Ich wünsche allen 'Taminos' ein gutes neues Jahr 2022!
Der am 17. 11. 2020 in Zürich mit 84 Jahren verstorbene Bariton Roland Hermann war einer der profiliertesten deutschsprachigen Opern- und Konzertsänger im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts. Geboren am 17. 9. 1936 in Bochum, ließ er (nach einem Studium der Musikwissenschaft, Pädagogik und Anglistik) die Stimme von Margarethe von Winterfeldt – die Lehrerin Fritz Wunderlichs – und Paul Lohmann (Ehemann der legendären Franziska Martienssen-Lohmann) ausbilden. Der 1. Preis im Gesangswettbewerb der deutschen Rundfunkanstalten 1961 in München führte ihn zunächst durch die Konzertsäle in Deutschland, Österreich und in der Schweiz, aber auch schon in die Aufnahmestudios der Rundfunkhäuser. Sein kräftiger Bariton von eher dunkler Stimmfarbe befähigte ihn, zusätzlich etliche Basspartien in Werken der konzertanten Musik zu singen,
Die Bühnenlaufbahn begann für Roland Hermann 1967 in Trier als Mozarts 'Graf Almaviva'; ein Jahr später bereits wechselte er an das Zürcher Opernhaus (Antrittsrolle: der Sprecher in „Die Zauberflöte“), dem er dann bis 1999 angehörte. Zahlreiche internationale Gastspiele folgten im Laufe der Jahre, wobei er – wie im Konzertbereich - ein breit gefächertes Repertoire vom Barock bis zur Avantgarde beherrschte (darunter mehrere Ur- und Schweizer Erstaufführungen). Der groß gewachsene, gut aussehende Sänger mit einem etwas distinguierten Habitus verkörperte anfangs die 'edlen' Rollen seines Stimmfachs - rein komödiantische Partien waren nicht so sehr seine Sache - und die 'gebrochenen' Opern-Charaktere hat er sich im Laufe der Jahre richtiggehend 'erarbeitet'. Die Spätfolgen eines schweren Autounfalls (1972) behinderten seine Bühnenauftritte in den 90er Jahren etwas, worauf sich Roland Hermann verstärkt der Tätigkeit als Konzertsänger widmete. Zudem übernahm er ab 1989 für zwanzig Jahre eine Professur an der Hochschule für Musik in Karlsruhe, gab Meisterkurse und zuletzt Privatunterricht.
Die Merkmale seines Wirkens als Bühnen-Interpret hat Imre Fabian anlässlich der „Doktor Faust“-Inszenierung am Opernhaus Zürich in der „Opernwelt“ (1972) zusammengefasst: „Roland Hermann als Faust fesselte schon vom ersten Bild an: ein Sänger von suggestiver Kraft, der die Vorteile der Disziplin kennengelernt hat. Eine beachtenswert schöne Stimme, die nicht mit unterstützenden Operngesten, sondern mit musikalischen Mitteln sich auszudrücken weiß.“ Roland Hermann hinterließ eine große Anzahl an Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen, ist aber dem breiten Publikum weithin unbekannt geblieben, weil er nicht die Popularität suchte, sondern eher ein Sänger für 'Gesangs-Spezialisten' war.
Wie mir ein ehemaliger Mitarbeiter des Zürcher Opernhauses berichtete, wurden ab den 70er Jahren nahezu alle Generalproben bzw. Premieren 'hausintern' akustisch dokumentiert; heutzutage ist es allgemein üblich, davon auch Video-Aufzeichnungen zu machen, die die früher verwendeten Regiebücher ersetzen. Einige der genannten Mitschnitte dürften daher schwer zugänglich sein.
„Fra Diavolo“ (Daniel Francois Esprit Auber): Fra Diavolo, unter dem Namen 'Marquis von San Marco' – Wolfgang Müller-Lorenz / Lord Kookburn – Roland Hermann / Lady Pamela, seine Gattin – Stefania Kaluza / Lorenzo, ein Dragoneroffizier – Ramón Vargas / Matteo, Gastwirt in Terracina – René Rohr / Zerline,seine Tochter – Ulrike Steinsky / Giacomo und Beppo, Banditen – Peter Keller und Werner Gröschel / Der Chor und das Orchester der Oper Zürich / Chorltg.: Jürg Hämmerli / Dirigent: Hans Richter (Zürich, Opernhaus, 20. 1. 1990) Die Inszenierung verwendete die neue deutsche Textfassung von Karlheinz Gutheim.
Eine Anmerkung zu den verschiedenen Bezeichnungen des Zürcher Opernorchesters: Schon länger gab es in Zürich Bestrebungen, das seit 1944 bestehende 'Tonhalle- und Theaterorchester Zürich' in die eigenständigen Formationen 'Tonhalle-Orchester Zürich' und 'Orchester der Oper Zürich' zu trennen, was nach dem Umbau des Opernhauses (von Juli 1982 bis November 1984) dann Anfang 1985 auch durchgeführt wurde. Seit 2012 nennt sich das 'Orchester der Oper Zürich' übrigens 'Philharmonia Zürich'!
