Die russische Pianistenschule - europäisch und international

  • Besten Dank für den Hinweis auf Alexei Zuev (geb. 1982 in Leningrad (St. Peterburg heute)), lieber Axel! :) Bezeichnend, dass er sowohl in Russland als auch in Salzburg und München studiert hat bei Lehrern, welche die russische Pianistenschule in Deutschland bzw. Österreich vertreten: Alexei Lubimov (Salzburg) und Elisso Virsaladse (München), die aus Georgien stammt, aber in Moskau bei Yakov Zak und Heinrich Neuhaus studiert hat.


    Alexei Zuev - Wikipedia


    Elisso Wirsaladse – Wikipedia


    Zuev ist kein Einzelfall. Eine ganze Reihe in Russland geborener Pianisten sucht russische Lehrer im westlichen Ausland, um bei ihnen zu studieren.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Ich möchte noch einen weiteren Pianisten erwähnen, der als Schüler von Lazar Berman direkt als Spross russischer Virtuosenschule angesehen werden kann. Allerdings geht er repertoiremäßig doch sehr eigene Wege.


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    Er ist 1962 geboren. Das Bild verlinkt auf seine Webseite, die gepflegt und interessant ist. Es gibt von ihm selbstverständlich eine Einspielung der Skriabin-Sonaten, die ich neugierigen Hörern sehr empfehlen möchte.



    Anders, als bei vielen anderen Einspielungen, die man vielleicht kennt, haben wir hier alle Emotionen (und das sind ja nicht wenige bei Skriabin) analytisch gebannt ohne auch nur eine Sekunde die Spannung zu verlieren .... Nicht für jeden, aber für mich :)!


    Sein Interesse gilt auch dem russischen Futurismus, ein musikalische Gebiet, was sonst eher von Nicht-Russen gepflegt wird (Ausnahme Veltsman hatte ich schon erwähnt) und dem Futurismus allgemein. Früchte dieses Interesses finden sich auf dem schönen Album The Life of Machines



    Der sowjetische Komponist Nikolai Roslawez kommt zu Wort (ähh ... Ton) , immer noch ein bemerkenswertes Ereignis.


    Stoupel hat die Oper "Wir gratulieren" aus dem Jahre 1975 von Mieczyslaw Weinberg in deutscher Übersetzung 2012 in Berlin uraufgeführt. Stoupel kannte die sowjetische Premiere 1983.



    Aber auch vergessene Komponisten wie Szymon Laks, der polnische Komponist, der Auschwitz überlebt hat, weckt sein Interesse und damit auch meines :)




    und vom in Amerika verstorbenen Exilpolen(-österreicher) Karol Rathaus spielt er beindruckende zwei Klaviersonaten ein.



    Hier macht er Werbung für diese Aufnahme



    Hier die dritte Klaviersonate von Karol Rathaus, geschrieben in Berlin 1927





  • Anders, als bei vielen anderen Einspielungen, die man vielleicht kennt, haben wir hier alle Emotionen (und das sind ja nicht wenige bei Skriabin) analytisch gebannt ohne auch nur eine Sekunde die Spannung zu verlieren .... Nicht für jeden, aber für mich :) !

    Ein sehr interessanter Pianist, der mir gar kein Begriff war. Die "analytischste" Aufnahme von frühen Klaviersonaten von Scriabin (CBS?) ist von seinem Lehrer - Lazar Berman - unverständlicher Weise bis heute auf CD nicht veröffentlicht. Das wurmt mich ungeheuer! Berman versteht es wie kein Anderer, den komplexen spätromantischen Klaviersatz bis ins feinste Geäst glasklar aufzudröseln und spielt Scriabin in der puristischen Goldenweiser-Art der Reduktion auf das Wesentliche völlig ohne Pomp und Pathos. Bei Stoupel dagegen finde ich die 1. Sonate (alles freilich nur den Hörschnipseln zufolge) etwas behäbig und monumentalisierend interpretiert und längst nicht so klar gespielt wie etwa von Ashkenazy. Bei der 3. Sonate verfolgt er offenbar wie Anatol Ugorksy das Konzept einer radikalen Lyrisierung. Das Ergebnis ist deshalb aber auch bei dem Einen wie dem Anderen eine kapitale Fehlinterpretation - was herauskommt, wenn man einen mit der Spielanweisung "Drammatico" überschriebenen Satz jegliche Dramatik raubt. (Die Steigerung ist dann noch Glenn Gould, der die Musik geradezu skelettiert. ^^ ) Fesselnd dagegen fand ich die zu hörenden Ausschnitte der 5. und 8. Sonate, die neugierig machen. Die Aufnahme lohnt sich von daher bestimmt, weil man bei Stoupels Scriabin sicherlich etliche Entdeckungen machen kann von Dingen, die man bei keinem anderen Pianistenkollegen so gehört hat.

