Sinn oder Unsinn - Regietheater

  • Unfreiwillige Komik und kein Zusammenhang zwischen Text und Bühnengeschehen? Bitte sehr. Zu bestaunen an der Berliner Staatsoper.

    Lieber Joseph II. fühle Dich durch mich bitte nicht angegriffen. Mir gefällt das Bühnenbild. Das scheint mir in sich stimmig zu sein. Das Hängen an den Seilen finde ich auch nicht schlimm. Meine Phantasie reicht aus ... Wie gesagt mir gefällt auch die Augsburger Puppenkiste. Das ist doch wunderbares Theater!


    Allerdings scheint mir ertsmal auch das von Dir gepostete Bühnenbild stimmig zu sein. Selbstverständlich kann man diese Bühnenbilder nicht vergleichen. Um jetzt die szenischen Aktionen mit dem Gesang zusammenzubringen, müsste ich dann schon Teile der Inszenierung sehen können

  • Angegriffen fühle ich mich gewiss nicht, lieber astewes.


    Aber wie die gezeigten Szenenbilder (man kann das auch komplett filmisch abrufen in der Arte-Mediathek) nun in einen sinnhaften Zusammenhang mit Wagners "Ring" zu bringen sind, eine gewisse Grundkenntnis der dortigen Handlung voraussetzend, ist mir völlig schleierhaft. Was Andy Sommer (Regie), Dmitri Tcherniakov (Bühnenbild) und Elena Zaytseva (Kostüme) da aufgezogen haben, hat mit Wagners Musikdramen exakt null zu tun. Und das sollte man auch ganz unverblümt klipp und klar feststellen.

    Es handelt sich um eine typisch gewordene Masche diverser Regisseure und Bühnenbildner, das zahlende Publikum für dumm zu verkaufen und von eben diesem Publikum und staatlichen Subventionen des Steuerzahlers zu leben. Es wird hier aber nicht nur Operntheater für Claudia Roth und die in ihrer Blase lebende Berliner alternative Szene gemacht.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • „Ein rauschendes Fest der Stimmen, der Klänge, der Ideen und der Personenregie“ – die Kritik lobt die Inszenierung des „Siegfried“ an der Staatsoper Berlin in den höchsten Tönen. (Arte)


    Dies bezeugt den Zustand der heutigen Kritikerzunft besser als alles andere. :stumm:


    Offenbar hat man mangelhafte Kenntnisse, was gesanglich möglich ist. Vergleichsaufnahmen werden der Lobhudelei zufolge nicht zu Rate gezogen. Wie sonst kann hier von einem "rauschenden Fest der Stimmen" die Rede sein? Hochgradiger Blödsinn, mit Verlaub.


    Zur "ideenreichen" Regie ist bereits alles gesagt. Ein Konzept aus der Anstalt.


    Dass sich Thielemann für so einen Murks zur hergibt, dürfte seinem versuchten Griff nach der Berliner Staatsoper geschuldet sein.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es handelt sich um eine typisch gewordene Masche diverser Regisseure und Bühnenbildner, das zahlende Publikum für dumm zu verkaufen und von eben diesem Publikum und staatlichen Subventionen des Steuerzahlers zu leben. Es wird hier aber nicht nur Operntheater für Claudia Roth und die in ihrer Blase lebende Berliner alternative Szene gemacht.

    Ehrlich gesagt sind mir hier wieder zu viele Kurzschlüsse drin, die ich nicht nachvollziehen kann. Ich glaube kaum ,dass Claudia Roths Geschmack bei Wagner Inszenierungen eine Rolle spielt. Das würde mich schon arg wundern.


    Grobe Grundkenntnisse der Wagner Texte habe ich natürlich. Ich habe die Dinger mal mit viel Energie studiert, auch wenn es schon lange her ist...


