Lise Davidsen - Lyrisch-dramatischer Sopran aus Norwegen

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    Lise Davidsen wurde am 8. Februar 1987 in Stokke in Süd-Norwegen geboren. Als Jugendliche begann sie Gitarre zu spielen und zu singen, wobei ihre Vorbilder Joni Mitchell und vor allem Eva Cassidy waren. Anfangs sang sie in Chören als Mezzosopran, ließ sich aber überzeugen, ins Sopranfach zu wechseln, nachdem sie ihr Studium an der Grieg-Akademie in Bergen begonnen hatte. Nach ihrem Abschluss an der Grieg-Akademie 2010 studierte Davidsen an der Opernakademie in Kopenhagen und hatte erste Auftritte an der dortigen Königlichen Oper.

    Durch die Teilnahme an verschiedenen Gesangswettbewerben wurde die interessierte Fachwelt schnell auf das ungewöhnliche Talent der jungen Norwegerin aufmerksam:

    2014: Léonie-Sonning-Talentpreis

    2015: Operalia Gesangswettbeweb - erster Preis, Birgit-Nilsson-Preis und Publikumspreis

    2015: Internationaler Königin-Sonja-Musikwettbewerb - erster Preis, Preis für die beste Interpretation norwegischer Musik, Ingrid Bjoners Stipendium

    2015: Internationaler Hans-Gabor-Belvedere-Gesangswettbewerb - zweiter Preis, Preis der Internationalen Medienjury, Publikumspreis

    2018: Königin-Ingrid-Preis

    Bei dem International Opera Awards 2017 wurde sie in der Kategorie Junge Sänger nominiert.

    2018 wählte Gramophone sie zur “Nachwuchskünstlerin des Jahres“.


    Ich hatte das Glück, bei ihrem Vorsingen an einem renommierten Opernhaus dabei sein zu können. Danach konnte ich alle verstehen, die Lise Davidsen als "große Hoffnung für die Zukunft" bezeichnen. Deshalb habe ich sie im April 2017 als NEUE STIMME hier im Forum vorgestellt. Entdeckungen: Neue Stimmen

    Damals schrieb ich:


    Die Stimme hat ein ungewöhnliches Volumen und eine außerordentliche Qualität.

    Lise Davidsen singt mit einer unerschütterlichen Sicherheit und entfaltet eine Strahlkraft, zumal in den hohen Lagen, die an große Vorbilder denken lässt. Aber auch die lyrischen Phrasen weiß sie mit schönem Ton, sensibler Musikalität und Ausdruck zu füllen. Über Gesangstechnik braucht man bei ihr nicht zu reden: sie hat eine natürliche, gleichsam selbstverständliche Art des Singens, die bei der jungen Frau von gerade mal 30 Jahren staunenswert ist.

    Ich fand es besonders eindrucksvoll, wie sie für die Tannhäuser-Elisabeth, Santuzza, Amelia (Ballo in Maschera) und auch Rosalinde (Fledermaus) jeweils den richtigen Ton fand! Sie kann die Stimme voll und dunkel strömen lassen, auch ein weiches Piano modellieren, groß aufdrehen ohne forcieren zu müssen und dramatische Akzente mit einer lodernden Kraft setzen!


    Das Interesse für diese Ausnahmestimme war zunächst eher bescheiden. Mit dem Namen der Sängerin konnte wohl hier niemand etwas anfangen und mir ist es nicht gelungen, für sie zu interessieren.


    Wenige Monate später, im Sommer 2017 debütierte Lise Davidsen dann beim Glyndebourne Festival und an der Wiener Staatsoper in der Titelrolle von ARIADNE AUF NAXOS ( wie begeistert die Kritiken waren kann man hier noch mal nachlesen: Entdeckungen: Neue Stimmen). Im selben Jahr sang Davidsen noch beim irischen Wexford Festival in Cherubinis MÉDÉE ebenfalls die Titelrolle. In den folgenden Jahren nahm ihre Karriere mächtig Fahrt auf. Sie wurde von den großen Opernbühnen Europas und auch Nordamerikas eingeladen. Angesichts ihrer ungewöhnlich vollen und warmen Stimme und ihrer seltenen musikalischen Sensibilität und Emotionalität überrascht es nicht, dass sie vor allem für dramatische Partien eingeladen wurde. Bei der Wahl ihrer Partien und Engagements blieb sie allerdings zunächst sehr vorsichtig. Sie wollte nicht zu früh verschlissen werden, macht sich noch rar.


