Das "Herz" in der Musik: Carl Loewe - Archivthread

  • Ich eröffne nun den zweiten Thread des Archivs „Das Herz“ in der Musik und widme diesen Thread den Werken Carl Loewes:


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    Carl Loewe, der ja nur zwei Monate vor Schubert geboren wurde, aber gut 40 Jahre später starb, griff daher auch auf die Gedichte und Balladen vieler romantischer Dichter zurück, die Schubert auf Grund seines frühen Todes nicht kennen konnte. Es existieren auch Liederkreise von Loewe, allerdings nicht diese abendfüllenden großen Zyklen, wie Schubert sie schuf.

    Je nach Zeit, die mir zur Verfügung steht, werde ich auch aus dem Booklet der


    Carl Loewe Lieder & Balladen Complete Edition:


    kurze inhaltliche Aussagen zu jedem Lied bzw. jeder Ballade, die hier als Beispiel genannt wird, in jeden Beitrag übernehmen. Ich nehme an, dass Cord Garben, der hier verantwortliche Lied-Begleiter der Edition, auch für die Einstellung der Texte mit verantwortlich ist.

    Ich werde in der Reihenfolge dieser CPO-Gesamtausgabe vorgehen, aber wie schon im Schubert-Thread, als primäre Ton/Bild-Beispiele die wählen, die mir bei Youtube und auch als CD zur Verfügung stehen bzw. die ich in meiner Sammlung habe, die naturgemäß nicht so groß ist wie meine Schubert-Sammlung.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

    6 Mal editiert, zuletzt von William B.A. ()

  • Ich beginne meine Vorstellungen der Loewe-Lieder zum Thema „Das Herz in der Musik“ mit der Ballade „Elvershöh“ op. 118, 2, dem Lied Nr. 2 auf der CD Nr. 1 dieser GA:

    Loewe komponierte dieses Werk im Jahre 1820, das zu den großen Geisterballaden gehört. Loewe erinnerte sich, wie er in seiner Selbstbiografie anschaulich schildert, dieser Dichtung Johann Gottfried Herders, die auf einem dänischen Sagenstoff basiert, als er in seiner Militärdienstzeit nächtliche Friedhofswachen halten musste.


    Es singt hier Thomas Quasthoff, begleitet von Norman Shetler, in einer Aufnahme von 1989:



    Hier die CD!


    Elvershöh

    (Johann Gottfried Herder)


    Ich legte mein Haupt auf Elvershöh,

    Meine Augen begannen zu sinken.

    Da kamen gegangen zwei Jungfraun schön,

    Die täten mir lieblich winken.


    Die eine, die strich mein weißes Kinn,

    Die andere lispelt ins Ohr mir:

    Hör an, du muntrer Jüngling,! Auf!

    Erheb’, erhebe den Tanz hier!


    Steh auf, du muntrer Jüngling, auf!

    Erheb’, erhebe den Tanz hier!

    Meine Jungfrauen soll’n dir Lieder singen,

    Die schönsten Lieder zu hören.


    Die Eine begann zu singen ein Lied,

    Die Schönste aller Schönen;

    Der brausende Strom, er floß nicht mehr,

    Und horcht den süßen Tönen.


    Der brausende Strom, er floß nicht mehr,

    Stand still und horchte fühlend,

    Die Fischlein schwammen in heller Flut,

    Mit ihren Feinden spielend.


    Die Fischlein all in heller Flut,

    Sie scherzten auf und nieder,

    Die Vöglein all im grünen Wald,

    Sie hüpften, zirpten Lieder.


    »Hör an, du muntrer Jüngling, hör an,

    Willst du hier bei uns bleiben?

    Wir wollen dich lehren das Runenbuch,

    Und Zaubereien schreiben.


    Ich will dich lehren, den wilden Bär

    Zu binden mit Wort und Zeichen;

    Der Drache, der ruht auf rotem Gold,

    Soll schnell dir fliehn und weichen.«


    Sie tanzten hin, sie tanzten her;

    Zu buhlen ihr Herz begehrt’.