    Könntest Du den arte-link für die Inszenierung posten? Das wäre sehr freundlich

  • Könntest Du den arte-link für die Inszenierung posten? Das wäre sehr freundlich

    Gerne doch:

    "Rheingold": https://www.arte.tv/de/videos/…ard-wagner-das-rheingold/
    "Walküre": https://www.arte.tv/de/videos/…hard-wagner-die-walkuere/
    "Siegfried": https://www.arte.tv/de/videos/…richard-wagner-siegfried/
    "Götterdämmerung": https://www.arte.tv/de/videos/…wagner-goetterdaemmerung/

    So kann auch mal in medias res diskutiert werden, so gewünscht.

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • So kann auch mal in medias res diskutiert werden, so gewünscht.

    Lieber Joseph II., ich war drin. Dank für die Links, so kann ich bei Bedarf meine Eindrücke auffrischen. Es grüßt Hans

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Aber wie die gezeigten Szenenbilder (man kann das auch komplett filmisch abrufen in der Arte-Mediathek)

    Ich habs versucht. Aber eine krumme Salome hat gereicht für die nächsten Monate. Mein nächster Ring wird wieder der Schenk aus der MET sein. Auch wenn es manche hier nicht verstehen - selbst der Maschinen-Ring aus der MET (hab ich teilweise im Kino gesehen, nach der Walküre war Schluß) und der sog. Jahrhundertring (meine teuerste sinnlose DVD-Anschaffung) ringen mir keine Gänsehaut ab, sondern Ablehnung. Zu Valencia habe ich schon meine Eindrücke geschildert.


    Ich habe lange, lange überlegt, warum das so ist und glaube nun, daß die seit 1956 bis in die 80-er andauernde "klassische" Inszenierungsart und der nach 1990 einsetzende Veränderungstrend Vergleiche geradezu gefordert haben. Und dabei schneiden szenische Veränderungen bei mir unveränderbar schlecht ab. Ich war schon von meiner ersten evtl. als RT zu bezeichnenden Inszenierung (Othello evtl. 1991 in Gera mit KS Fred Dittrich (?) in einem Offizierscasino, alle in weißen Anzügen a la Butterfly) maßlos entsetzt und habe meine tiefe Abneigung gegen Verfälschungen bisher nicht ablegen können. Ist es einfach die Gewöhnung an etwas Vergangenes? Oder gibt es dafür andere Begründungen? In mir sträubt sich alles, wenn ich Rigoletto unter Affen oder Lohengrin in der Schulklasse sehe.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Danke für die links, lieber Joseph. Hab' gerade ins Rheingold hineingeschaut. Musikalisch ist das Ganze superb. Die Inszenierung ist dme Gedanken des Werkes nach zumindest schlüssig. Klar, magische Bilder sind das nicht gerade, aber die Szenenlösungen finde ich, soweit ichs gesehen habe, durchaus gelungen. Man müsste so etwas mal mit einer in Josephs Sinne naturalistischen Inszenierung kontrastieren. Anschauen würde ich den Berliner Ring jedenfalls -ausgehend von den Rheingoldschnipseln- durchaus ganz, ich glaube auch durchaus mit Gewinn. Bislang sind auch keine Nazis aufgetaucht, die zitierte Architektur dürfte 1920er Jahre sein (Riphahn und Co), das allein ist schon ein Gewinn. Dieses deutsche Versatzstück konnten sich weder Carsen in Köln (Ring) und Herheim in Bayreuth (Parsifal) verkneifen. Kommt da noch sowas?


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Wenn sich der Meister der oft beschworenen "werktreuen" und traditionellen Inszenierung Verdis "Otello" annimmt, merkt man an einigen Stellen, dass Franco Zefirelli in Wirklichkeit ein verkappter Anhänger des Regietheaters gewesen sein muss und das Libretto für ihn keine große Rolle spielte.


    Im folgenden Video ging die Phantasie mit ihm durch, z. B. ab min. 08:00 die tanzenden Frauen während des Trinkgelages; die setzt er übrigens auch gerne in Massenszenen seiner Inszenierungen von "Trovatore" und "Carmen" ein.


