Arena di Verona - "La Traviata"

  • Ich habe mir gestern abend die gekürzte Fassung der Traviata angeschaut und noch immer voller Begeisterung empfehle ich jedem,

    der diese Oper mag, sich die GA am 11. 9. auf 3 sat anzuschauen.

    Sonya Yoncheva in der Titelpartie überragend - stimmlich, optisch und darstellerisch - ideal und perfekt!

    Einzigster minimaler Kritikpunkt in meiner Bewertung - das Verlesen des Briefes hätte ich mir etwas gefühlvoller, entrückter gewünscht.

    Mit Vittorio Grigoli als Alfredo, hatte sie einen ebenbürtigen Partner an ihrer Seite.

    Das Orchester klang hervorragend, ebenfalls der Chor. Und die Inszenierung /Ausstattung für die große Bühne, ebenfalls perfekt.


    Chrissy


    (Und diesmal gab es auch den Schlußbeifall).

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Also ich war enttäuscht von den Beiden. Die Yontscheva wirkt als Violetta äußerst ordinär und stimmlich überzeugt sie mich nicht. Dabei meine ich nicht mal den uns vorenthaltenen Schlusston von „Sempre libera“, sondern die schlampig dahingesungenen Koloraturen und allgemein die völlige Ungerührtheit, die ihr Singen hinterlässt. Und Grigolo müht sich nach Kräften, den Alfredo über die Runden zu bringen. Begeisterung ist anders.

    Wie gut dagegen war die vorige Produktion besetzt, die ich vor Ort genießen durfte: Elena Mosuc und Francesco Demuro verliehen ihren Rollen die gewünschte Innigkeit und sie sangen in einer anderen Liga.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Ich wusste zu Beginn nicht, dass das ZDF eine "verstümmelte" Fassung zeigen würde. Da wurde ja nicht einfach nur die Arie des Alfredo rausgeschnitten (die Cabaletta war dann wieder drin), sondern es wurden immer wieder kurze Passagen entfernt. Im Duett Violetta/Germont im zweiten Akt mehrmals, da fehlte immer wieder etwas. Für jemanden der die Oper gut kennt, nicht akzeptabel. Papa Germont durfte den Beginn seines berühmten Di provenza il mar singen und die finalen Phrasen, aber der große Mittelteil der Arie wurde auch rausgeschnitten. So ging das dann bis zum Ende.

    Für wen wurde denn das so ausgestrahlt? Für einen Opernliebhaber, der eine Traviata kennt, sicher nicht. Oder sollte das so eine Art Querschnitt sein, um ein jüngeres Publikum auf die Gattung Oper aufmerksam zu machen?


    Sonya Yoncheva gefiel mir eigentlich ganz gut, sie verfügt über die Mittel, die so unterschiedlichen Anforderungen, die an die Stimme gestellt werden, zu erfüllen. Wenngleich auch in unterschiedlicher Qualität und auch wenn ich sie mir an so manchen Stellen fragiler gewünscht hätte. Aber Vittorio Grigolo war doch ein Ausfall. Dass die Stimme nicht besonders attraktiv ist, ist nicht das eigentliche Problem. Aber der Tenor stemmte sich undifferenziert durch die Partie, fand praktisch nie zu einem überzeugenden sanften Ausdruck, neigte dafür aber zu weit übertriebener Theatralik. Er agierte wie in einem Stummfilm. Natürliches Spiel sieht anders aus. Gut, so pathetisch tritt Grigolo eigentlich immer auf, das weiß man ja. Aber zu einem Alfredo passt es überhaupt nicht.


    Gregor

  • Die gekürzte Fassung im TV habe ich auch versucht zu genießen. Leider war es höchstens optisch ein Genuß, womit ich die Kulissen und die Garderobe meine.