    Der muntre Jüngling, er saß da,

    Gestützet auf sein Schwert.


    »Hör an, du muntrer Jüngling, hör an:

    Willst du nicht mit uns sprechen,

    So reißen wir dir, mit Messer und Schwert,

    Das Herz aus, uns zu rächen.«


    Und da mein gutes, gutes Glück!

    Der Hahn fing an zu kräh’n.

    Ich wär sonst blieben auf Elvershöh,

    Bei Elvers Jungfraun schön.


    Drum rat ich jedem Jüngling,

    Der zieht nach Hofe fein,

    Er setze sich nicht auf Elvershöh,

    Allda zu schlummern ein.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Heute folgt nun das nächste Beispiel aus dem Loewe-Lieder Vol. I, Lied Nr. 3, Der Woywode op. 49 Nr. 1 nach einem Gedicht des polnischen Dichters Adam Mickiewicz:


    Loewe vertonte dies ukrainische Ballade in seinem besonders schaffensreichen Jahr 1835, zusammen mit sechs weiteren Gedichten des polnischen Dichters. Loewes Freund Carl von Blankenese hatte diese ins Deutsche übertragen. Ursprünglich trug die Ballade, entsprechend der polnischen Überschrift, den Titel „Die Lauer“, der jedoch später von Loewe selbst geändert wurde.


    Es singt hier der Bariton Andreas Schmidt, begleitet von Cord Garben, (Aufnahmen der GA 1994 bis 2003):


    Die Ballade ist bei YT gelistet unter dem Titel "Die Lauer" (s.o.)



    Der Woywode

    [(Text: Adam Miciewicz (1798-1855)]


    Von dem Gartenaltan

    keucht zum Schlosse heran

    Der Woywode, voll Wut und voll Schrecken,

    Reißt die Vorhänge fort

    Von dem Ruheort

    Seines Weibs, leer liegen die Decken!


    Auf den Boden er starrt,

    In den greisigen Bart

    Seine Hände, die bebenden, packen.

    Wild hebt er den Blick,

    wirft die Ärmel zurück,

    Rufet Naum, den treuen Kosacken.


    »Ha! elender Wicht,

    Warum waren mir nicht

    heute Nacht in dem Garten die Hunde?

    Die Jantscharke nimm dir,

    Und reiche auch mir

    Die gezogene Büchse zur Stunde!«


    Als vollbracht dies Geheiß,

    Schlichen beide sich leis

    Zum Altan an der Mauer Rande.

    An dem traulichen Ort

    Was leuchtete dort?

    Ein Weib ist’s, in weißem Gewande.


    Weiter geht es hier: https://www.lieder.net/lieder/get_text.html?TextId=20786


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich komme nun zum dritten Beispiel aus der ersten CD, dem Lied Nr. 5, Max in Augsburg, op. 124.1, das die erste zur Trilogie „Der letzte Ritter“ gehört.

    Diese stammt aus der Feder von Anastasius Grün, mit richtigem Namen Anton Alexander Graf von Auersperg und gehört zur Gruppe der Deutschen Kaiserballaden. Es werden Begebenheiten um Kaiser Maximilan I. (1459 bis 1519) dargestellt, der ab 1493 römisch-deutscher Kaiser und Großvater Karls V. war. Er hielt sich 1518 zu seinem letzten Reichstag in Augsburg auf.

    Im Vordergrund der Komposition stehen epische Darstellung und Situationsmalerei, die eine besonders ausdrucksstarke Deklamation der Interpretation erfordern,


    Es singt hier wieder Andreas Schmidt, abermals begleitet von Cord Garben:



    Hier die GA, CD 1!


    Max in Augsburg

    (Anastasius Grün)


    »Es hat das Herz des Menschen ganz eigne Länderkarten!

    Die Stelle, wo ihm Liebe begegnet auf seinen Fahrten,

    Bezeichnet ihm schon ferne ein heitrer, heller Stern,

    Wie ihn gesehn die Weisen einst ob der Krippe des Herrn.