    Otello, 1986 mit Domingo und Ricciarelli.

    https://www.operaonvideo.com/o…-ricciarelli-diaz-maazel/

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

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  • Das übersteigt mich. Kann jemand mal kurz erläutern, was die Damen da machen? (Außer rumstehen und singen?)

    Deine Erwartungen unterlaufen - also genau das, was du doch so intensiv suchst?

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Danke für die sehr informative Antwort. Leider wirft sie nun wieder viele neue Fragen auf: War von meinen Erwartungen die Rede? Was weiß Du über meine Erwartungen? Was suche ich so intensiv? Und vor allem: Was machen die Damen da? Das sind so Fragen, die trotz Deiner freundlichen Mühwaltung für mich unklar geblieben sind. Das liegt natürlich an mir und meiner mangelnden Kompetenz. Aber vielleicht kann mir ja jemand aufhelfen?

  • Das übersteigt mich. Kann jemand mal kurz erläutern, was die Damen da machen? (Außer rumstehen und singen?)

    Ich habe mir die Szene noch einmal angeschaut, jetzt mit Wagners Text im Hintergrund ...


    Da ich kein Fachmann für Inszenierung bin, bleibt mein Urteil gezwungenermaßen auf sehr oberflächlichem Niveau. Ich kann mich erinnern, dass Du sagtest, dass das, was wir hier sehen (Jetzt natürlich noch einmal durch eine Kamera kanalisiert) eine Gemeinschaftsarbeit aller Akteure ist.


    Durch die, wie ich finde, genialen Idee mit den Pferden, haben wir das Problem, dass die Walküren ja zum Boden gleiten müssen. Das sieht einfach aus, ich könnte mir vorstellen, dass es so einfach nicht ist und eine Balletttänzerin sicher auch mehr Charme in die Bewegung bringen können würde. Umgekehrt gehört eine gewisse Unvollkommenheit sicher zum Schauspiel dazu :). Das Agieren auf der Bühne wirkt tatsächlich sehr frontal. Wenn man dem Text folgt, haben wir, vom Hojotoho und Heiaha abgesehen, Dialoge, die man handlungstechnisch sicher besser in Szene setzen könnte. Vielleicht würde ja schon gegenseitiges Ansehen, wenn man miteinander "spricht", etwas bringen. Die Sängerinnen müssen dann das allerdings auch umsetzen können. Wagners Opern scheinen stimmliche Höchstleistungen zu erwarten und ich könnte mir vorstellen, dass das, was wir hier sehen, schon ein passabler Kompromiss ist zwischen sängerischer und darstellender Kunst ist.


    Aber ja, da könnte etwas mehr los sein ...

  • Wagners Opern scheinen stimmliche Höchstleistungen zu erwarten und ich könnte mir vorstellen, dass das, was wir hier sehen, schon ein passabler Kompromiss ist zwischen sängerischer und darstellender Kunst ist.

    Der Widerspruch scheint mir eher die nahezu librettogetreue Kostümierung der Walküren und der mechanische Ebenenwechsel zu sein. Wenngleich mir die Idee als Abstraktion sehr gut gefällt. Und die Sängerinnen scheinen ja Spaß an der Rutsche zu haben. Ein paar Tote klauben sie librettogetreu auch auf. Es ist freilich immer schwierig, von einem 8 min-Ausschnitt einer 4-Stunden-Oper auf die gesamte Inszenierung zu schließen. Zudem, da gebe ich Dir uneingeschränkt recht, ist es schon ein Unterschied, ob ich ein durch die Kamera kanalisiertes Geschehen verfolge oder ob ich als Zuschauer mit meinen Augen in der Guckkastebühne spazieren gehen kann und dabei möglicherweise einige gar nicht mitkriege. Oper auf DVD oder im TV ist eigentlich eine eigenständige Kunstform (o Gott, der arme Lessing). Aber diese Inszenierung ist ja als DVD verfügbar, wie Christian schrieb. Persönlich hatte ich Spaß an diesem Walkürenritt.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

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  • Mir ging es nicht um die Frage, wie das Geschehen dieser Szene mit dem Text zusammenpasst. Die interessiert mich – wenn überhaupt – nur in zweiter Linie. Ich verstehe einfach nicht, was die vorgeführten Aktionen bedeuten sollen.


