Zugang zu Jazz für den Klassik Hörer schwierig?

  • Hallo ins Forum,


    nun möchte ich doch einen Faden hier für ein paar Fragen bzgl. Jazz eröffnen, da ich von mir behaupten möchte, dass ich mich im Jazz kaum auskenne, aber mich immer wieder darin versucht und frustriert aufgegeben habe:

    Eher zufällig höre ich ein Jazz Stück, das mir gefällt und suche darauf hin nach weiterer Musik von den Interpreten, muss jedoch feststellen, dass diese dann jedoch nicht gefallen. Bei weiterer Recherche stelle ich fest, dass sich die Schallplatten der selben Person imho stark unterscheiden. Ich habe Mal gehört, dass es mit der weiter Entwicklung des Künstlers zusammenhängen soll. Bei Klassik kenne ich das anders, da sind fast alle Werke eines Komponisten oder sogar der Zeitgenossen für mich ähnlich und interessant.


    Unterscheiden sich einzelne Jazzaufnahmen wirklich so stark, wie ich das empfinde? Suche ich falsch, weil die Jazzwelt anders funktioniert? Vielleicht liegt es daran, dass in diesem Genre die Platten nicht nach dem Komponisten, sondern nach Interpreten zusammengestellt sind.


    LG


    Doc Brown


    p.s.:

    Den Faden JAZZ UND KLASSIK - GIBT ES GEMEINSAMKEITEN?

    habe ich hier gelesen: Namen über Namen, die mir nichts sagen. Möglich dass ich davon das eine oder andere Stück schon Mal unbewusst gehört habe.

    "Bach ist Anfang und Ende aller Musik." Max Reger

  • Ich versuche auf ein paar Fragen von Dir zu antworten. Allerdings höre ich deutlich weniger Jazz als Klassik.


    Das war in meiner frühen Kindheit völlig anders. Ich bin groß geworden mit Big Band Jazz, zum Teil noch aus der Vorkriegszeit, aber dann Glenn Miller und, vielleicht gibt es im Forum noch Kollegen, die ihn kennen, Max Greger. Das "G" ist wichtig. Klassik kam bei mir erst mit dem Forellenquintett, da waren wir bei Bekannten zu Besuch und ich auch schon in der Schule... Das war so eine Art Grunderkenntnis, die mich da in ihren Bann gezogen und nicht wieder losgelassen hat.


    Also grundsätzlich, bei meiner Genese heißt die Antwort auf Deine Frage "Nein!". Natürlich muss man differenzieren. Ich höre bei weitem nicht alle Klassik und ich mag auch nicht jeden Jazz. Ich versuche für alles offen zu sein und zu verstehen, was der Künstler (Komponist/Interpret) so im Schilde führt. Manchmal gelingt es, manchmal nicht so gut ;).


    Entwicklungen des Künstlers gibt es überall. Vergleiche mal einen frühen mit einem späten Beethoven ---- Da passiert doch schon was. ich kenne Leute, die den frühen mögen und mit dem späten nichts anfangen können (Übrigens war das zur Zeit Beethovens selbst wohl schon so) Und beim Jazz? Wenn man Innovatoren wie Coltrane beachtet oder so jemanden wie Miles Davis, werden einem zwischen dem frühen und dem späten die Ohren schlackern .... Bei Max Greger oder Paul Kuhn möchte ich das fast ausschließen :).


    Um hier weiter zu diskutieren, wäre es vielleicht interessant zu erfahren, welches Jazz-Stück Dir gefallen hat und was Dir beim weiteren Studium dann negativ auffiel.

  • Die Wurzeln des Jazz liegen in der Musik der schwarzen Ethnie, im Leid der in die Vereinigten Staaten verschleppten Sklaven. Da sind viel Schmerz und Tränen, aber auch Freude, Widerstand und Kraft, ein Freiheitswille, Behaupten der Unabhängigkeit enthalten. Das muss uns, die wir an der abendländischen Kulur orientiert sind, stets bewusst sein, wenn man sich mit Jazz beschäftigt.


