David Matthews: Die Streichquartette

  • David Matthews (*1943) ist ein englischer Komponist, der im Jahre 2021 sein fünfzehntes Streichquartett abgeliefert hat und sich damit der erlauchten Menge der Komponisten der "Mindestens soviel wie Beethoven" zurechnen darf. Tatsächlich sind es mehr Komponisten, als ich vor drei Jahren geglaubt hätte ....


    Nun aber ernst! Ich habe mir von David Matthews vor zwei Jahren oder so aufgrund vieler lobender Äußerungen hier im Forum die Einspielung vol. 2 seiner Streichquartette mit dem britischen Ensemble Kreutzer Quartet geholt



    Die Scheibe enthält das Quartett Nr. 5 aus dem Jahre 1985 und sein 12. Streichquartett aus dem Jahre 2007. Ich habe gestern nun diese Scheibe wieder gehört. Zuerst fällt auf, dass der Komponist ausgesprochen gewandt im Umgang mit der Besetzung ist. Wie er selbst irgendwo schreibt, sind die Streichquartette neben seinen Sinfonien seine ihm wichtigsten Werke. Den Eindruck bekommt man unvermittelt beim Hören. Es macht einfach Spaß zuzuhören. Wenn auch die Klänge nicht revolutionär sind, so sind sie doch ungewöhnlich geschickt durch die Besetzung evoziert.


    Der erste Satz "Lento, cantando" fängt sehr interessant an mit einer Solo Violine, mit der kurz danach das Cello in Dialog tritt. Obwohl sicher Techniken von Bartok übernommen wurden, ist die Atmosphäre anders. Die rhythmischen Teile treiben den Satz nicht nach vorne, wie zum Beispiel in Bartoks fünftem Quartett, sondern untermalen die Stimmung. Es wirkt vieles wie Stimmungsmusik. Das "cantando" ist überdeutlich. Die in den ganz hohen Registern sich herumtreibende Violine sorgt für eine interesante Verfremdung dieser Stimmung.


    Im zweiten Satz "Vivace energico" werden wir mit eine verhalten futuristischen Maschinenmusik konfrontiert, auch wieder ausgesprochen geschickt instrumentiert. Die Maschinen belästigen uns nicht wirklich, aber bewirken Erstaunen...


    im sich ebenfalls nahtlos anschließenden dritten Satz "Largo sostenuto" werden wir zum Nachdenken angeregt. Die Maschinen sind weg und wir sehen eine etwas öde Landschaft .... Die Farbigkeit, die der erste Satz im Rahmen eines Streichquartettes voll auspielt, wird etwas heruntergefahren. Obwohl immer noch melodisch wirkt alles verhaltener.


    Das Quartett ist insgesamt ein Werk von kanpp 20 Minuten Dauer und hält einen über diese Zeit beschäftigt. Es wirkt wie aus einem Guss und überzeugt rundum. Der Komponist ist kein Neuerer, so will es mir scheinen, aber das Streichquartett scheint der richtige Rahmen für seine durchaus eigenständigen ideen zu sein.


    Alle Sätze gehen attacca ineinander über




  • Inzwischen gibt es schon das String Quartet No.16, Op.161


    Das sechzehnte Quartett wurde in den letzten Monaten des Jahres 2021 komponiert und ist dem Gedenken an Hugh Wood gewidmet. Die erste Aufführung wird in zwei Wochen sein, am 22. September 2022, beim Beverley Chamber Music Festival mit dem Salomé Quartet in der Memorial Hall (Beverley, UK).

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Das sechzehnte Quartett wurde in den letzten Monaten des Jahres 2021 komponiert und ist dem Gedenken an Hugh Wood gewidmet.

    Vielen Dank für diesen Hinweis. Ich hätte unseren Komponisten wegen mangelhaften Zählens schon zu früh in den Olymp gehoben. Jetzt aber hat er ihn erreicht ... Ich bin mla gespannt, wer es zuerst einspielt ...

  • Zunächst mal Dank, daß meine Anregung einen Streichquartettthread für Matthews einzurichten, so schnll aufgegriffen wurde. Ich habe übrigens damals (vor 2 oder 3 Tagen ?)

    ebenfalls die Quartett Nr 5 und 12 gehört, bin aber dann icht dazugekommen was drüber zu schreiben-.

    Ich bin mal gespannt, wer es zuerst einspielt ...

    Ich gehe schon davon aus, daß es das Kreutzer Quartett sein wird, denn es ist ja eine Gesamtaufnahme geplan (Inzwischen sind bereits 5 Folgen auf CD erschienen)


    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • Auch ich habe mir das Streichqartett Nr 5 mehrfach angehört (mindestens 5 oder 6 mal!) aber ich konnte nicht wirklich warm damit werden. Für ein "interessant" und "eigenwillig" hat es indes allemal gereicht. Und ich bin überzeugt, daß das Werk - und vermutlich weitere aus der Feder der Komponisten - seine Liebhaber finden wirt.

    Der erste Satz "Lento, cantando" fängt sehr interessant an mit einer Solo Violine, mit der kurz danach das Cello in Dialog tritt.

    Astewes verschweigt aber, daß dieser Beginn mit der Solo Violine schneidend und unangenehm ist - Das Einsetzen des Cellos ist hier geradezu eine Erleichterung.

    Der Komponist ist kein Neuerer, so will es mir scheinen

    Das hängt davon ab wo man den Begriff "Neuerer" ansetzt und was man von diesem erwartet. Ich kann nur hoffen, daß es in Hinkunft keine veritablen "Neuerer" in der klassischen Musik mehr gibt.

    Wenn auch die Klänge nicht revolutionär sind, so sind sie doch ungewöhnlich geschickt durch die Besetzung evoziert.

    Wenn ich das lese, bekomme ich Gänsehaut. "Revoluionäre Musik" in der klassik wurden uns schon durch die sogenannte "Avantgarde" aufgezwungen - und das war IMO ein Verbrechen an der Klassischen Musik.


    mfg aus Wien

    Alfred


    clck 922

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  • David MATTHEWS: Streichquartett Nr. 4 op. 27

    Inzwischen gibt es schon das String Quartet No.16, Op.161

    die Frage, wer es als erster einspielen wird (Für mich wars keine Frage, wer das sein wird) ist inzwischen beantwortet: Es ist das Kreutzer Quartet - und zwar auf Folge 6 der Gesamtaufnahme der Streichquartette, gemeinsam mit dem inzwischen auch bereits komponierten Quartett Nr 17 op. 164. Die Aufnahme fand 2023 statt, die Veröffentlichung war Mitte Juli 2024.


    Zurück in die Vergangenheit: Ich habe heute in Folge 1 der Edition hineingehört und zwar das Quartett N4 op 27 (aufnahme 2008 in London, veröffentlicht 2010)

    Es ist über weite Teile versonnen, verträumt. melancholisch - nicht unbedingt gewinnend - aber es strahlt eine hypnotische Wirkung aus.

    Exzessiv ausgeführte Zupfeffekte machen das Werk interessanterund teilweise, aggressiver. Der Komponist weist im Booklettext selbst auf die andauernden Stimmungsschwankungen hin. Wenn er indes Vergleiche mit Beethovens op 101 bemüht, so kann ich dem nicht folgen. Dass hier aber ein Könner am Werk ist, ist unbestreitbar - egal wie man zu seiner Musik steht.


    mfg aus Wien

    Alfred

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