    Ich sehe acht Frauen am oberen und hinteren Ende eines kaum definierten Raums auf technisch ziemlich aufwendigen, hydraulisch bewegten Geräten sitzen, die sie später als Rutschbahnen benutzen. Nach und nach rutschen sie nach unten und vorn und befinden sich dann im ebenso wenig definierten vorderen Bereich des Raums. Das könnte ein in Unordnung geratener Friedhof sein, denn es liegen eile menschlicher Skelette herum, die die Damen nun aufheben und in Päckchen packen. Viel wahrscheinlicher ist es aber ein in Unordnung gebrachtes anatomisches Kabinett oder Museum, denn de Knochen sind anscheinend wenigstens zum Teil miteinander verbunden, was bei Skeletten auf dem Friedhof nicht der Fall wäre. Ehe sich das konkretisieren kann, werden die Päckchen aber eingewickelt und in eine undefinierte Öffnung im Bühnenboden verfrachtet.


    Ich kann diesen Vorgang nicht deuten, weiß also schlicht und einfach nicht, was da geschieht. Ich sehe nicht, welchen Nutzen diese riesigen Maschinen bringen, auf denen die Damen am Anfang sitzen, und die dann einfach vergessen werden, ohne dass etwas Substanzielles mit ihnen geschehen wäre. Auch sehe ich nicht, was die Damen mit den Knochen machen, zu welchem Zweck sie sie benutzen. Kurz und gut: Ich kann einfach nicht erkennen, was der Vorgang ist, der da erzählt wird. Dabei spielt die Frage, ob das Regietheater ist oder nicht, ob Wagner das so gewollt hat oder nicht usw. gar kein Rolle. Auch ist es nicht wichtig, das Gesamtkonzept der Inszenierung zu kennen, das ich ja gar nicht beurteilen will. Ich finde lediglich, dass eine Szene klar artikuliert sein muss. Das sehe ich hier nicht.

  • Mir ging es nicht um die Frage, wie das Geschehen dieser Szene mit dem Text zusammenpasst.


    Ich verstehe einfach nicht, was die vorgeführten Aktionen bedeuten sollen.


    Ich finde lediglich, dass eine Szene klar artikuliert sein muss. Das sehe ich hier nicht.


    Ich versuche mich mal 'ranzutasten. Es wäre allerdings interessant zu wissen, was die Artikulation einer Szene ist. Momentan kann ich mir da so richtig noch nichts vorstellen.


    Was sehe ich? Die Damen auf einer beweglichen Holz-Konstruktion, die entweder leicht mit einer Wellenbewegung zu assoziieren ist oder mit Reiten oder einfach abstrakt einer Bewegung. Dafür muss ich den Text von Wagner nicht kennen. Das Gleiten zum Boden beendet die Bewegung und symbolisiert eine Form des Ankommens. Was mir daran so gefällt, ist das Drohende dieser Konstruktion. Die Pferde/Wellen/Bewegung wird gleichzeitig durch die Lichtbewegung auf dem Holz-Gerüst auch eine Art bedrohlicher Horizont. Es ist schon ein etwas abstraktes Geschehen. Das Ankommen der Walküren ist nachvollziehbar, auch ohne jetzt einen Felsen sehen zu müssen.


    Die Kostümierung und auch die Aktionen in der Front der Bühne wirken für mich nicht so überzeugend. Allerdings wäre ich auch nicht auf die Idee gekommen, das ohne Text verstehen zu wollen.


    Ist das denn möglich?

