Gaetano Donizetti ( 1797 – 1848 )
Gianni di Parigi
(Johann von Paris)
Melodrama in zwei Akten
Libretto: Felice Romani nach Claude Godard d'Aucourt de Saint-Just
Originalsprache: Italienisch
Uraufführung: Mailand 1839
PERSONEN DER HANDLUNG
Die Prinzessin von Navarra, Sopran
Ihr Haushofmeister, Bass
Prinz Gianni di Parigi, Tenor
Oliviero, Giannis Page, Alt
Pedrigo, Gastwirt, Bass
Lorezza, seine Tochter, Mezzosopran
Angestellte des Gasthauses, Gefolge des Prinzen und der Prinzessin, Landleute
Ort und Zeit der Handlung: Gasthaus zur Post in einen Dorf in Navarra, 17. Jahrhundert
INHALTSANGABE
ERSTER AKT
1. Bild: Ein Saal im Gasthaus
Die Tochter des Wirts, Lorezza, und die Angestellten des Gasthauses bereiten den Saal für die Ankunft der Prinzessin von Navarra vor, die das Haus für einen Aufenthalt gemietet hat. Man weiß aber noch nicht, wann sie eintreffen wird.
Der Wirt Pedrigo kommt wütend herein, hinter ihm Oliviero, der Page Giannis. Oliviero möchte Zimmer für seinen Herrn, den er als Bürger von Paris vorstellt, mieten. Doch Pedrigo lehnt vehement ab und will ihn fortschicken: Alle Zimmer seien vergeben. Auch Lorezza bittet den Vater, den jungen Mann wenigstens hier bis zur Ankunft seines Herrn warten zu lassen. Aber Pedrigo schickt sie und die Angestellten in die Küche.
Oliviero, der noch bleibt, und damit den Wirt noch wütender macht, beruft sich darauf, dass das Gasthaus für jedermann offen sei. Da meldet ein Diener, dass ein Reitertrupp sich nähere. Auch Lorezza ist wieder hereingekommen. Der Wirt ist erstaunt über den prunkvollen Zug, in dem er die Prinzessin vermutet. Es stellt sich aber dann heraus, dass es sich um den „Bürger von Paris“ handelt. Oliviero fordert den Wirt auf, mit seinem Herren selbst zu sprechen.
Gianni tritt mit Gefolge ein. Er lobt die schöne Herberge. Doch Pedrigo klärt ihn auf, dass das ganze Haus bereits an die Prinzessin von Navarra vergeben sei. Als Gianni nach dem von ihr gezahlten Preis fragt, bietet er das Doppelte, was die Entschlusskraft des Wirtes wanken lässt.
Gianni fordert ihn auf, ein Essen für ihn und sein Gefolge richten zu lassen, und Pedrigo geht mit Lorezza ab, um es vorzubereiten.
Gianni und Oliviero unterhalten sich unterdessen über das Vorhaben Giannis, der seiner Verlobten, der Prinzessin von Navarra, die er noch nicht kennt, entgegen gereist ist. Er möchte sie zunächst anonym kennenlernen. Oliviero geht, um das Abenteuer vorzubereiten.
Der Wirt kommt wieder aufgeregt herein. Es sei ein Hindernis aufgetreten. Der Haushofmeister der Prinzessin nähere sich und Gianni müsse mit seinem Gefolge sofort verschwinden. Doch dieser entgegnet, dass er hier sehr gemütlich sitze.
Der Haushofmeister der Prinzessin tritt auf. Er beginnt sofort, seine Anordnungen zu treffen, was den Wirt in arge Bedrängnis bringt. Vor lauter Verlegenheit bittet der Wirt den Haushofmeister, mit Gianni selbst zu sprechen. Der Haushofmeister verhält sich ablehnend: Was will dieser Mensch? Wer ist er überhaupt? Gianni stellt sich ihm als Bürger von Paris vor. Der Wirt gibt an, dass der Fremde das Gasthaus besetzt habe. Der Haushofmeister fordert Gianni auf, sofort zu verschwinden. Gianni erklärt, er werde mit seinem Gefolge zuerst essen. Der Haushofmeister ist wütend. Darf er sich so etwas in seinem Rang bieten lassen? Der Wirt steht schockiert da, und Gianni amüsiert sich.