    Ich weiß auch nicht, wem man mit dieser kastrierten Fassung eine Freude machen wollte. Wie schon in Beitrag #2 und #3 geschrieben wurde zerstören die weggeschnittenen Teile, was ein Kenner dieser Oper erwartet. Können die öffentlich-rechtlichen Sender nicht anders oder wollen sie nicht? Da bringt das ZDF schon mal Klassik, und dann so etwas. Dafür zahlen wir Gebühren, und immer mehr!!! Ich habe enttäuscht abgeschaltet und bei RTL erfreulicherweise ein gutes Fußballspiel gesehen. Bis dahin haben mich hat Yontchewa enttäuscht und Grigolo ebenso. Mit Wehmut denke ich da an Freni, an Sutherland oder selbst an die junge Netrebko, den jungen Villazon oder Bergonzi oder Domingo. Immerhin - es ist Verona, und im TV, da hat man Erwartungen. Ich werde dennoch die gesamte Oper am Samstag ansehen, aber mit Vorurteilen.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Für wen wurde denn das so ausgestrahlt? [...] solte das so eine Art Querschnitt sein, um ein jüngeres Publikum auf die Gattung Oper aufmerksam zu machen?

    Das wurde gemacht für die gleiche Klientel, die Aufnahmen mit den Titelzusätzen "Highlights" oder "Die beliebtesten Melodien aus ..." kauft.


    "Das ZDF zeigt die Höhepunkte des Opernspektakels. Die Neuinszenierung versetzt die Handlung der "Traviata" in die goldene Pariser Epoche, die Zeit der Weltausstellung von 1889" ... So stand es in der Programmankündigung des Senders und wer das nicht gelesen hat, konnte zumindest von der Sendezeit (90min.) auf die Idee einer gekürzten Fassung kommen.

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Das wurde gemacht für die gleiche Klientel, die Aufnahmen mit den Titelzusätzen "Highlights" oder "Die beliebtesten Melodien aus ..." kauft.


    "Das ZDF zeigt die Höhepunkte des Opernspektakels. Die Neuinszenierung versetzt die Handlung der "Traviata" in die goldene Pariser Epoche, die Zeit der Weltausstellung von 1889" ... So stand es in der Programmankündigung des Senders und

    wer das nicht gelesen hat, konnte zumindest von der Sendezeit (90min.) auf die Idee einer gekürzten Fassung kommen.

    So ist es! Und die Opernaufführung wird in voller Länge am 11. 9. um 20. 15 Uhr auf 3 sat ausgestrahlt.

    Ich hoffe, daß viele dann diese GA sehen und bin gespannt auf Meinungen und Bewertungen.


    Chrissy

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Jetzt habe ich mal ungefähr zwanzig Minuten in das Video der Traviata in der Arena von Verona reingeschaut. Mir fiel auf, dass weder im Vorspann noch im Abspann ein Regisseur genannt wird. Es gab vielleicht auch gar keinen, zumindest keinen richtigen, denn auf der Arena-Hompage fand ich nur, dass unter der Leitung des stellvertretenden(!) Künstlerischen Direktors Stefano Trespidi ein Mann namens Michele Olcese für die szenischen Arrangements (anscheinend basierend auf einer älteren Inszenierung von Zefirelli, dessen Mitarbeiter Olcese war) verantwortlich zeichnete; ihm ist wohl entgangen, dass die Oper um die Zeit von 1850 spielt. Ist das jetzt Regietheater, wenn die vorliegende Inszenierung laut ZDF 39 Jahre später, in 1889 (der Eiffelturm in Paris ist im Hintergrund zu sehen, die Damenmode hat sich laut google-Bildersuche auch geändert ) spielt? Eigentlich sind das Peanuts. Was ich aber wirklich schlimm finde ist das fehlende Konzept, es reiht sich eine Beliebigkeit an die andere. Mein Eindruck: Dieses Jahr wurde in Verona eine alte Inszenierungen im neuen Gewand recycelt, aber nicht neu inszeniert.

    Die komplette Aufzeichnung am Wochenende spar ich mir ganz bestimmt.

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Inzwischen habe ich rausgefunden, wer für die Inszenierung von "La Traviata" 2021 verantwortlich ist. Viele Köche verderben bekanntlich den Brei, und wenn einer der Köche gar kein Koch ist, ist es kein Wunder, wenn das servierte Gericht nicht so richtig gut schmeckt.