    Der Zugang kann direkt über die Musik erfolgen. Das kann ein Musikstück sein, das einen ergreift. Es war in meinem Fall eine LP-Scheibe Louis Armstrongs.


    Lesend kann man sich informieren und sich Wissen aneignen. Dreamhunter hat in diesem Thread eine lesenswerte kurze Fassung der Geschichte des Jazz aufgeschrieben: JAZZ UND KLASSIK - GIBT ES GEMEINSAMKEITEN?


    Wer mehr sich vertiefen möchte, für den verweise ich auf ein dickes Buch. Joachim-Ernst Berendt, der seit den 50er Jahren wöchentlich im Radio eine Sendung zum Jazz moderierte, ein unermüdlicher Fürsprecher des Jazz in Deutschland war, Festivals gründete, hat das Standardwerk geschrieben, das in der von Günther Huesmann weiter geführten Fassung immer noch gültig ist.



    Einen anderen Zugang, wenn man an klassischer Musik orientiert ist, eröffnet dem Leser und Hörer der allzu früh verstorbene Roger Willemsen, ein Musikverliebter, der mit Herz und Verstand dem Interessierten die Musik als Brückenbauer zugänglich macht, sei es Jazz oder klassische Musik. Musik! Über ein Lebensgefühl ist ein Buch, das ich allen uneingeschränkt empfehlen kann.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Kuez und knackig auf rund 200 Seiten schreibt der Amerikaner Kevin Whitehead über Jazz.


    Er nennt 111 gute Gründe. Etwas Geschichte, Theorie und eine Discographie gehören dazu. Den wichtigsten Grund, warum es lohnt Jazzmusik zu hören, nennt der Autor zu Beginn: Weil Jazz Freude macht.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Apropos Discographie. Man kann sich am Urteil der Fachleute orientieren und sich eine Sammlung aufbauen. Ralf Dombrowski, Musikjournalist der Süddeutschen und des Bayerischen Rundfunks hat 100 Titel zusammengetragen, die aus musikgeschichtlicher Sicht, im Jazz wichtig sind. Eine solche Auswahl folgt auch persönlichen Gewichtungen. Wenn ich die Seiten mit den aufgeführten Alben durchblättere, habe ich etliche Scheiben in meiner Sammlung.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Für mich trifft das zu, aber nicht unbedingt, weil sich die Alben eines Interpreten zu stark unterscheiden würden. (Mit Ausnahmen wie Miles Davis 50er Jahre Cool vs. 70er Jahre Fusion oder so) Ich höre seit 30 Jahren, also nur wenig kürzer als Klassik, auch sporadisch Jazz, es ist aber nie mehr geworden als sporadisch. Mir gefallen einzelne Stücke, aber ich komme nur selten "rein". Jazz ist für mich zu oft zielloses "Genudel" ohne "große Bögen", obendrein Musik, der ich mich sozusagen nur über Stimmung nähern kann, weil ich nichts "verstehe". Das funktioniert halt nur sporadisch und ist insgesamt nicht tragfähig.

    M.E. sind Jazz und Klassik strukturell sehr unterschiedlich und es ist eher Zufall, wenn jemand beides sehr schätzt.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • M.E. sind Jazz und Klassik strukturell sehr unterschiedlich und es ist eher Zufall, wenn jemand beides sehr schätzt.

    Ich habe auch einige Versuche unternommen, aber inzwischen aufgegeben, mich ernsthaft mit Jazz auseinanderzusetzen. Was aber nicht heißt, hin und wieder etwas zu hören, wenn es zur Stimmung passt.