  • Mir ging es nicht um die Frage, wie das Geschehen dieser Szene mit dem Text zusammenpasst. Die interessiert mich – wenn überhaupt – nur in zweiter Linie. Ich verstehe einfach nicht, was die vorgeführten Aktionen bedeuten sollen.


    Ich sehe acht Frauen am oberen und hinteren Ende eines kaum definierten Raums auf technisch ziemlich aufwendigen, hydraulisch bewegten Geräten sitzen, die sie später als Rutschbahnen benutzen. Nach und nach rutschen sie nach unten und vorn und befinden sich dann im ebenso wenig definierten vorderen Bereich des Raums. Das könnte ein in Unordnung geratener Friedhof sein, denn es liegen eile menschlicher Skelette herum, die die Damen nun aufheben und in Päckchen packen. Viel wahrscheinlicher ist es aber ein in Unordnung gebrachtes anatomisches Kabinett oder Museum, denn de Knochen sind anscheinend wenigstens zum Teil miteinander verbunden, was bei Skeletten auf dem Friedhof nicht der Fall wäre. Ehe sich das konkretisieren kann, werden die Päckchen aber eingewickelt und in eine undefinierte Öffnung im Bühnenboden verfrachtet.


    Ich kann diesen Vorgang nicht deuten, weiß also schlicht und einfach nicht, was da geschieht. Ich sehe nicht, welchen Nutzen diese riesigen Maschinen bringen, auf denen die Damen am Anfang sitzen, und die dann einfach vergessen werden, ohne dass etwas Substanzielles mit ihnen geschehen wäre. Auch sehe ich nicht, was die Damen mit den Knochen machen, zu welchem Zweck sie sie benutzen. Kurz und gut: Ich kann einfach nicht erkennen, was der Vorgang ist, der da erzählt wird. Dabei spielt die Frage, ob das Regietheater ist oder nicht, ob Wagner das so gewollt hat oder nicht usw. gar kein Rolle. Auch ist es nicht wichtig, das Gesamtkonzept der Inszenierung zu kennen, das ich ja gar nicht beurteilen will. Ich finde lediglich, dass eine Szene klar artikuliert sein muss. Das sehe ich hier nicht.

    Mal ins Libretto geschaut, oder ist das für das eigenen Empfinden zu "old school"?

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Ich meine, nicht darüber geschrieben habe, dass ich das Libretto nicht verstehe. Mt dem komme ich ganz gut zurecht, aber das ist nichts mein Punkt. Ich wiederhole: Ich weiß nicht, was diese Frauen da machen. Das steht nicht im Libretto, sondern sollte aus der Aktion hervorgehen, meine ich.


    Oder anders gesagt, auch als Antwort an astewes, ich weiß nicht, was mir da erzählt wird. Meiner Ansicht nach hängt das damit zusammen, dass die Aktionen unklar sind. Man kann nicht erkennen, warum die das machen und warum sie es so machen, wie sie es tun.


    Nehmen wir nur die Skelette: Was soll mir die Tatsache, dass die Damen Skelette sammeln, erzählen? Wenn wir annehmen, dass sie Tote einsammeln, erhebt sich die Frage, warum damit so lange gewartet haben? Mir scheint, die Szene beantwortet die Frage nicht. Auch scheint mir, dass die Szene die Frage nicht beantwortet, warum die Damen Skelette sammeln, die schon bearbeitet und zusammengenäht worden sind. Anders herum gesagt: Wenn ich sehe, dass etwas geschieht, frage ich ich, warum das geschieht. Die Antwort kann auf zwei Ebenen erfolgen. Entweder: Weil die Figur X das und das beabsichtigt oder das und das glaubt usw. Oder: weil gezeigt werden soll, dass es sich mit Figur X so und so verhält.

    Was soll nun damit gezeigt werden, dass die Damen Skelette sammeln? Und was damit, dass diese schon vorbearbeitet sind?


