Die Kunstwerke wirken unmittelbar auf mich. Sei es beim Hören der Musik eines Pérotin, beim Betreten einer romanischen Kirche, bei der vertieften Betrachtung eines Tafelbildes, bei der Lektüre eines Textes eines Minnegesanges. Ich kann, ich gebrauche deine Worte, durchaus auf "existentiell tiefgreifende Weise" angesprochen werden. Wenn es so nicht wäre, könnten alle Museen, Kirchen, ganze Bibliotheken geschlossen werden.
Genauso geht es mir auch. Es gibt keine Architektur, die mich auf eine so "existentiell tiefgreifende Weise" berührt wie eine gotische Kathedrale, auch wenn mir die Welt, in der sie entstanden ist, natürlich sehr fremd ist. Aber Hand aufs Herz, gilt das nicht auch für die Welt des 18. und 19. Jahrhunderts, in denen die meisten Werke unseres heutigen Klassikkanons entstanden sind?
Oder um ein musikalisches Beispiel aus Helmuts Spezialgebiet zu nennen: Die Lieder John Dowlands berühren mich ebenso tief wie die von Schubert oder Britten. Und das Requiem von Ockeghem ergreift mich sogar viel mehr als das theatralische Requiem von Verdi.