    Sie sang Konzerte mit dem REQUIEM von Verdi und VIER LETZTE LIEDER von Strauss. Am Opernhaus Zürich debütierte sie als Elisabeth in TANNHÄUSER und in Stuttgart asl Lisa in PIQUE DAME. Im Juli 2019 war sie in der Neuinszenierung von TANNHÄUSER als Elisabeth bei den Bayreuther Festspielen zu hören. Im Herbst 2019 sang sie bei George Enescu-Festival in Bucharest die Ellen Orford IN PETER GRIMES. 2019 gab sie noch ihr Debut in Ottawa als Leonore in FIDELIO und in New York an der Met als Lisa in PIQUE DAME. Im März 2020 feierte sie als Leonore in Beethovens FIDELIO am Royal Opera House in London Premiere, im September 2020 gab sie an der Deutschen Oper Berlin die Sieglinde in DIE WALKÜRE.


    Einen kurzen Ausschnitt aus dieser Aufführung ist bei YouTube zu hören:



    Wer weitere Aufnahmen von Lise Davidsen hören will, wird eine ganze Reihe vorzüglicher Mitschnitte im Internet finden. Eine Empfehlung möchte ich noch geben:


    https://www.bergenphilive.no/v…er/2018/03/verdi-requiem/


    In weniger guten Klangqualität kann man den selbigen Mitschnitt auch auf YouTube hören:


    Inzwischen hat Lise Davidsen gibt es DVDs mit Aufzeichnungen einiger erwähnten Aufführungen mit Lise Davidsen.


    Zwei Soloalben hat sie bereits aufgenommen und auf CD vorgelegt:


    -


    Außerdem kann man sie als Agathe in einer Gesamtaufnahme vom FREISCHÜTZ hören.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso41!


    Dein Portrait Lise Davidsens gefällt mir sehr. Vielen Dank. Es motiviert mich, mich mit dieser Sängerin zu beschäftigen, von der ich selber wenig, über die ich aber umso mehr gehört habe. Ich wünsche ihr, dass sie den Verlockungen dieses Metiers nicht nachgibt, zuviel und Rollen zu früh zu singen. Dann werden wir noch viel Freude an ihr haben.


    Beste Grüße


    Peter Schünemann

  • Schön, dass es jetzt einen Thread für diese von mir sehr geschätzte Sängerin gibt.


    Ich habe in einem Interview gelesen, dass sie mit ihrer Agentur ziemlich genau festgelegt hat, welche Rollen sie über die Jahre nach und nach anzunehmen gedenkt. Sie scheint sich der Gefahr des Verheizens schon bewusst zu sein.

  • Schön, dass es jetzt einen Thread für diese von mir sehr geschätzte Sängerin gibt.

    Es dauert noch ein wenig, bis die neue CD von Lise Davidsen in Deutschland ausgeliefert wird.
    Auf YouTube ist allerdings eine Kostprobe zu hören:



    Ich habe in einem Interview gelesen, dass sie mit ihrer Agentur ziemlich genau festgelegt hat, welche Rollen sie über die Jahre nach und nach anzunehmen gedenkt. Sie scheint sich der Gefahr des Verheizens schon bewusst zu sein.

    Dass sie ihre Karriere behutsam aufbaut, sieht man schon, wenn man ihre (teilweise nur geplanten und wegen Corona gestrichenen) Auftritte ansieht.

    Da ist sie offenbar gut beraten. Die Stimme ist zwar groß und verschwenderisch. Auch kann sie erstaunliche dramatische Energie entfalten. Jedoch ist die Stimme noch immer in ihrer Konstitution lyrisch. Sie sollte sich Zeit lassen mit Partien die mehr dramatischen Einsatz fordern.


    Liebe Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Meine Meinung über Lise Davidsen hat sich nicht geändert, gebe ihr aber nochmal, wegen der Wesendonck-Lieder, eine Chance !

    Schaun mehr mal wie sie ausfällt! ;)


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

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  • Lieber Fiesco

    Meine Meinung über Lise Davidsen hat sich nicht geändert, gebe ihr aber nochmal, wegen der Wesendonck-Lieder, eine Chance !

