Auch Ostberlin hatte ein Aufnahmestudio in einem Sakralbau: Seit den 1960er Jahren nutzte der VEB „Deutsche Schallplatte“ die akustischen Vorzüge der Christus-Kirche in Berlin-Oberschöneweide. Seit dieser Zeit hat ETERNA dort tausende klassische Musikaufnahmen gemacht. Dazu hat man die Fenster mit Zellwolle abgedichtet, den Fußboden mit Estrich ausgegossen und unter den Emporen Einbauten aus Pressspanplatten angebracht. Seitens der Kirchengemeinde war man, trotz mancher Einschränkungen, stolz, dass doch viele nationale und internationale Künstler der Klassik-Szene in „ihrem“ Gotteshaus für ETERNA und evtl. Partner Aufnahmen machten. Etliche dieser Produktionen wurden sogar mit Preisen ausgezeichnet.
Die Aufzählung der Orchester, Dirigenten und Sänger/innen bildet das Who‘s Who der Klassikszene ab: Zu nennen sind das Berliner Sinfonie Orchester, das Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin, das Orchester der Komischen Oper und die Staatskapelle Berlin. Von den Dirigenten sind beispielsweise Paul Dessau, Kurt Masur, Otmar Suitner, Heinz Rögner und Kurt Sanderling hervorzuheben, und aus der Gesangselite seien u.a. Theo Adam, Dietrich Fischer-Dieskau, René Kollo, Rainer Süß, Jochen Kowalski und Peter Schreier erwähnt. Viele der dort noch zu LP-Zeiten hergestellten Aufnahmen werden heute über das Label BERLIN Classics als CDs verkauft.
Die Gemeinde musste durch die Nutzung der Kirche als Aufnahmestudio ihre Arbeit in das Gemeindehaus verlegen. Das änderte sich einige Jahre nach der Wende: 2002 und 2004 hat das Gemeindegremium beschlossen, das Gotteshaus wieder stärker zu nutzen. Dazu wurden Eigenmittel und Gelder aus den verschiedensten EU-Fördertöpfen, aber auch aus Finanzhilfen des Bundes, des Landes Berlin wie auch der Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) angezapft und der Bau zu einem Gemeinde- und Stadtteilzentrum umgebaut. Weil man die Fenster geöffnet, die Fußböden restauriert sowie die Spanplatten-Einbauten unter den Emporen durch gläserne Trennwände ersetzt hat, entstanden zwei Gemeinderäume, ein Kirchencafé und das Klavierzimmer.
Auch hier möchte ich einige wahllos ausgesuchte Plattenaufnahmen aus der Christus-Kirche in Berlin-Oberschöneweide nennen:
Tschaikowski: Sinfonien 4-6, Berliner Sinfonie-Orchester, Leitung Kurt Sanderling
Schubert: Otmar Suitner dirigiert die Staatskapelle Berlin mit der Symphony No.4 und der Rosamunde-Musik
Schubert: Heinz Rögner dirigiert das Berlin Radio Symphony Orchestra mit der Symphony No.9 „Die Große“
Sibelius: Sämtliche Symphonien; das Berliner Sinfonie-Orchester dirigiert von Kurt Sanderling
Georg Friedrich Händel: L'Allegro, Il Penseroso ed il Moderato mit Freiberger, Kowalski, Schellenberger-Ernst, Rabsilber, Kapellmann; Rundfunkchor Berlin, Orchester der Komischen Oper Berlin, Leitung Rolf Reuter
Antonín Dvořák: Rusalka mit Elka Mitzewa, Annelies Burmeister, Peter Bindszus, Theo Adam; die Staatskapelle Berlin, Leitung Arthur Apelt
Wolfgang Amadeus Mozart: Der Schauspieldirektor KV486; mit Otto Mellies, Herman-Christian Polster, Peter Schreier, Sylvia Geszty, Rosemarie Rönisch, u.a.; Kammerorchester Berlin, Leitung Helmut Koch
Gustav Mahler_ Das Lied von der Erde mit Birgit Finnilä, Peter Schreier; Berliner Sinfonie-Orchester, Kurt Sanderling
Georg Friedrich Händel: Belsazar mit Renate Frank-Reinecke, Ute Trekel-Burckhardt,Gisela Pohl, Peter Schreier, Hermann-Christian Polster; Berliner Singakademie, Kammerorchester Berlin, Leitung Dietrich Knothe
Vivaldi: Juditha Triumphans mit Ameling, Hamari, Finnilä, Springer, Burmeister; Kammerorchester Berlin; Leitung Vittorio Negri
Antonín Dvořák: Sinfonie Nr. 9 „Aus der Neuen Welt“; Otmar Suitner dirigiert die Staatskapelle Berlin
Dmitri Schostakowitsch: Suite Op. 145a nach Texten non Michelangelo Buonarotti; Hermann Christian Polster, Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin, Thomas Sanderling
Leoš Janáček: Tagebuch eines Verschollenen; Peter Schreier, Gertrud Lahusen-Oertel, Marián Lapšanský, Berliner Solisten, Dietrich Knothe