    Das sind zum Beispiel Fragen, die nicht geklärt sind. Und die kann das Libretto selbstverständlich nicht klären. Weil sie sich in diesem gar nicht stellen.

  • Das sind zum Beispiel Fragen, die nicht geklärt sind. Und die kann das Libretto selbstverständlich nicht klären. Weil sie sich in diesem gar nicht stellen.

    Ich versuche mal für Nicht-Hintze-Versteher zu übersetzen:


    Der Regisseur darf durchaus die Kenntnis des Librettos voraussetzen. Das ist auch in den Inszenierungen, an denen Hintze beteiligt ist, so.

    Man könnte also sagen: Mit den Aktionen der Damen sollen die Angaben im Libretto nachgespielt werden, zumindest andeutungsweise.

    Also: Zusammen mit der Kenntnis des Librettos weiß der Zuschauer, um was es geht.


    Allerdings heißt das dann auch: Warum machen die Damen das alles? Weil's im Libretto steht!


    Das kann allerdings nicht der Sinn einer Operninszenierung sein. Der Sinn muss sich schon irgendwie aus dem Dargestellten ergeben. Ob "werktreu" oder nicht, ist erst mal egal. Aber das Geschehen auf der Bühne muss etwas erzählen. Ansonsten kann man es ganz bleiben lassen, die Oper konzertant aufführen und das Geschehen per Übertitel "erzählen". Das ist dann aber kein Theater. Kein Musiktheater, also keine Oper.

  • Ich würde noch weiter gehen: Ob das, was erzählt wird, im Libretto steht oder zum Libretto passt, ist eine durchaus zweitrangige Frage. (Ich finde es durchaus sinnvoll, wenn das, was geschieht, in einem nachvollziehbaren Verhältnis zu dem steht, was gesagt wird, aber ich bin nicht der, der Vorschriften erlassen kann, und würde es auch nicht wollen.) Die wirklich wichtige Frage ist, ob das, was geschieht, eine sinnvolle und zusammenhängende Erzählung ergibt. Wenn das der Fall ist, kann man alle weiteren Probleme besprechen, wenn nicht, lohnt das gar nicht. Im Falle dieser 8 Damen mit den Skeletten kann ich nicht erkennen, was sie tun und warum sie es tun, weil es nicht deutlich genug artikuliert ist. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass diese Skelette Dinge zu erzählen scheinen, die gar nicht gemeint sind. Ich kann mir kaum vorstellen, was über die Walküren ausgesagt werden soll, wenn wir sehen, dass sie die Leichen der Helden erst einmal ein Jahr verwesen lassen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, was die Tatsache, dass diese Knochen miteinander verbunden worden sind, über die Walküren und ihre Tätigkeit aussagen soll. Zumal man auch nicht erfährt, wer diese Vorarbeit an den Knochen eigentlich ausgeführt hat und warum. Man kann über solche Dinge aber nicht einfach hinweggehen. Wenn auf der Bühne etwas geschieht, gehört es zur Erzählungen. Oder es ist Gefasel, das keine weitere Beachtung verdient. Aber wenn es keine Beachtung verdient, kann es ja auch wegbleiben. Und sollte lieber wegbleiben.

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    Je länger ich dieses Bild von Neuschwanstein betrachte, umso mehr bekomme ich Schwierigkeiten, das mit meinen Eindrücken eines früheren Besuches vor Ort in Einklang zu bringen.


    Wenngleich mir die Idee als Abstraktion aber sehr gut gefällt.


    Klar, ein magisches Bild ist das nicht gerade, aber grundlegende Gedanken des Werkes sind zumindest schlüssig und durchaus gelungen dargestellt.


    Man müsste so etwas aber sicherlich mal mit einer eher naturalistischen Aufnahme kontrastieren, damit es auch ein fragendes Kind versteht und den Papa nicht als offensichtlich verwirrt einordnet.