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Eine meiner ersten Begegnungen mit Jazz verdanke ich der zweiteiligen TV-Verfilmung des Familien-Romans Tadellöser & Wolff von Walter Kempowski aus dem Jahr 1975. In einer kurzen Szene hören die beiden Jungs Walter und Robert oder einer der Brüder, so genau kann ich mich nicht mehr daran erinnern, sich Swing-Schallplatten mit von den Nazis verbotener "Neger"-Musik an. Das hatte mich damals schon beeindruckt, dass Musik ein Mittel des Widerstandes sein kann.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Die Harmonien der Stücke sind das Faszinierende im Jazz. Sie erlauben die Improvisation und das traumwandlerisch anmutende Zusammenspiel der Musiker. Alles andere als "Genudel". Stark strukturiert gedeiht die Freiheit.


    My Funny Valentine ist eine Ballade aus dem Broadway-Musical Babes in Arms, komponiert von Richard Rodgers mit dem Text von Lorenz Hart aus dem Jahr 1937. Sie wurde zu einem beliebten Jazzstandard des Modern Jazz.


    Miles Davis spielte sie 1958 mit seinem Sextett bestehend aus John Coltrane, Cannonball Adderley, Bill Evans, Paul Chambers und Jimmy Cobb. Enthalten auf der Scheibe Jazz at the Plaza Volume 1.


    Schaut man auf die Harmonien wird mir halbwegs gebildetem Laienmusiker klar, was es heisst ein Jazz-Musiker zu sein. Das hat viel mit timing, interplay, feeling zu tun. In diesem preiswerten 3er Album auf der dritten Scheibe.

    Auch wenn ich meinen Verstand nutzen muss, um das Harmoniegebilde zu verstehen, bin ich von der Musik mit meinem Gefühl ergriffen.



    5155a8dffb3b436d2b9661065f72ac7e.jpg


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Manche wird es wundern, aber ich höre gelegentlich JAzz - und hatte 1980 ein "schlüsselerlebnis"


    Zur Frage ob es so unterschiedliche Stilrichtuhngen gibt: JA - das ist ja im Falle der sogenannten klassischen Musik auch nicht anders.


    Zum Problem: Ein Stück gefällt mir - die anderen nicht:


    So erging es mir auch. Inzwischen habe ich gerausgefunden, daß MEIN Jazz der Dixieland- Jazz ist.

    Aber durch die Möglichkeit des hineinhörens in die diversen Clips ist ja vielle leichter geworden, man muß kein Geld in MusiK investieren, die einem dann nicht gefällt.


    Wenn ich eteas nicht ertragen kann, dann ist es Jazz von heute.

    Ich bevorzuge Aufnahmen aus den 20er, 30er in von mir aus 40er Jahren....


    1980 hatte ich eine Abart von Panik- Attacken: am oberen Teil des ackens war es, als ob jemand Strom eingeschaltrt hätte - und danch folgte ein Gefühl tiefster Angst. Ich wusst natürlich daß die "lediglich" eine neurologische Störung war. Ich ging weiter meunenm Beruf nach - fühlte mich während der Anfälle aber elendiglich und vernichtet. In dieser Zeit (sie dauerte kanpp 2 Jahre) konnte ich AUSSCHLIESSLICH Jazz hören - aber KEINE Klassik,

    Dahr habe ich seither eine gewisse - wenn auch lockere - Bidung zum Jazz.

    Was ichübrigens lange Zeit nicht wusste: Die Gruppe jener Leute, die JAZZ mag, ist erheblich kleier, als jene der Klassikhörer....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Apropos Discographie. Man kann sich am Urteil der Fachleute orientieren und sich eine Sammlung aufbauen. Ralf Dombrowski, Musikjournalist der Süddeutschen und des Bayerischen Rundfunks hat 100 Titel zusammengetragen, die aus musikgeschichtlicher Sicht, im Jazz wichtig sind. Eine solche Auswahl folgt auch persönlichen Gewichtungen. Wenn ich die Seiten mit den aufgeführten Alben durchblättere, habe ich etliche Scheiben in meiner Sammlung.


