Herbert SCHUCH: unauffällig, interessant und nachhaltig ...

  • Der rumänische Pianist Herbert Schuch ist bei mir schon länger diskografisch reräsentiert. Angeregt wurde ich schließlich durch den Beitrag Aktive Pianisten unserer Tage - aber NICHT aus Russland..


    Herbert Schuch wurde am 13. September 1979 in Timisoara in Rumänien geboren. Allerdings kam er schon 1988 mit seiner Familie nach Deutschland und lebt nun in Köln. Weiteres zur Biografie und Auszeichnungen ist in der Wikipedia zu finden. Schuch ist ein unauffälliger Pianist, dessen schönes Spiel demjenigen etwas bedeutet, der nicht das Spektuläre, sondern das Durchdachte sucht. Er scheut nicht das Schwierige, aber als Solches alleine scheint es für ihn nicht reizvoll zu sein. Das Offensichtliche ist nicht sein Ding, deswegen auch die von Alfred_Schmidt angesprochenen unter Dachtiteln zusammengefassten Veröffentlichungen. Mit solchen Sammlungen hat es die Bewandnis, dass sie entweder Stimmungssammlungen sind, die schnell langweilen können oder eben Zusammenstellungen, die auf weitergehende musikalische Verwandschaft verweisen können. Schuch interssiert ganz klar der zweite Weg.


    Sein Album Invocations möchte ich in diesem Sinne empfehlen. Es geht, oberflächlich betrachtet, um den Glockenklang und dern zugehörigen Obertonreichtum. Wir hören Werke von Bach, Liszt, Murail, Messiaen und Ravel. Murail zählt zu den Spektralisten, die Titel von Ravel und Messiaen nehmen direkt Bezug auf den Glockenton und bei Liszt ginge es ja mit dem "Teufel" zu, wären da keine Glocken rauszuhören.... ;)


    Aber Glocken repräsentieren auch etwas neben Obertonreichtum und beliebig komplexer Überlagerung. Ich habe einmal Rodion Schtschedrin über die Glocke in der russischen Musik spekulieren hören, Tarkowski hat einen faszinierenden Film über das Glockengießen gedreht ... Es ist eine Art Reichtum im Starren (das kann man sicher besser formulieren, aber vielleicht ist es auch so ein wenig verständlich) und eine Gewalt, die sich beim Anhören dieses an sich doch ruhigen Albums entfaltet ....



    Der Aufbau des Albums ist auch nach vielen Jahren überzeugend. Murail ist ein Schüler von Messiaen gewesen und das Stück Cloches d'adieu, et un Sourire. . . in memoriam Olivier Messiaen ist direkt als Reaktion auf dessen Tod entstanden.


    Ein weiteres Album, das man von Herbert Schuch besitzen sollte, ist sein Einspielung des Klavierkonzertes von Viktor Ullmann. Ähnlich wie Annika Treutler schätzt Schuch die Bedeutung dieses Komponisten als sehr hoch ein. Schuch wird vom WDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Olari Elts begleitet





    Für Krimiinteressierte hier das Verhör mit Herbert Schuch ;)




    und Stücke vom Invocation Album






  • Zunächst besten Dank für diesen Thread, der eine echte Bereicherung für unser Forum darstellt und den Bereich "Aktive Pianisten der Gegenwart" updatet

    Allerdings möchte ich der Enschätzung widersprechen, daß Herbert Schuch "unauffällig". Ich gestehe, daß ich ihn nur dem Namen nach kannte, weil ich mich in den letzten Jahren vorzugsweise um die Erweiterung meiner Sammlung mit Künstlern der Vergangenheit befasste, in der Angst, ihre Aufnahme könnten einst gestrichen werden (was ja auch oft geschah)

    Aber als ich ihn das erste Mal hörte machte er einen tiefen Eindruck auf mich, sowohl durchsein Spiel, als auchdurch seine Statements-

    Ich würde sagen, er glüht von innen. Und er bringt den Fllügel zum Singen. Ich habe schon im "Trailer Thread" einen Clip mit einem Mozart Klavierkonzert (Nr 9 - KV 271 ) unter Venzago eingestellt, weil ich fand, daß die Qualität ganz ausserordenlich war - ausgewogen, klangschön, cantabel. Leider scheint es hiervon nie eine CD gegeben zu haben.

    Es sind Nuancen, die diese Aufnahme so besonders machen, und ich hatte den Verdacht, daß dies Einbildung von mir sei. Ich habe dann zu Testzwecken auf eine andere Interpretation umgeschaltet, und fand meine Beobachtung bestätigt, daß die Schuch/ Venzago Aufnahme die beglückendere ist (beglückend ist der passende Ausdruck IMO)

    Stellenweise hat sie enormen Drive, der aber nie auf Kosten des Klanges geht, dann wieder klint sie verinnerlicht - Ein Glücksfall IMO


    Daher, damit sie nicht in Vergessenheit gerät - noch mal ein Link auf diese Aufnahme



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Allerdings möchte ich der Enschätzung widersprechen, daß Herbert Schuch "unauffällig".