„Lucio Silla“ (Johann Christian Bach): Lucio Silla, Diktator – Carlo Gaifa / Giunia, Tochter des Gaius Marius, Braut des Cecilio – Julia Varady / Cecilio, verbannter Senator – Sylvia Geszty / Lucio Cinna, römischer Patrizier, Freund des Cecilio, heimlicher Feind Lucio Sillas – Roland Hermann / Celia, Schwester des Lucio Silla – Gerti Zeumer / Der Chor des Süddeutschen Rundfunks / Chorltg.: Hermann Josef Dahmen / Die Cappella Coloniensis / Dirigent: Günter Kehr (Schwetzingen, Rokokothater, 23. 5. 1974, Konzertante Aufführung in italienischer Sprache). Der Mitschnitt des Süddeutschen Rundfunks Stuttgart von diesem 'Dramma per Musica' in drei Akten von Giovanni De Gamerra mit Ergänzungen von Mattia Verazi (Mannheim 1775) wurde mit deutschen Zwischentexten - gesprochen von Rudolf Jürgen Bartsch - gesendet, die auf der Schallplatten-Veröffentlichung des US-Labels 'Voce' (3 LPs) fehlen.
„Les Troyens“ ('Die Trojaner') (Hector Berlioz); Erster Teil „La Prise de Troie“ ('Der Fall Trojas') / Priam, roi des Troyens (Priamus, König der Trojaner) – Werner Gröschel / Hécube, reine des Troyens (Hekuba, Königin der Trojaner) – Sarianna Salminen / Cassandre, prophétesse troyenne, fille de Priam (Kassandra, trojanische Seherin, Tochter des Priamus) – Agnes Habereder / Hélénus, prêtre troyen, fils de Priam (Helenus, trojanischer Priester, Sohn des Priamus) – Martin Zysset / Chorèbe, jeune prince d'Asie, fiancé de Cassandre (Choroebus, junger asiatischer Fürst, Verlobter Kassandras) – Roland Hermann / Enée, héros troyen, fils de Vénus et d'Anchise (Aeneas, trojanischer Held, Sohn der Venus und des Anchises) – Giorgio Lamberti / Ascagne, jeune fils d'Enée (Ascanius, junger Sohn des Aeneas) – Margaret Chalker / Panthée, prêtre troyen, ami d'Enée (Pantheus, trojanischer Priester, Freund des Aeneas) - Jakob Will / L'ombre d'Hector, héros troyen, fils de Priam (Der Schatten des Hector, trojanischer Held, Sohn des Priamus) – Werner Gröschel / Le guardien de la tombe d'Achille (Der Wächter am Grab des Achilles) – René Rohr / Un chef grec (Ein griechischer Anführer) – Gilles Denizot / Andromaque, veuve d'Hector (Hektors Witwe) – Helen von Arb / Astyanax, fils d'Hector (Hektors Sohn) – Carlo Steiger.
„Les Troyens“ ('Die Trojaner') (Hector Berlioz): Zweiter Teil „Les Troyens à Carthage“ ('Die Trojaner in Karthago') / Didon, reine de Carthage, veuve de Sichée, prince de Tyr (Dido, Königin von Karthago, Witwe des Sychaeus, Fürst von Tyros) – Ludmila Shemchuk / Anna, Soeur de Didon (Anna, Didos Schwester) – Vesselina Kasarova / Enée, héros troyen, fils de Vénus et d'Anchise (Aeneas, trojanischer Held, Sohn der Venus und des Anchises) – Giorgio Lamberti / Ascagne, jeune fils d'Enée (Ascanius, junger Sohn des Aeneas) – Margaret Chalker / Panthée, prêtre troyen, ami d'Enée (Pantheus, trojanischer Priester, Freund des Aeneas) – Jakob Will / Narbal, ministre de Didon (Narbal, Didos Minister) – Hans Franzen / Iopas, poète tyrien de la cour de Didon (Iopas, tyrenischer Dichter am Hofe Didos) – Reinaldo Macias / Hylas, jeune matelot phrygien (Hylas, junger phrygischer Matrose) – Guillermo Dominguez / Le dieu Mercure (Der Gott Merkur) – Jakob Will / Deux sentinelles (Zwei Wächter) – Werner Gröschel und René Rohr / Le spectre de Priam (Der Geist des Priamus) – Werner Gröschel / Le spectre de Chorèbe (Der Geist des Choroebus) – Roland Hermann / Le Grand-Prêtre de Pluton (Der Hohepriester des Pluto) – René Rohr
Der Chor, Kinder- und Extrachor der Oper Zürich / Mitglieder des Zürcher Lehrerchors / Le Choeur Lyrique de Paris / Gesamt-Chorltg.: Karl Kamper / Das Orchester der Oper Zürich / Dirigent: Ralf Weikert / Choreographie: Jean-Louis Bert / Bühnenbild: Emanuel Peduzzi / Kostüme: Jacques Schmidt / Inszenierung: Tony Palmer (Zürich, Opernhaus, Premiere am 23. 9. 90, aufgezeichnet vom Schweizer Fernsehen). Die Aufführung in französischer Sprache an nur einem Abend (Dauer: rund 210 Minuten) brachte zahlreiche Striche und Kürzungen mit sich, aber am Ende des zweiten Teils wurde die Final-Version von 1858 gespielt, die Berlioz später verworfen hat. Die Rollen der Andromaque und des Astyanax sind stumm und wurden von Statisten gespielt. Giorgio Lamberti begann seine Opernlaufbahn unter dem Namen 'Giorgio Casellato Lamberti'. (In dem englischen Film-Portrait von 1992 „I, Berlioz“ von Tony Palmer sind Ausschnitte aus der Zürcher Inszenierung zu sehen.)