    Sein Interesse gilt auch dem russischen Futurismus, ein musikalische Gebiet, was sonst eher von Nicht-Russen gepflegt wird (Ausnahme Veltsman hatte ich schon erwähnt) und dem Futurismus allgemein. Früchte dieses Interesses finden sich auf dem schönen Album The Life of Machines

    Das ist in der Tat ein wertvoller Tip und eine Entdeckung wahrlich wert! Sehr lobenswert, dass er sich ähnlich wie Hamelin solchem Repertoire widmet.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Bei Stoupel dagegen finde ich die 1. Sonate (alles freilich nur den Hörschnipseln zufolge) etwas behäbig und monumentalisierend interpretiert und längst nicht so klar gespielt wie etwa von Ashkenazy.

    Mir scheint Stoupel ein übergeordnetes Programm zu verfolgen, was man beim Durchhören der kleinen Box recht gut nachvollziehen kann. Er zeigt Skriabins Weg vom Chopin-beeinflussten Spätromantiker zum "Neutöner". Da kommt die erste Sonate tatsächlich etwas "fett" herüber. Dafür zeigen sich hier erstaunliche Nähen zu der zweiten Klaviersonate von Korngold ...

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  • Shura Cherkassky


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    https://de.wikipedia.org/wiki/Shura_Cherkassky


    ist ein Beispiel der Wirkungsmächtigkeit der russischen Schule, gerade weil dies nicht offensichtlich ist und man sich die hintergründigen Zusammenhänge erschließen muss.


    Cherkassky wurde 1909 in Odessa am Schwarzen Meer geboren - im Wikipedia steht nicht Ukraine, sondern "Südrussland" als Herkunftsland! Schon vor der Oktoberrevolution wanderte die Familie allerdings in die USA aus, da war Cherkassky ein Knabe, nicht einmal 10 Jahre alt. Man kann also nicht sagen, dass Shura Cherkassky irgendwie ukrainisch oder russisch sozialisiert wurde, was seine Pianistenlaufbahn angeht. Sein Lehrer wurde auch gar kein Russe - sondern der große polnische Pianist Josef Hofmann.


    Was also verbindet Cherkassky überhaupt mit der russischen Pianistenschule? Den Zusammenhang muss man sich "rekonstruieren".


    Shura Cherkassky mochte das Tonstudio nicht; er war vielleicht "der" Konzertpianist überhaupt und auch - vor allem in Österreich und Deutschland - ein überaus beliebter Gast auf dem Konzertpodium. Sein Spiel zeichnete vor allem durch eines aus: das Leben aus der Spontaneität des Moments. Cherkassky wiederholte sich nie! Das geht sogar soweit, dass er in Chopins Trauermarschsonate op. 35 die Expositionswiederholung anders spielt! Diese Art des Lebens im Augenblick der Aufführung, der sich nie wiederholt, habe er von seinem Lehrer Josef Hofmann übernommen, sagt man, dessen Stil des immer modifizierenden, wiederholungslosen Spiels er perfektioniert habe. Also Hofmann! Wo ist da nun die Beziehung zur russischen Pianistenschule? Bei Heinrich Neuhaus, dem Lehrer von Emil Gilels und Svjatoslav Richter...