    Lieber moderato vielen Dank für den Buchtipp. Es ist jetzt bestellt. Mal sehen, bei mir müssten große Lücken klaffen :) Das Buch von Joachim E. Berendt habe ich auch, aber noch im Großformat und ohne Koautor ...


    Danke auch für Deine Hinweise zur Harmonik. Natürlich braucht der Jazz so ein Gerüst, damit gejamt werden kann ... Ich hatte allerdings mit 16 oder so auch eine Free-Jazz Periode .... aber auch schon sehr lange nicht mehr gehört ....


    Beim Hören selbst kann ich allerdings ein wenig das Argument von Johannes Roehl nachvollziehen. Gelingt es mir nicht, mich irgendwie in Rhythmus und Melodik hineinzuversetzen wird es häufig unverständlich. Ich brauche also gerade bei den neueren Strömungen eine besondere Stimmung. Der Vorteil einer klassischen Konstruktion (wie modern auch immer) ist ja gerade die Bewegung in der Struktur und nicht in der Improvisation, weswegen ihr tatsächlich IMO leichter zu folgen ist.


    Mit dem Schweden-Jazz (EST, ...) wird es dann wieder etwas einfacher ...


    Vielleicht ist es für einen aktiven Klarinettisten wie Dich klarer, wie der Improvisation eines Charly Parker zu folgen ist....

  • Man muss auch bedenken, dass Jazz inzwischen eine Geschichte von über 120 Jahren hinter sich hat, wobei ja die historisch vergangenen Stile wie Dixieland, Swing, Bigband, etc. weiterhin gepflegt werden. Es ist ein riesiges Feld, in dem durch eine große Nachfrage und expandierende Massenmedien sich viele Stilarten ausbilden konnten, zumal bis in die Mitte des 20. Jhds. Jazz ja keine Nische, sondern, zumindest in einigen Stilen, eine sehr verbreitete Populärmusik gewesen ist. Auch das ist für den Einsteiger leicht überwältigend.

    Ich habe treffenderweise in der 12. Klasse in der Schule in Musik ein Semester (oder ein halbes, weiß nicht mehr genau) Jazz durchgenommen, das hat mir vermutlich vom Schulmusikunterricht mit am meisten gebracht (denn, was wir zur Klassik durchnahmen, hätte ich mir wohl selber aneignen können, wenn ich es nicht eh schon wusste).


    Durch theoretische Informationen wie in dem verlinkten Thread oder den Büchern oder durch Anhören vieler unterschiedlicher Jazzklassiker wird man sich vielleicht annähern. Normalweise unterzieht sich solcher Mühe aber nur der, bei dem schon starkes Interesse besteht. Man kann es halt nicht erzwingen. Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen. Gilt für mich bei Jazz eher mehr als bei Klassik

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Vielleicht ein Beispiel aus der Rubrik Schwarz/Weiß ... Wenn ich in Stimmung bin, höre ich hier die beste Musik der Welt und ohne diese Stimmung muss ich den Krawall nach 5 Minuten abschalten .... Coltrane mit Free-Jazz aus dem jahre 1965 3 Tenorsaxophone, 2 Altsaxophone, 2 Bassisten, 2 Trompeten .... und McCoy Tyner am Klavier



    Ich bin natürlich auch in der Klassik durchaus von Stimmungen abhängig, aber nicht in dieser Stärke ....