    Schaun mehr mal wie sie ausfällt! ;)

    Wenn ich mich recht erinnere, fandest Du sie "unterirdisch". Dich störte wohl vor allem ihr Vibrato. Dagegen kann eine CD-Aufnahme eigentlich nicht die rechte Therapie sein. Da wird sich an ihrem Vibrato nichts geändert haben. Bei so üppigen, verschwenderisch klingenden Stimme gibt es oft Probleme mit der Abbildung des Klanges über ein Mikrophon Probleme. Im Konzertsaal und im Opernhaus entfalten solche Stimmen erst ihre wahre Schönheit. Sie brauchen Raum! Damit tun sich Tontechniker oft schwer. Gerade die DECCA-Leute sind ihr nach meinem Gefühl zu nah auf den Leib gerückt. Aber vielleicht haben sie daraus ja gelernt. Ich fürchte aber, dass sie das nicht getan haben. In keiner der mir untergekommenen Rezensionen des Wagner-Strauss-Albums gab es Kritik an dem Vibrato. Deshalb werden sie keinen Grund sehen, etwas bei der Aufnahme anders zu machen.


    Dass Du Lise Davidsen und ihrer neuen CD noch mal eine Chance geben willst, finde ich prima!


    Beste Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Na ja, warten wir's ab!

    Den Freischütz habe ich mir nicht zugelegt, ist eh nicht so meine Oper!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

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    Few young singers have generated such excitement in recent years as Lise Davidsen.
    As she releases her new Decca album of Beethoven, Wagner and Verdi, the soprano opens up to Neil Fisher about practising in lockdown, tackling ‘forbidden’ roles on record, and her desire to be back on stage.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Seit dem 26.3. ist die CD nun am Markt und keiner von den Liebhabern der Sängerin hat sich bisher darüber geäußert.


    912Il%2BLFBcL._SX300_.jpgKlick


    Also kurz und bündig, in allen Belangen eine mehr oder weniger peinliche Aufnahme, sogar die Aufnahme Qualität ist unterirdisch vom Rest ganz zu schweigen! :thumbdown:

    Und schwupps war die CD weg, nach mehreren Anläufen!

    Bei mir kommt die Lise nicht (nie) mehr in den Player!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Seit dem 26.3. ist die CD nun am Markt und keiner von den Liebhabern der Sängerin hat sich bisher darüber geäußert.

    Das ist wohl eine Folge der Einschränkungen gegen die Corona -Pandemie.

    ... in allen Belangen eine mehr oder weniger peinliche Aufnahme,

    Aha!

    Wer denn doch noch mal eine zweite Meinung einholen will, kann vor allem in englische Zeitungen und Zeitschriften fündige werden:


    https://www1.wdr.de/mediathek/…ven-wagner-verdi-100.html


    https://www.theguardian.com/mu…wagner-verdi-review-decca


    https://www.thetimes.co.uk/art…l-firepower-38f577gs7#top


    https://www.gramophone.co.uk/r…en-beethoven-wagner-verdi


    https://www.independent.co.uk/…gian-london-b1821802.html


    https://www.prestomusic.com/cl…eethoven-wagner-and-verdi


    https://www.aachener-nachricht…wagner-verdi_aid-57051481


    https://klassik-begeistert.de/…n-beethoven-wagner-verdi/


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Du weisst das mich solche hochgepuschten Rezensionen nicht interressieren, ich verlasse mich auf das Urteil meiner Ohren!


    Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Du weisst das mich solche hochgepuschten Rezensionen nicht interressieren, ich verlasse mich auf das Urteil meiner Ohren!

    Für Dich war der Hinweis eigentlich auch nicht gedacht. Dass Du die Kritiken von Anderen anhörst oder liest, hatte ich ich sowieso nicht erwartet. Ich kann es ertragen!


    Nicht desto trotz: herzliche Grüße von Musikliebhaber zu Musikliebhaber


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich muss gestehen, dass der Totalverriss von "Fiesco" meinen Wunsch, diese CD einmal anzuhören, weit mehr steigert, als es jede Lobeshymne und jede Rezension könnte - so aus reiner Neugierde. :D

    Mal sehen, vielleicht höre ich morgen bei Spotify mal rein. :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Den Musikjournalisten pauschal kollektive Lobhudelei zu unterstellen, ist allerdings schon starker Tobak. Zumal gar nicht jede der verlinkten Rezensionen derart überschwänglich ausfällt.