    Wie bist du, Stern, so funkelnd ob Augsburg mir zu schaun,

    Wie Treu’ im Blick der Männer, wie Huld im Aug’ der Fraun,

    Wehmütig Leuchten sendend den Tagen, die verglommen,

    Ein süß Verheißen streuend auf Tage, die noch kommen!«


    Max sprach’s zum Kreis der Treuen, die fröhlich mit ihm ritten,

    Das Lechfeld lag vor ihnen, die liebe Stadt inmitten.

    »Was blinkt dort durchs Gehölze, als ob’s ein Lager wäre?

    Wohl gar der Ägypterherzog mit seinem Zigeunerheere?

    Herr Kunze darauf erwidert: »Wenn recht mein Auge sah,

    Wohl lagert Herzog Amors Zigeunervölkchen da;

    Doch scheint’s nicht fest im Wandern, die Füßchen sind schon wund,

    Was Wunder? Fahrende Fräulein ja lagern dort im Grund!


    O seht das seltne Lager! Die Lanzen sind Nadelspitzen,

    Als Schilder, gehängt an Bäume, rings Spiegel und Spiegelchen blitzen,

    Viel Pfeile in braunen, blauen und schwarzen Köchern der Augen,

    Als grob und leicht Geschütze die Zungen und Züngelchen taugen!


    Weiter geht es hier: https://www.lieder.net/lieder/get_text.html?TextId=6939


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das letzte Beispiel aus den Loewe-Liedern Vol. I ist gleichzeitig ist gleichzeitig dis abschließende Ballade aus der Trias „Der letzte Ritter – Drei historische Balladen“, wieder mit dem Text von Anastasius Grün:

    Es ist Lied Nr. 7, Abschied“ op. 124.3:


    Es singt wiederum Andreas Schmidt, im Verein mit Cord Garben. Von den anderen Loewe-Sängern hatte wohl keiner diese Ballade im Repertoire.


    Hier wiederum die GA!


    Abschied


    Max wollt’ aus Augsburg reiten. Doch ist’s bestellt nicht gut

    Wenn auf die Fahrt dem Reiter Spornstiefel fehlt und Hut,

    Die stahlen im Augsburgs Frauen, daß er noch bleiben sollt’,

    Er löst mit einem Tänzlein sie aus dem Gefängnis hold.


    Max ritt aus Augsburgs Toren. Doch ist’s bestellt unlieb,

    Wenn aus der Stadt du rittest, dein Herz doch drinnen blieb!

    So zog er traurig die Straße durchs weite Lechfeld fort

    Bis zu der grauen Säule, Rennsäule heißt sie dort.


    Da hielt er an die Zügel und wandte rasch sein Pferd,

    Zur Stadt noch einmal blickend, die ihm vor allen wert:

    »Mein treues, schönes Augsburg, da liegst du im Morgenlicht!

    Die Trauer meiner Seele ahnst du, die Heitre, nicht.


    Du ahnst nicht, daß ich segnend zu dir noch niederblicke,

    Und kannst ihn nicht erwidern, den Gruß, den ich dir schicke,

    Gleichwie das Kind im Schlummer wohl nimmermehr es ahnt,

    Daß erst an seinem Bette der Vater segnend stand.«


    Und feierlich dann schlug er dreimal das Kreuz vor sich:

    »Lebwohl und Gottes Segen, mein Augsburg, über dich!

    Er lohne deine Liebe und deinen treuen Sinn!

    Er schütze deine Mauern und all die Frommen drin!


    Wir sehn uns nimmer wieder, so leb’ denn ewig wohl!

    Viel Treue harren meiner im schönen Land Tirol!

    Drum traure nicht, mein Auge, erhell’ dich, Angesicht:

    Von Freunden gehn zu Freunden ist, ja, so übel nicht!


