Als ich Pfingsten vom Tode des Komponisten erfuhr, habe ich im Forum nach Beiträgen über ihn gesucht. Ohne Ergebnis.
Es gibt nicht mal Erwähnungen des Namens. Deshalb habe ich mich entschlossen, einen Thread zu starten,
da er ohne Zweifel ein hervorragender Komponist ist, dessen Werke nicht nur in Spanien aufgeführt wurden und werden!
Cristóbal Halffter Jiménez-Encina
(Geboren am 24. März 1930 in Madrid, gestorben am 23. Mai 2021 in Ponferrada)
Sein Großvater, ein ostpreußischer Freiherr, war im 19. Jahrhundert nach Spanien ausgewandert und hatte dort sein Geld als Schmuckimporteur für die königliche Familie verdient. Halftfters Vater, ein wohlhabender Bauunternehmer, musste 1936 im Spanischen Bürgerkrieg als "Kapitalist" vor den Republikanern in das Rheinland fliehen, arbeitete als Fabrikdirektor in Velbert und kehrte mit der Familie erst 1939 kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nach Spanien zurück. Mithin hat Cristóbal Halffter einen Teil seiner Kindheit in Deutschland gelebt.
Die bekannten Komponisten Rodolfo Halffter und Ernest Halffter sind seine Onkel.
Halffter studierte 1947-1951 bei Conrado del Campo y Zabaleta am Real Conservatorio Superior de Música in Madrid, wo er einen glänzenden Abschluss machte. Durch del Campo wurde er besonders mit der Musik der deutschen Spätromantik vertraut. Früh schloss er sich der spanischen AVANTGARDE an. Neben Luis de Pablo ist er der einzige Vertreter der spanische Avantgarde der seit den sechziger Jahren auf europäisches Interesse gestoßen ist.
Er bemühte sich aus der spanischen Folklore und den Beengungen der Faschistischen Kulturpolitik auszubrechen und übernahm modernste Techniken. Insbesondere verwandte er Zwölftontechnik und Reihentechnik, die er auch auf Rhythmus und Klangfarben übertrug. Daneben experimentierte er mit Elektronischer Musik.
Ab 1970 begann er als Dozent an der Universität von Navarra zu unterrichten und startete gleichzeitig eine Dirigentenkarriere, in deren Verlauf er alle großen Orchester in Europa und Amerika dirigierte.
1976 war er Dozent der Internationalen Ferienkurse für Neue Musik in Darmstadt, nachdem er in den sechziger Jahren mehrfach mit Komponisten wie Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen und Luciano Berio gearbeitet hatte, und wurde 1979 Leiter des Studios für elektronische Musik der Heinrich-Strobel-Stiftung in Freiburg im Breisgau. 1976 -1978 war er Präsident der spanischen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (LGNM).
Bei den Weltmusiktagen der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (ISCM World Music Days) wirkte er mehrmals als Juror mit.
Viele seiner Kompositionen haben außermusikalische Themen, die durch die existentiellen Erfahrungen mit der faschistischen Diktatur geprägt sind. Man hört in seinen Werken immer wieder menschliche Schreie aus Angst, Klagelaute, Verzweiflung und das Schweigen des Todes! Aber auch die Hoffnung auf Freiheit wird bei ihm Klang!
Als man ihn aufforderte, nach dem Sturz des faschistischen Diktators Francos politische Verantwortung als Minister in der spanischen Regierung zu übernehmen, lehnte er das mit der Begründung ab, er könne als Musiker weitaus stärker und nachhaltiger als moralische Instanz am Aufbau einer demokratischen Kultur wirken.
Sein Werk hat das eindrücklich beweisen.
2008 habe ich am Theater Kiel die umjubelte Uraufführung seiner zweiten Oper LAZARUS erleben können, die mich mit ihrer beredten Musik, die Erregungs- und Schreckmomente intensiv ausmalt, und ihrem expressiv geladenen Schweigen ungemein beeindruckt hat.
Zitat von WikipediaBühnenwerke
- Jugando al toro. Ballett. Libretto: Vicente Vila. UA 1960 Barcelona
- Don Quijote. Oper. Libretto: Cristóbal Halffter und Andrés Amorós. UA 23. Februar 2000 Madrid
- Lázaro. Oper. Libretto: Juan Carlos Marset. UA 4. Mai 2008 Kiel
- Schachnovelle. Oper. Libretto: Wolfgang Haendeler nach der gleichnamigen Novelle von Stefan Zweig. UA 18. Mai 2013 Kiel
Vokalkompositionen
- Yes Speak Out Yes (1968). UNO-Kantate für Sopran, Bariton, 6 Sprecher, 2 gemischte Chöre und Orchester (mit 2 Dirigenten). Texte: Norman Corwin
Orchesterwerke
- 5 Mikroformen (1960) für Orchester
- Memento a Dresden (1995)
- Tiento y primer tono y batalla imperial
- Adagio en forma de rondó (2002)
- Palimsesto – 1956/2004. Zwei Sätze für Pauken und Orchester. UA 2005 Dresden
- Ritual (2009)
- Konzert für Viola und Orchester (2016) Das Stück ist Daniel Karasek und Georg Fritzsch als Vertreter des gesamten Kieler Opernhauses gewidmet.
Filmografie
- 1953: Der Verräter des Herrn – Judas Ischariot (El beso de Judas)
- 1955: Die Liebesmühle (La pícara molinera)
- 1959: Unter dem Terror der Mörder (Llegaron dos hombres)
- 1960: Brot und Blut (A las cinco de la tarde)
- 1961: Die Hand in der Falle (La mano en la trampa)
- 1966: Halb elf in einer Sommernacht (10:30 P.M. Summer)
- 1967: Flucht aus der Taiga (Beyond The Mountains)
- 1979: Lagerstraße Auschwitz
- 1985: Nachtgeschichten (El filandón)
Cristóbal Halffter hat eine neue Oper für das Kieler Opernhaus komponiert -- eine Oper über Schach, Widerstand und Wahn.
Das Libretto schrieb Wolfgang Haendeler nach der Novelle von Stefan Zweig.
Caruso41