DONIZETTI, Gaetano: ENRICO DI BORGOGNA

  • Gaetano Donizetti ( 1797 – 1848 )

    Enrico di Borgogna

    (Heinrich von Burgund)


    Melodramma per musica

    Libretto: Bartolomeo Merelli

    Originalsprache: Italienisch


    Uraufführung: Venedig 1818


    PERSONEN DER HANDLUNG

    Enrico, Graf von Burgund, Contraalt

    Elisa von Hallivi, seine Geliebte, Mezzosopran

    Geltrude, ihre Vertraute, Sopran

    Guido, Gewaltherrscher in der Grafschaft Burgund, Tenor

    Gilberto, Hofnarr bei Guido, Bass

    Pietro, Bewohner einer Hütte am Fuß der Alpen, ehemals Leibwächter beim Grafen von Burgund, Tenor

    Brunone, Leibwächter von Guido, heimlicher Freund von Pietro, Bariton

    Nicola, Nachbar und Freund von Pietro, Bass

    Hirten, Pagen und Höflinge, Bürger, Wachen, Hofdamen


    Ort und Zeit der Handlung: Am Fuß der Alpen und in Arles, Mittelalter


    VORGESCHICHTE:

    Der alte Graf von Burgund, Enricos Vater, ist von seinem Bruder ermordet worden. Dieser hat die Herrschaft an sich gerissen. Der Leibwächter Pietro konnte mit Hilfe des Höflings Brunone mit dem Enrico, der zu dieser Zeit noch ein Knabe war,fliehen. Auf der Flucht ist Pietros Frau getötet worden. Pietro hat Enrico im Laufe der Jahre wie einen eigenen Sohn großgezogen. Enrico ist inzwischen herangewachsen.Der Mörder ist inzwischen gestorben und hat die Herrschaft seinem Sohn Guido übertragen. Brunone ist es gelungen, als Leibwächer eine Vertrauensstellung bei Guido, dem neuen tyrannischen Herrscher des Burgunderreiches, zu erlangen.


    INHALTSANGABE


    ERSTER AKT

    1. Bild: Hütte am Fuß der Alpen mit Obstgarten. Daneben ein Grab.

    Nicola, der Nachbar von Pietro, und Hirten steigen von den Bergen herab und begrüßen den Morgen. Pietro kommt aus der Hütte, geht zu dem Grab und beweint den Tod seiner geliebten Frau. Nicola und die Hirten versuchen vergeblich, ihn zu trösten. Dann verlassen die Hirten – außer Nicola – den Ort, um sich an ihre Arbeit zu begeben.

    Nicola versucht noch einmal, Pietro ein wenig aufzuheitern.Unvermittelt kommt Pietro auf Enrico zu sprechen. Als sein Nachbar Näheres wissen möchte, verfällt er jedoch wieder in seine Trauer. Dann zieht er sich in seine Hütte zurück.Nicola befürchtet, dass sich Pietros Gram mit der Zeit noch verschlimmern wird.

    Nachdem auch Nicola gegangen ist, kommt Enrico vom Angeln zurück. In einer Arie klagt er über den Verlust seiner Geliebten Elisa, die er hier beim Ausflug einer Jagdgesellschaft kennen und lieben gelernt hat.

    Pietro kommt wieder heraus und begrüßt Enrico als seinen Sohn. Enrico hat die Ruhe und das einfache Leben in den Bergen satt. Er sehnt sich nach Abenteuern. Im Vergleich mit den Kirschen im Obstgarten, die noch nicht reif sind, mahnt ihn Pietro, abzuwarten, bis die Zeit für Abenteuer reif ist. Enrico geht.

    Da tritt der Höfling Brunone auf. Er redet Pietro mit seinem ursprünglichen Namen Cavaliere di Bonsteten an. Die Freunde erkennen und umarmen sich. Dann berichtet Brunone, dass der Mörder des Grafen inzwischen gestorben sei und die Herrschaft seinem Sohn Guido übertragen habe. Das unterdrückte Volk hoffe, dass Enrico wiederkehre und rechtmäßiger Herrscher werde. Er, Brunone, sei Mitglied einer Verschwörung gegen den neuen Tyrannen. Pietro ruft Enrico.

    Enrico sieht erstaunt den Fremden. Da klärt Pietro Enrico über seine wahre Herkunft auf. Er selbst sei nicht sein Vater. Enricos Vater sei der Graf von Burgund gewesen und von dessen eigenem Bruder ermordet worden. Pietro und Brunone müssten sich nun vor ihm als Thronfolger verneigen. Jetzt sei es an der Zeit, seinen Vater zu rächen und den Unwürdigen zu vertreiben. Enrico ist sofort zur Tat bereit und Pietro übergibt ihm das Schwert seines Vaters, des alten Grafen. Enrico, Pietro und Brunone stimmen einen Freudengesang auf den glücklichen Tag an und bejubeln schon den kommenden Sieg.