    Die Produktion von "La Traviata" im Jahr 2019 war dem Regisseur Franco Zefirelli anvertraut, der aber vor Abschluß der Proben verstarb. Die Inszenierung wurde aus diesem Grund von seinen Mitarbeitern fertiggestellt. Wegen der italienischen Hygieneregeln im Jahr 2021 durfte diese Inszenierung nicht mehr aufgeführt werden, was die Intendanz der Opernfestspiele "Arena di Verona" veranlasste, eine Bearbeitung bei Michele Olcese in Auftrag zu geben.In Genua hat Olcese nach einer klassischen und musikalischen Ausbildung im Kavierbau ein Studium als Bauingenieur abgeschossen. 2018 wurde er Direktor für szenische Inszenierung (Bühnenbild) der "Fondazione Arena di Verona".

    Der Einfluß Zefirellis liegt auf der Hand, wenn man sich unten die Bühnenbilder von 2021 (l.) und 2019 (r.) anschaut.

    Am Samstag kann nun jeder entscheiden, ob ein gelernter Bauingenieur das Handwerk eine Regisseurs beherrscht.


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    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Ich habe gerade in 3 Sat die Aufführung der Traviata gesehen. Gesanglich und musikalisch einigermaßen ok. Es wurde fast durchweg, bis auf Gaston, schön im Körper gesungen. Aber die Inszenierung war eine einzige Enttäuschung. Das war rein szenisch die schlechteste Traviata, die ich je gesehen habe. Ungemein konventionell auf die Bühne gebracht und - genau wie neulich die Turandot - zum puren Ausstattungsstück degradiert, vermochte sie mich in keinster Weise zu überzeugen. Darüber hinaus war kein übergeordnetes geistiges Konzept erkennbar. Dem neugierigen Intellekt wurde überhaupt nichts geboten. Alles wirkte beliebig und wie zufällig. Gähnende Langweile war die Folge. So schnell werde ich mir jedenfalls nichts mehr aus der Arena di Verona ansehen. Das war heute schon ein arger szenischer Missgriff. Hat man denn in Verona von den Vorzügen des in Deutschland vorherrschenden modernen Musiktheaters noch nie etwas gehört? Wenn ich da an solche Prachtinszenierungen wie die von Berghaus, Konwitschny, Nemirova oder Freyer denke. Das sind hochspannende, durchweg prachtvoll gelungene Produktionen gewesen, von denen die sehr schlechte Produktion der Arena di Verona, die man am besten ganz schnell wieder vergisst, extrem weit entfernt ist.


    Herzliche Grüße


    Lustein

  • Zitat Rodolfo 39

    Bei der Traviata hat 3 Sat auch gekürzt. Das Vorspiel im 3 Akt fehlt und der fängt gleich mit Violettas Arie an


    ... und auch schon das musikalisch schöne Vorspiel zum 1. Akt fehlte!

    Und von wegen 7 1/2 Minuten Schlußbeifall. Gesendet wurde höchstens 1 Minute!


    Chrissy

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Und von wegen 7 1/2 Minuten Schlußbeifall. Gesendet wurde höchstens 1 Minute!

    Wo steht denn was über die Dauer des Schlußbeifalls?


    Es kursieren in Deutschland Aufzeichnungen von "La Traviata" aus Verona 2021 in drei verschiedenen Längen: S / M / L


    ZDF - 89 min am 05.09.2021

    https://www.zdf.de/kultur/musi…erdi-la-traviata-100.html

    3Sat - 120 min am 11.09.2021

    https://www.3sat.de/kultur/musik/la-traviata-110.html

    ZDF - 133 min am 09.09.2021 (steht aber in keiner Programmvorschau)

    https://www.zdf.de/kultur/musi…-traviata-verona-100.html

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Hat man denn in Verona von den Vorzügen des in Deutschland vorherrschenden modernen Musiktheaters noch nie etwas gehört?

    Darüber bin ich sehr froh! Ich fand die Inszenierung zwar auch langweilig, weil wenig durchdacht, aber das ist mir allemal noch lieber als die abstrusen Ideen, die sich meistens mit dem modernen Regietheater verbinden. Vorzüge kann ich da höchst selten erkennen.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Wo steht denn was über die Dauer des Schlußbeifalls?

    Das hatte hier ein Mitglied unseres Forums vor ein paar Tagen mitgeteilt und zwar auf die Beschwerde von Rodolfo und La Roche.

    Leider kann ich diese Beiträge nicht mehr finden (gelöscht???) und ich weiß auch nicht mehr, von wem der Hinweis war.

