio‘ mit Birgit Nordin und Kerstin Meyer (Dirigent: Gerd Albrecht; Regie: Götz Friedrich) habe ich bereits im Beitrag Nr. 22 am 15. 6. 2020 detailliert hingewiesen.
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„Les Troyens à Carthage“ (‚Die Trojaner in Karthago‘) (Hector Berlioz): Dido – Kerstin Meyer / Anna – Barbro Ericson / Aeneas – Set Svanholm / Askanius – Busk Margit Jonsson / Panheus – Erik Sundquist / Narbal – Erik Saedén / Iopas – Arne Hendriksen / Hylas – Kolbjörn Höiseth / Kungliga Operans Kör / Chorltg.: Arne Sunnegardh / Kungliga Hovkapellet / Dirigent: Herbert Sandberg (Stockholm, Kungliga Operan, 27. 3. 1958). Bei ‚Caprice‘ wurden 2004 auf schwedisch gesungene Szenen (Dauer ca. 50 Minuten) aus der Generalprobe am 26. 3. 1958 zu diesem zweiten Teil der „Trojaner“ von Berlioz veröffentlicht. Die CD-Box enthält ferner Szenen aus dem ersten Teil „La prise de Troie“ (‚Die Eroberung Trojas‘) - u. a. mit Kjerstin Dellert als Kassandra, Anders Näslund als Choroebus und Arne Tyrén als Priamus – sowie den zweiten Akt aus „Samson et Dalila“ von Camille Saint-Saens mit Blanche Thebom, Set Svanholm und Sigurd Björling unter Herbert Sandberg, in französischer Sprache aufgenommen am 4. 9. 1956. Die Szenen aus den beiden „Trojaner“-Teilen sind auch bei ‚House of Opera‘ in den USA erschienen. (Siehe die Beiträge Nrn. 10 und 13.)
dto.: Dido – Kerstin Meyer / Anna – Josephine Veasey / Aeneas – Jon Vickers / Askanius – Joan Carlyle / Pantheus – Forbes Robinson / Narbal – Joseph Rouleau / Iopas – Kenneth Macdonald / Hylas – John Lanigan / Merkur – Hamish Macmillan / Zwei Wächter – Gwyn Griffiths und Rhydderch Davies / Der Geist des Priamus – Rhydderch Davies / Der Geist des Choroebus – John Shaw / Der Geist des Hektor – David Kelly / Der Geist Kassandras – Kathleen Dunkerley / The Chorus and Orchestra of the Royal Opera House, Covent Garden / Chorltg.: Douglas Robinson / Dirigent: John Pritchard (London, Royal Opera House, Covent Garden, 10. 5. 1960). Auch der erste Teil „La prise de Troie“ wurde an diesem Abend aufgeführt; u. a. sangen Amy Shuard die Kassandra, John Shaw den Choroebus und Rhydderch Davies den Priamus. Der komplette Mitschnitt wurde vom ‚Omega Opera Archive‘ in den USA veröffentlicht.
„Rosamunde Floris“ (Boris Blacher): Rosamunde – Stina-Britta Melander / William – Thomas Stewart / Herr Bendler – Peter Roth-Ehrang / Frau Bendler – Alice Oelke / Erwin und Bruno, deren Söhne– Karl-Ernst Mercker und Helmut Krebs / Wanda, eine Krankenschwester, die Verlobte von Bruno – Kerstin Meyer / Der Wächter im botanischen Garten – Leopold Clam / Der Gefängnisdirektor – Hanns Pick / Das Orchester der Städtischen Oper Berlin / Dirigent: Richard Kraus (Berlin, Theater des Westens, 21. 9. 1960, Uraufführung). Der Komponist schrieb hierzu im Programmheft: „Ein Naturwesen, eine Fee, die jenseits von Gut und Böse ist, mit den Menschen und den dazugehörigen moralischen Begriffen zu konfrontieren, war für mich der Reiz, dieses Werk zu komponieren.“ (Allerdings war dieser Oper kein nachhaltiger Erfolg beschieden, trotz der Regie Erwin Piscators, der hier erstmals eine Oper inszenierte, und der eindrücklichen Leistung der beteiligten Sänger bei der Uraufführung.)
Das Textbuch zu dieser Oper von Boris Blacher (1903-1975) verfasste Gerhart von Westermann nach einem Schauspiel des expressionistischen Dramatikers Georg Kaiser, der auch für drei Opern Kurt Weills die Texte schrieb. Rosamunde – eine Mischung von Melisande und Lulu - kann ihren Geliebten, den Abenteurer William, nicht halten, der ein ungebundenes Leben führen möchte. Sie verschweigt dem Mann, dass sie von ihm ein Kind erwartet. Rosamunde, eine Waise, versucht den jungen Erwin zu verführen, um ihm das noch ungeborene Kind unterschieben zu können. Doch er stirbt durch einen Unfall, als er Rosamundes heftigem Begehren zu entkommen versucht. Sie behauptet nun Erwins Familie gegenüber, von ihm schwanger zu sein, worauf Erwins älterer Bruder sein Verlöbnis mit Wanda löst und Rosamunde heiratet, um seine Familie vor übler Nachrede zu bewahren. Als Wanda hinter das Geheimnis kommt, stößt Rosamunde sie von einer hohen Gartenmauer. Doch Wanda hat alles aufgeschrieben und als Bruno Rosamunde zur Rede stellt, versucht sie, ihn zu töten. Schließlich stellt sich Rosamunde der Polizei und wird des Mordes angeklagt. (In Kaisers 1953 - acht Jahre nach seinem Tod - uraufgeführten Drama stirbt Bruno allerdings an seiner Vergiftung und Rosamunde ertränkt ihr Kind, weil es braune Augen hat und nicht blaue wie Erwin.)
„The Rape of Lucretia“ (Benjamin Britten): Male Chorus – Ronald Dowd / Female Chorus – Sylvia Fisher / Collatinus, a Roman General – Forbes Robinson / Lucretia, his wife – Kerstin Meyer / Bianca, Lucretia’s nurse – Helen Watts / Lucia, Lucretia’s maid – Elizabeth Vaughan / Tarquinius, son of King Tarquinius Superbus – Peter Glossop / Junius, a Roman General – John Shirley-Quirk / Chorus and Orchestra of The English Opera Group / Dirigent: Meredith Davies / Regie: Colin Graham (Edinburgh, King’s Theatre, 20. 8. 1963). Eine Aufführung im Rahmen des ‚Edinburgh Festivals 1963‘; vermutlich gab es davon eine Rundfunkübertragung der schottischen BBC.
Carlo