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    findet sich nun eine aufschlussreiche Anekdote. Josef Hofmann, der auch in Moskau von Heinrich Neumann viel beachtet unterrichtete, studierte bei Anton Rubinstein:


    "Anton Rubinstein erlaubte seinem Schüler Josef Hofmann nicht einmal, eine bereits durchgenommene Sache ein zweitesmal zu spielen, und als ihn Hofmann einmal bescheiden bat, ob er ihn nicht noch einmal anhören wolle, um zu prüfen, ob er auch alles getan habe, was ihm der Maestro gesagt habe, antwortete dieser ablehnend mit der Begründung, dass er beim zweitenmal etwas >völlig anderes< sagen würde."


    Die Abneigung gegen Wiederholungen hat Josef Hofmann offenbar von seinem russischen Lehrer Anton Rubinstein geerbt sozusagen, verinnerlicht und an seinen Schüler Shura Cherkassky weitergegeben. Das, was die Eigenart von Cherkasskys Vortragsstil ausmacht, seine einnehmende Spontaneität und Wiederholungslosigkeit, führt also nach Moskau...


    Es gibt ein eindrucksvolles Filmdokument, was Cherkasskys Besuch in seiner Heimatstadt Odessa zu Sowjetzeiten festgehalten hat - besonders bemerkenswert in diesen Kriegszeiten:



    Schöne Grüße

    Holger

  • Vielen Dank für die Wiederbelebung des Threads, lieber Holger!


    Ich wollte schon seit einiger Zeit aufmerksam machen auf eine Aufnahme der 2. Chopin Sonate von einem russischen Pianisten, der dann auch nach Frankreich emigrierte - elektrisierendes Spiel! Auch die Preludes!


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  • Ich wollte schon seit einiger Zeit aufmerksam machen auf eine Aufnahme der 2. Chopin Sonate von einem russischen Pianisten, der dann auch nach Frankreich emigrierte - elektrisierendes Spiel! Auch die Preludes!

    Lieber Christian,


    die Aufnahme fehlt mir in der Tat und Mikhail Rudy ist eine Lücke in meiner Sammlung. Vielleicht hilft da der "kleine Dienstweg" aus Willys Zeiten? ;) ^^


    Liebe Grüße

    Holger

  • Verehrte Kollegen,


    ohne auf einzelne Äusserungen einzugehen - von denen mich einzelne schon recht nachdenklich machen - möchte ich einfach darauf hinweisen, dass ich dabei bin, ein Buch über Interpretationsvergleiche von Pianisten der sog. "Russischen Schule" der Zeit nach Neuhaus, Goldenweiser und Igumnov zu schreiben.

    Da gibt es immer noch viel zu entdecken - beispielhaft seien genannt Maria Grinberg, Alexander Slobodyanik, Lev Vlasenko, Evgeni Malinin, Arnold Kaplan, Gleb Axelrod, natürlich Grigorij Ginsburg und viele andere. Und ich stimme völlig zu - DIE russische Schule gibt es nicht. Dazu sind die Pianisten/innen viel zu unterschiedlich.

    Beste Grüsse

    Thomas

  • ohne auf einzelne Äusserungen einzugehen - von denen mich einzelne schon recht nachdenklich machen - möchte ich einfach darauf hinweisen, dass ich dabei bin, ein Buch über Interpretationsvergleiche von Pianisten der sog. "Russischen Schule" der Zeit nach Neuhaus, Goldenweiser und Igumnov zu schreiben.

    Da gibt es immer noch viel zu entdecken - beispielhaft seien genannt Maria Grinberg, Alexander Slobodyanik, Lev Vlasenko, Evgeni Malinin, Arnold Kaplan, Gleb Axelrod, natürlich Grigorij Ginsburg und viele andere. Und ich stimme völlig zu - DIE russische Schule gibt es nicht. Dazu sind die Pianisten/innen viel zu unterschiedlich.

    Lieber Thomas,


    erst einmal herzlich willkommen! :) Das klingt ja sehr spannend! Wie machst Du denn diese Interpretationsvergleiche - ich nehme an, mit verschiedenen Werken? Und was ist das für ein Projekt?


    Schöne Grüße

    Holger

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  • Lieber Holger,


    vielen Dank für den freundlichen Empfang!