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Zitat Rodolfo 39

    Bei der Traviata hat 3 Sat auch gekürzt. Das Vorspiel im 3 Akt fehlt und der fängt gleich mit Violettas Arie an

    Das hatte hier ein Mitglied unseres Forums vor ein paar Tagen mitgeteilt und zwar auf die Beschwerde von Rodolfo und La Roche.

    Da ist anscheinend was durcheinander geraten, denn La Roche hat sich hier an keiner Stelle über den Schlußbeifall beschwert (ihm hat die ganze Vorstellung wegen der #kastrierten Fassung" nicht gefallen) und Rodolfo hat sich hier bisher noch gar nicht zu Wort gemeldet.

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Ich habe auch angemacht, aber nur bis zum Schluß des 2. Aktes ausgehalten. Gründe gibt es viele:

    - das gesangliche Niveau. Frau Yontschewa wäre zur Uraufführung ausgebuht worden, aber die so gar nicht ihrer Krankheit entsprechende Statur spiel heutzutage zum Glück keine Rolle mehr. Nein, ihre Stimme ist z.B. für die Koloraturen in "Síst seltsam" einfach zu schwer, sie kamen auch nicht. Grigolo hatte ich vor Jahren als Herzog gesehen,( als Domingo sich als Rigoletto versuchte). Da war Grigolo noch ein strahlender Tenor. Das ist er nicht mehr. Der Georg Germont gab sich Mühe, er hat mir eigentlich am Besten gefallen, aber kein Vergleich mit vergangenen Größen wie Panerai oder Metternich.

    Es gab in der von mir gesehenen Zeit keine einzige Stelle, bei der ich Gänsehaut bekam. Insgesamt saft- und kraftlos, nicht mitreißend, langweilig.

    - dazu trug besonders die Inszenierung bei. Dem Beitrag #9 kann ich in keinem Punkte folgen, die Inszenierung war an keiner Stelle "ungemein konventionell und ein Ausstattungsstück". Die Inszenierung war weder Fisch noch Fleisch. Keine Inszenierung im klassischen Sinn, aber auch kein RT. Die Glasfenster hätten eher den Verdacht erregen können, die Butterfly würde gespielt. Der Chor mit Masken, furchtbar. Warum? Gibt es in Italien keinen Impfstoff? Somit wurde keinem gedient, weder den Klassikern noch den RT-Anhängern. Ich glaube, ich hätte das Bühnenbild von Zefirelli (siehe #8) bevorzugt, dann hätte ich evtl. auch bis zum bitteren Ende ausgehalten. So habe ich nach ca. 1 Std. lahmer Oper die 2. Bundesliga bevorzugt. Der Eifelturm im Hintergrund signalisiert zwar Paris, aber zur Zeit der Kameliendame gab es den noch nicht. Gestört hat auch die Texteinblendung, offensichtlich eine Neuübersetzung, die keinesfalls aussagekräftiger war als die altbekannte (wo der alte Germont das "heimatliche Land" als Grundlage nimmt) Übersetzung. Dann schon lieber gar keine Einblendung, denn als einer, der Traviata incl. TV mehr als 20x gesehen hat weiß man ja, was sie singen. Ein neuer Text macht neugierig, zu lesen was da steht. Und das lenkte ab und war sinnlos. Im Übrigen war das Ganze, wie es auch Chrissy schon geschrieben hat, keine komplette Traviata. Dazu fehlt in den beiden ersten Akten schon zu viel.


    Den Beitrag #9 von Lustein fand ich sehr lustig. Den Beitrag #7 und #8 von Orfeo sachlich


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Lieber Orfeo

    Mein Beitrag ist in der Rubrik bald im TV. Vielleicht kann man den hierhin verschieben ? Die Traviata hab ich wieder gelöscht. Da hat mich die last Night of the Proms weitaus mehr unterhalten Die Inszenierung fand ich auch langweilig und die Sänger wirkten sehr lustlos. Ich hab mir lieber auf BBC die last Night of the Proms abgeschaut.