    So möcht’ ich einst auch wandeln ins stille Geisterreich

    Und heitern Mutes scheidend, ihr Vielgeliebten, von euch,

    Zum Kreis der Lieben wallen, der dort, mein harrend spricht:

    Von Freunden gehn zu Freunden ist ja so übel nicht!«


    Liebe Grüße


    Willi:)

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    Einmal editiert, zuletzt von William B.A. ()

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  • Heute nun folgt das erste Beispiel aus den Loewe-Liedern Vol. II, Wirkung in die Ferne op. 59.1, nach einem Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe:

    Die 1836 komponierte Goethe-Ballade ist eine des philosophischen Fachterminus actio in distans

    (Wirkung ohne Berührung), den Goethe launigerweise in die Atmosphäre eines Liebeshofes versetzte. Bei der dargestellten Fürstin soll Goethe, laut Loewe, an die spätere russische Großfürstin Maria Pavlovna gedacht haben, der Loewe auch seine große Klaviersonate in f-moll widmete.


    Es singt hier Hermann Prey, auch ein großer Loewe-Sänger, in einer Aufnahme vom Neujahrstag vor 25 Jahren, gut zweieinhalb Jahre vor seinem Tod. Begleitet wird er von Michael Endres:


    Der Titel heißt in der Tat "Wirkung in die Ferne".

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    Hier ein Cover der CD, zur Zeit leider wohl nicht lieferbar, aber in Ausschnitten abzuhören bei Apple Music: https://music.apple.com/us/album/loewe-vocal-music/313949091


    Wirkung in die Ferne


    Die Königin steht im hohen Saal,

    Da brennen der Kerzen so viele;

    Sie spricht zum Pagen: Du läufst einmal

    Und holst mir den Beutel zum Spiele.

    Er liegt zur Hand

    Auf meines Tisches Rand.

    Der Knabe, der eilt so behende,

    War bald an des Schlosses Ende.


    Und neben der Königin schlürft zur Stund

    Sorbett die schönste der Frauen.

    Da brach ihr die Tasse so hart an dem Mund,

    Es war ein Greuel zu schauen.

    Verlegenheit! Scham!

    Ums Prachtkleid ists getan!

    Sie eilt und fliegt so behende

    Entgegen des Schlosses Ende.


    Der Knabe zurück zu laufen kam

    Entgegen der Schönen im Schmerzen;

    Es wußt es niemand, doch beide zusamm

    Sie hegten einander im Herzen;

    Und o des Glücks,

    Des günstigen Geschicks!

    Sie warfen mit Brust sich zu Brüsten

    Und herzten und küßten nach Lüsten.


    Doch endlich beide sich reißen los;

    Sie eilt in ihre Gemächer,

    Der Page drängt sich zur Königin groß

    Durch alle die Degen und Fächer.

    Die Fürstin entdeckt

    Das Westchen befleckt:

    Für sie war nichts unerreichbar,

    Der Königin von Saba vergleichbar.


    Und sie die Hofmeisterin rufen läßt:

    »Wir kamen doch neulich zu Streite,

    Und ihr behauptetet steif und fest,

    Nicht reiche der Geist in die Weite;

    Die Gegenwart nur,

    Die lasse wohl Spur,

    Doch niemand wirk in die Ferne,

    Sogar nicht die himmlischen Sterne.


    Nun seht! Soeben ward mir zur Seit

    Der geistige Süßtrank verschüttet,

    Und gleich darauf hat er dort hinten so weit

    Dem Knaben die Weste zerrüttet. –

    Besorg sie dir neu!

    Und wil ich mich freu,

    Daß sie mir zum Beweise gegolten,

    Ich zahl sie! sonst wirst du gescholten.«


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Heute fahre ich fort mit dem zweiten Beispiel aus den Loewe-Liedern Vol. II, dem Lied Nr. 3, Moosröslein op. 37.2, nach dem Gedicht von Helmina von Chézy (1783 - 1856), einer deutschen Dichterin, Journalistin und Librettistin, die zwei Tage nach ihrem 73. Geburtstag in Genf verstarb.