  • Ich würde noch weiter gehen: Ob das, was erzählt wird, im Libretto steht oder zum Libretto passt, ist eine durchaus zweitrangige Frage. (Ich finde es durchaus sinnvoll, wenn das, was geschieht, in einem nachvollziehbaren Verhältnis zu dem steht, was gesagt wird, aber ich bin nicht der, der Vorschriften erlassen kann, und würde es auch nicht wollen.)

    Zwei Sätze, die keine logische Folge bilden. Das Libretto ist keine Vorschrift der Regie, sondern eine Anweisung des Autors. Eine interessante Frage ist natürlich, ob die Regie die Kenntnis des Librettos voraussetzt und darauf Bezug nimmt (zB mit einem Symbol wie den Skeletten) oder ob sie den Zuschauer wie ein weißes Blatt betrachtet, dem das Geschehen neu vermittelt werden muss.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Das ist aber eine andere Frage, die man sicher auch stellen kann. Ich fragte, was die Aktionen der Darstellerinnen und einige als der Ausstattung in dieser Szene erzählen.


    Ich wollte nicht behaupten, dass dies die einzige Frage auf der Welt ist.

  • Ich versuche mal für Nicht-Hintze-Versteher zu übersetzen:

    Wenn es so gemeint, dass ich es nicht verstanden habe, gerne. Es steckt allerdings keine Intention dahinter.

    Allerdings heißt das dann auch: Warum machen die Damen das alles? Weil's im Libretto steht!

    Das war für mich der wichtige Satz. Wenn die Motivation für die Handlung nur das Libretto ist, ergibt sich nichts Schlüssiges auf der Bühne.


    Die wirklich wichtige Frage ist, ob das, was geschieht, eine sinnvolle und zusammenhängende Erzählung ergibt. Wenn das der Fall ist, kann man alle weiteren Probleme besprechen, wenn nicht, lohnt das gar nicht.


    Hier könnte ich mit aber auch vorstellen, dass ein solches Narrativ eventuell nicht aus einer Szene herauszuholen ist, sondern sich erst im Verlaufe der Handlung ergibt oder muss hier jede Szene immer für sich sprechen können?


    Da habe ich doch eine theoretische Frage.


    Ist es denn für jede Oper möglich, eine solche schlüssige Handlung immer darzustellen, oder vielleicht pragmatischer gefragt: Was tue ich, wenn ich auf der Bühne eine schlüssige Handlung nur darstllen kann, wenn ich mit dem LIbretto in Konflikt komme?


    und eine praktische Frage


    Gibt es im Internet eine Inszenierung einer Opernszene, wo man in diesem Sinne schlüssiges Agieren sieht?


    Zwei Sätze, die keine logische Folge bilden. Das Libretto ist keine Vorschrift der Regie, sondern eine Anweisung des Autors. Eine interessante Frage ist natürlich, ob die Regie die Kenntnis des Librettos voraussetzt und darauf Bezug nimmt (zB mit einem Symbol wie den Skeletten) oder ob sie den Zuschauer wie ein weißes Blatt betrachtet, dem das Geschehen neu vermittelt werden muss.

    Diese Frage hätte ich auch, kann aber erst auch mal warten....

  • Zwei Sätze, die keine logische Folge bilden. Das Libretto ist keine Vorschrift der Regie, sondern eine Anweisung des Autors. Eine interessante Frage ist natürlich, ob die Regie die Kenntnis des Librettos voraussetzt und darauf Bezug nimmt (zB mit einem Symbol wie den Skeletten) oder ob sie den Zuschauer wie ein weißes Blatt betrachtet, dem das Geschehen neu vermittelt werden muss.


    Das Libretto ist eigentlich keine Anweisung des Autors, sondern die Textvorlage für die Komposition einer Oper.


    Mir geht es mit der Szene ähnlich wie Werner. Der Sinn der beweglichen Rutschen und die damit verbundenen Aktionen der Walküre bleiben unklar, ebenso der Sinn der offensichtlich angestrebten Symbolik mit den Skeletten.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Der Sinn der beweglichen Rutschen und die damit verbundenen Aktionen der Walküre bleiben unklar, ebenso der Sinn der offensichtlich angestrebten Symbolik mit den Skeletten.