  • Lieber astewes


    Nicht nur Klarinette, alle Holzblasinstrumente spiele ich. Es macht es nicht einfacher dem Jazz zu folgen, weil ich klassisch ausgebildet bin. Was mich fasziniert, mir total abgeht, weil ich es nicht beherrsche, ist die Improvisation im Jazz, die streng den Harmonien folgt. Das von dir erwähnte Album Ascension ist ein Beispiel, das nicht diesem Formprinzip im Jazz zu unterliegen scheint. Wikipedia klärt uns auf:

    Auf Ascension wechseln Ensemblespiel und Soli; Coltrane gab den Musikern keinerlei Anweisungen für ihr Solospiel, ausser dass sie die Improvisation über das simple Grundmotiv mit einem Crescendo enden sollten. Die Ensemble-Passagen scheinen eher durchstrukturiert. Filtgen und Außerbauer schreiben hierzu: „Die Ensembleteile bei Coleman waren noch sehr begrenzt und notistisch festgehalten, wohingegen auf Ascension das Gruppen- und Zusammenspiel nur noch auf einem tonalen Zentrum, einem Akkord, der unterschiedlich angegangen werden kann, basiert. Das Stück beginnt mit einem Höchstmass an Energie und Intensität, den andere Darbietungen erst – wenn überhaupt – gegen Ende erreichen“.


    Wer Ascension (übersetzt: Aufstieg) zum ersten Mal hört, diesen Meilenstein der Gruppenimprovisation des Free Jazz, ist entweder schockiert oder vollauf begeistert.

    Übrigens wurden am 28. Juni 1965 zwei Takes aufgenommen. Die zweite Aufnahme wurde zuerst veröffentlicht. Erst auf John Coltranes Drängen erschien auch die erste Improvisation. Heute sind beide auf der CD des Labels Verve zu hören.


    Das waren die beteiligten Musiker:


    Tenorsaxophon: John Coltrane

    Tenorsaxophon: Pharoah Sanders

    Tenorsaxophon: Archie Shepp

    Trompete: Freddie Hubbard

    Trompete: Dewey Johnson

    Altsaxophon: Marion Brown

    Altsaxophon: John Tchicai

    Klavier: McCoy Tyner

    Bass: Jimmy Garrison

    Bass: Art Davis

    Schlagzeug: Elvin Jones


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Jazz lebt nicht nur rückwärts gewandt in der Geschichte sondern ist auch aktuell. Über die gegenwärtige Szene informiert die deutsche Zeitschrift Jazz Thing.


    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Während meiner Studentenzeit in den 60-er Jahren war der Zugang zum Jazz unter uns eine Art Pflicht. Jährlich fanden in Merseburg Jazztage statt, die bis zu einer Woche andauerten und wo täglich mehrere Bands spielten. Das war mein erster Zugang zu dieser Musik, vorher waren italienische Oper und deutsche Schlager sowie Elvis meine Musikrichtungen. Meine Kommilitonen schleppten mich mit. Man unterschied damals bei uns zwischen Oldtime-Jazz und Modern Jazz. Die freien, auch oft melodiefreien Improvisationen der letztgenannten konnten mich nie begeistern. Aber Oldtime-Jazz, vorwiegend Dixieland und da besonders in Besetzungen mit Banjo begeisterten mich, und das tut er auch heute noch. 1966 konnte ich in Leipzig sogar Louis Armstrong sehen, im Kulturhaus der Leuna-Werke gastierten Kenny Ball, Chris Barber, Mister Acker Bilk und auch das Hazy-Osterwald Quartett, die mehr als die Hälfte des Programms jazzten.

    Und natürlich unser Oldtime-Jazzer mit den Jazz-Optimisten Berlin, den Dixieland Stampers uva. Unvergessen Karlheinz Drechsel als Moderator. Schöne Zeit.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich bin bekennender Blues-Nerd und komme deswegen eigentlich zwangsweise immer wieder mit Jazz in Berührung. Trotzdem bin ich lediglich interessierter Laie und würde mich nie als Connoisseur bezeichnen. Wenn Dich das Thema ernsthaft interessiert und Dein Englisch gut ist, kann ich Dir einen Audio-Kurs wärmstens ans Herz legen:


    Elements of Jazz: From Cakewalks to Fusion von Bill Messenger.


    Er ist ursprünglich bei The Great Courses erschienen. Wenn du ein Abo auf Audible hast , hast Du einen Download im Monat für knapp 10 Euro, und der Kurs ist vom Angebot umfasst.