  • Hallo,

    ich habe mir im TV von Traviata den ersten Akt angeschaut und dann abgebrochen um mir auf CD Traviata mit Mirella Freni von 1972 anzuhören damit ich guten Gesang zu hören bekomme


    Kurt

  • ... und auch schon das musikalisch schöne Vorspiel zum 1. Akt fehlte!

    Und von wegen 7 1/2 Minuten Schlußbeifall. Gesendet wurde höchstens 1 Minute!


    Chrissy

    Ob nun die beiden Vorspiele in Verona gar nicht gegeben wurden, oder ob sie uns 3sat nur vorenthalten hat, kann nur der sagen, der in Verona dabei war. Schade! Und die Länge des Schlussapplauses bekommen Interessierte, die gerne die Reaktion des Publikums beurteilen möchten, häufig nicht zu sehen, weil sie sich nach der Länge des Abspanns richtet oder ein Moderator dazwischen quatscht.

    Hat man denn in Verona von den Vorzügen des in Deutschland vorherrschenden modernen Musiktheaters noch nie etwas gehört?

    Glücklicherweise!!! Noch ist wenigstens nicht die ganze Welt von dem "German-trash-Virus" befallen. So hat der große Anteil der Opernfreunde, die gerne die echten Werke sehen möchten, hin und wieder eine geringe Chance, auch mal wieder eine vernünftige Inszenierung zu sehen oder zu erleben.

    Die "Vorzüge" der Art des sogenannten "modernen (sagen wir besser modischen) Musiktheaters", bei dem die Meisterwerke oft bis zur Unkenntlichkeit entstellt werden, hat uns schon mancher hier im Forum weiszumachen versucht. Aber mir konnte noch niemand plausibel begründen, worin der "Vorzug" dieser Verunstaltungen liegt.

    Ich will nicht sagen, dass die Inszenierung mich überwältigt hat (ich kenne bessere), aber sie war werkgetreu. Auch die musikalischen Leistungen beurteile ich nicht so negativ wie LaRoche. Sie haben mich durchaus gepackt.

    Die Masken der Chormitglieder, die Corona geschuldet waren, störten mich zwar auch ein wenig. Den Eiffelturm verzeihe ich dem Bühnenbildner, der damit dem heutigen Publikum mit einem ihm bekannten Symbol (es hätte sicherlich andere gegeben) zeigen wollte, dass die Handlung in Paris spielt, obwohl es zur Zeit der Marie Duplessis, auf die sich die Handlung bezieht, schon 1847 starb, als es den Eiffelturm noch nicht gab.

    Auch die Untertitel störten nur und waren auf dem oft hellen Untergrund häufig nicht zu lesen. Hier müsste sich das Fernsehen für diejenigen, die sie brauchen, weil sie sich mit dem Text noch nicht befasst haben, etwas anderes einfallen lassen (z.B. schwarze Umrahmung der hellen Buchstaben).

    Insgesamt war es für mich und für viele Opernfreunde dennoch (nach der schönen Aufzeichnung der Turandot aus St. Margarethen) eine Sendung, die man ohne Bedenken einschalten konnte.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Ob nun die beiden Vorspiele in Verona gar nicht gegeben wurden, oder ob sie uns 3sat nur vorenthalten hat, kann nur der sagen, der in Verona dabei war.

    Aufmerksame Tamino-Leser haben aber sicher schon festgestellt, dass in #11 in diesem Thread schon die Möglichkeit von mir angeboten wurde, sich drei Fassungen (89 min, 120 min, 133 min) anzusehen. In der langen Version von 133 Minuten ist diese Inszenierung in ihrer ganzen Länge zu sehen. Einfach mal anklicken.

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Ich habe mir auch lieber. so wie Rodolfo, "The Last Night of the Proms" angesehen. Das war doch ein Spektakel! Ich war leider nicht so textsicher wie die 2.500 gutgelaunten Briten, sonst hätte ich alles mitgesungen. In Deutschland wäre alles begraben worden unter dem stumpfsinnigen Mitgeklatsche, was hierzulande Begeisterung simuliert.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich habe auch angemacht, aber nur bis zum Schluß des 2. Aktes ausgehalten. Gründe gibt es viele:

    - das gesangliche Niveau. Frau Yontschewa wäre zur Uraufführung ausgebuht worden, aber die so gar nicht ihrer Krankheit entsprechende Statur spiel heutzutage zum Glück keine Rolle mehr.