    Ich glaube, jeder hier im Forum kann Dutzende Aktionen aufzählen, deren Sinn oder Symbolik sich nicht jedem erschließt. , egal auf welche Art von Inszenierung er steht.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ob das eine Symbolik angestrebt ist, weiß ich nicht mal so genau. Aber das kümmert mich vorläufig auch gar nicht. Denn selbst wenn die Skelette eine symbolische Bedeutung haben sollten, müssen sie unbedingt auf der einfachen Handlungsebene funktionieren. Man kann nicht Figuren damit beauftragen, Symbole über die Bühne zu tragen, die für sie selbst nichts bedeuten. (Jedenfalls geht das nicht im Rahmen des hier geringen realistischen Spiels. Bei Robert Wilson verhält es sich natürlich anders.) Das ist sozusagen ein Kategorienfehler: die Ebenen der Kommunikation werden auf unzulässige Weise vermischt. Das führt zwangsläufig zu Verwirrung.


    Ich habe das dumpfe Gefühl, das hat hinter meinen Worten ein unausgesprochener Sinn vermutet wird und sich die bisherigen Antworten auf diesen zu beziehen versuchen. Das führt auch zur Verwirrung, weil es diesen Sinn hat nicht gibt. Die Frage ist schlicht, was die Damen dort machen. Nicht mehr und nicht weniger. Alle anderen fragen können auf den Tisch gebracht werden, wenn die geklärt ist. Denn wenn sich ergibt, was ich mutmaße, ähnlich dass die Aktion einfach sinnlos ist, erübrigen sich ja alle weiteren Fragen.

    Ich glaube, jeder hier im Forum kann Dutzende Aktionen aufzählen, deren Sinn oder Symbolik sich nicht jedem erschließt. , egal auf welche Art von Inszenierung er steht.

    Und was ist damit gesagt? Es geht nicht darum, dass sich der Sinn nicht jedem erschließt, sondern die Frage ist, welches der Sinn dieser Aktionen ist, egal, ob er sich einem, allen oder keinem erschließt.

  • Eine RT-Light-Inszenierung der "Walküre" aus der Met wirft also Fragen auf. Dabei dachte man im Verlaufe dieses Threads, es reiche ohnehin aus, wenn sich ein etwaiger Sinn allein dem Regisseur selbst erschließe; diesen müsse er aber nicht zwingend öffentlich kommunizieren ("künstlerische Freiheit" müsse sich nicht erklären). Erklärungsversuch, mit Loriot gesagt: Acht Damen nehmen Reitunterricht.

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    – Luís de Camões

  • Gibt es im Internet eine Inszenierung einer Opernszene, wo man in diesem Sinne schlüssiges Agieren sieht?

    Ja, natürlich. Es gibt vielleicht deutlich mehr, wo eher gedankenlos drauslosgespielt wird, aber jedenfalls genug, an denen man sehen kann, was gemeint ist. Es war hier kürzlich von Christoph Loys Salome-Inszenierung die Rede, die sicherlich nicht unproblematisch ist, von der man aber mit Sicherheit sagen kann, dass es keine undeutlich oder verwischt inszenierte Sekunde gab. (Das bedeutet noch, dass jeder alles schätzen muss, was da zu sehen ist. Es ist wie immer: Wenn ein Künstler sein Handwerk beherrscht, entsteht etwas, das man diskutieren kann. Wenn nicht, nicht. Nicht jedem gefällt jedes Werk von Beethoven, aber auch bei denen, die man nicht mag, wird man nicht bestreiten, dass sie anständig komponiert sind.

  • Wenn man sich nur eine Szene anschaut, ist das doch genauso, als wenn. man sich Bilder aus der Zeitung oder Internet anschaut und dann sein Urteil ùber die gesamte Regie fãllt.

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