    Moosröslein, das Loewe 1834 komponierte, ist eine romantische Legende, die in ihrer Personifizierung der Blume und deren Erhebung nicht wenig an das in der Mozartschen Vertonung so berühmt gewordene „Veilchen“ erinnert. Ganz im Stile romantisch-christlicher Verklärung erbarmt sich der durch den Wald wandernde Jesus auch der unscheinbaren Pflanze.


    Es singt hier die Mezzosopranistin Iris Vermillion, begleitet von Cord Garben, in einer Aufnahme, die wie die anderen aus der GA der CPO zwischen 1994 und 2003 entstanden ist:



    Hier die GA!


    Moosröslein


    In tiefster Schlucht, in Waldesschoß

    Entsproßt das grüne zarte Moos,

    Ein Teppich, sammetweich.

    Den Blicken zeigt es sich nur klein,

    Doch schließt sein Bau ein Wunder ein

    Von Wipfel, Laub und Zweig.

    Zu Rosenglut, zu Waldesgrün

    Schaut’s niedre Moos und seufzt:

    »Solch Blühn

    Gab mir der Himmel nicht!

    Viel Tritte rauschen über mir

    Und nicht ein Auge sieht mich hier,

    Denn Alle lockt das Licht!«


    Und sieh! da kommt im Abendschein

    Der Heiland wandelnd durch den Hain

    Mit bleichem Angesicht.

    Mit wundem Fuß er weiter mußt,

    Da fühlt er’s weiche Moos mit Lust

    Zu seinen Füßen dicht.


    Er kam erst durch die Wüste her,

    Da brannten Sand und Sonne sehr,

    Nun kühlt das sanfte Moos.

    Da spricht der Heiland: »Vaters Hand

    Hat solche Lieb auf dich gewandt

    In Zartheit ernst und groß!


    Welch Auge mag so blöde sein,

    Erkennt nicht in der Kleinheit dein

    Des Schöpfers Macht und Huld?

    Du zierlich Kraut, so unbeacht’t,

    Auch dein der Vater hat gedacht,

    Dein Los trag mit Geduld!«


    Dies Wort bringt Jesus kaum hervor,

    Da sproßt es aus dem Moos hervor,

    Ein Röslein wundermild.

    Moosröslein wird es bald genannt,

    Das blühet nun in jedem Land,

    Der Demut süßes Bild!


    Ein Leid des Heilands hat’s versüßt

    Und sanft die Füße ihm geküßt,

    Des wurd ihm solcher Lohn.

    O Herz, bleib immer treu und weich,

    Bist du bedrückt, dem Moose gleich,

    Dann knospt die Rose schon!


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das nächste Beispiel ist Lied Nr. 4, Die Mutter an der Wiege. (ohne Opuszahl), nach einem Gedicht von Matthias Claudius (1740 – 1815).


    Loewe komponierte das Lied, das er selbst den „Heiteren Gesängen“ zuordnete, im Jahre 1840. Max Runze (1849 – 1931), deutscher Pfarrer, Abgeordneter und Autor, der sich für die Verbreitung der Werke Loewes einsetzte, erhebt zwar drohend den Zeigefinger, „dass man sich sehr zu hüten habe, dass der Ton den tiefen Ernst des Gedankens nicht etwa in Scherz verwandle...“, jedoch lässt der liebreizende Charme dieses zunächst unschuldig erscheinenden Liedchens den Hörer unwillkürlich schmunzeln. Die Tempobezeichnung „andantino innocentamente“ besagt das Ihrige, wird doch mit der kleinen Geschichte ein möglicher Seitensprung der Mutter immerhin in Betracht gezogen. Allerliebst auch die etwas ironische überzogene Koloratur am Schluss, ein Stilmittel, dessen sich Loewe gern bediente.


    Es singt hier Felicity Lott, begleitet von Graham Johnson in einer Aufnahme von 2010:



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    Hier ein Cover der CD!