    Andererseits mag Peter Sommereggers Feststellung von einer neuen Flagstad (ebenfalls Norwegerin, ähnliches Repertoire, gleiche Plattenfirma) auch etwas überzogen sein.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe mir auf Deezer soeben die Wesendonck-Lieder dieser Neuerscheinung angehört (die moderne Technik macht's möglich) und muss Fiesco, wenn auch nicht in dieser Schärfe, doch insofern beipflichten, als mich das Gehörte erstaunlich kaltgelassen hat. Nanu? Die Wesendonck-Lieder liebe ich eigentlich sehr. Ein kurzer Vergleich mit Kirsten Flagstad unter Knappertsbusch (1956) rückte das dann wieder zurecht. Also ehrlich gesagt, da gehört schon viel Phantasie dazu, hier eine neue Flagstad hören zu wollen. Der von Sommeregger gebrachte Vergleich hinkt aber ohnehin, da die Flagstad in der Einspielung bereits über 60 war, während Frau Davidsen Mitte 30 ist. Vom Ausdruck her überzeugt mich das nur bedingt, und auch die Wortdeutlichkeit stellt mich nicht zufrieden. Ich muss gestehen, dass bei diesem Liederzyklus auch Flagstad nicht meine persönliche Favoritin ist, sondern Helena Braun unter Hans Rosbaud (1944), die für mich persönlich unerreicht ist, was Ausdruck und Textverständlichkeit angeht. Die Orchesterbegleitung von Sir Mark Elder in der Neueinspielung reicht m. E. übrigens auch nicht an Kna und Rosbaud heran.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • So, ich habe mir jetzt mal die Arie der "Fidelio"-Leonore angehört und muss sagen: Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte. Sie ist sicherlich weder die beste noch die schlechteste Sängerin aller Zeiten. Das Timbre ist nicht uninteressant, sie kann Linien singen, in der Höhe blüht die Stimme wunderbar vibratös-resonanzreich auf (erinnert mich an die von mir ja sehr geschätzte Eva-Maria Bundschuh), in der Tiefe wird die Stimme leider sehr dünne (was mich leider auch an die Bundschuh erinnert). Was die Bundschuh ihr voraus hatte, ist die bessere Textbehandlung. Es ist weniger eine etwaige Artikulationsfaulheit, sondern vielmehr eine Frage der Vokalfärbungen udn des zu großen Vokalausgleiches, warum ich Frau Davidsen als nicht optimal textverständlich empfinde. Bezüglich Ausdruck und Gestaltung ist sicherlich auch noch einige Luft nach oben.


    Dennoch: Dass ich diese Stimme (die ich ohne die ganze Corona-Scheiße im letzten Herbst in Berlin live als Sieglinde erlebt hätte, die Karten waren schon bestellt) nie wieder hören möchte, kann ich nicht sagen. Dass ich sie so schnell wie möglich wieder hören möchte, auch nicht. Aber noch eher als das andere. Vielleicht höre ich mir irgendwann noch eine italienische Arie (am ehesten wohl die Leonora, bei der Desdemona habe ich andere Klangideale) an - ganz sicher aber nicht die Beethoven-Konzertarien oder die Wesendonck-Lieder, denn dafür muss ich eine Sängerin schon sehr lieben, das ich mir die freiwillig nochmal anhöre... :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Wer liest sie nicht gern, die Verrisse. ;) Dass mit Lise Davidsen eine neue Flagstad geboren worden sein soll, habe ich nun schon mehrfach vernommen. Einmal in die Welt gesetzt, gewinnt so ein griffiges Urteil seine eigene Dynamik. Wir werden es noch sehr oft lesen. Gemeinsame Herkunft muss noch keine Übereinstimmung ergeben. Der Vergleich ist natürlich erlaubt. Wollte ich ihn anstellen, zöge die jüngere von beiden den Kürzeren. Mich beeindrucken an der Davidsen Volumen und Engerie. Es scheint mir, sie weiß manchmal nicht wohin mit der Kraft ihrer Stimme. Das kommt beim Publkum, das es laut liebt, sehr gut an. Ich bemerke einen Mangel an Ausdruck und Identifikation mit dem zu Singenden. Auf der neuen CD, deren Programm mir ein bisschen zu gemischt ist, klingt in meinen Ohren alles etwas gleich. Sie ist noch jung genug, um daran arbeiten zu können. Sie darf sich nicht verschleißen lassen. Nur (noch) keine Isolde und keine Brünnhilde oder Elektra. Ihre Köpermaße dürften kein Nachteil sein heutzugtage. Wieder einmal hat sich meine Spotify-Abo als sehr praktisch erwiesen. Man kann sich ein Bild machen, muss aber die CD nicht kaufen. Eine Anschaffung wäre für mich ohnehin nicht infrage gekommen. Alles, was Lise Davidsen singt, habe ich vielfach in anderen Aufnahmen, die mich mehr erreichen, die auch sprachlich genauer ausfallen. Warum also darunter gehen? Ich werde die Laufbahn der Sängerin weiterhin interessiert verfolgen. Vielleicht ergibt sich ja auch einmal eine Gelegenheit, sie live erleben zu können.