    Ich wollte damit ausdrücken, dass Schuch kein Pianist der Show ist. Wie Du schon sagst, er glüht von innen. Seine Interpretationen springen einen nicht an, sondern sie haben einen Nachhall, den man nicht vergisst. Abgesehen davon ist er offensichtlich auch ein sehr sympatischer Mensch :)

  • Wenn man die CD- Veröffentlichungen mit diesem Pianisten verfolgt, also auch deren Musik nachgeht, frägt man sich, warum er bisher auf dem Hänssler Label öfter erschien. Man sollte ihn aber keinesfalls als Schnäppchen- Pianisten betrachten.


    Erinnern möchte ich jedenfalls an seine überragende "Carnaval"- Interpretation im dortigen Thread:




    (aus Juni 2021)

    (.....)

    Mal sehen, was ich mir über Herbert Schuch aufgeschrieben habe, über seine Aufnahme hier: (dessen Carnaval ist sehr preiswert in folgender Box zu haben und seine sonstig enthaltenen Aufnahmen stellen sehr solides, teils recht originelles und traumhaft sicheres Klavierspiel dar ---> ....)


    8325957



    Weitere Informationen über ihn gibt es hier:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Schuch


    H. Sch. ist im Alter von neun Jahren von Temeschburg mit seinen Eltern nach Deutschland übergesiedelt, zunächst nach Rosenheim / Bayern. Er hat im Verlauf eine ganze Menge von Preisen bei Klavier- resp. Musikwettbewerben gewonnen.


    Die vorliegende Aufnahme stammt aus 2008, der Pianist war damals 30 Jahre alt. Der Flügel klingt rund, weich und warm, mit etwas Bassbetonung. REPLIQUE (Pos. 38) geht nahezu tonlos zuende, danach greift der Pianist in den geöffneten Flügel und lässt von den geforderten Grundtönen aus Glissandi erklingen, die den Abschnitt SPHINX zum tönen bringen sollen. Das ist eine sehr freie Interpretation von Schumanns Absicht, das literarische Schema Sphinx adäquat in die Musik einzuflechten. Das wird sicher nicht jedermann gefallen, doch geht es weiter, alsbald mit dem dreiteiligen Komplex VALSE ALLEMANDE - PAGANINI. Die geforderte Vortragsweise Tempo 1 (ma piu vivo) nimmt Schuch wörtlich leidenschaftlich romantisch, ebenso wie CHIARINA. Da wird Schuchs Spiel, ohne dass Fehler und Fehlgriffe passieren einfach phänomenal. Endlich gerät der abschliessende MARSCH DER DAVIDSBÜNDLER recht langsam und eher behäbig. Ich finde, dass alles stilistisch gut zusammen passt. 8)

  • Im "Verhör U21" hat Herbert Schuch sich schlagfertig und selbstbewusst gezeigt und war nicht aus der Ruhe zu bringen. Der Mann weiss, was er kann.


    Ich hatte die 8CD-Box mit den beim Label Oehms erschienen Aufnahmen als Schnäppchenjäger geordert. Und lese nun im Forum über diesen Pianisten, dem ein eigener Thread gewidmet ist. Da mir das Musikhören zur Zeit unerträglich ist, bin ich, wenn es mir wieder möglich sein wird, auf seine Interpretationen gespannt. Was an Komponisten auf diesen acht Scheiben festgehalten ist, trifft meinen Geschmack.


    Schumann: Kreisleriana op. 16; Nachtstücke op. 23; Schubert-Variationen "Sehnsuchtswalzer"; Papillons op. 2; Intermezzi op. 4; Carnaval op. 9

    +Ravel: Miroirs

    +Zemlinsky: Serenade A-Dur für Violine & Klavier

    +Schubert: Klaviersonaten D. 537, D. 664 & D. 894; Fantasie C-Dur D. 934; 8 Tänze; Wanderer-Fantasie

    +Brahms: Violinsonate Nr. 3 d-moll op. 108

    +Lachenmann: Schubert-Variationen; Guero

    +Holliger: Elis - Drei Nachtstücke

    +Skriabin: Klaviersonate Nr. 9 "Messe noire"

    +Ravel: Gaspard de la nuit

    +Mozart: Adagio KV 540

    +Czerny: Schubert-Variationen op. 12 "Über den beliebten Wiener Trauer-Walzer"

    +Weber: Aufforderung zum Tanze op. 65

    +Ullmann: Klavierkonzert op. 25

    +Beethoven: Klavierkonzert Nr. 3

    +Janacek: Klaviersonate "1. X. 1905"



    Wenn ich beim Werbepartner die erhältlichen und nicht mehr erhältlichen Aufnahmen durchschaue, hat Herbert Schuch nach seinen Veröffentlichungen beim Label Oehms vor allem kammermusikalisch mit anderen Musikern zusammengearbeitet oder wurde für Aufnahmeprojekte beigezogen.