    Ich habe bis zum Schluss "ausgehalten". Und wenn ich ehrlich bin, so nur deshalb, weil ich verstehen und beurteilen können wollte, was hier im Forum über diese Aufführung geschrieben wird.

    Selbst mag ich eigentlich nichts dazu sagen. Ich bin Sachen Opernmusik viel zu ungebildet, als dass ich mich das getraute. Dass es eine Sopranistin mit Namen Sonya Yoncheva gibt, wusste ich bis gestern gar nicht, und auch die übrigen Sänger-Namen waren mir unbekannt. (Und so jemand tapst hier im Tamino-Forum herum!)

    Aber wenn ich mir wenigstens diese Anmerkung, die von La Roche angesprochene Frau Yoncheva betreffend, erlauben darf:

    Ich kenne die Gestalt der Violetta in der gesanglichen Gestaltung und Interpretation von Maria Callas. Bei dieser Figur schuf Verdi kompositorisch einen körperlich und seelisch leidenden und in seiner Liebe einem tiefen existenziellen Konflikt ausgesetzten Menschen. Bei der Callas erlebt man das auf erschütternde Weise, bei Sonya Yoncheva war für mich nichts, aber auch wirklich gar nichts davon zu vernehmen. Dafür setzt sie ihre Stimme auf viel zu undifferenzierte Weise ein. Ein Brechen darin, eine unmittelbare Zurücknahme aus dem Forte ins Piano, ein darin aufklingender schmerzlicher Ton oder ein Umschlag von Freude in Betrübnis, - all das ist bei ihr nicht zu hören gewesen. Diese Frau sang - für mich - ohne Seele.

    Ich habe extra die Szene mit der Arie "Addio del passato" aufgenommen, um heute Morgen einen Hörgleich mit der Callas anzustellen. Da habe ich zwei Welten von Operngesang vernommen, und die zweite, jene von gestern Abend, war nicht die, aus meiner Sicht der Musik Verdis voll gerecht wurde.

  • Maria Callas - La Traviata - YouTube


    Lieber Helmut, hier ist die beste Aufnahme für mich. Ein Unterschied wie Tag und Nacht!!. Übertrieben könnte ich sagen, daß ich bei beiden Tränen in den Augen hatte. Bei der einen wegen der Enttäuschung, bei der anderen vor Ergriffenheit.

    Allerdings sollte man der Vergangenheit nicht nachweinen, zumal Frau Yontchewa live sang und Frau Callas sicher im Studio.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Danke, lieber Helmut! Mit deiner Sicht der Sopranistin hast du ins Schwarze getroffen.

    Von den etwa 15 erlebten Violetta-Darstellerinnen war sie die schlechteste.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • zumal Frau Yontchewa live sang und Frau Callas sicher im Studio.

    Lieber La Roche,

    die Callas hat die Traviata nur einmal im Studio aufgenommen, das war, glaube ich, 1953, und das ist nicht ihre beste Darstellung. Dafür gibt es Live-Mitschnitte aus Mexiko, Mailand, Lissabon und London. Ich persönlich bevorzuge den Mitschnitt aus London 1958 und den aus Mailand 1955.


    Ansonsten gebe ich Helmut vollinhaltlich Recht.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Als ich vor gut einer Woche die gekürzte Fassung der Traviata gesehen hatte muß ich zugeben, aus persönlichen Gründen,

    war ich da nicht so konzentriert und habe mehr oder weniger nur die musikalischen Höhepunkte mitbekommen.

    Gestern habe ich nun, bis auf weniges Gekürztes, die gesamte Aufführung gesehen.

    Und da muß ich jetzt doch schon auch einige Abstriche machen.

    Trotzdem, so schlecht, wie sie hier von einigen gemacht wird, fand ich sie nicht und stimme Gerhard in seiner Bewertung zu.

    Wir sollten nicht vergessen - wir sind hier auf einer riesigen Freilichtbühne und nicht auf der Opernbühne und schon gar nicht im Studio.

    Wenn ich aber lese...

    Ich habe gerade in 3 Sat die Aufführung der Traviata gesehen. Gesanglich und musikalisch einigermaßen ok.