    Nachtrag einen Tag später:


    "Stille wird's": Bei dieser Stelle im "Treibhaus" der Wesendonck-Lieder muss einem doch der Atem stocken. Eben höre ich mir das Lied nochmals an und stelle fest, es ist überhaupt nicht zu verstehen, was da wird. Es klingt in der Tat wie "Stille wir ..." und wird genau so gesungen wie fast alles andere. Solcher Art sind meine kritischen Anmerkungen zu einer hochgelobten Sängerin, die jetzt schon mit der Flagstad verglichen wird. Man tut einer noch jungen Sängerin gar keinen Gefallen, sie bereits in diese Ahnenreihe zu stellen. Das macht sie angreifbar. Mich lässt das irritiert zurück, und ich fühle mich aufgefordert, ganz genau hinzuhören und die Goldwaage hervorzuholen. ;)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Da kommen wir ja alle zu ähnlichen Ergebnissen. Die mangelnde textliche Durchdringung kann man als Muttersprachler kaum überhören (ich beziehe mich, wie gesagt, auf die Wesendonck-Lieder; der Rest der CD interessiert mich, ehrlich gesagt, nicht besonders und ich fühle mich nicht kompetent genug für eine Wertung). Es mag natürlich sein, dass englischsprachige Rezensenten dies nicht so hoch (zu) gewichten (imstande sind) und auch deswegen positiver urteilen.


    Diese häufig bemühten Vergleiche mit vergangenen Größen, die schwerlich von den jeweiligen heutigen Sängerinnen und Sängern selbst in die Welt gesetzt werden, schaden diesen m. E. auch vielmehr als dass sie nützen. Denn zumindest der Kenner wird dem Vergleich ja auf den Zahn fühlen - und in den meisten Fällen dürfte dann das Urteil eher zu Ungunsten der vermeintlichen Reinkarnationen ausfallen. Natürlich muss das nicht heißen, dass "die Neuen" nichts drauf hätten. Aber man sollte die Kirche schon besser im Dorf lassen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Jetzt habe ich mir heute endlich auch mal die ganze CD auf Idagio angehört. Es ist ein gemischter Eindruck: Klang in der Mittellage und Höhe begeistern mich immer wieder, ich mag einfach ihr Timbre sehr. Verwundert war ich allerdings bei „Abscheulicher“ über ihre tiefen Töne, die kamen kaum über das Orchester. Das hätte ich nicht erwartet, da ich in anderen Aufnahmen anderer Arien, die auf Youtube zu finden sind, immer den Eindruck einer kräftigen Tiefe hatte.
    So ganz zufrieden bin ich mit ihrer Aussprache bei den deutschen Liedern/Arien nicht, da wird mir zu oft ein Wortabschlusskonsonant ^^ zu stark akzentuiert, ihr „U“ und ihr „I“ klingt nicht richtig. Das nervt ein wenig und stört den Gesamteindruck. Immerhin ist das etwas, was man noch lernen kann, sie ist ja noch nicht relativ jung, besonders für ihr Stimmfach.

    Und sie hat mittlerweile von der Gewohnheit Töne erst nachträglich zu vibrieren Abstand genommen, das ist natürlich erfreulich.
    Trotz dieser meiner „Meckerei“ finde ich die CD gelungen und auf gar keinen Fall peinlich.

    Ich werde mir sie bestimmt noch gelegentlich anhören.


    Viele Grüße

    Boismortier

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  • Lieber Cavaradossi!

    Lise Davidsen als Sieglinde kommende Woche:


    DIE WALKÜRE (1. Akt) | Bayerische Staatsoper

    Danke für den Hinweis. Das werde ich mir nicht entgehen lassen. Schade, dass es nicht die ganze Partie gibt. Gerade das "Hehrste Wunder" hat mich in Berlin, wo ich sie zum letzten Mal live hören konnte, einfach aus den Socken gehauen!