    Herbert Schuch ist auf verschiedenen Labels mit Aufnahmen vertreten:

    Indesens 2012, 2019, Orfeo 2011, 2019/17, audite 2010-2014, naïve 2013, Berlin 2016, Sony 2019, CaVi 2018, 2021, MDG 2020, Berlin classics 2021. Die Jahreszahlen bezeichnen das Aufnahmejahr. Einiges ist auf meinen Regalen vertreten.


    Schumann, Abegg Variationen Op. 1


    Lachenmann, Schubert, Beethoven, Schumann auf CD 2


    Korngold, Suite für die linke Hand








    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Alfred_Schmidt

    Hat den Titel des Themas von „Herbert Schuch: unauffällig interessant und nachhaltig ...“ zu „Herbert SCHUCH: unauffällig, interessant und nachhaltig ...“ geändert.
  • Unser wertes Mitglied AcomA02 hat das Album vor kurzem gehört und war begeistert. Ich möchte meine persönliche Begeisterung von diesem Album hier in dem Schuch-Thread platzieren



    Eine wirklich gelungene Mischung aus Werken von Beethoven und Ligeti. Die Kombination von Ligeti mit Beethoven ist natürlich gar nicht so weit hergeholt. Ich habe immer wieder Kombinationen gehört. Meistens Sonaten des einen mit Etüden des anderen. Hier ist nun musica ricercata, ein Frühwerk, was noch in Ungarn entstanden ist und noch eine gewisse Huldigung an Bartók enthält, kombiniert mit späten Bagatellen Beethovens. Die Werkstattstücke aus Op. 119 (zufällig auch 11 an der Zahl) vertragen sich in dieser 1:1 Mischung unglaublich gut mit Ligetis Werk, das auch als Forschungsprojekt entstanden ist. Manchmal ist man schon ein wenig verwirrt, was nun das modernere ist ;).


    Die extrem klare Spielweise Schuchs lässt den Stücken allen benötigten Raum und zeigt uns auch Bagetellen als Bausteine eines gewichtigen Kombinationsproduktes

  • Eine wirklich gelungene Mischung aus Werken von Beethoven und Ligeti.

    Das ist IMO ein Schwacher Punkt von Schuch - und vielen anderen Pianisten:

    Sie kombinieren Werke, die sich einfachmiteinander Vertragen, bzw sie höngen an Spitzeninterpretationen von klassischen Werken. Werke von Komponisten an, die bei vielen Klassikhörern nur Abscheu erregen. Man zahlt somit für Einspielungen von Komponisten, die man nicht hören will. Das hat man in Wien schonin meiner Jugend so kombiniert, uim die Leute zu ZWINGEN das zu hören. Wir sind dann entwerder erst nach der Pause gekommen, oder nach der Pause gegangen, je nach Programmzusammenstellung. Die Veranstalter versuchen uns zu überlisten und haben die hässlichen Zeitgenössischen Werke in die MITTE des Programms gelegt. Da sind wir dann eben nicht mehr in solche Konzerte gegangen........

    Es bleibt natürlich jedem Lavel und Inerpreten überlassen, welche Kombinationen er zusammenstellt - aber er mup natürlich auch mit Reaktionen darauf rechnen -Dies nur alskurze Nebenbemerkungen zu "gelungenen Mischungen"......


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das ist IMO ein Schwacher Punkt von Schuch - und vielen anderen Pianisten:

    Sie kombinieren Werke, die sich einfachmiteinander Vertragen, bzw sie höngen an Spitzeninterpretationen von klassischen Werken.

    Es ist noch viel schlimmer. 8| Schuch zerreißt die Bagatellen Op. 119 und lässt hinter jeder einzelnen Bagatelle ein Stück aus musica ricercata folgen. :) Ich persönlich bin dankbar, wenn Pianisten so etwas machen (Vorausgesetzt sie denken sich was dabei!) Es gibt ein neues Erlebnis dieser Werke. Wenn ich Op. 116 natürlich überhaupt erst einmal haben will ist das vielleicht nicht meine erste Einspielung ...


    Man zahlt somit für Einspielungen von Komponisten, die man nicht hören will. Das hat man in Wien schonin meiner Jugend so kombiniert, uim die Leute zu ZWINGEN das zu hören.

    Das kenne ich auch. Ich weiß noch (lange ist es her, ich war noch auf der Schule) wie ein entrüstetes (Teil-)Publikum damals die Bonner Oper bei einem Werk von Henze verlassen hat. (Abo-Publikum) Mein Eindruck ist aber, dass das Publikum (bei Oper kenne ich mich zuwenig aus :() mittlerweile gerne auch Neueres hört. Und Zusammenstellungen eines Fachmannes sind da sicher besser als das, was man sich selbst in Unkenntnis zusammenstöpselt.


    Ich denke, dass diese Zusammenstellungen sogar recht erfolgreich sind, sonst würde die Grammophon da nicht mit riesigen Schritten vorangehen!