    Aber die Inszenierung war eine einzige Enttäuschung. Das war rein szenisch die schlechteste Traviata, die ich je gesehen habe.

    ... dann empfehle ich meinen damaligen Bericht zu lesen im Thread "Gestern in der Oper" - (anklicken Seite 29) "La Traviata in der Dresdner Semperoper".

    Da erinnere ich mich tatsächlich mit Grausen!

    Ich kenne die Gestalt der Violetta in der gesanglichen Gestaltung und Interpretation von Maria Callas. Bei dieser Figur schuf Verdi kompositorisch einen körperlich und seelisch leidenden und in seiner Liebe einem tiefen existenziellen Konflikt ausgesetzten Menschen. Bei der Callas erlebt man das auf erschütternde Weise,

    Lieber Helmut

    Die Interpretation der Callas kenne ich natürlich auch und schätze sie. Denn ohne Zweifel, war die Traviata eine ihrer Paradepartien.

    Zurecht wird hier "körperlich und seelisch leidend" angesprochen.

    Die Oper hat ja wirklich sehr viele schöne dramatische und lyrische Stellen, die einen berühren und ergreifen.

    Eine dieser Stellen daraus ist für mich "Dite alla giovine..."

    Das habe ich mir vorhin extra mit der Callas angehört und meine, ja, richtig gut.

    Und doch habe ich hier eine andere Favoritin wo ich sage, wie unglaublich gefühlvoll dargestellt und welch stimmlicher Wohlklang!


    Herzliche Grüße

    Chrissy


    Den Link anklicken ab Min. 9.45

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ich kenne die Gestalt der Violetta in der gesanglichen Gestaltung und Interpretation von Maria Callas. Bei dieser Figur schuf Verdi kompositorisch einen körperlich und seelisch leidenden und in seiner Liebe einem tiefen existenziellen Konflikt ausgesetzten Menschen. Bei der Callas erlebt man das auf erschütternde Weise, bei Sonya Yoncheva war für mich nichts, aber auch wirklich gar nichts davon zu vernehmen. Dafür setzt sie ihre Stimme auf viel zu undifferenzierte Weise ein. Ein Brechen darin, eine unmittelbare Zurücknahme aus dem Forte ins Piano, ein darin aufklingender schmerzlicher Ton oder ein Umschlag von Freude in Betrübnis, - all das ist bei ihr nicht zu hören gewesen. Diese Frau sang - für mich - ohne Seele.

    Lieber Helmut, dafür, dass Du in Sachen Oper so ungebildet sein willst, hast Du eine viel zu gute und treffliche Kritik angebracht. Volle Zustimmung. Es hätte nicht einmal den Vergleich mit der Callas gebraucht, um diese Leistung als völlig verunglückt und unakzeptabel zu empfinden. Im Gegensatz zu Dir habe ich allerdings nicht durchgehalten. Dafür war mir die Zeit zu schade. Meine Erkenntnis aus dem, was ich sah und hörte: Es bedarf keiner grellen und spektakulären Inszenierungen wie neulich in Salzburg oder Aix. Oper kann man auch als veroneser Gesamtpaket ad absurdum führen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Liebe Musikfreunde,


    voller Interesse habe ich eben Eure Beiträge über die Aufführung von meiner Lieblingsoper "La Traviata" - was Ihr auch an meinem Avatar erkennen könnt - gelesen.


    Da ich mir vorher die Zeitdauer nicht angesehen hatte, war ich ebenso voll entsetzt, dass so viele Arien und Teile von Duetten einfach mal weggekürzt wurden. Hinzu kam, dass mittendrin - denn es fehlte vorher eine Arie der Violetta - mal eben ins Theater geschaltet wurde.


    Fast alles, was Ihr angesprochen habt, entspricht auch meiner Meinung über die Aufführung. Und die Frage: "Wen sollte diese Aufführung ansprechen?" stelle ich mir ebenfalls.


    Gerade in letzter Zeit hatte ich mir von verschiedenen Aufführungen die Szenen mit Germont (dem Vatter) angehört. Z.B. fand ich auch den russischen Bariton Dmitri Hvorostovsky mit Renee Flemming hörenswert:


    Später, als Dimitri Hvorostovky bereits schwer erkrankt war bzw. 1 Jahr vor seinem Tod, sang er den Germont aus meiner Sicht immer noch hervorragend:



    Wie findet Ihr hier die Violetta gesanglich?