Man hört das Geräusch von Rädern. Der Haushofmeister wird immer nervöser, doch Gianni erklärt ruhig, er werde zum Essen bleiben. Der Wirt versucht noch einmal, Gianni zum Fortgehen zu drängen, doch dieser bleibt hart. Pedrigo entschuldigt sich bei dem Haushofmeister, er sei überrumpelt worden.
2. Bild: Hof im Gasthaus
Die Prinzessin ist angekommen und wird von ihrem Gefolge und den Angestellten Pedrigos freudig begrüßt. Sie schwärmt von den Annehmlichkeiten ihrer Reise, vor allem aber auch, weil sie sich auf das noch vor ihr liegende Ziel, ihren Verlobten endlich kennenzulernen, freut. Dann fragt sie den Haushofmeister, ob alles für ihren Aufenthalt eingerichtet ist.
Dieser ist sehr empört, denn ein gewöhnlicher Bürger habe das Lokal in Anspruch genommen, was die Prinzessin originell findet.
Nun erscheint Oliviero. Der Haushofmeister ist wütend: Wie kann ein solch gewöhnlicher Mensch wie der Diener eines gemeinen Bürgers es überhaupt wagen, sich vor der Prinzessin blicken zu lassen?Oliviero verkündet, dass sein Herr der Prinzessin das beste Appartement anbiete. Die Prinzessin nimmt das Angebot an und schickt ihren völlig verstörten Haushofmeister, dem fremden Herrn ihren Dank zu sagen.
3. Bild: wie Bild 1
Pedrigo äußert Lorezza gegenüber, dass der Haushofmeister ihn mit dem Tode bedroht habe. Doch diese tröstet ihn: Es sei ein großer Unterschied zwischen Wort und Tat. Er schwört jedenfalls, nie wieder Hoheiten zu beherbergen.
Der Haushofmeister kommt mit der Prinzessin. Er ist mit dem Kompromiss nicht einverstanden und befürchtet den Verlust ihrer Ehre. Doch sie ist anderer Ansicht: die Ehre verschwinde nicht so schnell. Da macht er sie auf einen erneuten Missstand aufmerksam: sie werde nichts zu essen bekommen. Auch das regt die Prinzessin nicht auf: Dann reisen wir eben ohne zu essen weiter. Der Haushofmeister will sich mit dieser Ungerechtigkeit nicht abfinden.
Oliviero tritt ein und trägt die Bitte seines Herrn vor, die Prinzessin kennenzulernen. Gegen den ausdrücklichen Einspruch des Haushofmeisters gewährt die Prinzessin die Bitte. Der Haushofmeister ist entsetzt, dass sie sich mit einem „solch niederen Menschen" einlassen will. Sie solle ihn fortjagen.
Gianni, der die Worte des Haushofmeister beim Eintreten mitgehört hat, amüsiert sich darüber. Die Prinzessin, Gianni, der Haushofmeister und Pedrigo äußern je für sich ihre Gedanken: Die Prinzessin hat an Giannis Verhalten sofort erkannt, dass er ihr Verlobter ist, aber sie will erst das Versteckspiel genießen. Gianni, der ja durch den Wirt weiß, dass es die Prinzessin ist, bewundert ihre Schönheit und ihren Edelmut. Der Haushofmeister erwägt, die Verletzung der Ehre der Prinzessin werde der bürgerliche Schlingel bezahlen müssen. Pedrigo hingegen befürchtet, dass das Geschehen in einem Fiasko enden werde. Unterdessen macht sich Oliviero an die schöne Wirtstochter heran.
Gianni lädt nun die Prinzessin zum Essen ein. Der Haushofmeister will sie davon abhalten, aber die Prinzessin gibt ihre Zustimmung, ohne durchblicken zu lassen, dass sie Gianni durchschaut hat. Der Haushofmeister ist außer sich über die Frechheit dieses „Bürgers“: „Wache oder träume ich?“ Alle außer ihm aber freuen sich auf das bevorstehende Mahl.
ZWEITER AKT
1. Bild: Speisekammer neben der Hotelküche
Der Haushofmeister beschwert sich bei Oliviero und Lorezza, dass das Essen noch nicht fertig ist. Oliviero vertröstet ihn: Das dauere höchstens noch eine Stunde. Er geht mit Lorezza ab.