    Ich habe ihn sorgfältig durchgearbeitet, und ich habe schnell verstanden, warum Jazz als die gebildetere Schwester des Blues gilt. Beide Gattungen sind Black Music und tief in der (schwarzen) amerikanischen Kultur verwurzelt. Bei beiden solltest Du eher auf Groove und Rhythmus als auf Melodie achten, was eben für viele europäische Ohren eine enorme Umstellung ist. Auch schadet es nicht, ein geschultes Gehör zu haben und mit den Grundlagen der Musiktheorie vertraut zu sein.


    Auf jeden Fall hat mich der Kurs enorm weitergebracht, und statt dem (für die anderen Menschen ja immer nervigen und nutzlosen) Urteil "gefällt mir" bzw. "gefällt mir nicht" kann ich nun zumindest Ansatzweise erklären, wie Jazz funktioniert, und ich kann auch die Qualität einer Aufnahme beurteilen. Bill Messenger ist ein wunderbarer Dozent, er erklärt auch komplizierte und anspruchsvolle Zusammenhänge gut verständlich. Give it a try!

  • Barock und Jazz scheinen ganz gut zusammenzugehen, viele Barockstücke sind von Jazzgruppen adaptiert worden. Zu nennen ist hier vor allem Jacques Loussier mit Play Bach, der auch Stücke von Vivaldi und anderen Barockgrößen aufgenommen hat.



    Vielleicht ist das ja für Klassikhörer ein geeigneter Zugang zum Jazz: die Melodien sind bekannt, man muß sich nur auf Rhythmen und Improvisationen einlassen.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Aber auch andere Komponisten und Epochen haben ihren Niederschlag im Jazz gefunden: hier z.B. Eric Satie mit Gymnopedie 1


  • Eventuell ist es auch hilfreich, zunächst Jazzern zuzuhören, die eine klassische Musik-Ausbildung haben oder sogar als Klassik-Solisten auftreten. Ein solcher ist etwa Keith Jarrett, der z.B. Cembalosuiten von Händel eingespielt hat.


  • Habe mich nie fur Jazz interessiert, aaaaaaber gerade heute Morgen hörte ich Tim Alshoff und fand das ganz wunderbar, wunderschöne sphärische Klänge!

    Das was m-mueller hier vorstellte ist nicht meine Welt und kann mich nicht für dieses Genre begeistern!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Dann ergeht es nicht nur mir so, denn z.B. Johannes beschreibt es vergleichbar.


    Auf dem Cembalo und der Orgel wird typischerweise frei improvisiert, sodass man annehmen sollte, dass dies dem Klassik Hörer geläufig sei. Trotzdem enthält die geerbte Klassik Schallplattensammlung, soweit ich weis, keine Jazz Musik.


    Die Aufnahmen aus der Geschichte von den Anfängen (würde ich als eine Art Volksmusik bezeichnen) kann ich mit dem damals gehörten Jazz Stücken nur schwer assoziieren. Vermutlich habe ich zu meiner Zeit hier lebende Musiker im Radio gehört, denn ich meine, dass bei Jazz Musikern europäische Namen genannt wurden. War nicht die Musikproduktion Schwarzwald z.B. ein Jazzlabel?

    "Bach ist Anfang und Ende aller Musik." Max Reger

  • Habe mich nie fur Jazz interessiert, aaaaaaber gerade heute Morgen hörte ich Tim Alshoff und fand das ganz wunderbar, wunderschöne sphärische Klänge!

    Das was m-mueller hier vorstellte ist nicht meine Welt und kann mich nicht für dieses Genre begeistern!


    LG Fiesco

    Oha,


    welche CD hast du da gehört ?


    Kalli

  • Oha,


    welche CD hast du da gehört ?


    Kalli

    Ich habe keine CD gehört, sondern er war im MoMa!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)