    Aber nun danke ich Euch sehr für Eure Links zu den Opernausschnitten einmal mit Maria Callas: È strano! È strano! Beide Opernausschnitte - auch mit Mirella Freni - werde ich mir gleich anhören.


    Ich danke Euch für Euren Musikverstand! Ein großartiges Forum!


    Ich grüße alle Tamino-Klassikfans!

    "Wer die Musik liebt, kann nie ganz unglücklich werden."

    Franz Schubert


  • Ich grüße alle Tamino-Klassikfans!

    Ein herzliches Hallo, liebe Violetta. Ich grüße Dich ebenfalls und heiße Dich in unserem Forum willkommen und wünsche Dir viel Freude.

    Es freut mich zu lesen, daß die Traviata Deine Lieblingsoper ist. Sie ist nämlich auch eine meiner bevorzugten Lieblingsopern.

    Auf Deine Frage...

    Wie findet Ihr hier die Violetta gesanglich?

    ... will ich Dir ehrlich antworten - ja, sie hat Stimme, ohne Zweifel, aber mir ist sie z. B. in der Szene "Dite alla giovine..." viel zu dramatisch,

    stellenweise zu schrill, sie berührt mich nicht. Hier fehlt mir jegliches Gefühl.

    Höre Dir und vergleiche mal diese Szene aus dem von mir in Btr. 25 reingestellten Link an. Da höre und spüre ich deutliche Unterschiede.

    Wie gefühlvoll, wie herrlich innig und geschmeidig da die Melodiebögen gesungen werden.

    Ich will allerdings dabei auch nicht verhehlen, daß ich ein ganz großer Fan von Mirella Freni bin.

    Laß´mich mal Deine Meinung wissen.


    Herzlichst Chrissy

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Hallo, lieber Chrissy,


    vielen Dank für das herzliche Willkommen Deinerseits.


    Natürlich habe ich mir die Aufnahmen von Maria Callas ( da gibt es ja doch einige) und das Duett mit Alfredos Vater - hier mir Mirella Freni - angehört. Das sind wunderbare Aufnahmen, gerade auch das Duett. Allerdings sind es Studioaufnahmen, wo alles genau ausgesteuert wurde. Den Film von 1974 versuchte ich eben zu finden. Leider fand ich mit Mirella Freni nur einen Film von 1973 mit sehr schlechter Bildqualität. Schade!


    Die Aufnahmen, die ich eingestellt habe, kann man da natürlich nicht vergleichen, denn es sind Konzert- bzw. Bühnenausschnitte.

    Die Oper hat ja wirklich sehr viele schöne dramatische und lyrische Stellen, die einen berühren und ergreifen.

    Das kann ich nur unterstreichen, denn genau diese "sehr vielen schönen dramatischen und lyrischen Stellen" machen die Oper für mich zu einem Meisterwerk.

    Lieber La Roche,

    die Callas hat die Traviata nur einmal im Studio aufgenommen, das war, glaube ich, 1953, und das ist nicht ihre beste Darstellung. Dafür gibt es Live-Mitschnitte aus Mexiko, Mailand, Lissabon und London. Ich persönlich bevorzuge den Mitschnitt aus London 1958 und den aus Mailand 1955.

    Dazu habe ich hier folgendes gefunden:

    Maria Callas: Die kompletten Studio-Aufnahmen, 1949–69 - WELT


    Nochmals danke an Dich, lieber Chrissy, für Deine ausführliche Antwort.

    Lieben Gruß - auch an alle Tamino Klassik Fans -


    Violetta

    "Wer die Musik liebt, kann nie ganz unglücklich werden."

    Franz Schubert


  • Es gibt viele Violettas, die auch mich erreichen. Callas, Freni, Stratas, die junge Netrebko, Fleming, Sutherland, aber auch diese (Angela Gheorghiu, besonders im Duett mit Leo Nucci):

    http://www.youtube.com/watch?v=m6EChjmi1vU

    http://www.youtube.com/watch?v=Clo_EiFQSOg

    Yonchewa gehört nicht dazu.

    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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