    Die Mutter an der Wiege


    Schlaf, holder Knabe, süß und mild!

    Du deines Vaters Ebenbild!

    Das bist du; zwar dein Vater spricht,

    Du habest seine Nase nicht.


    Nur eben jetzo war er hier

    Und sah dir ins Gesicht

    Und sprach: »Viel hat er zwar von mir,

    Doch meine Nase hat er nicht.«


    Mich dünkt es selbst, sie ist zu klein,

    Doch muß es seine Nase sein;

    Denn wenn’s nicht seine Nase wär’,

    Wo hätt’st du denn die Nase her?


    Schlaf, Knabe, was dein Vater spricht,

    Spricht er wohl nur im Scherz;

    Hab’ immer seine Nase nicht,

    Und habe nur sein Herz.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Heute habe ich nun als nächstes Beispiel aus dem Loewe-Lieder Vol. II das Lied Nr. 6, die Gottesmauer, op. 140 nach einem Gedicht von Friedrich Rückert (1788 – 1866):


    Friedrich Rückerts Legende „Die Gottesmauer“soll tatsächlich auf einer wahren Begebenheit beruhen. Die Komposition fällt in Loewes spätere Legendenperiode in das Jahr 1850 und erschien erst 1868 kurz vor seinem Tode. Die Hamburger Adress-Comptoir-Nachrichten geben Bericht über einen Feldzug Rußlands und Schwedens gegen Dänemark, auf dem die Truppen am 5. Januar 1814 durch Schleswig gezogen seien, woselbst sich der beschriebene Vorgang zugetragen haben soll. Nun mag man den Wahrheitsgehalt des Ganzen beweifeln. Doch hat auch Clemens Brentano aus selbiger Quelle geschöpft und ein gleichbetiteltes Gedicht verfasst:

    siehe: https://gedichte.xbib.de/Brent…dicht_Die+Gottesmauer.htm

    in welchem jedoch Ort und Zeit des Geschehens genauer geschildert werden und der zweifelsüchtige Enkel des Mütterleins bereits ein zwanzigjähriger Jüngling ist.


    Hier singt wieder Iris Vermillion, wiederum begleitet von Cord Garben:



    CD siehe Beitrag Nr. 7


    Die Gottesmauer


    »O Mutter, wie stürmen die Flocken vom Himmel,

    Es wird uns in Schnee noch begraben.

    Und mehr noch als Flocken im Dorf ein Gewimmel

    Von Reutern, die reiten und traben.

    Hätten wir nur Brot im Haus,

    Macht ich mir so viel nicht draus,

    Im Quartier ein paar Reuter zu haben.«


    »Es nachtet, o Kind, und die Winde, sie wüten;

    Geh, schließe die Tür und die Laden,

    Gott wird vor dem Sturme der Nacht uns behüten

    Und auch vor den Feinden in Gnaden.

    Kind, ich bete, bete mit;

    Wenn uns Gott der Herr vertritt,

    So vermag uns der Feind nicht zu schaden.«


    »O Mutter, was soll nun das Beten und Bitten?

    Es kann vor den Reutern nicht helfen.

    Horcht, Mutter, die Reuter, sie kommen geritten,

    O hört, wie die Hündelein belfen.

    Geht zur Küch’ und rüstet Ihr,

    Wenn sie kommen ins Quartier,

    Euch, so gut es will gehn, zu behelfen.«


    Die Mutter, sie sitzet und geht nicht vom Orte,

    Der Keller ist leer und die Küche;

    Sie hält sich am letzten, am einzigen Horte,

    Sie betet beim Lämplein im Buche:

    »Eine Mauer um uns bau’,

    Daß davor den Feinden grau’!«

    Sie erlabt sich am tröstlichen Spruche.


    Weiter geht es hier: https://www.lieder.net/lieder/get_text.html?TextId=14064


    Liebe Grüße


    Willi:)

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  • Heute folgt nun das nächste Beispiel aus Vol. II, Lied Nr. 8, Spirito Santo op. 143, nach einem Gedicht von Emilie Freifrau von der Goltz (1833 – 1907), einer Freundin der Familie Loewe.


