Das Vinyl-Idyll: Krudes, Kurioses und Wunderschönes in Plattenform

  • Liebe Musikfreunde,


    da ich Moment wieder meine Plattensammlung rauf-und runterhöre, und zum Teil digitalisiere, möchte ich hier immer wieder mal die ein- oder andere Platte vorstellen, die heraussticht.


    Natürlich interessieren mich auch Eure Schallplattenfunde; egal ob neu oder alt, Klassik, Jazz oder Sonstiges, ob billiger Flohmarkt-Fund oder sündhaft teure Sonderpressung, Dinge die es schon längst auf CD gibt, und die ihr dennoch lieber in Vinyl hört, oder Entlegenes, dass nur als Schallplatte erhältlich ist:


    hier können bemerkenswerte Schallplatten aller Art vorgestellt werden. Kommentare aller Art natürlich herzlich willkommen. Die Welt ist eine Scheibe! Und zwar eine aus Vinyl.

  • Dufte - knorke - schnafte: Berliner Originale


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    https://www.amazon.de/Dufte-Kn…challplatte/dp/B004VLY3IY


    Hier findet sich ein buntes Sammelsurium von Bekanntem und Entlegenem, typische Berliner Schnauze, Kleinkunst, Chansons, auch Hochrangiges und künstlerisch Wertvolles. Von Claire Waldoff bis Richard Tauber. Für mich als Nicht-Berliner eine hochinteressante Fundgrube, viele Namen sind neu und laden zur Entdeckung ein.


    Nie als CD erschienen, soweit ich weiß; zumindest hier auf youtube nachzuhören:


  • Manchmal staunt man schon über die allgemeiner Wertschätzung und Verachtung, die dem Vinyl gleichzeitig entgegengebracht wird.


    Als heute meine Frau im Schuhgeschäft nach edlem Schauwerk Ausschau hielt, verdrückte ich mich in eine stille Ecke, um mir die Zeit mit dem Durchforsten von ebay-Kleinanzeigen zu vertreiben. Jemand hatte wenige Stunden zuvor ein ganzes Bündel Klassikschallplatten eingestellt - zum Verschenken! Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, und der sehr freundliche Herr, der die Platten geerbt hatte und damit nichts anfangen konnte, überließ sie mir gerne.


    So erhielt ich auch eine Gesamtaufnahme von Karajans Einspielung aller Beethoven-Symphonien aus dem Jahr 1963. Zwar besitze ich die Aufnahmen schon seit langem auf CD und teilweise auch schon auf Vinyl; dennoch habe ich mich sehr über diesen Schuber mit all den LPs sehr gefreut, zumal manche in auch noch besserem Zustand sind, als die Exemplare, die ich bereits besitze.


    Genau dieselben Schallplatten sind 2020 nochmals erschienen, und können zu knapp unter 100 Euro erworben werden:



    Verrückte Welt. Hier für 0 Euro vor der Mülltonne gerettet, dort kann man die Neupressung für viel Geld kaufen, noch weitaus teurer als die CDs...


    Ich jedenfalls lausche und freue mich königlich.

  • Lustig, diese Ecke. Ich besitze tatsächlich noch ein paar Platten, die ich momentan nicht mehr hören kann, weil mein Plattenspieler eingemottet ist.


    Raimund Havenith hat in den Achtzigern eine Platte mit Musik von Louis-Moreau Gottschalk eingespielt, die mich zu seiner Zeit sehr beeindruckt hat. Ganz anders als das öffentliche Urteil damals, handelt es sich gerade nicht um Salonkompositionen, sondern um höchst originelle Werke, die vielleicht schon Bartoks und Kodalys Idee mit der Volksmusik vorwegnehmen.




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    Havenith spielt diese Musik sehr gefühlvoll, rhythmisch klar und mit Sinn für ihr "Klingeln", was dieser Interpretation ihren Reiz verleiht. Leider ist sie wohl nie auf CD erschienen.

  • Lieber astewes,


    ganz herzlichen Dank für Deinen Beitrag, Gottschalk kenne ich tatsächlich nur in Form einer CD-Einspielung aus dem Hause Naxos:



    Sehr schöne, eigenwillige, farbenreiche Musik, die bei mir auf Vinyl noch nicht vertreten ist. Ich kann Dich auch nur animieren, den Schallplattenspieler wieder "auszumotten", ich schwelge derzeit in Vinyl, und habe größte Freude daran.


    Derzeit lausche ich der ganz wunderbaren Einspielung des Mozart Requiems unter dem Dirigat von Hermann Scherchen, die auch auf CD erschienen ist, allerdings bei JPC derzeit nicht verfügbar ist. Die Aufnahme besticht durch sehr getragene, jedoch niemals schleppende Tempi, die das Requiem in großer Erhabenheit, verinnerlichter Trauer und Ergriffenheit erklingen lassen, ohne jeden Bombast, Larmoyanz oder Schwerfälligkeit. Auch ganz herausragend die Solisten, u. a. Sena Jurinac bilden ein Vokalensemble vom Feinsten. Die Schallplatte ist auch klanglich sehr erfreulich, eingedenk der Tatsache, dass sie aus dem Jahre 1958 stammt. Eine ganz famose Einspielung.


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  • Für Freunde des Analogen gibt es demnächst eine direkt-geschnittene Schallplatte mit 2 Streichquartetten von Erich Wolfgang Korngold. Es spielt das Alma Quartett.



    Mit 39,90 nicht ganz billig, aber diese Scheiben können nach Ausverkauf durchaus im Wert steigern.


    Auch die nächste Scheibe des Vision String Quartet erscheint auf schwarzem Gold.


  • Da fiel mir doch gestern noch so ein Solitär bei mir ein. Die Structures von Pierre Boulez einspielt vom Duo Kontarsky aus dem Jahre 1965. So einen Aufwand betrieb Wergo damals.


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    auch ein spannend zu lesender Text, mit dem man sich wirklich beschäftigen konnte. Ich besitze noch Stockhausens Kontakte in diesem Format. Wer glaubt, dass Qualität ihren Preis haben muss, wird durch discogs eines besseren belehrt :/

  • Einen tollen Solitär besitzt du da, meister astewes. Wenn ich der Platte genau so zugeneigt wäre, wie der CD, deine Ausgabe hätte auch den Weg zu mir gefunden. Seit 1962 leistet WERGO hervorragende Arbeit im Veröffentlichen zeitgenössischer Musik. WERner GOldschmidt, seines Zeichens Kunsthistoriker und Sammler legte damals zusammen mit dem Musikwissenschaftlicher Helmut Kirchmayer den Grundstein zu dem Label, das später bekanntlich komplett von Schott übernommen wurde. Vorallem Hindemith und Ligeti wurde mir durch das Label nahegebracht, aber abgesehen davon gibt so viel mehr und interessantes bei WERGO zu erkunden.


    Für Freunde neuer Musik eigentlich bis heute unverzichtbar.

  • Esa Pekka-Salonen schrieb sein Cellokonzert 2017 für YoYoMa und spielte es auch mit ihm in LA live ein. Neben der üblichen CD gibt es auch eine sauber gepresste Vinylscheibe, die ich seit gestern mein eigen nenne und heute zum ersten Mal gehört habe. Salonen ist ein Klangsensualist und bedient sich ziemlich hemmungslos einer spätromantisch-impressionistischen Klangsprache in heutigem Gewande. Lediglich der dritte Satz ist durch die Verwendung diverser Perkussionsinstrumente etwas knorriger. Nichts für strenge Avangardisten. Aber zu denen zähle ich mich bekanntlich auch nicht.;)