    Ich gestehe, dass ich auf sehr wenig wissenschaftliche Weise an dieses Thema gehe:

    a) Ich schreibe ohne Anspruch auf Vollständigkeit über Interpretationen, die mir auf LPs zur Verfügung stehen

    b) Ich schreibe nicht - oder nur am Rande - über die allseits bekannten "Titanen" (um gendermässig korrekt zu sein, würde ich jetzt gern /innen anfügen, aber mein Schweizer Laptop - der übrigens kein *eszett* kennt - streikt bei dem Verlangen, dieses Wort zu schreiben), sondern über diejenigen, die m. E. weniger bekannt sind

    c) Ich schreibe nicht wissenschaftlich, etwa im Stil einer Dissertation, sondern versuche zu sagen, was mich bewegt.

    Bei Interesse schicke ich gern einen Entwurf eines (noch nicht finalisierten) Kapitels zu.

    Beste Grüsse

    Thomas

  • Lieber Thomas,


    eine wunderbare Idee! Das wäre sehr nett, wenn Du mir das Kapitel zuschickst! Meine Mail-Adresse kriegst Du über Alfred! :)


    Auf diesem Gebiet versuche ich mich auch - ebenfalls nicht für Wissenschaftler geschrieben, sondern Musik-Interessierte - hier auf meiner Kolumnenseite im Forum. Aus Zeitmangel sind die Projekte aber alle unvollendet geblieben. Sehr vom Üblichen ab weicht mein humoristisch-satirischer Interpretationsvergleich der Waldsteinsonate - ein fiktiver Dialog zwischen Schnabel und Kempff, die bei Skylla und Charybdis gestrandet sind und sich über die vorbeifahrenden (oder strandenden) Waldsteinsonaten-Kapitäne unterhalten. Dafür habe ich auch schon das Angebot von einem Setzer, dies in Buch-Form herauszubringen. Einige Beiträge fehlen aber noch. Derzeit komme ich aber zu gar nichts und lebe zwischen Umzugskisten. ^^


    Schau mal hier (wenn Du es nicht schon gesehen hast):


    Wozu Interpretationsvergleiche? (I) Antworten auf die Frage am Beispiel von Franz Liszts Ungarischer Rhapsodie Nr. 2


    Franz Schubert: Romantiker, klassischer Romantiker? Interpretationswege am Beispiel der Klaviersonate Nr 21 in B-Dur D 960


    Wie man die Waldstein-Sonate „richtig“ spielt – oder: Ein Dialog über Grundprobleme der Beethoven-Interpretation mit den Interpreten


    Einen schönen Sonntag wünschend

    Holger

  • Ich kann nicht sagen, dass ich allgemein ein großer Freund der "DDR-Pianistik" bin - dazu ist vieles zu schulmeisterhaft, zu akademisch, zu langweilig. Aber nun habe ich eine Aufnahme von Annerose Schmidt aus Japan bekommen (2 Denon-LPs), auf der sie Chopin spielt. Das hat mich mitgerissen: groß, nobel, mit außergewöhnlicher Verve. Gelegentlich - z. B. im Finale der 1. Ballade - erfreut sie sich sehr an der mechanischen Seite des Klavierspiels (sie hat aber auch ein außergewöhnliches Tempo - außer in einer frühen Aufnahme mit Yuja Wang kenne ich keinen, der das so schnell spielt). Und andererseits besteht auch schon einmal die Gefahr, dass sie sich in einere lyrischen Passage ein wenig verliert (2. Ballade). Aber - und CDs mit Schumanns Carnaval und der Kreisleriana belegen das eindrücklich - sie spielt alles an die Wand, was da sonst noch herumröselt, -zechlint oder -kootzt, und auch Amadeus Weber sinke auf die Knie bei diesen Interpretationen. Absolut hörenswert!

  • sie spielt alles an die Wand, was da sonst noch herumröselt, -zechlint oder -kootzt, und auch Amadeus Weber sinke auf die Knie bei diesen Interpretationen.