    Carl Loewe setzte das Gedicht 1864 in Musik und widmete es „seiner lieben Schülerin Frau Geheimrätin Tee Schillow“. Diese Hymne, die als des Meisters letztes Werk gilt, scheint in ihrem fromm ergebenen Inhalt wie eine Ahnung des alten Mannes, der in jenem Jahr einen Schlaganfall erlitt, von dem er sich nicht wieder gänzlich erholen sollte.


    Es singt hier Josef Greindl, begleitet von Hertha Klust, in einer Aufnahme der Deutschen Grammophon-Gesellschaft von 1954 in Berlin:



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    Hier ein Cover derCD!


    In des Südens heißen Zonen


    In des Südens heißen Zonen

    Blumen giebt es köstlich schön.

    Einer aber ist von allen

    Wunderherrlich anzusehn.


    In dem blenden weißen Kelche

    Eine Taube dich entzückt,

    Und der fromme Christenwnadrer

    Andachtsvoll die Blume pflückt.


    Spirito santo ist ihr Name,

    Spirito santo, weicher Klang,

    Spirito santo, Himmelsblume,

    Dufte lieblich meinem Sang!


    Spirito santo, sonnumstrahlet,

    Blühest rein, wie ein Gebet!

    Süßer, leiser Friedensodem,

    Schöne Blume, dich umweht.


    Still in deinem weißen Kelche,

    Spirito Santo, weilt die Ruh':

    Leise flüstre, Spirito santo,

    Meinem Herzen Frieden zu.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Das zweitletzte Beispiel aus den Loewe-Liedern Vol. II ist das Lied Nr. 9 „Mein Geist ist trüb“ op. 5.5, nach einem Gedicht von George Gordon Noel Byron, 6. Baron Byron (Lord Byron) (1788 bis 1824), britischer Dichter und einer der wesentlichsten Vertreter der englischen Romantik.


    „Mein Geist ist trüb“ aus dem Jahre 1824 ist einer der 23 con Loewe vertonten Hebräischen Gesänge Lord Byrons. Dem Übersetzer Friedrich Teremin ist hier nicht eben ein Meisterwerk gelungen; vielleicht ist darin auch der Grund zu sehen, dass diese Komposition von ihrem Vollbringer nicht sehr gelebt wurde. Er pflegte darüber zu sagen: „Das ist ein murkelig Ding, g'hört freilich zur Sache“.


    Es singt Dietrich Fischer-Dieskau, begleitet von Hartmut Höll, in einer Aufnahme von 1987:



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    Hier das Cover der CD!


    Mein Geist ist trüb


    Mein Geist ist trüb; den Ton der Saiten,

    Den jetzt mein wildes Herz erträgt,

    Laß ihn in meine Ohren gleiten,

    Von deiner Finger Kunst erregt.

    Wenn einen Wunsch mein Herz gepflegt,

    In diesem Ton wird Hoffnung blühen,

    Die Träne, die das Auge hegt,

    Wird fließen, statt im Hirn zu glühen.


    Doch wild und tief mußt du beginnen,

    Mit keinem Ton, der freudig klingt,

    In Tränen muß mir das zerrinnen,

    Wovon die Brust mir sonst zerspringt.

    Denn daß es sich zum Schweigen zwingt,

    Sich nur von Kummer nährt, ist lange;

    Und jetzt, wo es so schrecklich ringt,

    Jetzt bricht es oder schmilzt im Klange.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Und nun das letzte Beispiel aus den Loewe-Liedern II, wie das erste wieder nach einem Text von Goethe. Es ist das Lied Nr. 11, Die Braut von Korinth. op. 29:


    Es ist eine monumentale Ballade, die Goethe in seinem „Balladenjahr“ 1797 geschrieben hat (28 Strophen á 7 Zeilen). Der Dichter hat auf eine der „Wundergeschichten“ das altgriechischen Erzählers Phlegon von Tralles aus der ersten Hälfte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts zurückgegriffen und dabei den Konflikt zwischen antiker Sinnlichkeit und asketischer Geistlichkeit des Christentums mit „modernem“ Vampirglauben verflochten.