„Ein Stern geht auf aus Jaacob“ (Paul Burkhard): Maria – Renate Lenhart / Joseph – Roland Hermann / Rachel, eine junge Hebräerin – Charlotte Berthold / Daniel, ein junger Zelot – Norman Mittelmann / Michael, ein hebräischer Gottsucher – Werner Gröschel / Gaius, römischer Hauptmann in Diensten des Königs Herodes – Wolfgang Warncke / Sacharja, ein alter Priester – Walter Hesse / Elisabeth, seine Frau – Erika Wien / Drei Magier – Rüdiger Wohlers, Rudolf A. Hartmann und József Dene / König Herodes der Große – Ettore Cella / Thamar, seine Gemahlin – Ruth Rohner / Ein Schriftgelehrter – Paul Späni / Vier Hirten: Aram – Fritz Peter, Thiras – Richard van Vrooman, Isai – Rupert O. Forbes, Zadok – René Rohr / Der Chor des Opernhauses Zürich / Chorltg.: Hans Erismann / Das Tonhalle- und Theaterorchester Zürich / Dirigent: Paul Burkhard (Zürich, Opernhaus, 17. 2. 1973, Schweizer Erstaufführung). Die Rollen des Königs Herodes, der den 'bethlehemischen Kindermord' befahl, und des römischen Hauptmanns Gaius sind vom Komponisten für Schauspieler vorgesehen.
Paul Burkhard, hierzulande hauptsächlich bekannt durch seine Operette „Das Feuerwerk“, wandte sich später der Kirchenmusik zu und schrieb diese 'Weihnachtsoper' im Auftrag der Hamburgischen Staatsoper, wo sie am 6. 12. 1970 uraufgeführt und auch für das Deutsche Fernsehen aufgezeichnet wurde. (In den Hauptrollen wirkten u. a. Arlene Saunders, Vladimir Ruzdak, Elisabeth Steiner, Norman Mittelmann und Hans Sotin mit; die drei Magier waren Willy Hartmann, Franz Grundheber und Heinz Blankenburg; Peter Haage, Heinz Kruse, William Workman und Carl Schultz verkörperten die vier Hirten. Leonard Steckel spielte den König Herodes - im Fernsehen von Will Quadflieg dargestellt - und Ursula Koszut sang die Königin Thamar. Auch in Hamburg stand Paul Burkhard am Dirigentenpult.)
„Doktor Faust“ (Ferruccio Busoni): Doktor Faust – Roland Hermann / Mephistopheles – Sven Olof Eliasson / Wagner – Jozsef Dene / Des Mädchens Bruder – Kari Nurmela / Der Herzog von Parma – Rüdiger Wohlers / Die Herzogin von Parma – Eva Illes / Der Zeremonienmeister des Herzogs – Werner Ernst / Ein Leutnant – Fritz Peter / Drei Studenten aus Krakau – Fritz Peter, Rupert Oliver Forbes und Arwed Sandner / Studenten in Wittenberg – Rüdiger Wohlers, Rupert Oliver Forbes, Werner Ernst, René Rohr, Ernst-August Steinhoff und Walter Hesse / Fünf Geisterstimmen: Gravis – Gejza Zelenay, Levis – René Rohr, Asmodus – Kari Nurmela, Beelzebuth – Walter Hesse, Megäros – Fritz Peter / Drei Engelsstimmen – Renate Lenhart, Ruth Rohner und Alexandra Kunošiková / Ein Jüngling - Markus Emmenegger / Der Chor des Opernhauses Zürich / Chorltg.: Hans Erismann / Das Tonhalle- und Theaterorchester Zürich / Dirigent: Ferdinand Leitner (Zürich, Opernhaus, 3. 6. 1972).
Carlo