So lange will der Haushofmeister nicht warten. Er ruft nach dem Wirt und erklärt ihm, nachdem er seinen Rang betont hat, er wolle mit einem vulgären Bürger nicht essen. Er bittet Pedrigo, ihm das Essen hier in der Speisekammer zu servieren. Der Wirt bedauert: In diesem Fall könne er ihm lediglich ein bescheidenes Essen bieten. Es sei nur noch etwas Käse und Brot in der Speisekammer. Alles andere habe der Koch des „Bürgers“ verwertet. Auch damit will sich der Haushofmeister zufrieden geben, um „seine Ehre zu wahren“. Doch der Wirt schürt seinen Appetit: Er versäume ein fürstliches Essen. Dabei zählt er ihm all die feinen Sachen auf, die Gianni hat anrichten lassen. Der Haushofmeister wird immer unschlüssiger. Schließlich will er dann doch mit den anderen speisen, unter der Bedingung, dass er selbst die Prinzessin bediene. Seine Gegenwart wäre eine hohe Ehre für diesen Bürger.
2. Bild: Garten am Gasthaus, festlich geschmückt.
Das Gefolge der Prinzessin und Giannis preist den schönen Tag und die Prinzessin als „Göttin des Tages“.
Gianni tritt auf und singt von seinem Glück: Mit dieser Prinzessin wolle er leben und sterben. Dann kommt auch die Prinzessin mit dem Haushofmeister. Beide sind erstaunt über die Üppigkeit des Mahls.
Der Wirt fordert die Gäste auf, Platz zu nehmen, wobei er Gianni an die rechte und den Haushofmeister an die linke Seite der Prinzessin setzt. Vor dem Festmahl will Gianni den Gästen noch etwas Musikalisches bieten.
Der Haushofmeister ist anderer Meinung: Musik könne man nicht essen. Darum beginnt er bereits mit dem Mahl. Gianni fordert Oliviero auf, ein provenzalisches Lied zu singen. Währenddessen beginnen anwesende Bauernmädchen zu tanzen. Nach dem Tanz lobt die Prinzessin den „Bürger“ für das festliche Arrangement. (Sie gibt noch nicht zu erkennen, dass sie weiß, wer er ist). Dann fragt sie den Haushofmeister, wie es ihm gefalle, und er muss zugeben, dass sich seine Meinung langsam ändere. Vor allem aber lobt er den Koch des „Bürgers“.
Gianni bringt einen Trinkspruch auf die Prinzessin aus und alle rufen „Evviva“. Alle – auch der Haushofmeister – singen einen Lobgesang nicht nur auf ihre Schönheit sondern vor allem auf ihr nobles Verhalten. Gianni und die Prinzessin aber schwärmen jeder für sich von der geliebten Person des Anderen.
3. Bild: Zwischen den Appartements
Gianni und die Prinzessin haben sich heimlich aus ihren Zimmern geschlichen. Gianni denkt darüber nach, sein Spiel aufzugeben. Doch die Prinzessin tut weiterhin so, als ob sie seine Identität nicht kenne. Im Verlauf des Gesprächs erzählt sie ihm, dass sie plane, sich zu verheiraten. Seine Gestaltung des Mahles habe ihr so gut gefallen; sie wünsche nun, dass er auch ihr Hochzeitsfest ausrichte. Er hält dies zwar für ehrenvoll, aber als sie von dem ihm unbekannten Prinzen spricht, den sie in ihren Gedanken hege, erschrickt er. Auf die Frage, warum dieser Prinz nicht bei ihr sei, antwortet sie, er sei ganz in ihrer Nähe. Da erkennt er endlich, dass sie ihn durchschaut hat. Er fällt ihr zu Füßen und sie hebt ihn liebevoll zu sich empor.
4. Bild: Garten wie Bild 2
Das Gefolge Giannis und der Prinzessin singt ein Lied auf die Freuden der Liebe. Oliviero meldet, dass alles zur Abreise vorbereitet sei. Auch der Wirt meldet der Prinzessin, dass die Kutsche für ihre Weiterfahrt bereitstehe. Nun verkündet Gianni allen, dass er der Bräutigam der Prinzessin sei. Der Haushofmeister ist verwirrt. Die Prinzessin bestätigt, dass dieser liebenswerte Franzose ihr Bräutigam sei, was den Haushofmeister noch mehr aus der Fassung bringt. Da gibt sie bekannt, dass Gianni der Kronprinz Frankreichs sei. Der Haushofmeister entschuldigt sich, und die Prinzessin fragt ihn, ob er ihr Verhalten jetzt billige.
Dann schildert sie ihre Freude über ihr zukünftiges Leben mit Gianni. Die Oper endet mit einem Glückwunsch aller an das Paar.