    Natürlich steht Goethe hier, wie auch Schiller, auf der Seite des ideal verkörperten Griechentums.

    Weiteres im Booklet der CPO-GA, S. 23;


    Es singt wieder die wunderbare Iris Vermillion, natürlich wieder begleitet von Cord Garben:



    Die Braut von Korinth


    Nach Korinthus von Athen gezogen

    Kam ein Jüngling, dort noch unbekannt.

    Einen Bürger hofft’ er sich gewogen;

    Beide Väter waren gastverwandt,

    Hatten frühe schon

    Töchterchen und Sohn

    Braut und Bräutigam voraus genannt.


    Aber wird er auch willkommen scheinen,

    Wenn er teuer nicht die Gunst erkauft?

    Er ist noch ein Heide mit den Seinen,

    Und sie sind schon Christen und getauft.

    Keimt ein Glaube neu,

    Wird oft Lieb und Treu

    Wie ein böses Unkraut ausgerauft.


    Und schon lag das ganze Haus im stillen,

    Vater, Töchter, nur die Mutter wacht;

    Sie empfängt den Gast mit bestem Willen,

    Gleich ins Prunkgemach wird er gebracht.

    Wein und Essen prangt,

    Eh’ er es verlangt:

    So versorgend wünscht sie gute Nacht.


    Aber bei dem wohlbestellten Essen

    Wird die Lust zur Speise nicht erregt;

    Müdigkeit läßt Speis und Trank vergessen,

    Daß er angekleidet sich aufs Bette legt;

    Und er schlummert fast,

    Als ein seltner Gast

    Sich zur offnen Tür herein bewegt.


    Weiter geht es hier: https://www.lieder.net/lieder/get_text.html?TextId=6491


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich komme nun heute zum ersten Beispiel aus dem Loewe-Lieder Vol. III, dem Lied Nr. 2, Der Junggesell, ohne Opus-Zahl, nach einer Ballade von Gustav Pfizer (1807 – 1890):


    Im Jahre 1842 vertonte Carl Loewe Gustav Pfozers Ballade "Der Junggesell". Das an sich heitere Stück lebt von seiner eingänggen Melodie und dem tänzerisch beschwingten Rhythmus, doch bleibt auch dem leichtfüßigen Junggesellen die bittere Erkenntnis nicht erspart.


    Hier singt Roman Trekel, begleitet von Cord Garben, aufgenommen am Neujahrstag 2000:



    Hier die GA!


    Der Junggesell


    Ich bin ein leichter Junggesell

    Und wandre durch die Welt,

    Nomadengleich erbau ich schnell

    Und breche ab mein Zelt.


    Wohl träumt mir oft, es hab' ein Weib

    Sich an mein Herz geschmiegt;

    Ich hab' im süßen Zeitvertreib

    Ein holdes Kind gewiegt.


    Doch weg den Traum, ich bin erwacht,

    Er hat gar lang' gewährt,

    So lang', daß er bei Tag und Nacht

    Mir immer wiederkehrt.


    Der Ausgang liegt mir stets im Sinn:

    Zum Grabe feucht und kalt

    Trug man die schöne Mutter hin,

    Das Kind dann welkte bald!


    Der ganze Traum ist nun vorbei,

    Mein Auge wusch ich hell,

    Durchwandre wieder leicht und frei

    Die Welt als Junggesell


    Zwei Locken aber, wunderbar

    Vom Traum mir blieben sind;

    Die braune von der Mutter Haar,

    Die blonde von dem Kind.


    Schau ich die goldne Locke an,

    So bleicht das Abendrot;

    Und seh ich auf die dunkle dann,

    So wünsch' ich mir den Tod.


    Liebe Grüße


    Willi:)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).