    2. Bild: Großer Saal im Schloss der Grafen von Burgund in Arles

    Der Hofnarr Guidos, Gilberto, schwärmt in einer großen Arie von seinem Beruf, der kein Studium erfordert und trotzdem gut bezahlt wird.

    Guido tritt ein. Er befragt den Hofnarren, wie das Volk über seine Herrschaft denkt. Gilberto schmeichelt ihm zunächst, aber Guido erkennt, dass er ihm nicht die Wahrheit sagt. Er schickt den Hofnarren fort, mit dem Auftrag, herauszufinden, wer ihm wohl feindlich gesinnt sei.

    Als Gilberto gegangen ist, wird Guido klar, dass er wohl viele Feinde hat. Er denkt auch über die Heirat mit Elisa von Hallivi, die er begehrt, nach.


    3. Bild: Zimmer der Elisa im Schloss

    Der Chor der Adligen versucht Elisa aufzuheitern, aber sie bleibt traurig. Als Geltrude, ihre Vertraute, kommt, gibt Elisa dem Chor ein Zeichen, zu gehen. Geltrude versucht den Grund von Elisas Trauer herauszufinden. Sie glaubt ihn im Tod von Elisas kürzlich gestorbenem Vater zu sehen. Doch Elisa gesteht, dass der Grund tiefer liegt. Sie habe auf einem Ausflug mit ihrem Vater in den Alpen einen Hirten kennen gelernt. Dabei habe sie sich in den Hirten und der sich in sie verliebt.

    Nun habe jedoch Guido um sie geworben. Aber die Aussicht auf eine Heirat mit dem Tyrannen sei ihr verhasst.

    Sie will gehen, aber der eintretende Guido hält sie auf. Er eröffnet Elisa, dass er sie noch heute heiraten werde. Sie weigert sich und erklärt ihm, dass er ihr ein Gräuel sei, aber er setzt sie unter Druck: Bei der Pracht, die der Thron verspricht, werde sie ihren Sinn schon noch ändern. Doch sie beteuert, dass aller Prunk ihre Gefühle für ihn nicht wandeln könne

    Elisa und Guido gehen ab. Die zurückbleibende Geltrude bedauert die Freundin um ihr Schicksal.


    4. Bild: Großer Platz in Arles mit Kirche

    Mädchen schmücken die Straße mit Girlanden. Die Höflinge sowie Gilberto und Brunone gehen Guido und Elisa voraus. Elisa, von Geltrude gestützt, zeigt ihre Abscheu und Verzweiflung. Der Chor singt ein Loblied auf Liebe und Heirat.

    Als Elisa die Treppe zur Kirche hinaufsteigt, entdeckt sie Enrico und Pietro in der Menge und fällt Geltrude zur Bestürzung aller ohnmächtig in die Arme. Guido wendet sich an Enrico: Er möge aufdecken, was er hier wolle. Pietro und Brunone versuchen Enrico davon zurückzuhalten, sich jetzt schon zu offenbaren. Als aber Guido Elisa auffordert, nun endlich mit ihm die Trauung zu vollziehen, kann Enrico seinen Zorn nicht mehr zurückhalten. Guido, der bereits einen Verdacht hegt, fordert ihn und Pietro auf, die Stadt sofort zu verlassen. Da zieht ein Gewitter auf und die Hochzeit muss verschoben werden.


    ZWEITER AKT

    1. Bild: Vom Schloss entfernter Ort. Nacht

    Brunone trifft sich mit den Verschwörern und verkündet ihnen, dass Enrico angekommen ist. Die Freude ist groß.

    Dann kommt auch Pietro hinzu. Brunone stellt ihn als Cavaliere di Bonsteten vor, Pietro erzählt, dass er den jungen Grafen einst retten konnte. Jetzt werde die Rache folgen. Pietro würde gern sein Leben dafür geben, könnte er den Triumph Enricos auch nur für einen kurzen Augenblick genießen.


    2. Bild: Großer Saal wie 1. Akt, Bild 2

    Enrico schleicht sich in Rüstung in den Saal. Er glaubt, dass Elisa ihm untreu geworden ist, will sie aber noch einmal sehen und dann sterben. Er wird vom Hofnarren Gilberto entdeckt. Enrico zieht den Dolch und droht dem Narren mit dem Tode, falls dieser ihn verrate. Er erklärt ihm, dass er Elisa aufsuchen will und Gilberto muss ihm zusichern, dass er ihm das Zimmer der Geliebten zeigen werde. Der Hofnarr hat Angst vor Guido, dass dieser ihn töten werde, wenn man Enrico hier entdeckt. Enrico verspricht, ihn zu verteidigen. Als man Geräusche hört, schiebt Gilberto Enrico durch eine Tür in ein angrenzendes Zimmer.

    Dann tritt Guido auf. Er befiehlt dem Hofnarren, Elisa herbeizurufen. Gilberto geht, zitternd vor Angst, dass Enrico entdeckt werden könne.