    Was freilich nur schwer nachzuprüfen ist, denn die genannten Herren -zumindest Günter Kootz und Amadeus Webersinke haben nicht viele Plattenaufnahmen gemacht. Auf beide bin ich über Beethoven gestoßen, den ersten mit seiner Aufnahme der Chorfantasie, den zweiten mit dem Klavierkonzert nach dem Violinkonzert. Zumindest bei den beiden Platten ist wenig schulmeisterliches herauszuhören. Webersinke hat noch ein paar Bach-Platten (eine sogar an der Orgel im Dom von Riga) hinterlassen und war Kammermusikpartner bei den beiden Schubert-Trios. Zudem gibt es noch eine feine Aufnahme des Klavierkonzertes von Max Reger Von Kootz kenne ich nur noch ein weiteres Klavierkonzert von Beethoven, leider, zu Rösel und Zechlin habe ich allerdings noch nicht einen Zugang gesucht (müsste ich vielleicht mal). Die beiden tauchen meiner Erinnerung nach immer wieder auf, wenn es um Platteneinspielungen zeitgenössischer Musik der DDR geht. Was die besondere Klasse von Annerose Schmidt betrifft stimme ich Dir zu.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Ich kann nicht sagen, dass ich allgemein ein großer Freund der "DDR-Pianistik" bin - dazu ist vieles zu schulmeisterhaft, zu akademisch, zu langweilig. Aber nun habe ich eine Aufnahme von Annerose Schmidt aus Japan bekommen (2 Denon-LPs), auf der sie Chopin spielt. Das hat mich mitgerissen: groß, nobel, mit außergewöhnlicher Verve. Gelegentlich - z. B. im Finale der 1. Ballade - erfreut sie sich sehr an der mechanischen Seite des Klavierspiels (sie hat aber auch ein außergewöhnliches Tempo - außer in einer frühen Aufnahme mit Yuja Wang kenne ich keinen, der das so schnell spielt). Und andererseits besteht auch schon einmal die Gefahr, dass sie sich in einere lyrischen Passage ein wenig verliert (2. Ballade). Aber - und CDs mit Schumanns Carnaval und der Kreisleriana belegen das eindrücklich - sie spielt alles an die Wand, was da sonst noch herumröselt, -zechlint oder -kootzt, und auch Amadeus Weber sinke auf die Knie bei diesen Interpretationen. Absolut hörenswert!

    Annerose Schmidt kenne ich leider gar nicht - und was Du schreibst macht mich neugierig. :) Auf CD zu hören gibt es von ihr wohl nur diese Ausgabe - wo man nicht genau weiß, welche Stücke sie spielt:



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    Schöne Grüße

    Holger

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  • Auf CD zu hören gibt es von ihr wohl nur diese Ausgabe - wo man nicht genau weiß, welche Stücke sie spielt:

    Das ist die Crux mit den DDR-Stars, Annerose Schmidt war zu DDR-Zeiten sehr produktiv:


    https://www.discogs.com/de/art…8-Annerose-Schmidt?page=2


    Ins CD-Zeitalter ist davon nicht so viel hinübergekommen. Nunja, irgendwelche Vorteile muss man als LP-Sammler ja haben :pfeif:.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Der Schumann von Annerose Schmidt ist sehr energetisch und stürmisch, das sind singuläre, mitreißende Aufnahmen!


    Wikipedia kann man entnehmen, dass sie in Leipzig eine Schülerin von Hugo Steurer war.


    Steurer kehrte 1958 nach München zurürck, zu seinen Schülern gehören Michael Endres, Homero Francesch, Gerhard Oppitz und Yaara Tal.

    Gibt es hier eigentlich einen Thread über eine "deutsche Pianistenschule" und ihre unterschiedlichen Strömungen? Fände ich interessant.


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  • Energetisch und stürmisch trifft´s genau, man höre z. B. die Kreisleriana, die wild dahrerkommt, dennoch aber sehr transparent und mit einer wunderbar eigenständigen linken Hand gespielt ist. Auch der Carnaval ist sehr beeindruckend; beides übrigens auf CD erschienen und bei ebay oder Amazon für überschaubares Geld zu haben.

    Das Chopin-Doppelalbum beinhaltet eine fulminante As-Dur-Polonaise, die 4 Balladen, die Revolutionsetüde, Berceuse, Polonaise-Fantasie, Fantasie op. 49 + Polonaise fis-moll.