    Inzwischen habe ich ihr neues Album gehört. Ich habe vor, meine Eindrücke zu beschreiben, allerdings wohl nicht mehr in dieser Woche.


    Beste Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Für alle, die die konzertante Aufführung des 1. Aktes von Die Walküre aus der Bayerischen Staatsoper München vom 13. Mai 2021 im Streaming auf STAATSOPER.TV nicht gesehen haben und auch kein 24-Stunden-Ticket für 9,90 € kaufen wollen, hier der Link zu bilibili (Untertitel in englischer Sprache)


    Musikalische Leitung: Asher Fisch
    Sieglinde: Lise Davidsen
    Siegmund: Jonas Kaufmann
    Hunding: Georg Zeppenfeld

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Ich habe die Aufführung gesehen und an dieser Stelle einige ganz persönliche Bemerkungen zu meine Eindrücken hinterlassen. Ich sage das mit aller gebotenen Vorsicht, weil ich niemandem, der Lise Davidsen sehr verehrt, zu nahe treten möchte.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Für alle, die die konzertante Aufführung des 1. Aktes von Die Walküre aus der Bayerischen Staatsoper München vom 13. Mai 2021 im Streaming auf STAATSOPER.TV nicht gesehen haben und auch kein 24-Stunden-Ticket für 9,90 € kaufen wollen, hier der Link zu bilibili (Untertitel in englischer Sprache)


    Musikalische Leitung: Asher Fisch
    Sieglinde: Lise Davidsen
    Siegmund: Jonas Kaufmann
    Hunding: Georg Zeppenfeld

    Ich danke auch herzlich für den Link und werde ihn nutzen, da das Ganze bislang nicht gesehen. :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich habe die Übertragung gehört - immerhin bis zur Erzählung der Sieglinde ... ... Dann habe ich abgebrochen.

    So leid es mir tut. Ich habe echte Probleme, jetzt noch Kaufmann zu hören. Das will ich hier jedoch nicht weiter erklären.


    Aber auch Davidsen konnte mich nicht so fesseln, dass ich zu Ende gehört hätte. Rheingold hat ziemlich genau beschriebenen, was auch mein Eindruck war.

    Lise Davidsen, auf die sich der Fokus der Zuschauer zuerst gerichtet haben dürfte, bietet mir (noch) zu wenig. Stimmlich ist sie zwar sehr gut aufgestellt, kann aber kaum Stimmungen und tiefer gehenden Gefühle erzeugen.

    Mich hat das nicht so sehr überrascht, weil ich auch mit ihrem jüngsten Album nicht recht warm geworden bin. Mir fehlt bei Wagner einfach das Loten in die Tiefe und die Imagination, den Text und die Noten in Sinn und Klang umzusetzen. Sie hat herrliche Töne und wunderbar geformte Phrasen. Aber es berührt nicht.


    Das ist bei Beethoven in der Leonoren-Arie und vor allem in der Konzertarie "Ah! Pefido" durchaus anders. Da singt sie voll konzentriert und geht mutig aufs Ganze. Schon "der Menschheit Stimme" hat fast etwas heiliges, der "Farbenbogen" leuchtet wirklich, und weiter gibt es satte Legatobögen, in denen echt "süsser Trost" schimmert. Dass sie die heiklen Koloraturen am Schlussteil überraschend schwindelfrei singt und mit Hingabe und Zuversicht füllt, hat mich einfach begeistert. Mit Vergleichen bin ich lieber vorsichtig, aber ich kann doch sagen, dass mich seit den Tagen der jungen (!!!!) Gwyneth Jones der Jubel im Schlussteil der Arie nicht mehr so mitgerissen hat wie bei Lise Davidsen.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Hallo miteinander,


    ich hatte Orfeos letzten Beitrag freigeschaltet, ohne mir den Link genauer anzuschauen.


    Meine Moderatorenkollegen wiesen darauf hin, dass er problematisch erscheint, weil dadurch der Bayerischen Staatsoper Einnahmen entgehen könnten. Das ist zwar nichts außergewöhnliches mehr, aber ich kann den Standpunkt sehr gut nachvollziehen (gerade in Corona-Zeiten, in denen massiv Einnahmen weggebrochen sind) und habe daher den Link entfernt.


    Nichts für ungut, lieber Orfeo.


    Norbert als Moderator

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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