    Guido überlegt: Wenn Liebe nicht helfe, müsse es Zwang sein. Als Elisa kommt, fordert er von ihr, sie möge noch einmal ihre Haltung überdenken, aber sie erklärt ihm schroff, dass sie ihn hasse. Wütend bedroht er sie nun mit dem Tode. Aber den fürchtet sie weniger als ein Leben mit ihm. Sie werde nicht klagen, aber ihm würde es nicht zum Ruhm gereichen, eine schwache Frau getötet zu haben.

    Nach ihrem Fortgang meint Guido, dass sie ihm wohl kaum Widerstand leisten könne. Er befiehlt Gilberto, mit Brunone das Fest für den morgigen Tag auszurichten. Dann geht auch er.

    Gilberto versteht das ganze Durcheinander nicht: Guido will sie heiraten, aber Elisa will die ihr angebotene Hand nicht nehmen. Dann zeigt er Enrico den Weg zum Zimmer der Elisa. In einer Arie sinniert er über das Wesen der Frauen, die nur Unordnung schaffen.


    3. Bild: Zimmer der Elisa wie Akt 1, Bild 3

    Elisa ist allein und beklagt ihr Schicksal. Da tritt Enrico ein. Als man Schritte hört, will sie ihn sicherheitshalber fortschicken, doch er bleibt, schließt aber sein Visier.

    Zunächst kommt der Hofnarr, der Enrico auffordert, schnell zu verschwinden. Als aber unmittelbar danach Guido eintritt, muss Gilberto so tun, als habe er ihn erwischt und wolle ihn nun aufhalten. Guido herrscht sofort Elisa an:“Hab' ich dich endlich erwischt“. Auf seine Frage an Enrico, wer er sei, antwortet dieser nur: „Dein Feind.“ Elisa will die alleinige Schuld auf sich nehmen.

    In diesem Augenblick erscheint Brunone mit den Höflingen und Wachen, zwischen ihnen verborgen auch Pietro. Guido will Enrico und Elisa verhaften und töten lassen. Da gebietet Pietro Halt. Enrico hebt das Visier und gibt sich zu erkennen. Guido muss einsehen, dass seine Herrschaft in Gefahr ist, und er befiehlt den Wachen, die Fremden (Enrico und Pietro) hinrichten zu lassen.

    Der Hofnarr wundert sich über den Verlauf der Dinge. Pietro und Enrico gehen, begleitet von den Höflingen und Wachen, Guido mit Gilberto und Brunone.

    Elisa ist verzweifelt. Da meldet Geltrude, dass die beiden Fremden gerettet wurden und Guido vergebens versucht habe, sie einzuholen.

    Nachdem Elisa gegangen ist, stürzt Guido mit Wachen wutschnaubend herein. Er macht den Wachen Vorwürfe, dass sie die Fremden haben laufen lassen. Er erkennt nun, dass er das Spiel verloren hat. Als man Lärm hört, berichten die Wachen, dass das Volk Enrico zujubele und dessen Getreue das Schloss stürmten.

    Nach ihrem Weggang hört man noch einmal die Vivatrufe des Volkes. Geltrude kommt allein und schildert ihre Eindrücke vom Klange der Waffen und den Freudenrufen.


    4. Bild: Platz in Arles wie Akt 1, Bild 4

    Bürger und Soldaten begrüßen den Sieg Enricos und fordern Rache an dem Tyrannen. Enrico wird in feierlichem Zug vom Adel und der Armee hereingeführt. Er begrüßt das Volk, drückt seine Freude aus und hofft auf eine friedliche gemeinsame Zukunft. Gleichzeitig verkündet er Waffenstillstand zwischen sich und den ehemaligen Feinden. Dann kommen auch Elisa und Geltrude, geleitet von Pietro, Brunone und Gilberto. Die Liebenden sind glücklich, wieder miteinander vereint zu sein. Die Oper endet mit einem gemeinsamen Chor aller:


    „Talor per nebbia impura

    La fronte al sol s'oscura

    Ma di più luce adorna,

    Ritorna a scintillar“ 1)


    1) Manchmal verdüstert unreiner Nebel das Antlitz der Sonne.

    Doch bald schmückt sie sich mit Licht und kehrt zum Strahlen zurück

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Anmerkungen:
    Enrico di Borgogna war die dritte Oper Donizettis, aber die erste, die aufgeführt wurde. Seine erste Oper „Il Pigmalione“, die 1816 entstand, wurde erst 1960 in Bergamo uraufgeführt. Die Partitur zu seiner zweiten Oper „Olimpiade“, die wohl nie aufgeführt wurde, ist verschollen. Einen Mitschnitt der Aufführung vom Donizetti-Festival in Bergamo 2018 gibt es auf DVD und Blueray, die ich (den Ausschnitten auf youtube nach) aber eher als Verhöhnung dieser Oper empfinde.

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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