    Für mich eine echte Entdeckung, und ich wundere mich über mich selbst, sie nicht schon längstschätzen gelernt zu haben.

    Frage: Kennt jemand Beethovens 32 in der Einspielung voon Michael Steinberg (auf LP)? Hat jemand Informationen über den Pianisten? Ich bekam diesen Schuber vor ca. 30 Jahren von Bernhard Ebert geschenkt, der gerade seinen Plattenspieler in unrichtiger Vorausschau verschrottet hatte.


    Beste Grüße


    Thomas

  • Beim Wiederhören fand ich die Schumann-Aufnahmen von Annerose Schmidt jetzt doch etwas ruppig und klanglich sehr trocken, es fehlt die Athmosphäre, auch klingt der Flügel ziemlich hart. Ist diese Sachlichkeit nicht typisch für die deutsche Pianistenschule?


    Viele Grüße

    Christian

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  • Beim Wiederhören fand ich die Schumann-Aufnahmen von Annerose Schmidt jetzt doch etwas ruppig und klanglich sehr trocken, es fehlt die Athmosphäre, auch klingt der Flügel ziemlich hart. Ist diese Sachlichkeit nicht typisch für die deutsche Pianistenschule?


    Viele Grüße

    Christian

    Lieber Christian,


    ich fühle mich zum Widerspruch bemüßigt. Interessant wäre auch, zu wissen, welche Werke du jetzt angehört hast.


    Zunächst: für mich persönlich ist die Interpretation absolut prioritär und der Klang des Flügels nachrangig. Ansonsten hätte ich mich schon von etlichen Melodiya-LPs verabschieden müssen, auf denen der Flügel klang wie eine Nähmaschine.

    Worauf beziehst du den Begriff "Sachlichkeit"? Falls er allgemein auf die Interpretation gemünzt ist und die in Relation zur deutschen Pianistenschule gesetzt wird, wäre meine klare Antwort "nein!". Denn zur deutschen Pianistenschule gehören Schnabel, Richter-Haaser, Riebensahm, Kempff, um nur wenige zu nennen. Und bei denen wäre der Begriff "Sachlichkeit" m. E. völlig fehl am Platz - wenn er ein Synonym sein soll für ein wenig langweilig, nicht mitreißend, akademisch.


    Herzliche Grüße


    Thomas

  • Hallo Thomas,


    ich hatte mir bspw. das dritte Stück aus der Kreisleriana angehört mit der Satzbezeichnung "sehr aufgeregt".


    Bei der irren Steigerung gegen Ende ist bei Annerose Schmidt alles zu hören, da zucke ich sonst immer ein bisschen zusammen, aber sie behält die Übersicht und bringt das Stück auch überlegen zu Ende. Aber trotz des schnellen Tempos wirkt das auf mich sehr sachlich und trocken, das Übersteigerte und Fantastische bleibt für mich auf der Strecke. Hinzukommt, dass der Klang einfach schrecklich trocken ist und vor allem die Bässe - die hier und in der Kreisleriana insgesamt sehr wichtig sind - nicht rund klingen, sondern wie abgehackt. Leider habe ich von dem Stück die Noten nicht, sonst könnte ich genauer werden.


    Der Hinweis auf die Sachlichkeit der deutschen Pianistenschule war mehr eine Frage - ich meine, dazu mal etwas in Zusammenhang mit der Nachkriegszeit gelesen zu haben. Carl Seemann wurde da glaube ich genannt. Wer noch?


    Viele Grüße

    Christian

  • Vieles ist natürlich auch Geschmackssache. Wie will man nun seinen Schumann hören? Damit sich jeder ein Bild machen kann.


    Annerose Schmidt mit dem dritten Stück der Kreisleriana



    Daneben wirkt die Aufregung Kempffs schon etwas gedämpft



    Die gerade neunzehnjährige Grimaud wirkt hier trotz des anhaftenden Images sehr kultiviert. Alles ist durchhörbar, auch die Basssaiten...



    Eine der in meinen Ohren besten Interpretationen ist die von Mitsuko Uchida. Neben der Präzision ist hier auch die Fantastik geblieben ...



    Uchida müsste man wahrscheinlich der deutschen Schule zurechnen.